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    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig 18231 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 18231 A Begrüßung des Vizepräsidenten des Bundes- rechnungshofes, Dr. Dieter Engels . . . . . . . 18256 D Informationen über Anschläge auf Ziele in den USA . . . . . . . . . 18282 D, 18286 B,C Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2002 (Haushaltsgesetz 2002) (Drucksache 14/6800) . . . . . . . . . . . . . 18231 D b) Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Finanzplan des Bundes 2001 bis 2005 (Drucksache 14/6801) . . . . . . . . . . . . . 18232 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses – zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bundes- regierung fürdas Haushaltsjahr1999 – Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes (Jahresrechnung 1999) – zu der Unterrichtung durch den Bun- desrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2000 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung (einschließlich der Feststellungen zur Jahresrechnung des Bundes 1999) (Drucksachen 14/3141, 14/4226, 14/4571 Nr. 1.2, 14/6521) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18232 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 18232 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 18245 B Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18249 C Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 18253 B Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18256 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . 18261 B Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18262 A Hans Georg Wagner SPD . . . . . . . . . . . . . . . 18264 B Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 18269 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18272 D Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 18275 A Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18276 A Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 18277 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 18280 C Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . . . . . . . . . 18282 D Hans Jochen Henke CDU/CSU . . . . . . . . . . . 18284 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18286 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 18287 A Plenarprotokoll 14/185 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 185. Sitzung Berlin, Dienstag, den 11. September 2001 I n h a l t : Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung – des Entwurfs eines Gesetzes über die Fest- stellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2002 (Haushaltsgesetz 2002) – der Unterrichtung: Finanzplan des Bundes 2001 bis 2005 (Tagesordnungspunkt 1 a und b) Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18287 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001 Hans Jochen Henke 18286 (C) (D) (A) (B) 1) Anlage 2 2) Die Rede lag bei Redaktionsschluss nicht vor. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001 18287 (C) (D) (A) (B) Behrendt, Wolfgang SPD 11.09.2001** Bohl, Friedrich CDU/CSU 11.09.2001 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 11.09.2001** Klaus Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/ 11.09.2001 DIE GRÜNEN Doss, Hansjürgen CDU/CSU 11.09.2001 Ernstberger, Petra SPD 11.09.2001*** Forster, Hans SPD 11.09.2001 Götz, Peter CDU/CSU 11.09.2001 Hauer, Nina SPD 11.09.2001 Hörster, Joachim CDU/CSU 11.09.2001 Dr. Hornhues, CDU/CSU 11.09.2001** Karl-Heinz Klemmer, Siegrun SPD 11.09.2001 Knoche, Monika BÜNDNIS 90/ 11.09.2001 DIE GRÜNEN Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 11.09.2001 Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 11.09.2001* DIE GRÜNEN Nolte, Claudia CDU/CSU 11.09.2001 Raidel, Hans CDU/CSU 11.09.2001*** Rehbock-Zureich, SPD 11.09.2001 Karin Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 11.09.2001 Schloten, Dieter SPD 11.09.2001*** Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 11.09.2001** Hans Peter Schütz (Oldenburg), SPD 11.09.2001 Dietmar Stöckel, Rolf SPD 11.09.2001*** Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 11.09.2001 Thiele, Carl-Ludwig FDP 11.09.2001 Vogt (Pforzheim), Ute SPD 11.09.2001 Wistuba, Engelbert SPD 11.09.2001 Wolff (Wolmirstedt), SPD 11.09.2001 Waltraud Zierer, Benno CDU/CSU 11.09.2001* * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an der ... Jahreskonferenz der Interparlamenta- rischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung – des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2002 (Haushaltsgesetz 2002) – der Unterrichtung: Finanzplan des Bundes 2001 bis 2005 (Tagesordnungspunkt 1a und b) Uta Titze-Stecher (SPD):In der laufenden Sitzungs- woche diskutieren wir in erster Lesung das Bundeshaus- haltsgesetz 2002, das heißt den Bundeshaushalt für das nächste Jahr sowie den Finanzplan des Bundes für die Jahre 2001 bis 2005. Natürlich geht es dabei zur Sache – und das ist auch richtig so. Denn Zahlen sind Fakten. Und Haushaltszah- len spiegeln klar und eindeutig die politische Handschrift der jeweiligen Regierung wider. Insofern wird die Haus- haltsdebatte traditionell – und zu Recht – zur Generalaus- einandersetzung zwischen Opposition und Regierung bzw. Regierungsfraktionen über die zukünftige Politik, konkretisiert im Bundeshaushalt. In den Kontext dieser politischen Generalabrechnung passt natürlich nahtlos die Debatte um die Entlastung der Bundesregierung für das Jahr 1999. Denn eine Bundesre- gierung, deren Haushalts- und Wirtschaftsführung in der Vergangenheit nicht nur Anlass zu Beanstandungen gege- ben hat – das ist normaler Alltag, wie insbesondere die Mit- glieder des Rechnungsprüfungsausschusses und des Bun- desrechnungshofes wissen –, eine Bundesregierung, der weder vom Bundesrat noch vom Bundestag Entlastung er- teilt wurde, wäre am Ende. – Davon kann keine Rede sein. Für die amtierende Bundesregierung kann ich grünes Licht geben: Der Bundesrat hat der Bundesregierung in seiner 758. Sitzung am 21. Dezember 2000 die Entlastung für das Haushaltsjahr 1999 erteilt. entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Rechnungsprüfungsausschuss hat die Anträge des BMF und die Bemerkungen des BRH in sieben Sitzungen ausführlich beraten und dem Haushaltsausschuss einstim- mig die Entlastung der Bundesregierung für das Haus- haltsjahr 1999 vorgeschlagen. In seiner 77. Sitzung vom 27. Juni 2001 hat schließlich der Haushaltsausschuss mehrheitlich bei Stimmenthal- tung der CDU/CSU beschlossen, dem Deutschen Bun- destag die Entlastung zu empfehlen. Die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2000 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes sind die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung durch den Bundestag im Haushaltskreislauf. Die jährliche Vorlage der Bemerkungen des Bundes- rechnungshofes an den Adressatenkreis Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag markiert daher nicht nur den Zeitpunkt öffentlicher Aufmerksamkeit, sondern den Be- ginn des parlamentarischen Verfahrens. Der Rechnungsprüfungsausschuss, ein Unterausschuss des Haushaltsausschusses, befasst sich intensiv mit der Kritik, die der Bundesrechnungshof am Einnahme- und Ausgabeverhalten des Bundes in seinen Bemerkungen aufgelistet hat. Als Ergebnis der Beratungen fasst der Rechnungsprü- fungsausschuss zu jeder einzelnen Bemerkung einen Be- schluss, in 93 Prozent der Fälle verbunden mit zustim- mender Kenntnisnahme, der auch festlegt, mit welchen Maßnahmen innerhalb welchen Zeitrahmens die geprüfte Verwaltung oder Behörde zu reagieren hat. Insofern haben die Bemerkungen des Bundesrech- nungshofes eine große Wirkung, oder, um ein Bild zu ge- brauchen: Wir, das Parlament, sind die Zähne, die der Ti- ger Bundesrechnungshof braucht, um Ministerien und Verwaltungen zu verpflichten, Mängel durch ganz be- stimmte Maßnahmen abzustellen. Ich möchte mich daher, auch im Nahmen meiner Kolle- ginnen und Kollegen im Rechnungsprüfungsausschuss und im Haushaltsausschuss, bei der Präsidentin des Bundes- rechnungshofes und ihren Mitarbeitern sehr bedanken für die außerordentlich gute und effektive Zusammenarbeit. Mein Dank gilt ebenso den Kollegen und Kolleginnen des Rechnungsprüfungsausschusses – sie haben mir seine Leitung leicht gemacht – und den Mitarbeitern des Rech- nungsprüfungsausschusssekretariats. Im Jahresbericht sind rund 100 Einzelbeiträge aufge- listet, die finanzwirtschaftlich bedeutsam sind, exempla- rische Mängel verdeutlichen oder/und für die Gesetzge- bung und andere Entscheidungen wichtig sind. Immer ist die Kritik mit konkreten Verbesserungsvorschlägen ver- bunden, also konstruktiv. Prüfung und Beratung durch den Bundesrechnungshof beschränken sich allerdings nicht nur auf den Jahresbe- richt. Jährlich verfassen der Bundesrechnungshof und seine Prüfungsämter Hunderte von Prüfungsmitteilungen, deren Vorschläge und Anregungen die Verwaltungen un- mittelbar umsetzen, ohne dass darüber groß öffentlich be- richtet wird. Immer häufiger finden sich daher auf der Tagesordnung des Rechnungsprüfungsausschusses Tagesordnungpunkte, die auf Vorschlag des Bundesrechnungshofes und zustän- digen Berichterstatters als „erledigt“ angesehen, also nicht mehr beraten werden. Das ist eine gute Entwicklung, da sie verdeutlicht, dass diese Bundesregierung bestrebt ist, die Vorschläge des Hofes und die Beschlüsse des Parlaments umzusetzen – zum eigenen Vorteil! Denn dadurch konnten Entlastungen des Bundeshaushalts in Höhe von mehreren 100 Milli- onen DM erzielt werden; in den kommenden Jahren kön- nen sogar Jahr für Jahr mehr als 10 Milliarden DM an Ent- lastungen erreicht werden. Wie wir alle wissen, ist Vertrauen gut, Kontrolle aber unabdingbar notwendig, damit einmal Erreichtes stabili- siert wird und Mängel minimiert bzw. abgestellt werden. Bei der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Jahres- rechnung 1999 hat der Bundesrechnungshof hinsichtlich des kassenmäßigen Ergebnisses keine für die Entlastung relevanten Abweichungen zwischen den Beträgen in den Rechnungen und in den Büchern festgestellt; dies gilt gleichermaßen für die Rechnungen der 16 Sonderver- mögen. So weit, so gut. Verbesserungswürdig sind allersdings folgende Punkte in der Jahresrechnung: So enthält die Haushalts- und Ver- mögensrechnung unzutreffende, widersprüchliche oder unklare Angaben. So zum Beispiel die unvollständige Ausweisung von in Anspruch genommenen Verpflich- tungsermächtigungen. Stichprobenweise Prüfungen der Einnahmen und Aus- gaben ergaben ordnungsgemäße Belege; aber auch hier bemängelt der Hof formale Fehler. So zum Beispiel bei den Feststellungsvermerken auf den begründenden Un- terlagen, bei der Vollständigkeit von Unterlagen, ja sogar beim Ausfüllen der Vordrucke der Kassenanordnungen. Da kann ich nur sagen: Alles lässt sich lernen, auch das korrekte Ausfüllen von Formularen. Daher erwarten wir vom BMF, die für den Haushalt Verantwortlichen in den einzelnen Ministerien und nachgeordneten Dienststellen jährlich im Haushaltsaufstellungsschreiben auf die Not- wendigkeit hinzuweisen, die Vorschriften und Grundsätze für die ordnungsgemäße Veranschlagung und Bewirt- schaftung der Haushaltsmittel hinreichend zu beachten. Zur Haushaltsführung selbst ein paar Bemerkungen: Die Ausgaben lagen mit 482,8 Milliarden DM im Haus- haltsjahr 1999 um rund 2,9 Milliarden DM unter dem veranschlagten Soll von 485,7 Milliarden DM. Die Ein- nahmen – ohne Einnahmen aus Krediten und ohne Münz- einnahmen – unterschritten mit rund 431,5 Milliarden DM ebenfalls das veranschlagte Soll von 432,1 Milliarden DM. Demnach betrug das Finanzierungsdefizit 51,3 Milliar- den DM, also rund 2,3 Milliarden DM weniger als geplant. Zum Haushaltsausgleich trugen in erheblichem Umfang 9,2 Milliarden DM aus Veräußerungen von Beteiligungen und sonstigen Kapitalvermögen bei. 4,1 Milliarden DM da- von sind allein zur Deckung des Zuschussbedarfs bei den Postunterstützungskassen verwendet worden. Ab 2002 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 200118288 (C) (D) (A) (B) werden Privatisierungserlöse, wie vom Bundesrechnungs- hof empfohlen, ausschließlich zur Deckung der Defizite des Postunterstützungskassen verwandt. Im Bereich der über- und außerplanmäßigen Ausga- ben hat sich auf den ersten Blick nichts geändert, was ne- gativ wäre. Bei genauerem Hinsehen stellen wir aber fest, dass sich zwar der Gesamtumfang der überplanmäßigen (5 463 Millionen DM) und außerplanmäßigen Ausgaben (24,2 Millionen DM) in Höhe von 5,5 Milliarden DM nicht nennenswert verringert hat – immerhin 1,1 Prozent des Haushalts-Solls. Die Fallzahl dagegen ist stark gesunken. Als Ausreißer möchte ich hier die überplanmäßigen Ausgaben in Höhe von 226 Millionen DM für die knappschaftliche Renten- versicherung nennen, zurückzuführen auf unerwartete Zunahme der Zahl der Renten in den neuen Ländern bei gleichzeitig stärkerem Rückgang der Versicherten – diese Entwicklung war schwer vorhersehbar. Auch die Baumaßnahmen in Berlin und Bonn, die wechselkurzsabhängigen Pflichtbeiträge an internatio- nale Organisationen sowie umzugsbedingte Maßnahmen führten zu überplanmäßigen Ausgaben. Positiv möchte ich unterstreichen, dass die im Haus- haltsgesetz 1999 enthaltenen globalen Minderausgaben in Höhe von rund 1,6 Milliarden DM einschließlich der Ef- fizienzrendite aus dem Bereich der flexibilisierten Ausga- ben der Verwaltung erwirtschaftet wurden. Beim Kapitel „Verpflichtungsermächtigungen“ erin- nere ich daran, dass aufgrund des Regierungswechsels 1998 bis Mitte 1999, das heißt bis zur Verabschiedung des Haushaltsgesetzes am 21. Juni 1999, die vorläufige Haus- haltsführung galt. Dies ist der Grund dafür, dass im Haus- haltsjahr 1999 nur 38 Prozent oder rund 29,2 Milliarden DM der veranschlagten 76 Milliarden DM Verpflich- tungsermächtigungen in Anspruch genommen werden. Die von der Vorgängerregierung vorgelegte Haushalts- rechnung 1998 wies eingegangene Verpflichtungen nicht vollständig aus – so fehlten zum Beispiel Angaben bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ in Höhe von 2,8 Milliarden DM. Die unzutreffenden bzw. unterlassenen Buchungen sind in- zwischen in der Jahresrechnung 2000 korrigiert und er- gänzt worden. Der Bundesrechnungshof weist aber nachdrücklich da- rauf hin, dass seitens des BMF Vorkehrungen im Rahmen der Haushaltsführung und Rechnungslegung unerlässlich seien, damit künftig auch alle eingegangenen Verpflich- tungsermächtigungen gebucht werden und die Haushalts- rechnung das eingegangene Verpflichtungsermächtigun- gen-Volumen zutreffend ausweist. Im Übrigen gilt, dass Verpflichtungen zur Leistung von Ausgaben nur dann veranschlagt werden sollen, wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben notwendig sind. Alles andere würde gegen den Grundsatz „Haushaltsklarheit/Haus- haltswahrheit“ verstoßen. Die im Rahmen des Haushaltsvollzugs in Anspruch genommene Nettokreditaufnahme (NKA) lag mit 51,1 Mil- liarden DM um 2,4 Milliarden DM unter der Kredit- ermächtigung im Haushaltsgesetz 1999 – da waren noch 53,5 Milliarden DM etatisiert. Die Neuverschuldung war um rund 4,9 Milliarden DM niedriger als die Summe der Investitionsausgaben mit 56 Milliarden DM. Damit wurde die verfassungsrechtliche Kreditobergrenze des Artikel 115 GG eingehalten, auch im Haushaltsvollzug. Die Verschuldung des Bundes aus seinen Finanzkre- diten (einschließlich der in den Bundeshaushalt über- nommenen Sondervermögen) betrug Ende 1999 rund 1 385 Milliarden DM. Dazu kommen die nicht in den Bundeshaushalt eingegliederten Sondervermögen von 110 Milliarden DM (Fonds Deutsche Einheit und ERP- Sondervermögen), für die der Bund geradezustehen hat, sodass sich die Gesamtverschuldung zum Jahresende 1999 auf 1 495 Milliarden DM belief. Mit dem Gesetz zur Eingliederung der Schulden von Sondervermögen in die Bundesschuld hat die rot-grüne Regierung rückwirkend vom 1. Januar 1999 im Wege der Schuldmitübernahme die Verbindlichkeiten der Sonder- vermögen (u. a. Erblastentilgungsfonds) geregelt. Dies war überfällig und wurde seit Jahren vom Bundesrech- nungshof und der damaligen Opposition gefordert – Stich- wort „Schattenhaushalte“. Wir gehen davon aus, dass die dadurch im Hinblick auf die Verschuldungsgrenze des Ar- tikel 115 GG entstandenen Haushaltsspielräume nicht zur Erhöhung der Nettokreditaufnahme führen. Im Zusammenhang mit der finanzwirtschaftlichen Ent- wicklung des Bundes stellt der Bundesrechnungshof eine „leichte Verbesserung der Haushaltslage“ fest, weist aber gleichzeitig auf die weiterhin erheblichen Belastungsfak- toren wie Zins- und Sozialausgaben hin. Auch die Tatsa- che, dass sich die Ausgabenstruktur im Bundeshaushalt in den letzten zehn Jahren zugunsten dieser und anderer kon- sumtiven Ausgaben und zulasten der Ausgaben für Inves- titionen sowie Bildung und Forschung verändert habe, wird betont. Die rot-grüne Bundesregierung hat diese Schieflage durch neue haushaltsmäßige Prioritäten in den erwähnten Bereichen Bildung und Forschung inzwischen deutlich korrigiert. Postitiv vermerkt der Bundesrech- nungshof den Anstieg des Anteils der durch Steuerein- nahmen – und eben nicht Kredite – gedeckten Ausgaben. Der Rückgang der Nettokreditaufnahme ist, so der Bundesrechnungshof, im Verhältnis zum Anstieg der Steuereinnahmen, zu gering. Trotz der bisher praktizier- ten und für die nächsten Jahre vorgesehenen Rückführung der jährlichen Nettoneuverschuldung hat der Bundes- haushalt schlechtere Werte bei wichtigen Finanzkennzif- fern (Kreditinvestitionsquote, Kreditfinanzierungsquote, Deckungsquote) als die Haushalte von Ländern und Kom- munen. Der Anteil des Bundes an der öffentlichen Ge- samtverschuldung hat sich auf hohem Niveau stabilisiert (65 Prozent). Da die mit der Verschuldung verbundenen Zinslasten die politischen Gestaltungsspielräume einengen, ist die Entscheidung, einmalige Einnahmen wie die Erlöse aus der Versteigerung von Mobilfunklizenzen oder Privatisie- rungserlösen schwerpunktmäßig zur Schuldentilgung ein- zusetzen, finanzwirtschaftlich sinnvoll – so der Hof und die rot-grünen Haushälter. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001 18289 (C) (D) (A) (B) Mit der Fortführung des eingeschlagenen Konsolidie- rungskurses (Stichwort: Zukunftsprogramm 2000) trägt die Bundesregierung den Erwartungen des Rechungsprü- fungsausschusses und den Empfehlungen des Bundes- rechnungshofes weitgehend Rechnung, so die Präsidentin des Bundesrechnungshofes, Frau von Wedel, in ihrem Er- gebnisbericht 2001. Einen interessanten, überlegenswerten Vorschlag macht der Bundesrechnungshof im Zusammenhang mit der Neuverschuldungsgrenze gemäß Artikel 115 GG: Er hält dessen Kreditbegrenzungswirkung für unzureichend, da von der zur Ermittlung der Kreditobergrenze herange- zogenen Summe der Investitionsausgaben vor allem Ver- mögensverwertungen abgezogen werden können, die un- ter ökonomischen Gesichtspunkten die Wirkung von Desinvestitionen haben. Mittelfristig empfiehlt der Bun- desrechnungshof, den haushaltsrechtlichen Investitions- begriff zu überprüfen mit dem Ziel einer stärkeren Be- grenzung des Kreditfinanzierungsspielraumes. Der Europäische Stabilitätspakt vom 1. Januar 1999 verpflichtet die elf Teilnehmerstaaten zur Vermeidung übermäßiger Defizite in den öffentlichen Haushalten und droht bei mangelnder Haushaltsdisziplin erhebliche fi- nanzielle Sanktionen an. Immerhin sind sich Bundestag und Bundesrat darüber einig, ihren strikten Konsolidierungskurs fortzusetzen – jedenfalls wurde dies aus Anlass der Beschlussfassung zur Fortführung des Solidarpaktes und zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzierungsausgleichs vom 5. Juli bzw. 13. Juli dieses Jahres in gleich lautenden Ent- schließungen zum Ausdruck gebracht. Zur dauerhaften Einhaltung der Defizitkriterien aus dem Maastricht-Vertrag und dem europäischen Stabi- litäts- und Wachstumspakt streben die Länder eine Rück- führung der Nettoneuverschuldung an, während der Bund im Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt, also ohne Nettokreditaufnahme, vorlegen wird. Im Maßstäbegesetz wird in § 3 Abs. 3 geregelt: Bei der Abstimmung der Deckungsbedürfnisse von Bund und Ländern sowie der Gestaltung der öffent- lichen Haushalte ist über die Bestimmungen des Ar- tikel 106 Abs. 3 Satz 3 und 5 des Grundgesetzes hi- naus sicherzustellen, dass durch eine gemeinsame Ausgabenlinie die Bestimmungen des Maastricht- Vertrages und des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts zur Begrenzung des gesamtstaat- lichen Defizits umgesetzt werden. Die Frage wird durch den Bundesrechnungshof zu prü- fen sein, ob mit dieser innerstaatlichen Regelung den besonderen Anforderungen an die innerstaatliche Koordi- nierung der öffentlichen Haushalte ausreichend Rech- nung getragen wird. Die noch erforderlichen Abstim- mungsgespräche zwischen Bund und Ländern zu den Verfahrensregelungen im Haushaltsgrundsätzegesetz soll- ten nun zügig in Angriff genommen werden. Schließlich liegt es im originären Interesse des Bundes, die Gespräche erfolgreich zum Abschluss zu bringen: Für den Fall möglicher Sanktionen durch die Europäische Ge- meinschaft wegen Überschreitung der insgesamt zulässi- gen gesamtstaatlichen jährlichen Verschuldung haftet nämlich bisher allein der Bund – ein unhaltbarer Zustand. Im Übrigen konterkarieren milliardenteure Wunschlis- ten aus bestimmten Bundesländern natürlich die selbst- gesteckten Stabilitätsziele ... Ich stelle positiv fest, dass im zwischenzeitlich verab- schiedeten Maßstäbegesetz langjährige Forderungen des Bundesrechnungshofes und Vorgaben des Bundesverfas- sungsgerichts endlich erfüllt werden: Bundesergänzungs- zuweisungen werden darum als nachrangig definiert, auch ihr Volumen wird begrenzt. Am Schluss seiner Feststellungen zur finanzwirtschaft- lichen Entwicklung des Bunds empfiehlt der Bundesrech- nungshof eine vorsichtige Einschätzung der künftigen Haushaltsentwicklung bei der Fortschreibung der Finanz- pläne, um die zum Teil erheblichen Planabweichungen zu minimieren, zum Beispiel zu günstige Steureinnahmen und zu niedrige Ausgaben für Sozialleistungen. Um für ungünstige Entwicklungen auf der Einnahme- und Ausgabeseite gerüstet zu sein, empfiehlt der bundes- rechnungshof die Aufnahme von Planungsreserven. Die bisherigen Finanzpläne enthalten bereits solche Reserven in Form so genannter globaler Mehrausgaben, leider nur auf der Ausgabenseite. Durch eine verstärkte und verstetigte Risikovorsorge könnten dann nämlich finanzwirtschaftliche Mehrbelas- tungen für den Bundeshaushalt, zum Beispiel aufgrund abweichender konjunktureller Entwicklungen oder verän- derter politischer Prioritätensetzungen, bei der Fort- schreibung der Finanzpläne leichter aufgefangen werden. Der Bundesrechnungshof konzediert, dass sich im Fi- nanzplan bis 2004 eine Verstetigung der finanzwirtschaft- lichen Eckwerte abzeichnet – also der richtige Weg be- schritten wird. Ein abschließendes Wort zur Umsetzung der flexiblen Haushaltsinstrumente nach dem Haushaltsrechts-Fort- entwicklungsgesetz in der Bundesverwaltung. Der Bund hat 1997 sein Haushaltsrecht flexibilisiert. Weitere neue Instrumente des Haushaltswesens werden derzeit erprobt und implementiert. Zwar sind hier Länder und Kommunen weiter, aber auf Bundesebene bewegt sich doch manches: Das erwähnte Gesetz hat nicht unwesentliche Neuerungen gebracht, vor allem eine erweiterte Deckungsfähigkeit der Ausgaben, das heißt Haushaltsmittel können stärker als bisher für andere als im Haushaltsplan vorgesehene Zwecke verwendet werden. Innerhalb der Hauptgruppe sind die Ausgaben in vollem Umfang deckungsfähig, zwischen den Haupt- gruppen zu 20 Prozent. Auch sind Ausgaben stärker als bisher in die folgenden Jahre übertragbar und stehen den Verwaltungen zusätzlich zu den Haushaltsmitteln des neuen Haushalts als Ausgabenreste zur Verfügung. Als Gegenleistung für die erhöhte Flexibilität beim Haus- haltsvollzug erbringen die Verwaltungen die so genannte Effizienzrendite, die zu einer globalen Kürzung der Ver- waltungsausgaben geführt hat. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 200118290 (C) (D) (A) (B) Der Hof stellt fest, dass im Haushalt 2000 mittlerweile 134 Kapitel mit rund 4 800 Titeln und einem Ausgaben- volumen von rund 27,7 Milliarden DM (entspricht rund 5,8 Prozent der Gesamtausgaben, beinahe doppelt so viel wie im Haushaltsjahr 1998, dem ersten Jahr der Flexibili- sierung). Schaut man genau hin, stellt sich heraus, dass zwar deutlich weniger Haushaltsmittel ausgegeben wurden als veranschlagt; dies lag aber einmal an der Effizienzrendite, zum anderen an der Übertragung von Ausgabenresten in die Folgejahre. Daher lässt sich sagen, dass die endgülti- gen Einsparwirkungen für den Bundeshaushalt noch nicht abschließend bezifferbar sind, da die entstandenen Min- derausgaben als Ausgabenreste in die Folgejahre über- tragbar sind und gegebenenfalls zusätzlich verausgabt werden können. Jedenfalls lässt die Ausgabenentwicklung der Verwal- tungskapitel zum Jahresende („Dezemberfieber“) noch keinen Trend zu einem gleichmäßigeren Ausgabenverhal- ten erkennen. Dies dürfte mit zunehmender Praxiserfah- rung im Umgang mit der erweiterten Übertragbarkeit er- reichbar sein. Das Kernstück der Haushaltsflexibilisierung ist die volle überjährige Verfügbarkeit nicht in Anspruch ge- nommener Haushaltsmittel. Zum Jahresende sind bei den flexibilisierten Verwaltungsausgaben Ausgabenreste in Höhe von 962 Millionen DM entstanden, die bis Ende 1999 auf rund 1,86 Milliarden DM angestiegen sind. Das BMF hat, um ein weiteres Anwachsen der Ausga- benreste zu begrenzen, Anteile dieser Ausgabenreste in Abgang gestellt – so zum Beispiel für das Haushaltsjahr 2000 im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2001 insge- samt 256 Millionen DM. Dies anerkennt der Bundesrech- nungshof ausdrücklich. Darüber hinaus hält der Hof die konsequente Beach- tung der gesetzlich vorgesehenen zeitlichen Verfüg- barkeitsbeschränkung – auf zwei Jahre nämlich – von Ausgaberesten für ein probates Mittel gegen das unkon- trollierte Anwachsen von Ausgaberesten, ebenso die Be- schränkung von Ausgaberesten bei den Personalausga- ben, die mit 82 Prozent den überwiegenden Anteil an den flexibilisierten Ausgaben bilden. Das BMF hat Hinweise des Bundesrechnungshofes umgesetzt und macht die Inanspruchnahme der so ge- nannten Personalverstärkungsmittel davon abhängig, dass die Deckungsmöglichkeiten innerhalb der flexibili- sierten Personalausgaben ausgeschöpft worden sind. Das BMF hat darüber hinaus bereits im Rahmen der Haus- haltsaufstellung 2001 eine Schlüssigkeitsprüfung des Be- darfs an Ausgaberesten durchgeführt und diesen Bereich um 259 Millionen DM vermindert. Grundsätzlich zeigt dieses Beispiel, dass die Bundes- regierung die Ratschläge und Empfehlungen des Bundes- rechnungshofes ernst nimmt und umsetzt – allerdings unter tatkräftiger Mithilfe des Rechnungsprüfungsaus- schusses. Immerhin hat die Bundesregierung am 1. Dezember 1999 ein Gesamtkonzept zur Verwaltungsreform be- schlossen mit dem Namen „Moderner Staat, moderne Verwaltung“. Auf dieser Grundlage laufen derzeit Pilot- projekte und Vorarbeiten, sodass sich mittelfristig fol- gende Elemente für eine neue Haushaltspraxis des Bun- des abzeichnen: Budgetierung und Flexibilisierung, Kosten-Leistungs-Rechnung und Controlling, Produkt- haushalte und dezentrale Ressourcen-Verantwortung, Kontraktmanagement und ergebnisorientierte Steuerung, Stärkung der Eigenverantwortung der Bewirtschafter durch Zusammenführung von Sach- und Finanzverant- wortung, Managementsysteme zur Erfassung des Vermö- gens des Bundes. Diese Perspektive macht deutlich, dass auch das Haus- halts- und Rechnungswesen ständiger Reformen bedarf. Diese Bundesregierung will die genannten Reformen; sie berichtet dem Haushaltsausschuss regelmäßig über den Fortgang der Haushaltsreform. Nun liegt es an der politischen Leitung, die Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter von der Reform zu überzeugen durch Informationen über die Ziele der Haushaltsflexibi- lisierung, durch nähere Vereinbarungen mit den Bewirt- schaftern, durch die Verlagerung finanzieller Verantwor- tungen. Die Umsetzung der Reform wird die Tätigkeit des Bundesrechnungshofes modifizieren, das heißt der Bera- tungsaspekt, die begleitende Prüfung, wird zunehmen, Programm- und Querschnittsprüfungen werden an Be- deutung gewinnen. Dabei wird der Bundesrechnungshof auch wie bisher seine traditionelle Rolle wahrnehmen, das Parlament in seiner Funktion zu unterstützen, die Exeku- tive zu kontrollieren. Und weil wir die Kontrolle der Exekutive dank des Bundesrechnungshofes durchgeführt haben, bitte ich Sie für das Haushaltsjahr 1999 um die Entlastung der Bundes- regierung. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001 18291 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Günter Rexrodt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine
    Damen und Herren! Herr Kollege Eichel, auch ich muss

    zunächst einmal meiner Verwunderung darüber Ausdruck
    geben, wie Sie Ihre Haushaltsrede angelegt haben. Sie ha-
    ben mehr als die Hälfte Ihrer Redezeit darauf verwandt,
    über angebliche Versäumnisse in den 90er-Jahren zu spre-
    chen.


    (Lothar Mark [SPD]: Was heißt „angeblich“?)


    Sie haben in diesem Zusammenhang nicht ein einziges
    Mal das Ereignis erwähnt, das in den 90er-Jahren die Fi-
    nanzpolitik und die Politik in Deutschland überhaupt
    überlagert hat.


    (Beifall bei der FDP)


    Wären Sie, Herr Eichel, ehrlich gewesen, hätten Sie
    auch ein paar Worte zum Haushalt des Landes Hessen sa-
    gen müssen, den Sie zu verantworten hatten. Ein Ruh-
    mesblatt stellte er bestimmt nicht dar.


    (Beifall bei der FDP)


    Ich möchte über den Haushalt 2002 sowie über das
    sprechen, was uns in Zukunft bevorsteht, wenn wir be-
    stimmte Strukturprobleme nicht lösen.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Darüber muss auch einmal gesprochen werden, ja!)


    Es gibt in diesem Haushalt zwei große Fallen; die erste ist
    eine aktuelle und die zweite eine strukturelle. Zu dem ers-
    ten Dilemma kommen wir ganz schnell über die wach-
    senden Arbeitslosenzahlen; in der Vergangenheit war es
    von der Tatsache verdeckt, dass wir eine günstige Kon-
    junktur mit um insgesamt 14 Prozent steigenden Steuer-
    einnahmen hatten und dass dem Bundeshaushalt dreistel-
    lige Milliardensummen durch die Privatisierung
    zugeflossen waren, eine Privatisierung, die Sie vorher bis
    aufs Messer bekämpft hatten.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Ich gebe zu, Sie haben einen Gutteil der Privatisie-
    rungserlöse in die Rückführung der Verschuldung einge-
    führt. Mit dem Anerkenntnis, dass die Struktur der Schul-
    denpolitik richtig ist, haben wir Liberale nie ein Problem
    gehabt. Aber von diesem Segen auf der Einnahmeseite
    lässt sich im Jahre 2001 nichts mehr feststellen: Die Steu-
    erschätzungen müssen nach unten revidiert werden und
    die Einmaleinnahmen verblassen, während Zusatzaus-
    gaben in Milliardenhöhe, für deren Gegenfinanzierung
    noch keine Vorsorge getroffen worden ist, erforderlich
    sind. Ich denke hier beispielsweise an die Familienförde-
    rung, an die Entwicklungshilfe oder an die Rücklage für
    Reinvestitionen. All dies ist in Ihrem Haushalt überhaupt
    nicht berücksichtigt. Deshalb ist Ihr Haushaltsentwurf für
    2002 schon am heutigen Tage Makulatur, Herr Eichel.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Auf der Ausgabenseite hat der Bundesfinanzminister
    ohnehin nie seine Schularbeiten gemacht; das haben wir
    immer gebrandmarkt. So sind die Investitionsausgaben
    – ich werde darauf noch zurückkommen – auf eine histo-
    risch niedrige Quote zurückgeführt worden. Auch wurde
    der Bundeswehr vorenthalten, was sie für ihre Umstruk-
    turierung und zur Erfüllung ihrer Aufgaben braucht. Da
    hat sich der Sparkurs niedergeschlagen.

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Joachim Poß

    18253


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    (B)


    Meine Damen und Herren, diese unzulängliche Politik
    holt uns heute ein. Wir stehen aktuell vor dem Dilemma
    einer schlechten Wirtschaftslage mit hoher Arbeitslosig-
    keit und zumindest relativ fallenden Steuereinnahmen.
    Ferner stehen wir vor dem strukturellen Dilemma einer al-
    ternden Bevölkerung auf der einen Seite und einem enor-
    men Anstieg der Ausgaben aufgrund von Leistungsgeset-
    zen auf der anderen Seite.


    (Lothar Mark [SPD]: Ist das auch Hans Eichels Verantwortung?)


    Bevor ich aber darauf eingehe, möchte ich etwas zur Ar-
    beitslosigkeit und zur Arbeitsmarktpolitik sagen. Als
    Wahlkämpfer hat diese Koalition 1998 großartig verkün-
    det, sie verfüge über Rezepte zur Lösung der Arbeits-
    marktprobleme. Heute flüchtet man sich in die „Politik der
    ruhigen Hand“. Diese Politik wird überall im Lande als eine
    Politik der ruhigen Kugel erkannt und als Hilflosigkeit und
    Unfähigkeit, diese Probleme anzupacken, entlarvt.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Das Missverhältnis zwischen ansteigenden Sozialaus-
    gaben und sinkenden investiven Ausgaben – ich nehme
    hier keine Bewertung der Einzelausgaben vor – erstickt
    im Haushalt jede Kreativität. Es wird ein Desaster geben.
    Jeder, der von diesem Haushalt etwas versteht, weiß, wo-
    hin es führen wird, wenn wir das Ruder nicht herum-
    reißen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit wird von Ihnen,
    Herr Eichel, und von anderen gesagt, hier handele es sich
    um eine Schwächephase auf Zeit. Solche Beschwichti-
    gungsversuche hat es bei schlechter Konjunkturlage im-
    mer gegeben, auch bei uns; das sei Ihnen geschenkt. Völ-
    lig neben der Sache liegt die Koalition aber mit der
    Behauptung, dass diese Schwäche ihre Ursache überwie-
    gend in weltwirtschaftlichen Entwicklungen habe, dass
    die USA daran schuld seien. Das Gegenteil ist der Fall,
    und zwar aus folgendem Grund: Das strategische High-
    light Ihrer bisherigen Politik, die so genannte Steuer-
    reform, hat in Teilen der deutschen Wirtschaft und na-
    mentlich im Mittelstand zu einer ungeheuren Verärgerung
    und zu Verdruss geführt.


    (Zuruf von der FDP: Zu Enttäuschung!)


    Sie wird als viel zu spät eingeleitet wahrgenommen. Sie
    wirkt sich in den Jahren 2004 und 2005 aus; das ist viel zu
    spät.


    (Detlev von Larcher [SPD]: Warum haben Sie sie denn nicht gemacht?)


    Sie hat zu einer Verärgerung geführt, weil die Großunter-
    nehmen 25 Prozent Körperschaftsteuer plus 13 Prozent
    Gewerbesteuer zahlen, also in der Summe 38 Prozent,
    während der Mittelstand – zumindest der Teil des Mittel-
    standes, der das Rad dreht und den Höchstsatz der Ein-
    kommensteuer zahlt – 4 Prozentpunkte mehr zahlt. Das
    hat im Mittelstand zu einem Riesenärger über diese
    Steuerreform und zu Investitionsattentismus geführt, das
    hat zu Arbeitslosigkeit geführt.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Hinzu kommt das unselige Thema Ökosteuer, über das
    wir hier immer wieder gesprochen haben. Diese Steuer ist
    in der Wahrnehmung der mittelständischen Wirtschaft
    deshalb so verheerend, weil sie die Großverursacher von
    Umweltverschmutzung außen vor lässt, während sie beim
    Mittelstand, bei den Arbeitnehmern, den Selbstständigen
    und Handwerkern richtig zuschlägt.


    (V o r s i t z: Präsident Wolfgang Thierse)


    Das ist der zweite Punkt, der zu Verärgerung und Zurück-
    haltung im Mittelstand geführt hat und der für die kon-
    junkturelle Schwäche verantwortlich ist, Herr Eichel,
    nicht die USA oder die Weltwirtschaft. Das muss gesagt
    werden.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Sie haben im Hinblick auf die Veräußerungsgewinne
    bei mittelständischen Unternehmen ein bisschen korri-
    giert. Wir fordern Sie auf: Machen Sie die Steuerreform-
    schritte schnell, ziehen Sie sie auf das nächste Jahr vor.
    Lassen Sie jede weitere Erhöhung der unseligen Öko-
    steuer.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Entschließen Sie sich, Steuervereinfachung durchzu-
    führen, drei Stufen von Steuersätzen einzuführen, 15 Pro-
    zent, 25 Prozent und 35 Prozent, wie die FDP das seit lan-
    gem vorschlägt.


    (Lothar Mark [SPD]: Warum habt ihr es bis 1998 nicht gemacht?)


    Wir können über die eine oder andere Ziffer reden; das
    können auch einige Prozentpunkte mehr oder weniger
    sein. Darauf kommt es nicht an.

    Ich verspreche Ihnen, meine Damen und Herren von
    der Koalition,


    (Jörg-Otto Spiller [SPD]: Das ist gefährlich!)


    wenn Sie dies machten, hätten wir von Stund an in
    Deutschland ein anderes Investitionsklima und würden
    auch wieder Leute eingestellt. Die Konjunkturkrise ist zu
    großen Teilen hausgemacht. Das muss hier gesagt wer-
    den.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Die Folgen für den Arbeitsmarkt sind gravierend. Die
    prognostizierten Arbeitslosenzahlen werden nicht zu hal-
    ten sein, weder die 3,7 Millionen im Jahresdurchschnitt
    und noch weniger die 3,5 Millionen im nächsten Jahr. Ich
    weiß sehr wohl, dass es einen Königsweg zur Lösung der
    Probleme nicht gibt. Aber es waren doch die rot-grünen
    Wahlkämpfer von 1998, die sagten, sie wüssten, wo es
    lang gehe und was man machen müsse. Es gibt da Stell-
    schrauben; an ihnen haben Sie auch gedreht, aber Sie ha-
    ben in die falsche Richtung gedreht.

    Die rot-grüne Koalition hat alle Ansätze aus der 13. Le-
    gislaturperiode – sie waren vorsichtig und, wenn ich
    ehrlich bin, unzulänglich genug – in Sachen Tarif-
    und Arbeitsrecht in ihr Gegenteil verkehrt. Das
    Scheinselbstständigengesetz, die Regelung der 630-

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Dr. Günter Rexrodt

    18254


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    Mark-Jobs, die Korrektur des Kündigungsschutzes, die
    Rücknahme der Karenzzeit bei der Lohnfortzahlung im
    Krankheitsfall, später dann das Recht auf Teilzeitarbeit
    und jetzt vor kurzem unter der Überschrift „Mehr Mitbe-
    stimmung“ eine zusätzliche Investitionsbremse für den
    Mittelstand – meine Damen und Herren, das ist eine
    falsche Politik; sie führt in dieses Haushaltsdilemma für
    2002.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wenn wir vorankommen wollen, muss es darum ge-
    hen, das verkrustete Arbeits- und Tarifrecht aufzubre-
    chen. Daran wird sich entscheiden, ob unser Land wieder
    Zuversicht schöpft oder ob wir hinterherhinken, ob wir im
    Geleitzug der europäischen Länder, was die wirtschaftli-
    che Entwicklung angeht, wieder vorn oder mittendrin
    oder hinten sind.

    Die Ausgaben für den Arbeitsmarkt sind neben den
    Zuschüssen zur Rentenversicherung das Ausgabenpro-
    blem Nummer eins in unserem Haushalt. Ganz aktuell
    sind sie ein Risiko für den Haushalt 2002, weil die An-
    sätze für die Bundesanstalt für Arbeit und die Ansätze für
    die Arbeitslosenhilfe von der Annahme ausgehen, dass es
    im Jahresdurchschnitt 3,48 Millionen Arbeitslose gibt.
    Das wird aber nicht der Fall sein. Diese Annahme hat Sie
    dazu gebracht, Herr Eichel, eine Zeit lang von einem Aus-
    gabenkorridor zu sprechen, wie das Herr Fabius schon
    lange tut. Sie haben sich dann Gott sei Dank korrigiert. Ich
    hoffe, es bleibt dabei und die Nettokreditaufnahme wird
    um 10 Milliarden DM pro Jahr zurückgeführt.

    Eine Politik, die darauf hinausläuft, hier ein bisschen
    zu sparen, dort ein bisschen zeitlich zu strecken, und
    Glück bei den Einnahmen zu haben, lässt sich nicht fort-
    setzen, wenn wir mit dem wichtigsten Problem des Haus-
    halts, dem Ungleichgewicht zwischen investiven Ausga-
    ben und Sozialausgaben, fertig werden wollen. Die
    Bundesrepublik Deutschland – das sage ich ohne jede Po-
    lemik – bewegt sich kontinuierlich auf einen Punkt zu, ab
    dem sie nicht mehr in der Lage ist, ihre Infrastruktur
    einschließlich ihrer Sicherheitsstruktur zu finanzieren.


    (Joachim Poß [SPD]: Sie wollen doch noch weitere Steuersenkungen!)


    Diese Entwicklung findet im Übrigen schon seit längerem
    statt. Dass ich diese Tatsache erwähne, ist Ausdruck des-
    sen, dass es mir an dieser Stelle nicht um einen tagespoli-
    tischen Schlagabtausch geht. Es geht um sehr viel mehr.
    Ich möchte dazu einige wenige Zahlen in den Raum stel-
    len.

    Erstens. Die investiven Ausgaben des Bundes sind
    seit 1975 – mit einer kurzen Unterbrechung unmittelbar
    nach der Wiedervereinigung – kontinuierlich von
    16,3 Prozent des Gesamthaushaltes auf 11,4 Prozent im
    Jahre 2002 gesunken. Im Jahr 2005 sollen sie bei
    10,3 Prozent liegen.

    Zweitens. Die Ausgaben für die Bundeswehr wurden
    seit 1985 von 49 Milliarden DM oder 19 Prozent des Bun-
    deshaushaltes auf 46 Milliarden DM oder 9,5 Prozent des
    Haushaltes zurückgeführt. Dabei wurden insbesondere

    die investiven Ausgaben gesenkt, also diejenigen Ausga-
    ben, die nicht in den laufenden Betrieb, sondern in die An-
    schaffung gehen. Die Bundeswehr ist also unterfinanziert.


    (Dr. Uwe-Jens Rössel [PDS]: Einerseits: ja!)


    Drittens. Die Ausgaben des Bundes für den Bereich
    soziale Sicherung – also Leistungen an die Rentenversi-
    cherung, landwirtschaftliche Sozialpolitik und Mittel für
    die Arbeitsmarktpolitik – sind in der gleichen Zeit konti-
    nuierlich gestiegen. Sie belaufen sich heute auf 41,4 Pro-
    zent des Gesamthaushaltes. Augenfällig ist dabei die Ent-
    wicklung der Zuschüsse zur Rentenversicherung. Sie
    lagen 1982 bei 12,6 Prozent. Jetzt sind es 29,1 Prozent
    und im Jahr 2005 werden es 31 Prozent sein.

    Mit dieser Gegenüberstellung geht es mir nicht darum,
    eine Bewertung in dem Sinne „Was ist wichtiger, die Fi-
    nanzierung von Fernstraßen, sichere Fahrzeuge für die
    Bundeswehr oder Ausgaben für die soziale Sicherung?“
    vorzunehmen. Es geht mir darum, den Blick darauf zu
    richten, dass in absehbarer Zeit kaum noch Mittel für In-
    vestitionen bereitstehen, wenn der dramatische Anstieg
    der Sozialausgaben im Haushalt nicht begrenzt werden
    kann.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Um diesem Dilemma entgegenzuwirken, gibt es im
    Wesentlichen drei Handlungsbereiche. Im ersten hat die
    rot-grüne Koalition die richtigen Weichen gestellt, im
    zweiten die falschen und im dritten hat sie gar nichts ge-
    tan. Das ist eine magere Bilanz.

    Richtige Weichen wurden beim Aufbau einer zusätzli-
    chen, kapitalgedeckten Altersvorsorge auf privater Ba-
    sis gestellt. Die umfassende staatliche Förderung in einem
    übrigens viel zu komplizierten System wird dabei
    zunächst zu erheblichen Einnahmeausfällen führen. Das
    will ich aber gar nicht kritisieren; das ist unumgänglich.
    Im Übrigen werden zu Recht Zweifel an dem Rechenwerk
    geäußert; ich komme darauf noch zu sprechen. Eine
    zweite Rentenreform, Herr Eichel und Herr Riester, ist
    unvermeidbar.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Im zweiten Handlungsbereich haben Sie zwecks Fi-
    nanzierung der Rentenversicherung schlicht die Steuern
    angehoben, nämlich die Mineralölsteuer erhöht und die
    Gas- und Stromsteuer eingeführt. Das wird kaschiert
    durch den Begriff Ökosteuer. Wir wissen jedoch, dass es
    zweckgebundene Steuern gar nicht gibt; Steuern fließen
    alle in einen Topf. Wenn schon eine Bezeichnung für die
    Begründung der Steuererhöhungen gesucht wird, dann
    müsste diese Steuer nicht Ökosteuer, sondern Renten-
    finanzierungsteuer heißen.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)


    Unser Land braucht aber niedrigere Steuersätze und nicht
    eine ideologische Überhöhung einer Rentenfinanzierung-
    steuer durch den Begriff Ökosteuer.

    Das dritte Handlungsfeld, in dem es um die Rück-
    führung der Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik gehen

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Dr. Günter Rexrodt

    18255


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    muss, habe ich bereits angesprochen. Um wenigstens ei-
    nen Teil der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger wie-
    der in den Arbeitsprozess eingliedern zu können, müssen
    Tabus gebrochen werden. Andere Länder sind dort weiter;
    sie haben mehr Fantasie. Im Übrigen waren es wir, die Li-
    beralen, die sich immer für die Abschaffung des
    Flächentarifs


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Jetzt auch Helmut Schmidt!)


    und ein System von Anreiz und Sanktionen ausgespro-
    chen haben.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch des Abg. Detlev von Larcher [SPD])


    Dafür bedurfte es nicht – wie bei Herrn Koch – einer Reise
    nach Wisconsin. Herr Scharping, der ebenfalls solche Ge-
    dankensplitter äußerte, wurde ganz schnell wieder
    zurückgepfiffen.

    Zu einem weiteren Aspekt, der, wie ich meine, in die-
    sem Zusammenhang sogar der wichtigste ist, weil er die
    Ursache beschreibt: Der wesentliche Grund für dieses Di-
    lemma – Rückgang der Investitionen und Anwachsen der
    Ausgaben für Leistungsgesetze – ist, dass die Wohnbe-
    völkerung in Deutschland eine dramatische Veränderung
    der Altersstruktur durchmacht. Von den 82 Millionen
    Einwohnern in Deutschland gehören heute noch 47 Milli-
    onen Menschen der Altersgruppe der 20- bis 60-Jährigen
    an; im Jahre 2030 werden es nur noch 36 Millionen sein.
    Gleichzeitig wird die Zahl der über 60-Jährigen von heute
    18 Millionen auf 30 Millionen ansteigen. Dabei ist schon
    die günstige Prognose zugrunde gelegt, dass jährlich
    250 000 Leute zuwandern und die Geburtenziffer von
    heute 1,25 auf 1,50 je Frau steigt.

    Diese Zahlen, die die Altersstruktur unserer Wohnbe-
    völkerung beschreiben, bergen eine Dramatik. Das wird
    das Thema der nächsten 30 Jahre aller Politikbereiche
    sein. Hier muss umgesteuert werden.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir können das Problem nicht dadurch lösen, dass wir die
    Schulden erhöhen. Wir müssen vielmehr eine zweite Ren-
    tenreform ins Auge fassen – daran führt kein Weg vorbei –
    und schnell und durchgreifend eine Gesundheitsreform
    verabschieden, um die man sich bislang aus tagespoliti-
    schen Erwägungen heraus drückt.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Darüber hinaus brauchen wir ein Zuwanderungsgesetz.
    Dieses Vorhaben kommt nicht voran. Die Grünen machen
    scharf. Im Übrigen – wenn ich das sagen darf – bekleckert
    sich in Sachen Zuwanderungsgesetz auch die Union nicht
    gerade mit Ruhm.


    (Beifall bei der FDP – Detlev von Larcher [SPD]: Der einzig richtige Satz!)


    Auch wenn dies in Deutschland immer ein bisschen
    Hautgout hat, möchte ich es doch auf den Punkt bringen:

    Wir brauchen in diesem Land mehr junge Bürger. Wir
    brauchen mehr Kinder. Das ist nicht nur eine Frage des
    Geldes, sondern eine Frage der Rahmenbedingungen,
    eine Frage von Kindergärten und eine Frage dessen, ob
    die gesellschaftliche Rolle der erziehenden Frau oder des
    erziehenden Mannes richtig gewürdigt wird.


    (Beifall bei der FDP)


    Darüber hinaus brauchen wir in diesem Land Zuwande-
    rung. Mit jedem Jahr, das wir verstreichen lassen, ohne
    dass das entsprechende Gesetz verabschiedet wird, ver-
    schenken wir wesentliche Ressourcen, die dringend ge-
    braucht werden. Daher muss ein solches Gesetz verab-
    schiedet werden.


    (Beifall bei der FDP)


    Ich komme zum Schluss. – Die Bundesregierung hat
    aus tagespolitischer Opportunität beschlossen, sich nach
    Steuer- und Rentenreform auf medienorientierte Auf-
    tritte und Veranstaltungen zurückzuziehen.


    (Lachen des Abg. Detlev von Larcher [SPD])


    Das werden Sie das Jahr über nicht durchhalten und das
    dürfen Sie angesichts des aktuellen Dilemmas auf dem
    Arbeitsmarkt und des strukturellen Dilemmas aufgrund
    der Bevölkerungsentwicklung auch nicht durchhalten.
    Herr Eichel und insbesondere, in nachahmenswerter
    Weise, Herr Poß haben hier große Worte über Strukturen
    gefunden.


    (Lothar Mark [SPD]: Sehr gut hat er das gemacht!)


    Aber die Strukturprobleme haben Sie überhaupt nicht an-
    gepackt. Sie machen Tagespolitik, nicht mehr und nicht
    weniger.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das ist Ausdruck Ihrer Hilflosigkeit und Ihres mangeln-
    den Mutes bei der Bewältigung der anstehenden Pro-
    bleme.

    Wir brauchen mehr als Tagespolitik, aber das spiegelt
    dieser Haushalt nicht wider. Deshalb werden wir ihm auch
    nicht zustimmen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Bevor ich dem nächs-
ten Redner das Wort erteile, begrüße ich auf der Tribüne
den Vizepräsidenten des Bundesrechnungshofes, Herrn
Dr. Engels, sehr herzlich. Ich freue mich, dass Sie an un-
seren Beratungen teilnehmen.


(Beifall)


Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Oswald
Metzger, Bündnis 90/Die Grünen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Oswald Metzger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte
    mit einer nüchternen Zahl beginnen und damit der derzei-
    tigen Stimmung in unserer Gesellschaft, in der Kassandra

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Dr. Günter Rexrodt

    18256


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Konjunktur hat, einige Fakten entgegenhalten. Ich kann
    Ihnen verkünden, dass die Steuereinnahmen des Bun-
    des zum Stand Ende August dieses Jahres um 400 Milli-
    onen DM höher lagen als zum vergleichbaren Zeitpunkt
    des Vorjahres und damit aus heutiger Perspektive eine
    gute Chance besteht, dass der Bundeshaushalt dieses Jahr
    nicht unter starken Steuerausfällen leidet, wie es in Hor-
    rorszenarien dargestellt wird.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Aber wir sprechen jetzt über 2002, lieber Herr Kollege Metzger!)


    In diesem Jahr sind keine konjunkturbedingten Steuer-
    ausfälle zu konstatieren, sondern nur solche aufgrund un-
    serer Steuerreform, die den Bürgern und der Wirtschaft
    zugute kommt. Das ist für mich als Haushälter ein gutes
    Zeichen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Je länger ich dem Parlament angehöre, umso mehr
    denke ich, dass ich in der Vorbereitung auf eine solche
    Rede nur zu lesen brauche, was die Kollegen Austermann
    und Rexrodt im vorangegangenen Jahr gesagt haben,
    denn die Argumente wiederholen sich.


    (Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie üben Recycling!)


    Da das Gedächtnis der Menschen kurz ist, eine kurze
    Replik in Zahlen, um zu zeigen, dass man Äpfel mit Äp-
    feln vergleichen muss und nicht Äpfel mit Birnen.

    Wenn ich mir – das ist vor allem an Ihre Adresse ge-
    richtet, Kollege Austermann – unsere Legislaturperiode
    anschaue, stelle ich fest: Wir haben die Bundesschulden
    in unserer Regierungszeit bis 2002 unter Einrechnung der
    UMTS-Erlöse um 38,6 Milliarden Euro erhöht; das sind
    5,2 Prozent mehr Schulden in den vier Jahren unserer Re-
    gierungszeit als in den vier Jahren davor.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Woher kommen denn die 100 Milliarden DM?)


    Ihre Regierung hat die Verschuldung des Bundes zwi-
    schen 1995 und 1998 um 141 Milliarden Euro oder
    23 Prozent erhöht. Da war die Wiedervereinigung kas-
    senmäßig sozusagen längst bewältigt. Das zeigt die
    tatsächliche Konsolidierungsleistung dieser Regierung.
    Diese Konsolidierung hat mit Sicherheit einen Namen; er
    lautet Hans Eichel.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Beleidige ihn mal nicht!)


    Auch eine andere Aussage, Kollege Austermann, muss
    man sich auf der Zunge zergehen lassen. In den vier Jah-
    ren unserer Regierungszeit – den Ist-Ergebnissen der letz-
    ten zwei Jahre, dem Soll-Ansatz dieses Jahres und dem
    Regierungsentwurf – haben wir insgesamt 8 Milliar-
    den Euro Privatisierungseinnahmen. Sie hatten in den
    letzten vier Jahren Ihrer Regierungszeit 14 Milliarden
    Euro Privatisierungseinnahmen für den Bundeshaushalt.
    Das ist ein Unterschied. Deshalb ist Ihre Behauptung, wir
    hätten angesichts der Privatisierungseinnahmen unsere
    Verschuldung künstlich heruntergerechnet, falsch. Umge-

    kehrt wird ein Schuh daraus: Sie waren doch diejenigen,
    die allein im Wahljahr 1998, 10 Milliarden Euro Privati-
    sierungserlöse einstellen mussten, um den Haushalt ver-
    fassungsgemäß zu halten. Das ist die Wahrheit; da beißt
    die Maus keinen Faden ab.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Bartholomäus Kalb [CDU/ CSU]: Haben Sie nicht 1999 davon noch profitiert?)


    Drittes Argument: 1998 mussten Sie die Ausgaben des
    Bundes mit einer Kreditaufnahme in Höhe von 12 Pro-
    zent der Gesamtausgaben finanzieren. Wenn Sie die Net-
    tokreditaufnahme des kommenden Jahres in Höhe von
    21,1 Milliarden Euro in Relation zu den Ausgaben des
    Bundes setzen, dann stellen Sie fest, dass wir nächstes
    Jahr nur noch eine Kreditaufnahme von 8,5 Prozent in Be-
    zug auf die Gesamtausgaben brauchen. Das zeigt, dass
    wir in den letzten Jahren auf dem Pfad der finanzpoliti-
    schen Tugend in der Tat ein ganz erhebliches Stück vo-
    rangekommen sind und dass die Behauptung: „Rote und
    Grüne können mit Geld umgehen“


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist falsch!)


    inzwischen in entsprechenden Veranstaltungen einen po-
    sitiven Klang hat, selbst bei Wirtschaftskreisen, Herr
    Rexrodt. Wenn ich mit Unternehmern gesprochen habe
    – Unternehmer wählen sicher eher die FDP als die Grünen
    oder die SPD –, dann habe ich sie gefragt, wobei ich von
    ihnen eine ehrliche Reaktion verlangt habe: Hättet ihr er-
    wartet, dass es die Koalition, die nach der politischen Far-
    benlehre Mitte/links angesiedelt ist, in ihrer Regierungs-
    zeit schafft, mit den Finanzen so umzugehen, dass wir von
    der Verschuldung herunterkommen?


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Sie haben ja von uns abgeschrieben!)


    Die meisten sagen: „Nein, das haben wir nicht erwartet“
    und sind positiv überrascht.

    Wenn man dann gleichzeitig zur zweiten Leitplanke,
    zur Steuersenkung – die erste Leitplanke ist die Konso-
    lidierung – fragt: „Hättet ihr als Unternehmer oder ihr als
    Bürgerinnen und Bürger – also, wohlgemerkt, Herr
    Rexrodt, in Ihren Wahlmilieus, bei Gutsituierten und nicht
    in der Unterschicht – erwartet, dass die rot-grüne Koali-
    tion im Rahmen ihrer Steuerpolitik den Grundfreibetrag
    erhöht?“, dann wird geantwortet, das habe man natürlich
    erwartet.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Die müssten euch doch in Scharen zulaufen!)


    Das haben wir getan. Wenn man fragt: „Hättet ihr es er-
    wartet, dass, wie es jetzt im Gesetzblatt steht, die Steuer-
    sätze von 53 auf 42 Prozent im oberen Bereich und von
    fast 26 auf 15 Prozent im unteren Bereich gesenkt wer-
    den?“, dann antworten sie: Nein, das hätten wir nicht er-
    wartet. – Beides erreichen wir mit weniger Schulden und
    sinkender Steuerlast für die Bürgerinnen und Bürger. Das
    muss klar sein.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

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    Kollege Rexrodt, ein weiterer Punkt – dabei will ich
    ehrlich sein; denn Sie haben es positiv formuliert –: Die
    jetzige Regierung, die eine große Volkspartei im Boot hat
    – Volksparteien fällt die Entscheidung zu einer solchen
    Konzeption immer schwerer als kleinen Parteien; denn sie
    haben eine viel breitere Schicht von Wählern zu vertre-
    ten –, hat es geschafft


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Mitleid mit der SPD! – Joachim Poß [SPD]: Die FDP stand nie für Konsolidierung, obwohl sie klein ist!)


    – das weiß ich, Kollege Poß –, die Rentenreform mit dem
    Einstieg in die Kapitaldeckung durchzuführen. Irgend-
    wann in den nächsten Jahrzehnten wird man in den Anna-
    len den Tag im Januar 2001, an dem dieses Parlament den
    Einstieg in die kapitalgedeckte Rentenversicherung be-
    schlossen hat, als einen ganz besonderen Tag vermerken.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Die wir euch in den Rentenkonsensverhandlungen abgetrotzt haben!)


    Dies war eine Strukturreform, die möglicherweise bei-
    spielgebend für andere Strukturreformen in dieser Gesell-
    schaft ist, zum Beispiel für die anstehende im Gesund-
    heitsbereich. Denn ohne diese Strukturreform, Kollege
    Rexrodt, können wir die demographischen Probleme
    unserer alternden Gesellschaft, aber auch die aller ande-
    ren Industriestaaten in der Tat nicht schultern.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Gut, dass Sie mir zustimmen!)


    Das ist eine ganz einfache Botschaft.

    Sie sollten sich diese Reformagenda einmal vor Au-
    gen führen. Diesen Problemdruck haben Sie uns hinter-
    lassen; das habe ich schon vor einem Jahr gesagt. Ich
    finde es immer langweilig, die gleichen Reden zu halten.
    Schon damals habe ich Ihnen gesagt: Sie haben 30 Jahre
    lang regiert; die Schwarzen neben Ihnen haben 16 Jahre
    regiert. Sie waren bei jeder Verschuldung dabei.


    (Dr. Konstanze Wegner [SPD]: Jawohl!)


    Von unter 100 Milliarden DM hinauf auf rund 1,5 Billio-
    nen DM war die FDP 30 Jahre lang dabei. Sie waren die
    ganze Zeit über dabei, als die Lohnnebenkosten um rund
    16 Prozentpunkte gestiegen sind.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Aber immer dagegen!)


    Ich kann es nicht mehr hören, dass die Liberalen sozusa-
    gen der Hort einer angebotsorientierten und vernünftigen
    Wirtschafts- und Finanzpolitik sind. Sie waren immer die-
    jenigen, die die Backen aufgeblasen haben.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Warum haben Sie dann unsere Politik übernommen, Herr Metzger? Sie reden doch in unseren Termini! Sie haben unsere Politik übernommen! Abgeschrieben haben Sie!)


    – Herr Rexrodt, um es einmal deutlich zu sagen: Zwischen
    1994 und 1998, damals in der Opposition, haben wir – ich
    war schon damals Sprecher unserer Fraktion – bei der

    Rente Reformen angemahnt. Die Kollegin Fischer in un-
    serer Fraktion hat den demographischen Faktor mehr-
    heitsfähig gemacht.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Was? Was kamen denn da für Anträge? Oh Gott!)


    Das war eine Leistung. Unsere Partei hat ihr Konzept
    übernommen. Es war wichtig, dass wir uns in der Oppo-
    sitionszeit die Mühe gemacht haben, den Menschen nicht
    wohlfeil nach dem Mund zu reden, sondern Konzepte an-
    zubieten.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Da waren Ihre Leute noch in Mutlangen bei der Sitzblockade!)


    Die Politik, an Konzepten orientiert Finanzpolitik zu
    machen, zahlt sich aus – auch jetzt. Aus der ruhigen Hand
    machen Karikaturisten eine zitternde Hand; das ist ab-
    surd. Die langen Linien im Bereich der Finanzpolitik auf-
    gezeigt, heißen: Staatsverschuldung heruntersetzen und
    die Steuer- und Abgabenlast durch Strukturreformen, aber
    teilweise auch durch eine Umfinanzierung reduzieren. Es
    ist ein von der gesamten Wirtschaftwissenschaft an-
    erkanntes Prinzip, dass man in der Sozialversicherung
    aufgrund der demographischen Probleme nicht alles über
    den Faktor Arbeit, also über Beiträge, machen kann, son-
    dern man auch dort über Steuern gehen muss.

    Der Finanzminister hat Ihnen von der Unionsfraktion
    zu Recht vorgehalten, dass Sie damals mithilfe der Sozi-
    aldemokraten über die Mehrwertsteuer gemacht haben,
    was wir jetzt mit einer Verbrauchsteuer auf Energie ma-
    chen. Ich sage Ihnen eines: Dem Konsumenten ist es lie-
    ber, die Chance zu haben, einer steuerlichen Belastung
    durch sein Verhalten auszuweichen, als wenn die Mehr-
    wertsteuer erhöht wird. Was macht der Durchschnittsbür-
    ger bei einer Mehrwertsteuererhöhung? Er muss sie
    schlucken oder schwarz einkaufen.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Oder Großverbraucher sein! Dann wird er befreit!)


    Das ist die einzige Antwort auf die Umfinanzierung. Des-
    halb gilt: Bleiben Sie auf dem Teppich und denken Sie
    daran, dass die finanz- und wirtschaftspolitischen Grund-
    ausrichtung dieser Regierung bisher deutlich besser ist,
    als viele in unserer Gesellschaft erwartet haben, was an-
    gesichts der aktuellen weltwirtschaftlichen und speziell
    der deutschen – ich will nicht darum herumreden – Situa-
    tion nötig ist.

    Wir hatten keine Rezession im Sinne der Definition der
    Volkswirtschaft, aber wir hatten im zweiten Quartal die-
    ses Jahres ein bescheidendes Wachstum über der Null-
    linie. Der private Verbrauch hat dieses Wachstum in
    Deutschland getragen. Das wissen Sie. Auch uns hat es
    überrascht – auch darauf hat der Finanzminister hinge-
    wiesen –, dass der private Konsum die Konjunktur in die-
    sem Jahr trotz einer Inflation, die ihren Buckel im Mai bei
    3,6 Prozent hatte, trotz dieses Kaufkraftentzugs, stabili-
    siert hat. Wir wären unter Null, wenn die Steuerreform
    nicht gegriffen hätte. Dies können Sie in allen „outlooks“
    der letzten Tage zum Beispiel von Ifo, vom HWWA in
    Hamburg gestern nachlesen. Das ist keine grüne Exegese

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

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    der Situation, sondern tatsächliche Zustandsbeschrei-
    bung.

    Insofern ist logisch, dass wir von der Regierungsseite
    und auch viele Konjunkturforscher sagen: Wenn die Bin-
    nennachfrage bereits im ersten Quartal stabilisierend ge-
    wirkt hat, um wie viel stärker kann sie dann stabilisierend
    wirken, wenn sich die Inflationsrate zurückbildet? Seit
    dem Buckel im Mai ist sie bereits um 1 Prozentpunkt ge-
    sunken. Die EZB bewertet das Ganze genauso. Die Zins-
    senkung in der vorletzten Woche wäre ohne den Wegfall
    des Inflationsdrucks nicht möglich gewesen. Die Import-
    preise sinken auf Raten wie seit drei oder vier Jahren
    nicht mehr, natürlich auch, weil im September des letzten
    Jahres die Energiepreise an den Weltmärkten nach oben
    geschossen sind und nicht, weil wir letztes Jahr am 1. Sep-
    tember irgendeine Stufe der Ökosteuer beschlossen oder
    gar in Kraft gesetzt hätten. So einfach sind die Zusam-
    menhänge. Das hört man nicht gern, aber es ist wichtig,
    darauf hinzuweisen.

    Oder wenn Sie, Kollege Rauen, als Mittelständler zur-
    zeit investieren wollen, bekommen Sie Ihre Investitionen
    mittel- und langfristig zu Bedingungen wie selten in die-
    ser Republik refinanziert. Das Zinsniveau ist niedrig.
    Auch dies ist Ausdruck dessen, dass die Inflationserwar-
    tungen an den Märkten nicht steigen, sondern abnehmen
    und insofern die Situation in Deutschland von den real-
    wirtschaftlichen Daten her so schlecht nicht ist.

    Wenn wir uns in dieser Situation jetzt hinstellen und sa-
    gen würden, wir machen nichts mehr, alle anderen Pro-
    bleme, ob im Bereich Gesundheit oder beim Arbeitsmarkt,
    interessieren uns nicht, wäre es anders. Aber es ist nicht so.
    Die Benchmarkgruppe im Bündnis für Arbeit hat bei-
    spielsweise zum Thema Arbeitsmarkt sehr wohl Richtiges
    aufgeschrieben. Die Tatsache, dass wir mit unserem Ko-
    alitionspartner im Job-Aqtiv-Programm in diesen Tagen
    eine Regelung innovativer Maßnahmen im Bereich der Ar-
    beitsverwaltung hinbekommen wollen, ist wichtig. Wir
    glauben, dass die Effizienz der Maßnahmen und die Ziel-
    genauigkeit vergrößert werden müssen. Wir können nicht
    so tun, als ob wir in Deutschland mit realwirtschaftlichen
    Wachstumsraten wie in anderen Volkswirtschaften unter-
    durchschnittliches Beschäftigungswachstum bekämen.
    Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Das weiß jeder, der
    ehrlich ist und nicht nur die Brille der jeweiligen Regie-
    rung oder der jeweiligen Opposition aufsetzt. Keine Frage:
    Das ist ein Problem und das werden wir lösen müssen.

    Dies wird auch nicht nur durch das Job-Aqtiv-Pro-
    gramm gelöst werden, sondern dieses Thema wird aus
    meiner Sicht in der nächsten Legislaturperiode im Rah-
    men eines großen Reformprozesses auf der Agenda ste-
    hen, mit dem Arbeitslosen- und Sozialhilfe integriert
    werden, diese beiden Sicherungssysteme in einem aufge-
    hen werden. Dabei spielen die Gemeindefinanzen eine
    Rolle. Die Gemeinden dürfen nicht das Gefühl haben,
    dass sich hier der Bund, der die Arbeitslosenhilfe bezahlt,
    zulasten der Kommunen entlastet. In diesem Zusammen-
    hang müssen wir über andere Steuereinnahmen der Ge-
    meinden als Kompensation reden. Wichtig ist auf jeden
    Fall, dass diese Gesellschaft alles tun muss, damit bei

    wirtschaftlichem Wachstum auch tatsächlich mehr Be-
    schäftigung entsteht.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Es ist richtig – ich nenne jetzt ein Gebiet, das zurzeit
    natürlich mehr aufgrund der Person des Ministers wahr-
    genommen wird –, dass die Bundeswehr und ihre Finan-
    zierung die Haushalte des Bundes berührt. Als Haushalts-
    politiker und zuständiger Berichterstatter unserer
    Fraktion im Verteidigungsressort bin ich überzeugt, dass
    uns das Thema der Finanzierung der Bundeswehr dann
    wieder einholt, wenn das Bundesverfassungsgericht in
    Karlsruhe infrage stellt, dass in Deutschland noch Wehr-
    gerechtigkeit besteht. So, wie es im Moment aussieht,
    wird im Oktober dieses Jahres eine mündliche Verhand-
    lung in Karlsruhe stattfinden.

    Ab dem Zeitpunkt, an dem wir hinter der Wehrpflicht
    – was ich persönlich glaube – zumindest ein kleines, wenn
    nicht sogar ein großes Fragezeichen machen müssen, wird
    sich die Frage nach dem Personalkörper der Bundeswehr
    anders als bei der jetzigen Strukturreform stellen. Es gab
    Kommissionen, die eine Freiwilligenarmee mit einem
    kleinen Anteil an Wehrpflichtigen vorschlugen. Diese
    hätte sich an die Finanzplanung des Bundesfinanzminis-
    ters gehalten. Insofern ist, wenn man ehrlich ist, klar zu
    sagen: Die Probleme im Bereich der Bundeswehr werden
    auf der Agenda bleiben. Auch das will ich nicht ver-
    schweigen. Alles andere wäre unredlich.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Der Verteidigungsminister hat immer gesagt, dass er gegen eine Politik der Standortauflösung ist!)


    – Herr Kollege Kalb, Sie wissen genau, dass Ihre Fraktion
    bei diesem Thema die Backen nicht aufblasen darf, denn
    Sie sind bezüglich der Wehrpflicht gegen eine Grundge-
    setzänderung. Somit kommt das Parlament in diesem
    Punkt nicht auf eine Zweidrittelmehrheit. Der Finger, der
    von der CDU/CSU-Opposition auf die Regierung zeigt,
    zeigt auf sie zurück; denn wenn Sie zustimmen würden,
    wäre die Empfehlung der FDP-Opposition, nämlich die
    Aussetzung der Wehrpflicht, sofort umsetzbar. Die Union
    blockiert im Prinzip einen Strukturprozess, den selbst
    viele Militärs inzwischen für geboten halten.

    Ich möchte diesen Themenbereich nur ansprechen, da
    es sich um ein gesellschaftspolitisches Gebiet handelt,
    wie auch die Arbeits- und Gesundheitspolitik, die noch
    anstehen.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen es schaf-
    fen, klarzumachen, dass wir bei bestimmten Grundlinien
    zwar einen Reformbedarf sehen, aber trotz der Wahlen
    nicht alles auf einmal machen können, weil in einer
    Industriegesellschaft – zumal in einer sozial abgesicher-
    ten Gesellschaft wie der deutschen – auch auf die Verän-
    derungsängste der Bevölkerung reagiert werden muss. Sie
    glauben doch nicht, dass wir in einem Wahljahr den Re-
    formmotor plötzlich auf 180 Touren bringen und Sie als
    Passagiere am Wegrand stehen und darauf hinweisen kön-
    nen, dass diese Regierung diese und jene Reform durch-
    führt, mit denen wir Ihnen wohlfeile Argumente liefern
    würden. Bei Gott, so blöd kann keine Regierung dieser

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

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    Welt sein, vor allem dann nicht, wenn sie in den letzten
    drei Jahren die Hausaufgaben, die auf der Reformagenda
    standen, abgearbeitet hat. Viele haben dies von uns er-
    wartet, und viele von denen, die uns damals nicht geglaubt
    haben, geben uns jetzt eine positive Rückmeldung.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ich sage noch ein Wort zu den Risiken, die für den
    Haushalt bestehen. Sie haben eingangs meine Bemerkung
    richtig verstanden: Es ist zwar gewagt, in der ersten Le-
    sung am 11. September eine Prognose abzugeben, wenn
    erst am 15. November die Bereinigungssitzung im Haus-
    haltsausschuss stattfindet – das weiß ich wohl –,


    (Joachim Poß [SPD]: Sag ich ja!)


    aber in der Vergangenheit habe ich mit meinen Prognosen
    zwischen der ersten sowie zweiten und dritten Lesung
    – Sie können es nachlesen – nie falsch gelegen. Ich habe
    auch im letzten Jahr gesagt, dass wir die Investitionen er-
    höhen und die Nettokreditaufnahme aufgrund der günsti-
    gen Bedingungen gegenüber dem Regierungsentwurf re-
    duzieren werden. Das haben wir damals erreicht.


    (Peter Rauen [CDU/CSU]: Sie müssen noch etwas zu den Spritpreisen sagen!)


    Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
    glaube ich heute sagen zu können, dass wir bei den Ein-
    nahmen in diesem Jahr eine Punktlandung machen wer-
    den. Die Steuerschätzung im November wird für das lau-
    fende Jahr keine signifikante Verschlechterung bringen,
    weshalb auch alle, die von der Wirkung der automatischen
    Stabilisatoren reden, höllisch aufpassen müssen. Es gibt
    keine konjunkturbedingten Steuerausfälle, denn für die
    Steuereinnahmen des Staates ist das nominale und nicht
    das reale Wachstum verantwortlich; das weiß auch jeder.

    Herr Kollege Austermann, vor diesem Hintergrund
    glaube ich, dass der negative Basiseffekt, den Sie für das
    nächste Jahr hochrechnen, aus heutiger Sicht nicht zum
    Tragen kommen wird.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Glaube allein hilft da nicht!)


    Insofern sind die Hiobsbotschaften, die Zahlen, die die
    Opposition in den Raum stellt, Kassandrarufe und nichts
    anderes.

    Vor allem Sie als Vertreter der Partei, die sich immer
    auf Ludwig Erhard als Vater der Marktwirtschaft beruft,
    sollten sich über eines im Klaren sein: Ludwig Erhard hat
    immer gesagt – dieses Wort wird oft zitiert –: Wirt-
    schaftspolitik und Wirtschaft sind zu mindestens 50 Pro-
    zent Psychologie. Erstaunlich finde ich es schon, wenn in
    Deutschland eine deutliche Mehrheit der Menschen bei
    Umfragen – sogar mit steigender Tendenz – von sich sagt:
    Mir persönlich geht es besser. Gleichzeitig wird die allge-
    meine Lage aber immer schlechter eingeschätzt.


    (Lothar Mark [SPD]: Das ist das Miesreden!)


    Diese Differenz zwischen der persönlichen Wahrneh-
    mung und der Wahrnehmung des Ganzen hat etwas mit
    Schwarzmalen und einer Mentalität zu tun, die Sie uns, als

    Sie noch regierten, immer vorgeworfen haben, während
    gleichzeitig der schwarze Finanzminister Waigel gesund-
    beterisch Wachstumsprognosen für seine Haushalte un-
    terstellte, die ihn regelmäßig zwischen Soll und Ist mit
    verfassungswidrigen Haushalten und allem Drum und
    Dran in den Abgrund gestürzt haben.


    (Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die Schwarzen malen schwarz!)


    – Schwarz und Schwarzmalen – danke, Kollegin – passen
    offensichtlich zusammen. Wir als Grüne halten es eher
    mit der Hoffnung; denn grün ist die Hoffnung. Wir haben
    begründeten Anlass zu Optimismus, auch wenn nächstes
    Jahr ein Wahljahr ist.

    Ich liefere dafür auch eine mathematische Erklärung.
    Allein die Tatsache, dass dieses Jahr die wirtschaftliche
    Dynamik schwächer ist, wird dazu führen, dass der Ba-
    siseffekt für das wirtschaftliche Wachstum im nächsten
    Jahr positiv überzeichnet wird. Das hatten wir schon ein-
    mal, Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, näm-
    lich vom Jahr 1999 auf das Jahr 2000. 1999 war ein Jahr
    mit einer schwachen Wachstumsrate: 1,4 Prozent. Das
    letzte Jahr war auch aufgrund dieses Basiseffekts mit
    3 Prozent realem Wachstum sehr gut.

    Ich wünsche uns als Koalition, dass ein solcher Effekt,
    passend im Wahljahr kommt. Er sollte aber nicht nur ein
    statistischer Basiseffekt sein, sondern ein Faktor der Hoff-
    nung dafür sein, dass wir die Arbeitslosigkeit trotz der
    derzeit retardierenden Momente senken können. Gleich-
    zeitig sollte die Finanz- und Steuerpolitik auf dem soliden
    und berechenbaren Pfad bleiben.

    Unsere Politik ist jedenfalls viel solider, Kollege
    Austermann, als all das, was Sie mit der Haushaltsgruppe
    Ihrer Unionsfraktion am 7. September dieses Jahres als
    Pressemitteilung hinausposaunt haben.


    (Dr. Konstanze Wegner [SPD]: Jawohl!)


    Ich war fassungslos, dass eine Oppositionspartei ein sol-
    ches Papier in die Öffentlichkeit bringt. Ich als grüner Po-
    litiker hätte mich in unserer Oppositionszeit geschämt, ein
    Haushaltspapier in dieser oberflächlichen und beschöni-
    genden Art und Weise vorzulegen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch des Abg. Dietrich Austermann [CDU/CSU])


    Kollege Austermann, das Vorziehen der Steuerre-
    form 2005 und 2003 auf das nächste Jahr würde 45,3 Mil-
    liarden DM Einnahmeausfälle für das nächste Jahr brin-
    gen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Falsch!)


    Das Aussetzen der Ökosteuer würde den Bundeshaushalt
    bei der Zuzahlung an die Rente automatisch um zusätzlich
    6 Milliarden DM belasten. Die Investitionen, die Sie bei
    der Bundeswehr, dem Verkehrsetat und anderswo ohne
    Gegenfinanzierung erhöhen wollen, reißen zusätzliche
    Löcher in den Haushalt.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist doch falsch!)


    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 185. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2001

    Oswald Metzger

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    Mit Ihren Vorschlägen würden Sie im nächsten Jahr einen
    verfassungswidrigen Haushalt riskieren.


    (Lothar Mark [SPD]: Das ist bei denen Routine!)


    Vor allem würden Sie jeden Anspruch an eine seriöse Fi-
    nanzpolitik mit Füßen treten.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Keine Zahl hat gestimmt! Die Steuerreform hat insgesamt ein wesentlich niedrigeres Volumen!)


    Kollege Austermann, mein Problem mit Ihnen ist im-
    mer, dass Sie von Ihrem Verstand her genau wissen, wie
    die Zusammenhänge sind. Sie versuchen aber aus vorder-
    gründigen, parteipolitischen Motiven, mit den Zahlen
    – ich möchte es einmal so sagen – zu lügen. Sie haben hier
    am Rednerpult – das erkläre ich ganz deutlich – wider bes-
    seres Wissen die Unwahrheit gesagt.


    (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Unglaublich!)


    Kollege Austermann, ich versuche in dieser parlamentari-
    schen Auseinandersetzung mit der gebotenen Schärfe
    klarzumachen, dass mir das an Ihnen missfällt. Wenn Sie
    es nicht wüssten, wäre ich nicht so verärgert. Aber Sie ma-
    chen es wider besseres Wissen. Wider besseres Wissen die
    Unwahrheit sagen heißt nach der grammatikalischen und
    tatsächlichen Definition lügen. Dies ist kein parlamenta-
    rischer Ausdruck, aber ich verwende ihn bewusst als je-
    mand, der normalerweise gute Argumente hat


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Na ja!)


    und Ihnen Recht gibt, wenn Sie den Finger auf die Wunde
    legen.


    (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Der Ausdruck kann noch so schön sein, er ist parlamentarisch nicht akzeptabel!)


    Wenn Sie zugehört hätten, dann hätten Sie gemerkt, dass
    es für mich hinsichtlich der Arbeitsmarktpolitik, der Ge-
    sundheitspolitik und der Bundeswehr durchaus Positio-
    nen gibt, die man kritisieren kann.