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    Vokabeln: 2
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    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Arne Fuhrmann, Horst Kubatschka, Renate Jäger und Hanna Wolf (München) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17211 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 17211 B Absetzung des Tagesordnungspunktes 23 . . . 17212 C Änderung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . 17212 C Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . 17212 C Tagesordnungspunkt 3: Abgabe einer Regierungserklärung zu den Ergebnissen des Europäischen Rates in Göteborg am 15. und 16. Juni 2001 . . . 17212 C Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 17212 D Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 17215 B Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17219 C Dr. Helmut Haussmann F.D.P. . . . . . . . . . . . . 17222 A Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 17223 D Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 17226 A Michael Roth (Heringen) SPD . . . . . . . . . . . . 17227 C Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 17229 B Christian Sterzing BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17231 B Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 17232 C Gudrun Roos SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17233 B Tagesordnungspunkt 4: a) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Agrarbericht 2001 Agrar- und ernährungspolitischer Bericht der Bundesregierung (Drucksache 14/5326) . . . . . . . . . . . . . 17235 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, wei- terer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Verbraucher- schutz muss Gesundheitsschutz sein – Zukunftsfähige Landwirt- schaft ermöglichen – Gegen BSE mit einem vernetzten Bekämp- fungsplan vorgehen – zu dem Antrag der Abgeordneten Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Heino Wiese (Hannover), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Ulrike Höfken, Steffi Lemke, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Neuausrichtung derAgrarpolitik: Offensive für den Verbraucher- schutz – Perspektiven fürdie Land- wirtschaft (Drucksachen 14/5222, 14/5228, 14/5580) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17235 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucherschutz, Er- nährung und Landwirtschaft zu der Un- terrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung des Plenarprotokoll 14/176 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 176. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 I n h a l t : Rates über die gemeinsame Markt- organisation für Zucker (Drucksachen 14/4945 Nr. 2.49, 14/5908) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17235 C d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucherschutz, Er- nährung und Landwirtschaft – zu dem Antrag der Abgeordne- ten Ursula Burchardt, Heidemarie Wright, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Ab- geordneten Franziska Eichstädt- Bohlig, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Nachhaltige Entwicklung für länd- liche Räume – zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU: Ländlichen Raum ge- meinsam mit der Landwirtschaft stärken – zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Bericht der Bundes- regierung „Politik für ländliche Räume“ Ansätze für eine integrierte regio- nal- und strukturpolitische An- passungsstrategie (Drucksachen 14/4544, 14/5080, 14/4855, 14/5909) . . . . . . . . . . . . . 17235 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für den Zeitraum 2001 bis 2004 (Drucksache 14/5900) . . . . . . . . . . . . . . . 17235 D Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU . . . . . 17236 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . . 17237 D Ulrich Heinrich F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17240 B Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . 17242 C Ulrich Heinrich F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17245 D Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . 17246 B Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 17246 C Karsten Schönfeld SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 17248 A Josef Miller, Staatsminister (Bayern) . . . . . . . 17249 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17251 C Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 17252 D Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17255 A Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 17257 B Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17257 C Tagesordnungspunkt 29: Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtli- nie 2000/52/EG der Kommission vom 26. Juli 2000 zur Änderung der Richtlinie 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Bezie- hungen zwischen den Mitgliedstaa- ten und den öffentlichen Unterneh- men (Transparenzrichtlinie-Gesetz – TranspRLG) (Drucksache 14/6280) . . . . . . . . . . . . . 17258 C b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 17. November 1999 zur Ergänzung des Abkommens vom 9. September 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Malta über den Luftverkehr und zu dem Protokoll vom 27. Mai 1999 zwischen der Re- gierung der Bundesrepublik Deutsch- land und der Regierung des Staates Katar zum Abkommen vom 9. No- vember 1996 über den Luftverkehr (Drucksache 14/6109) . . . . . . . . . . . . . 17258 C c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwei- ten Gesetzes zur Änderung des Medi- zinproduktegesetzes (2. MPG-ÄndG) (Drucksache 14/6281) . . . . . . . . . . . . . 17258 D d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Bereinigung offener Fragen des Rechts an Grundstücken in den neuen Ländern (Grundstücksrechts- bereinigungsgesetz – GrundRBerG) (Drucksache 14/6204) . . . . . . . . . . . . . 17258 D e) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Schutzes gefährde- ter Zeugen (Drucksachen 14/638, 14/6279 [neu]) 17258 D f) Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Rainer Funke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der F.D.P. eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Ergänzung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001II des Vermögensgesetzes (Zweites Vermögensrechtsergänzungsgesetz – 2. VermRErgG) (Drucksache 14/5091) . . . . . . . . . . . . . 17259 A g) Antrag der Abgeordneten Heidi Lippmann, Wolfgang Gehrcke, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Völkerrechtliche Ächtung von Munition, die Uran oder andere ra- dioaktive Elemente enthält (Drucksache 14/5509) . . . . . . . . . . . . 17259 A h) Antrag der Abgeordneten Dr. Christine Lucyga, Annette Faße, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Schiffssicherheit auf der Ost- see verbessern (Drucksache 14/6211) . . . . . . . . . . . . . 17259 B Zusatztagesordnungspunkt 2: Weitere Überweisungen im vereinfach- ten Verfahren (Ergänzung zu TOP 29) a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN, der F.D.P. und der PDS eingebrachten Entwurfs eines Dreiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeordneten- gesetzes (Drucksache 14/6311) . . . . . . . . . . . . . 17259 B b) Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der F.D.P.: Beschäftigung älterer Arbeitnehmer fördern und Einstellungshindernisse abbauen (Drucksache 14/5579) . . . . . . . . . . . . 17259 C Tagesordnungspunkt 30: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. Dezem- ber 1999 zwischen der Bundesrepu- blik Deutschland und der Republik Panama über den Luftverkehr (Drucksachen 14/4988; 14/6123) . . . . 17259 C b) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. Mai 1997 zwischen der Regierung der Bundes- republik Deutschland und der Regie- rung der Republik Estland über den Luftverkehr (Drucksachen 14/4989; 14/6124) . . . . 17259 D c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Verträgen vom 27. April 1999 und 8. Juli 1999 zwi- schen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Schweizerischen Eid- genossenschaft über grenzüberschrei- tende polizeiliche Zusammenarbeit, Auslieferung, Rechtshilfe sowie zu dem Abkommen vom 8. Juli 1999 zwi- schen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Schweizerischen Eidge- nossenschaft über Durchgangsrechte (Drucksachen 14/5735; 14/6333) . . . . 17260 A d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Abkom- men zwischen der Europäischen Ge- meinschaft und ihren Mitgliedstaa- ten einerseits und der Schweizeri- schen Eidgenossenschaft anderer- seits über die Freizügigkeit (Drucksachen 14/6100; 14/6336) . . . . 17260 C e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Umstellung von Gesetzen und anderen Vorschrif- ten auf dem Gebiet des Gesundheits- wesens auf Euro (Achtes Euro-Ein- führungsgesetz) (Drucksachen 14/5930; 14/6306) . . . . 17260 D f) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Abkom- men vom 10. März 2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Korea über soziale Sicher- heit (Drucksachen 14/6110; 14/6334) . . . . 17261 A g) Beschlussempfehlung des Wahlprü- fungsausschusses zu einem Wahlein- spruch gegen die Gültigkeit der Be- rufung eines Listennachfolgers gemäß § 48 Bundeswahlgesetz (BWG) (Drucksache 14/6201) . . . . . . . . . . . . 17261 A h) – j) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 274, 275, 276 zu Petitionen (Drucksachen 14/6183; 14/6184; 14/6185) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17261 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 III Tagesordnungspunkt 26: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des So- zialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) (Drucksachen 14/5943; 14/6335) . . . . . . . 17261 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache (Ergänzung zu TOP 30) a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer „Stiftung Jüdisches Museum Berlin“ (Drucksachen 14/6028; 14/6331; 14/6356) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17261 D b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Umstellung der umweltrechtlichen Vorschriften auf den Euro (Siebtes Euro-Ein- führungsgesetz) (Drucksachen 14/5641; 14/6351) . . . . 17262 B c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung reiserechtlicher Vorschriften (Drucksachen 14/5944; 14/6350) . . . . 17262 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bun- desregierung zu den erneut korrigierten Wachstumsprognosen der deutschen Wirtschaftsinstitute und den daraus re- sultierenden Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . 17262 D Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17262 D Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 17264 B Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 17266 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17266 D Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17268 A Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . 17269 B Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 17270 B Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17271 B Dr. Günter Rexrodt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 17272 B Nina Hauer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17273 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 17274 D Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 17276 A Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 17277 B Dr. Rainer Wend SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17278 B Tagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.: Deutsche und Po- len in Europa: Eine gemeinsame Zukunft (Drucksache 14/6322) . . . . . . . . . . . . . . . 17279 B Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17279 C Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . 17281 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17283 A Jürgen Türk F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17284 A Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 17285 B Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 17286 B Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 17287 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 17288 D Erika Steinbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 17290 B Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 17291 A Tagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Jochen-Konrad Fromme, Peter Götz, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Um- setzung des Versprechens der Bundesre- gierung zur Stärkung der Kommunal- finanzen (Drucksache 14/6163) . . . . . . . . . . . . . . . 17292 B Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17292 C Heinz Seiffert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 17294 B Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . . 17294 C Bernd Scheelen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17295 A Gerhard Schüßler F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 17297 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17299 C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 17301 A Dr. Frank Schmidt (Weilburg) SPD . . . . . . . . 17302 B Peter Götz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 17303 A Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . . . . 17305 B Tagesordnungspunkt 7: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Dritten Gesetzes zur Än- derung des Heimgesetzes (Drucksachen 14/5399, 14/6366) . . . . 17307 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001IV b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Haupt, Dr. Irmgard Schwaetzer, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der F.D.P.: Für ein aktives und mitbestimmtes Leben im Alter (Drucksachen 14/5565, 14/6366) . . . . 17307 C Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17307 D Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17308 C Gerald Weiß (Groß-Gerau) CDU/CSU . . . . . 17309 D Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17310 C Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 17310 D Klaus Haupt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17312 A Monika Balt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17312 D Arne Fuhrmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17313 C Klaus Holetschek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 17314 A Tagesordnungspunkt 8: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Qua- litätssicherung und zur Stärkung des Verbraucherschutzes in der Pflege (Pflege-Qualitätssicherungs- gesetz – PQsG) (Drucksache 14/5395) . . . . . . . . . . 17315 C – Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Leistungen in der Pflege (Pflege-Leistungs- Verbesserungsgesetz) (Drucksachen 14/5547; 14/6308) 17315 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulf Fink, Eva-Maria Kors, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Zukunft der sozialen Pflegeversicherung – zu dem Antrag der Fraktionen des SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Weiterentwicklung der sozialen Pflegeversicherung (Drucksachen 14/3506, 14/4391, 14/6308) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17315 C c) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Zweiter Bericht über die Ent- wicklung der Pflegeversicherung (Drucksache 14/5590) . . . . . . . . . . . . 17315 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Dr. Ruth Fuchs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Pflege reformieren – Lebensqualität in Gegenwart und Zu- kunft sichern (Drucksache 14/6327) . . . . . . . . . . . . . . . 17315 D Dr. Margrit Spielmann SPD . . . . . . . . . . . . . . 17316 A Eva-Maria Kors CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 17317 A Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17318 C Detlef Parr F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17319 C Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17320 C Gudrun Schaich-Walch, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17321 B Dr. Ruth Fuchs PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 17322 A Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 17322 C Tagesordnungspunkt 9: a) Große Anfrage der Abgeordneten Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Erfolge und Defizite der Weltausstellung EXPO 2000 (Drucksachen 14/4956, 14/5344) . . . . 17324 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus zu dem An- trag der Abgeordneten Klaus Brähmig, Gunnar Uldall, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Welt- ausstellung EXPO 2000 als Chance für den Wirtschafts- und Tourismus- standort Deutschland nutzen (Drucksachen 14/3374, 14/6332) . . . . 17324 A c) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Haushaltsführung 2000 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapi- tel 09 02 Titel 682 27 – Finanzie- rungsbeiträge an die EXPO 2000 Hannover GmbH – sowie Erhöhung des Regressverzichts bei den gewähr- ten Bürgschaften an die EXPO 2000 Hannover GmbH (Drucksache 14/4008) . . . . . . . . . . . . 17324 A d) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Bericht über den Verlauf der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 V Weltausstellung EXPO 2000 in Han- nover (1. Juni bis 31. Oktober 2000) (Drucksache 14/5883) . . . . . . . . . . . . . 17324 B Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 17324 B Monika Ganseforth SPD . . . . . . . . . . . . . . 17324 D Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 17325 C Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 17326 A Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 17327 C Sylvia Voß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . 17328 C Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17329 D Birgit Roth (Speyer) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 17330 D Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 17332 A Brunhilde Irber SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 17332 D Birgit Roth (Speyer) SPD . . . . . . . . . . . . . 17333 C Tagesordnungspunkt 10: – Zweite und dritte Beratung des von Fraktionen der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Be- kämpfung der illegalen Beschäfti- gung im gewerblichen Güterkraft- verkehr (GüKBillBG) (Drucksache 14/5446) . . . . . . . . . . . . . 17334 C – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämp- fung der illegalen Beschäftigung im gewerblichen Güterkraftverkehr (GüKBillBG) (Drucksachen 14/5934; 14/6305) . . . . 17334 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Vorschlag für eine Ver- ordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verord- nung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26. März 1992 über den Zugang zum Gü- terkraftverkehrsmarkt in der Gemein- schaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen odermehrere Mitgliedstaaten hinsichtlich einer einheitlichen Fahrerbescheinigung (Drucksachen 14/5172 Nr. 2.71, 14/6305) 17334 D Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17335 A Wilhelm-Josef Sebastian CDU/CSU . . . . . . . 17335 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17337 A Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. . . . . . . . . . 17337 D Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 17338 C Angelika Graf (Rosenheim) SPD . . . . . . . . . . 17339 B Tagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung und Bericht des Ver- teidigungsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Günther Friedrich Nolting, Dirk Niebel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Wehrpflicht aussetzen (Drucksachen 14/5078, 14/6274) . . . . . . . 17341 B Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. . . . . . . . . . . . . 17341 B Reinhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17343 A Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 17344 C Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . 17346 A Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17346 C Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17347 D Johannes Kahrs SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17348 C Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologi- scher Erfindungen (Drucksache 14/5642) . . . . . . . . . . . . . . . 17350 B Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 17350 C Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . . . . . . 17351 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17353 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. . . . . . . . . . 17354 C Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17355 C Margot von Renesse SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 17356 A Tagesordnungspunkt 13: Große Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Gunnar Uldall, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Zukunft der deutschen Mes- sewirtschaft in der Globalisierung (Drucksachen 14/4816, 14/5581) . . . . . . . 17357 A Tagesordnungspunkt 14: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Schmidbauer (Nürn- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001VI berg), Gudrun Schaich-Walch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Katrin Göring- Eckardt, Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ziele für die Qualitätssteigerung in der Diabe- tes-Versorgung (Drucksachen 14/4263, 14/6307) . . . . . . . 17357 B Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu dem Antrag der Abgeord- neten Eduard Lintner, Dirk Fischer (Ham- burg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Erlaubnis zum Führen von Schienenfahrzeugen (Drucksachen 14/4933, 14/6035) . . . . . . . 17357 C Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung (Gesetz zur Stärkung der Verletzten- rechte) (Drucksache 14/4661) . . . . . . . . . . . . . . . 17357 D Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit, Senatorin (Hamburg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17358 A Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . 17360 A Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17361 D Jörg van Essen F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17362 C Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Petra Bläss, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS: Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privat- wirtschaft (Drucksache 14/6032) . . . . . . . . . . . . . . . 17363 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17363 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17364 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 17365 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Norbert Lammert, Bernd Neumann (Bre- men), Hartmut Koschyk, Anton Pfeifer, Margarete Späte, Erika Steinbach, Dr. Rita Süssmuth (alle CDU/CSU) und Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (F.D.P.) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung ei- ner „Stiftung Jüdisches Museum Berlin“ (Drucksache 14/6028) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17365 D Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/ CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Heimge- setzes (Drucksache 14/5399) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17366 C Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Großen Anfrage: Zukunft der deutschen Mes- sewirtschaft in der Globalisierung (Tagesord- nungspunkt 13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17366 D Rolf Hempelmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 17366 D Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . . 17368 A Ernst Burgbacher F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 17370 B Ursula Lötzer PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17371 A Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär BMWi 17371 D Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Ziele für die Qualitätssteigerung in der Diabetes- Versorgung (Tagesordnungspunkt 14) . . . . . . 17373 A Horst Schmidbauer (Nürnberg) SPD . . . . . . . 17373 A Dr. Harald Kahl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 17374 B Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17375 C Detlef Parr F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17376 D Dr. Ruth Fuchs PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17377 C Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Er- laubnis zum Führen von Schienenfahrzeugen (Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . 17378 A Klaus Hasenfratz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17378 B Eduard Lintner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 17379 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17380 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 VII Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. . . . . . . . . . 17380 D Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17381 B Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung (Gesetz zur Stär- kung der Verletztenrechte) (Tagesordnungs- punkt 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17381 D Dr. Evelyn Kenzler PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 17381 D Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft (Tagesordnungspunkt 17) 17382 C Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17382 C Renate Diemers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 17384 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17385 C Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17386 C Petra Bläss PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17387 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001VIII Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 Jörg van Essen 17363 (C) (D) (A) (B) 1) Anlage 7 2) Anlage 8 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 200117364 (C)(A) Berichtigung 161. Sitzung: Auf Seite 15740 C ist in der Rede der Abgeordneten Renate Gradistanac (SPD) nach dem Satz „Das Konzept Viabono be- ruht auf dem Ziel, einen Dachmarke für alle touristischen Segmente zu schaffen“ einzufügen: (Abg. Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CDSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage) – Ach, mein Kollege aus dem Wahlkreis! Nein! Ich sage es Ihnen gleich. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 17365 (C) (D) (A) (B) Adam, Ulrich CDU/CSU 21.06.2001* Behrendt, Wolfgang SPD 21.06.2001* Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 21.06.2001 Bodewig, Kurt SPD 21.06.2001 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 21.06.2001 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 21.06.2001 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 21.06.2001 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 21.06.2001* Doss, Hansjürgen CDU/CSU 21.06.2001 Friedrich (Altenburg), SPD 21.06.2001 Peter Dr. Guttmacher, F.D.P. 21.06.2001 Karlheinz Haack (Extertal), SPD 21.06.2001* Karl-Hermann Hornung, Siegfried CDU/CSU 21.06.2001* Hörster, Joachim CDU/CSU 21.06.2001* Kasparick, Ulrich SPD 21.06.2001 Klappert, Marianne SPD 21.06.2001 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 21.06.2001 Lintner, Eduard CDU/CSU 21.06.2001* Lotz, Erika SPD 21.06.2001 Dr. Lucyga, Christine SPD 21.06.2001* Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 21.06.2001* Erich Marquardt, Angela PDS 21.06.2001 Müller (Berlin), PDS 21.06.2001* Manfred Müller (Völklingen), SPD 21.06.2001 Jutta Neuhäuser, Rosel PDS 21.06.2001 Nietan, Dietmar SPD 21.06.2001 Onur, Leyla SPD 21.06.2001* Ostrowski, Christine PDS 21.06.2001 Dr. Pfaff, Martin SPD 21.06.2001 Pfannenstein, Georg SPD 21.06.2001 Röspel, René SPD 21.06.2001 Sauer, Thomas SPD 21.06.2001 Schlee, Dietmar CDU/CSU 21.06.2001 Schmidt (Aachen), Ulla SPD 21.06.2001 Schmidt (Fürth), CDU/CSU 21.06.2001 Christian Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 21.06.2001* Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 21.06.2001* Siebert, Bernd CDU/CSU 21.06.2001* Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 21.06.2001 Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 90/ 21.06.2001 DIE GRÜNEN Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ 21.06.2001 DIE GRÜNEN Volquartz, Angelika CDU/CSU 21.06.2001 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 21.06.2001 Wiese (Hannover), SPD 21.06.2001 Heino Wiesehügel, Klaus SPD 21.06.2001 Zapf, Uta SPD 21.06.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 21.06.2001* Dr. Zöpel, Christoph SPD 21.06.2001 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Norbert Lammert, Bernd Neumann (Bremen), Hartmut Koschyk, Anton Pfeifer, Margarete Späte, Erika Steinbach, Rita Süssmuth und (alle CDU/CSU) und Hans- Joachim Otto (Frankfurt) (F.D.P.) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Errichtung einer „Stiftung Jüdisches Museum Berlin“ (Drucksache 14/6028) Die Übernahme des Jüdischen Museums Berlin in Ver- antwortung des Bundes, wie sie der Hauptstadtkulturver- trag regelt, ist im Grundsatz unstreitig. Ebenso unstreitig ist, dass die Errichtung einer rechtsfähigen bundesunmit- telbaren Stiftung öffentlichen Rechtes eine geeignete Lö- sung ist, die Handlungsfähigkeit des Museums zu sichern. Dagegen können wir dem zur Abstimmung stehenden Ge- setzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Geset- zes zur Errichtung einer Stiftung Jüdisches Museum Ber- lin“ (Drucksache 14/6028) nicht zustimmen. Erstens. Der vielfach aufgezeigte Zusammenhang mit der „Topographie des Terrors“ und dem Mahnmal für die ermordeten Juden Europas findet in der Stiftungssatzung keinerlei Berücksichtigung. Obwohl auch der Staatsmi- nister für Kultur und Medien, Nida-Rümelin, im Bundes- tag erklärt hat, „es steht ganz außer Zweifel, dass es zwi- schen Mahnmal, Jüdischem Museum und ‘Topographie des Terrors’ einen engen Zusammenhang gibt“ (28. März 2001), werden alle drei Institutionen mit Veranstaltungen, Forschungs-, Dokumentations- und Bildungsaufgaben betraut, die zu unverantwortlichen Mehrfachangeboten und unnötigem personellen und finanziellen Aufwand führen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte deshalb im federführenden Ausschuss für Kultur und Medien be- antragt, in § 2 der Satzung, in dem der Zweck der Stiftung geregelt wird, nach Ziffer (2) folgenden Passus als neue Ziffer (3) hinzuzufügen: „Die Wahrnehmung der Aufga- ben der Stiftung erfolgt konzeptionell und personell in Verbindung und in enger Zusammenarbeit mit den beste- henden bzw. entstehenden Einrichtungen des Mahnmals für dis ermordeten Juden Europas und der Stiftung Topo- graphie des Terrors.“ Diese Klarstellung wurde von der Koalition mit ihrer Mehrheit abgelehnt. Zweitens. Obwohl der Bund das Jüdische Museum – vor Unterzeichnung des Hauptstadtkulturvertrages und vor Verabschiedung des Stiftungsgesetzes – bereits seit Beginn des Haushaltsjahres zu 100 Prozent finanziert, soll der Deutsche Bundestag weder mit Sitz noch mit Stimme in einem der Gremien vertreten sein. Dies soll auch für mögliche, im Stiftungserrichtungsgesetz vorgesehene Er- weiterungen der Anzahl der Stiftungsratsmitglieder gel- ten. Anders als beim Mahnmal für die ermordeten Juden Europas ist die Beteiligung des Parlamentes im Gesetz- entwurf der Bundesregierung nicht vorgesehen und von der Koalitionsmehrheit offensichtlich nicht gewollt. Wir halten es aus diesem Grund für erforderlich, in § 6 der Sat- zung Ziffer (2) wie folgt zu ändern: „Die Zahl der Stif- tungsratsmitglieder kann durch die Satzung bis auf 13 er- höht werden, wobei das Benennungsrecht für diese weiteren Mitglieder je zur Hälfte bei der Bundesregierung sowie beim Deutschen Bundestag liegen muss.“ Es bleibt uns unverständlich; dass die Koalitionsfrak- tionen sich diesen Klarstellungen und Anforderungen nicht anschließen konnten. Dies verstärkt unsere Beden- ken, dass die vorgesehenen rechtlichen Rahmenbedin- gungen die Verselbstständigung und das Nebeneinander der wichtigen Gedenkstätten begünstigen statt ihren un- verzichtbaren Zusammenhang konzeptionell und organi- satorisch zu sichern. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Heimgesetzes (Drucksache 14/5399) Dem Dritten Gesetz zur Änderung des Heimgesetzes kann ich nicht zustimmen. Zwar sind die Motive ehren- haft, um Bewohner in Heimen zu schützen und besser zu pflegen; die Bestimmungen werden aber das Gegenteil er- reichen. Mit der Novellierung werden unnötige bürokra- tische Hürden aufgebaut und letztlich die Belange der Bewohner nur durch schriftliche Verfahren, nicht aber in Wirlichkeit, berücksichtigt. In Zukunft wird es so sein, dass die Heime die beste Qualität haben in Verbindung mit dem Qualitätssicherungsgesetz, die am meisten auf- schreiben und am meisten dokumentieren. Diese Zeit geht aber der persönlichen Zuwendung für die älteren und be- hinderten Menschen ab und ist daher kontraproduktiv. Die Verstärkung der Heimmitwirkung ist richtig. Es bestehen aber erhebliche Bedenken, ob Angehörige als Heimbeiräte segensvoll sind. Dies könnte auch zu Schi- kanen von Pflegepersonal führen, wenn ein oder zweimal im Monat Heimbeiräte, die Angehörige in der Pflegesta- tion haben, ihr „schlechtes Gewissen“ der Abschiebung durch besondere Kontrollen und Anweisungen beseitigen wollen. Die Abgrenzung zwischen Heimen und Formen des so genannten betreuten Wohnens sind verschwommen und dienen nicht zur Stärkung der Rechte älterer Bewohner, weil betreutes Wohnen mit geringsten Angeboten recht- lich besser gestellt wird als betreutes Wohnen mit guten und kompakten Angeboten. Dabei wird nicht übersehen, dass einzelne Verbesse- rungen sinnvoll und richtig sind. Das Gesetz hätte aber mehr auf die Praxis abgestimmt werden müssen. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Großen Anfrage: Zukunft der deutschen Messewirtschaft in derGlobalisierung (Tagesordnungspunkt 13) Rolf Hempelmann (SPD): Welche Bedeutung der Export für die deutsche Wirtschaft hat, brauche ich an die- ser Stelle eigentlich nicht ausdrücklich zu betonen, möchte aber dennoch eine Zahl nennen: Im Jahr 2000 machten die Exporte deutscher Unternehmen in Nicht- EU-Länder fast 30 Prozent des Bruttoinlandproduktes aus. Eine wichtige Möglichkeit für exportierende Firmen, sowohl ihr Unternehmen als auch ihre Produkte im In-, vor allem aber im Ausland bekannt zu machen, sind na- tionale und internationale Messen. Dort nutzen deutsche Anbieter die Chance, ihre Dienstleistungen und Waren zu präsentieren. Kunden können sich vor Ort ein Bild von Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 200117366 (C) (D) (A) (B) der Qualität der Produkte machen und persönlich mit dem Verkäufer verhandeln. Insofern stellen Messen ein wich- tiges Marketinginstrument für deutsche Firmen dar. Da- ran hat auch die zunehmende Nutzung und Bedeutung des Internets nichts geändert. Erfreulich ist vor diesem Hintergrund, dass der Messe- standort Deutschland im internationalen Vergleich zu den wichtigsten gehört. Rund zwei Drittel der weltweit führenden Messen finden in unserem Land statt. Sechs der zehn umsatzmäßig größten Messegesellschaften haben ihren Sitz in der Bundesrepublik. Und die Bedeutung wird steigen, denn sowohl die Anzahl ausländischer Messebe- sucher in Deutschland als auch die Anzahl der Aussteller sind in den letzten Jahren gewachsen und werden es laut Prognosen des AUMA auch weiterhin tun. Diese Entwicklung unterstützt die Bundesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten: Da die direkte finanzielle Inlandsmesseförderung in den Zuständigkeitsbereich der Länder fällt, engagiert sich die Bundesregierung vor al- lem im Bereich der Infrastruktur. Auch wenn für den Aus- bau von Verkehrsanbindungen vorrangig Länder und Ge- meinden zuständig sind, hat die Bundesregierung beispielweise beschlossen, die Messen in Stuttgart und München an das Autobahnnetz anzuschließen und außer- dem einen neuen Fernbahnhalt „Messe Leipzig“ einzu- richten. Und auch was die zügige Bearbeitung von Visaanträ- gen ausländischer Messegäste in den deutschen Botschaf- ten anbelangt, hat die Bundesregierung der Bedeutung für die deutsche Messewirtschaft Rechnung getragen. Trotz der durch die unsolide Haushaltspolitik der alten Bundes- regierung notwendig gewordenen Einsparungen, die auch den Personalbereich des Auswärtigen Amtes betreffen, hat es keine Stellenkürzungen bei den Rechts- und Kon- sulardiensten gegeben. In einigen zunehmend frequen- tierten Botschaften – wie beispielsweise in Kiew – wurde die Belegschaft sogar aufgestockt. Sie kritisieren zwar, dass die Mittel für die „Gemein- schaftswerbung deutscher Messen und Ausstellungen im Ausland“ gekürzt wurden. Dies ist aber nur deshalb ge- schehen, weil dort aufgrund verschiedener Tatsachen ein immer geringerer Bedarf besteht. Zum einen haben die deutsche Wirtschaft und die Messegesellschaften ihre ei- genen Marketingaktivitäten beispielsweise durch die Gründung von Auslandsvertretungen und Niederlassun- gen intensiviert. Zum anderen widmen sich auch die Deutsche Zentrale für Tourismus, DZT, und das German Convention Bureau, GCB – in beiden Bereichen sind keine Mittelkürzungen vorgesehen –, unter anderem der Werbung für den Messestandort Deutschland. Dies ge- schieht in enger Abstimmung mit der deutschen Messe- wirtschaft. Sie sehen also, dass die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen die Bedeutung von internationa- len Messen in Deutschland anerkennen und sie auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten fördern. Die unmittelbare finanzielle Messeförderung der Bun- desregierung konzentriert sich auf die Auslandsmessen. Und in diesem Bereich müssen wir im nächsten Jahr in der Tat einsparen. Das liegt aber keineswegs daran, dass wir die Bedeutung dieser Fördermaßnahmen verkennen wür- den, denn sonst wäre der Etat in den letzten beiden Jahren wohl kaum weitgehend konstant geblieben. Nein, der Grund für die Mittelkürzungen liegt einzig und allein in der unsoliden Haushaltspolitik während der 16 Jahre Ih- rer Regierungszeit, in der Sie einen enormen Schulden- berg verursacht und uns hinterlassen haben. Diesen Schuldenberg gilt es abzubauen und wir sind hier auf ei- nem guten Weg. Über diese finanzielle Förderung hinaus gibt es auch für Auslandsmessen infrastrukturelle Unterstützung, die der Bund allein oder in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft zur Verfügung stellt. Über das neue Außen- wirtschafts-Internetportal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, „iXPOS“ können sich Aus- steller im In- und Ausland sowohl über Messetermine als auch über Fördermöglichkeiten und juristische Fragen so- wie über Messekostenkalkulation informieren. Außerdem finden diese Unternehmen dort die Adressen von An- sprechpartnern für verschiedene Fragen. Damit haben be- sonders kleine und mittlere Unternehmen die Möglich- keit, sich einfach sowie Zeit und Kosten sparend zu informieren. Und auch die Botschaften arbeiten heute in- tensiv mit der deutschen Wirtschaft zusammen und ver- stehen ihre Aufgabe zunehmend auch als Türöffner für deutsche Unternehmen im Ausland. Zusätzlich gibt es die Außenhandelskammern, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert werden. Sie sind beratend tätig und helfen bei der Organisation von Mes- seauftritten im Ausland. Dieses Know-how hilft vielen kleinen und mittleren Unternehmen oft weit mehr als Geld allein es könnte. Zu den Forderungen der Opposition kann ich nur sa- gen: Die Gründe, die wir für die Haushaltskonsolidierung und damit auch für die Einsparungen im Bereich des Aus- landsmesseetats haben, kann ich auch an dieser Stelle nochmals wiederholen. Die von der CDU/CSU geführte Regierung hat es über 16 Jahre lang nicht verstanden, mit den ihr zur Verfügung stehenden Geldern hauszuhalten. Nun ist es an uns, den Schuldenberg abzubauen und das führt leider zu Kürzungen in den vielen Bereichen. Was Ihre Forderung nach einem europäischen Messe- konzept und nach der Vernetzung von Messen anbelangt: Die Messewirtschaft innerhalb Europas befindet sich im Wettbewerb und kann deshalb nicht von staatlicher Seite reglementiert werden. Das gilt in gleichem Maße für die Frage nach der regionalen Verteilung von Messen inner- halb Deutschlands. Man kann doch nicht allen Ernstes fordern, dass historisch gewachsene Messestandorte durch staatliche Verordnung einen Teil ihres Geschäftes zugunsten anderer Standorte abgeben sollen. Das wäre ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit der Messege- sellschaften und der Anbieter. Ich finde es schon merk- würdig, dass gerade die CDU einen solchen staatlichen Eingriff in einen funktionierenden Markt fordert. Abschließend kann ich Sie auch in Ihrer in diesem Zu- sammenhang geäußerten Sorge um die Auslandsmesse- förderung von kleinen und mittleren Unternehmen beru- higen: Diese Firmen sind – und das scheint Ihnen bisher nicht klar gewesen zu sein – erfreulicherweise bereits jetzt die Hauptprofiteure der Auslandmesseförderung, denn Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 17367 (C) (D) (A) (B) mit etwa 90 Prozent des Etats werden Messeauftritte die- ser Unternehmen gefördert. Sie sehen, die Zukunft der deutschen Messewirtschaft in der Globalisierung ist bei der Bundesregierung in guten Händen. Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Ein al- ter Kaufmannsspruch aus meiner Heimatstadt Flensburg lautet: Handel und Wandel muss getrieben sein. – Doch die Bundesregierung legt Handel und Wandel Zügel an; bremst Initiatoren und Initiativen, die die Wirtschaft und den Export unseres Landes voranbringen wollen. In der letzten Woche wurde im Kabinett der Haushaltsentwurf für 2002 verabschiedet. Er erweist dem Handel in Deutschland einen Bärendienst. Die Förderung von Aus- landsmessen wird gegenüber 2001 um 20 Prozent redu- ziert. Noch vor drei Monaten hat die Bundesregierung in ih- rer Antwort auf die Große Anfrage der CDU/CSU-Bun- destagsfraktion Messen als Schlüsselbereich der deut- schen Dienstleistungswirtschaft sowie als eines der wichtigsten Marketinginstrumente und deren Beitrag zur Steigerung von Wachstum und Beschäftigung herausge- stellt. Statt bisher 70 Millionen DM stehen nur noch 57,5 Millionen DM zur Verfügung. Für 2003 setzt sich der tiefe Fall auf 52,8 Millionen DM fort, das heißt ein Ein- bruch von dann 25 Prozent; jede vierte Mark weniger für die Messeförderung. Jahr für Jahr werden damit künftig fast 50 offizielle deutsche Beteiligungen an Auslands- messen weniger stattfinden; für den Absatz der deutschen Exportindustrie kann ein solch tief greifender Einschnitt verheerende Folgen haben. Für eine Exportnation wie Deutschland hat dies gra- vierende Rückwirkungen auf Arbeitsmarkt und Steuer- einnahmen. Ein aktuelles Gutachten der Uni Köln stellt fest: Die vom Bund eingebrachten 70 Millionen DM für Messebeteiligungen im Ausland haben ein Exportvolu- men von rund 7 Milliarden DM induziert, damit verknüpft sind 20 000 zusätzliche Arbeitsplätze. Die Folgen solcher Förderung: ein Mehr an Steuereinnahmen von 335 Milli- onen DM, davon 150 Millionen DM allein für den Bund. Der Einsatz von 70 Millionen DM hat sich verdoppelt. Umgekehrt bedeutet das: Durch die Kürzung von 12 Mil- lionen DM im Haushalt 2002 werden 128 Millionen DM weniger Steuern bewirkt; ein Verlust von 116 Milli- onen DM für die öffentlichen Haushalte. So sieht der frag- würdige Sparkurs der Bundesregierung aus. Auch ordnungspolitisch wird der Auslandsmes- seförderung Unbedenklichkeit bescheinigt. Sie stützt und stärkt den Markt, sie gleicht Wettbewerbsnachteile für kleinere und mittlere Unternehmen aus. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen eignen sich Auslandsmessebe- teiligungen als erste Schritte in neue Wachstumsmärkte. Rund 20 Prozent der Exporte sind direkte Folge der Be- teiligungen deutscher Unternehmen an Auslandsmessen. Die Auslandsmesseförderung ist deshalb für die Export- wirtschaft eine unverzichtbare Unterstützung bei der er- folgreichen Erschließung ausländischer Märkte. Auf den offiziellen deutschen Beteiligungen an Auslandsmessen mit Schwerpunkt Asien und Osteuropa sind jährlich mehr als 5 000 Unternehmen präsent. Die Kabinettsentscheidung 2001 hat bereits erste ne- gative Auswirkungen. Der Messe-Ausschuss der Deut- schen Wirtschaft hat die Pläne für die KONSUGERMA 2002 in Japan auf Eis gelegt. Dabei handelt es sich um die große Sonderschau der deutschen Konsumgüterin- dustrie, ein Schaufenster Deutschlands im Erdteil mit den meisten Menschen. Die Messe findet alle vier Jahre ab- wechselnd zur TECHNOGERMA, der Sonderschau der deutschen Investitionsgüterindustrie statt; beide jeweils in der größten Wachstumsregion der Welt. Die Entschei- dung der Wirtschaft war notwendig, um nach der an- gekündigten Kürzung nicht die 239 regulären Auslands- messen zu gefährden. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen verlieren durch den Berliner Bescheid die Chance, auf dem schwierigen japanischen und damit asiatischen Markt Fuß zu fassen. Besonders sie sollten bei der großen Sonderschau in Japan von dem positiven Imagetransfer großer bekannter deutscher Marken profi- tieren. Geben Sie der Wirtschaft Planungssicherheit, Herr Minister! Übernehmen Sie eine langfristige Garantie für KONSUGERMA und TECHNOGERMA; unabhängig von der regulären Auslandsmesseförderung! Setzen Sie sich gegenüber dem Finanzminister durch; noch ist der Haushalt 2002 nicht verabschiedet! Die Auslandsmesseförderung, die eine Hilfe zur Selbsthilfe darstellt, muss in den nächsten Jahren so aus- gebaut werden, dass sie den wachsenden Anforderungen an die globale Präsenz deutscher Unternehmen im Aus- land Rechnung trägt. Eine Reduzierung zerstört Ex- portchancen. Sichere Fördermittel auch für die Zukunft sind damit ein entscheidender Faktor eines Exporter- folges. Die deutsche Wirtschaft erfüllt durch ihre Messeprä- senz auf Auslandsmessen neben den genannten wirt- schaftlichen Funktionen auch eine wichtige öffentliche Funktion für die politischen und wirtschaftlichen Bezie- hungen der Bundesrepublik mit dem Ausland. Sie sind kompetente Botschafter unseres Landes. Deutsche Veranstalter organisieren neben Beteiligun- gen außerdem pro Jahr rund 180 eigene Messen in wich- tigen ausländischen Wachstumsregionen, insbesondere in Asien, Nord- und Südamerika sowie Osteuropa. Diese Veranstalter brauchen ergänzend zu ihrem umfangreichen Engagement auf deutschen Messen zunehmend auch in schwierigen Auslandsmärkten kompetente Partner. Die- ser Einsatz wird und muss in den nächsten Jahren im Rah- men der Globalisierung weiter wachsen. Man will an den zunehmenden Handelsströmen zwischen außereuropä- ischen Regionen teilhaben, um einen positiven Image- transfer und damit eine Stärkung der heimischen Leit- messen zu erreichen. Die Messewirtschaft gehört zu den führenden Dienst- leistungsbranchen der deutschen Wirtschaft. Sie zeichnet sich durch besonders hohe internationale Ausstrahlung und Innovationskraft aus. Rund zwei Drittel der weltweit führenden Messen finden in Deutschland statt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 200117368 (C) (D) (A) (B) Wir von der CDU/CSU haben diese Entwicklung ge- wollt und befördert und alle Fraktionen des Deutschen Bundestages haben sich dieser Ausrichtung nie ver- schlossen. Bei dieser Gemeinsamkeit sollte es bleiben! Die Messen bei uns sind zentrale Handels- und Kommu- nikationsplätze für die Wirtschaft. Sie leisten dadurch ei- nen wesentlichen Beitrag zu Wachstum und Beschäfti- gung in Deutschland und zur Intensivierung des internationalen Handels. Handel und Wandel sind die Grundlage der deutschen Messewirtschaft, der freie Welt- handel ihr Motor. Die Einführung des Euro sowie die Er- weiterung der Europäischen Union werden ihm weiteren Schwung geben. Sechs der zehn umsatzstärksten Messegesellschaften der Welt haben ihren Sitz in Deutschland. Die deutschen Messeveranstalter setzen pro Jahr über 4,5 Milliarden DM um. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Messewirt- schaft wurde durch verschiedene Studien bestätigt. Aufwendungen der Aussteller und Besucher von 17 Mil- liarden DM pro Jahr und gesamtwirtschaftliche Produkti- onseffekte von über 41 Milliarden DM zeigen, dass die Messewirtschaft zu den wichtigsten Dienstleistungsbran- chen der deutschen Wirtschaft zählt. Rund 230 000 Voll- zeitarbeitsplätze hängen von der Durchführung von Mes- sen ab. Da die Aussteller- und Besucherzahlen auch in Zukunft weiter wachsen werden, wird die Messewirt- schaft auf Dauer am Standort Deutschland Arbeitsplätze schaffen und nicht abbauen. Messen gehören zu den wichtigsten Begegnungsplät- zen der Wirtschaft. Ein wesentlicher Grund dafür ist ihre Multifunktionalität: Messen dienen dazu, Innovationen zu präsentieren, den Bekanntheitsgrad des Unternehmens zu erhöhen, die Wettbewerbssituation zu analysieren, Kontakte zu alten und neuen Kunden herzustellen, und dazu, den Absatz von Produkten und Dienstleistungen vorzubereiten. Für die deutsche Wirtschaft haben Messe- beteiligungen einen besonders hohen Stellenwert im Kommunikationsmix. So fließen in der Investitionsgüter- industrie rund ein Drittel sämtlicher Ausgaben für Markt- kommunikation in Messebeteiligungen. Jährlich werden 130 bis 150 überregionale und interna- tionale Messen und Ausstellungen mit über 160 000 Aus- stellern und rund 10 Millionen Besuchern durchgeführt. Rund 50 Prozent der Aussteller kommen aus dem Aus- land, davon ein Drittel aus Ländern außerhalb Europas; und Devisen kommen in unser Land. Von den Besuchern reist knapp ein Fünftel aus dem Ausland an, davon wie- derum rund 20 Prozent aus Übersee. Kein anderes Messe- land erreicht vergleichbare Größenordnungen. Doch auch hier gibt es Reserven. Zahlreiche potenzi- elle Aussteller und Besucher aus dem Ausland, vor allem aus Mittel- und Osteuropa, werden durch administrative Schwierigkeiten von einer Messeteilnahme in Deutsch- land abgeschreckt. Sie fühlen sich durch stunden- und ta- gelanges Warten bei der Visa-Erteilung schikaniert. Hier muss die Bundesregierung für Abhilfe sorgen; ein spezi- elles „Messe-Visum“ schaffen! Vier der fünf größten Messegelände der Welt liegen in Deutschland. Für die Durchführung überregionaler Mes- sen und Ausstellungen stehen auf 23 deutschen Messe- plätzen rund 2,4 Millionen Quadratmeter Hallenfläche zur Verfügung. Das entspricht einer Fläche von 330 Fuß- ballplätzen, für jeden Messeplatz im Durchschnitt einer Fläche von 14 Fußballplätzen. Neun Gelände verfügen über mehr als 100 000 Quadratmeter Hallenkapazität, vier über mehr als 50 000 Quadratmeter. Hinzu kommt ein dichtmaschiges Netz regionaler Fach- und Verbraucher- ausstellungen. Allein bei diesen Vor-Ort-Initiativen tref- fen sich jährlich rund 60 000 Aussteller und über 10 Mil- lionen Besucher. Viele dieser lokalen Messen werden durch ehrenamtlichen Einsatz aus der Wirtschaft getra- gen. Diesen oft ideenreichen Initiativen ist dafür herzlich zu danken. Die Durchführung von Messen nützt nicht nur den be- teiligten Ausstellern und Besuchern. Auch die regionale Wirtschaft im Einzugsgebiet der Messestadt hat einen großen Nutzen. Hotellerie und Gastronomie profitieren davon ebenso wie Verkehrsunternehmen und Firmen, die Messe-Dienstleistungen für Veranstalter und Aussteller erbringen, wie Messebau, Logistikunternehmen, Dolmet- scher- und Hostessendienste. Je mehr Aussteller und Be- sucher aus anderen Regionen in die Messestadt kommen und dort übernachten, umso größer ist dieser Effekt. Die regionalwirtschaftlichen Effekte umfassen bei stark inter- national ausgerichteten Messeplätzen das 5- bis 6fache des Veranstalterumsatzes. Betrachtet man neben den reinen Messen auch die 63 Millionen Tagungs- und Kon- gressteilnehmer, bewirkten diese 1999 für den Touris- musstandort Deutschland einen Umsatz von 84 Milliar- den DM und 65 Millionen Übernachtungen, so das GCB (German Convention Bureau). Damit sicherte dieser Dienstleistungsbereich bundesweit etwa 850 000 Vollzeit- arbeitsplätze. Darüber hinaus entstehen erhebliche zu- sätzliche Steuereinnahmen für Städte, Länder und Bund. Nicht zu vergessen ist die positive Imagewirkung für die jeweilige Stadt im In- und Ausland. Doch können diesen Effekt nicht alle Regionen in der Bundesrepublik gleichrangig nutzen. Die Verteilung von Messen mit überregionaler und internationaler Bedeutung ist unausgewogen. Sie konzentrieren sich auf sehr leis- tungsfähige und stark frequentierte Messestandorte mit gut ausgebauter Infrastruktur wie Frankfurt, Düsseldorf oder Berlin. Die Förderung bestehender regionaler Mes- sestandorte in strukturschwachen Regionen muss daher die Aufgabe von Bund und Ländern sein! Durch eine op- timierte Anbindung an die Verkehrsinfrastruktur könnten diese zu Kristallisationspunkten für die Wirtschaftsent- wicklung einer ganzen Region werden. Auch in den strukturschwachen Gebieten meiner Hei- mat Schleswig-Holstein gibt es solche entwicklungsfähi- gen Messen, die das Potenzial zu überregionaler Bedeu- tung haben: Hierzu sind die „NORLA“ in Rendsburg, die „windtech Husum“ und die „RORO“ in Lübeck zu zählen, aber auch eine Gemeinde wie Kropp. Dort gab es 120 Aussteller und 18 000 Besucher in 3 Tagen. Das ist eine beeindruckende Bilanz für Initiatoren aus Wirtschaft und Gewerbe, die aus Eigeninitiative ehrenamtlich handeln. Die Parade von 55 lebensgroßen Ochsen aus Plastikmaterial brachte dieser Mini-Messe bundes- weite Beachtung. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen! Die Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 17369 (C) (D) (A) (B) „windtech Husum“ macht es vor: Gegenüber der Leis- tungsschau 1999 verdreifacht sich dieses Jahr die Aus- stellerzahl. 250 Aussteller aus 20 Ländern haben sich für die Windkraft-Leitmesse im September angemeldet. Einen wichtigen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufbau der neuen Länder und damit auch zur Stärkung der Wett- bewerbsfähigkeit des Mittelstandes hat seit 1990 das För- derprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft für ostdeutsche Aussteller geleistet. Inzwischen sind bei der Heranführung der ostdeutschen Unternehmen an die na- tionalen und internationalen Märkte mithilfe von Messe- beteiligungen wichtige Fortschritte erzielt worden. Doch diese gute Entwicklung wird jetzt durch den Anti-Messe- Beschluss der Bundesregierung gestoppt. Das darf nicht sein! Die Praxis zeigt: Trotz der Bedeutung von Messen als Handels- und Kommunikationsplätze nutzen neu gegrün- dete Unternehmen das Marketing- und Vertriebsinstru- ment Messen im Vergleich zu langjährig am Markt tätigen Unternehmen nur ungenügend. Doch gerade für junge Unternehmen ist die Teilnahme an Messen für ihre Eta- blierung am Markt besonders wichtig. Grund dafür sind die hohen Kosten einer Messebeteiligung. Hier gilt es, zielgerichtet zu fördern, kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie Neugründungen unter die Arme zu greifen! Die deutsche Messewirtschaft ist seit Jahrzehnten frei von speziellen gesetzlichen Regelungen, etwa hinsicht- lich des Marktzugangs für Veranstalter oder der Gründung neuer Veranstaltungen. Die daraus entstandene intensive Wettbewerbssituation hat entscheidend zu der internatio- nal respektierten hohen Qualität der deutschen Messen beigetragen. Für jede Messe müssen die Interessen der Aussteller, Besucher und Veranstalter hinsichtlich Bezeichnung, No- menklatur, Standort, Termin, Dauer und Turnus von Mes- sen immer wieder aufs Neue zum Ausgleich gebracht werden. Der Ausstellungs- und Messeausschuss der deut- schen Wirtschaft wirkt daran als neutrale Clearingstelle hilfreich mit. Dadurch fördert er ein rationelles Messewe- sen im Sinne einer effektiven Subsidiarität, der Staat wird entlastet, die Wirtschaft gestärkt, die Bürger haben etwas von diesem Modell. Doch mit der Entscheidung der Bundesregierung, die Messeförderung drastisch einzuschränken, legt man die Axt an die Wurzel der Exportförderung. Unser Land muss Messeland Nummer eins in der Welt bleiben. Ernst Burgbacher (F.D.P.): Die Messewirtschaft stellt in Deutschland einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Die Zahlen sind beeindruckend: Sechs der zehn welt- weit umsatzstärksten Messegesellschaften befinden sich in Deutschland. Vier der fünf weltweit größten Messe- gelände befinden sich in Deutschland. Zwei Drittel der weltweit führenden Messen finden in Deutschland statt. Der Messestandort Deutschland hat eine führende Markt- position, wobei das Potenzial noch lange nicht ausge- schöpft ist. Für die regionale Wirtschaft haben Messen eine zen- trale Bedeutung. Verkehrsbetriebe und Taxiunternehmen, Logistik, Transport und Messebau, Einzelhandel, Kultur- und Freizeiteinrichtungen – es gibt kaum eine Branche, die nicht direkt oder indirekt an einer großen Messe mit- verdient. Die Umwegrendite für die regionale Wirtschaft im Umfeld einer großen Messe beträgt durchschnittlich das Fünf- oder Sechsfache. Das heißt im Klartext: Jede Mark, die auf der Leipziger Messe umgesetzt wird, bringt der Region etwa 5 bis 6 DM ein. Hotellerie und Gastgewerbe profitieren von den Aus- stellern und Besuchern. In Leipzig macht der Messe- und Kongresstourismus 30 Prozent der gesamten Zimmer- belegung aus. Wer je versucht hat, während der Buch- messe in Frankfurt noch ein Hotelzimmer zu bekommen, wird das Problem einer 100-prozentigen Zimmerbele- gung kennen. Von den jährlich 160 000 Ausstellern auf den deutschen überregionalen und internationalen Messen kommen 80000 aus dem Ausland, von ihnen etwa ein Drittel aus Übersee. Von den 10 Millionen Besuchern kommen etwa 2Millionen aus dem Ausland. Viele Aussteller und Messe- besucher nutzen die Messe auch für ein privates touris- tisches Besuchsprogramm. Gerade ausländische Gäste geben dabei überdurchschnittlich viel Geld aus. Deswegen ist es notwendig, dass die Einzugsgebiete eines Messestandortes flexibel auf die touristische Nach- frage reagieren können. Wie soll man etwa den Messegäs- ten aus Italien oder Frankreich klarmachen, dass sie nach einem langen Arbeitstag ab 22 Uhr bitte schön den Bier- garten zu räumen haben? Auf Messen werden informelle Kontakte geknüpft und nicht zuletzt viel gefeiert. Höchs- tens ein Gast aus Großbritannien würde bei unserer über- holten Sperrstundenregelung nicht verwundert den Kopf schütteln. Messen sind für Aussteller wie für Besucher meist ganztägige Veranstaltungen. Regionale Geschäfte im Umfeld des Messegeländes können davon kaum profitie- ren, da Messeschluss und Ladenschluss meist dicht bei- einander liegen. Messen müssen daher auch in Ihrer Be- deutung für die Tourismuswirtschaft ernst genommen werden. Ein guter Messestandort zeichnet sich vor allem auch dadurch aus, dass sich Gäste dort wohl fühlen. Ho- tellerie und Gastronomie müssen in die Lage versetzt wer- den, der Spitzenposition der deutschen Messewirtschaft auch gerecht zu werden. Dazu gehört erstens eine Liberalisierung der Sperrzei- ten, damit die Wirte auf die Bedürfnisse der Messegäste eingehen können. Dazu gehört zweitens eine Verlängerung der Öff- nungszeiten in der Außengastronomie. Biergärten und Straßencafes gehören gerade auch in den Augen der aus- ländischen Touristen zu den beliebtesten gastronomi- schen Betrieben. Biergärten stellen auch einen Teil unse- rer Lebensart und Kultur dar. Gerade hier sollten wir Toleranz und Weltoffenheit zeigen, anstatt mit Kleinka- riertheit unsere Gäste zu vertreiben. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 200117370 (C) (D) (A) (B) Dazu gehört drittens eine Flexibilisierung der Laden- schlusszeiten, damit Aussteller und Besucher auch abends nach Messeschluss noch in Ruhe einkaufen können. Dazu gehört viertens die Förderung der Dienstleis- tungsbereitschaft. Es muss sich lohnen, auf die Wünsche und Bedürfnisse der Messebesucher einzugehen. Die 630-Mark-Regelung verhindert, dass Wirte und Hoteliers kurzfristig zusätzliche Arbeitskräfte einstellen können, um etwa in Messezeiten dem größeren Aufkommen an Gästen gerecht zu werden. Auch die Besteuerung von Trinkgeldern schadet der Dienstleistungsbereitschaft. Der Erfolg einer Messe hängt entscheidend davon ab, wie zufrieden Aussteller und Besucher mit dem Service sind. Auch hier gilt die Devise: Ein zufriedener Gast kehrt wieder. Ursula Lötzer (PDS): Die Große Anfrage und der Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion bietet die Möglichkeit, über Eckpunkte der wirtschaftspolitischen Leitbilder von Regierung und der größten Oppositions- partei zu debattieren. Im Kern geht es der CDU/CSU um eine gleichblei- bende Subventionierung der deutschen Exportwirtschaft über die Messeförderung. Daran ist erst einmal nichts Eh- renrühriges, obwohl sonst von Ihnen bei jeder Gelegen- heit der Abbau von Subventionen und der Rückzug des Staates gefordert wird. Die Tatsache, dass zwei Drittel der weltweit führenden Messen in Deutschland stattfinden und sich dies positiv auf den Tourismussektor und die Be- schäftigung auswirkt, spricht scheinbar schon für sich. Wie aus den Antworten der Bundesregierung ersicht- lich, sind die regionalen Impulse also nicht zu vernach- lässigen. Aber ich gebe zu bedenken, dass es nicht nur um die Frage geht, wie der Status quo gehalten wird oder wie sich die deutsche Wirtschaft auf den Exportmärkten be- hauptet. Wichtiger ist, ob eine Politik, die primär auf den Export setzt, die wirtschaftlichen und vor allem sozialen Probleme in Deutschland auf die Dauer nachhaltig lösen kann. Die Antwort ist ein klares Nein. In den letzten Tagen und Wochen zeigte sich wieder das grundsätzliche Problem der strategischen Orientie- rung des Exportweltmeisters Deutschland: Die weltwirt- schaftliche Konjunktur bricht ein, die Talsohle ist im Mo- ment nicht absehbar und die deutsche Wirtschaft wird in starke Mitleidenschaft gezogen. Aus dem jahrzehntelang vernachlässigten Binnenmarkt gibt es nicht die notwendi- gen Impulse, um den Einbruch zu kompensieren. Die ver- sprochene Wende am Arbeitsmarkt rückt in weite Ferne. Das Wort Rezession macht bereits die Runde – eine Ent- wicklung, die wir von der PDS bereits vor Monaten hier im Plenum prognostiziert hatten. Damals wurden wir milde belächelt und als „Miesmacher“ bezeichnet. Heute muss sich Wirtschaftsminister Müller für die teilweise Anerkennung dieser Realität vor dem Kollegen Eichel und dem Bundeskanzler rechtfertigen. Mit einer stärkeren Exportsubventionierung wie im Falle der Messen, die das Marketing für Produkte „Made in Germany“ bereitstellen, wird sich das Problem man- gelnder Nachfrage im Inland aber nicht lösen lassen. Auf den Exportmärkten herrscht bereits ein großer Verdrän- gungswettbewerb. 90 Prozent der Warenströme kommen aus den wenigen OECD-Staaten und bleiben dort. Jeder versucht beim Nachbarn mehr abzusetzen, weil zu Hause die Löhne und die öffentliche Nachfrage sinken. Eine Po- litik der permanenten Exportüberschüsse ist dabei ebenso wenig dauerhaft wie kontinuierliche Defizite, wie im Falle der USA. Ganz zu schweigen von den sozialen Konsequenzen und Verteilungseffekten des Verdrängungswettbewerbs, der zulasten der Arbeitsbedingungen und der sozialen Standards geführt wird. Anschaulich wird dies in den Fra- gen der CDU/CSU-Fraktion, die längere Ladenöffnungs- zeiten im Zusammenhang von Messen einfordert, die vor- gesehenen Neuregelungen zur Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge ablehnt und sich für die Aufhe- bung arbeitsrechtlicher Bestimmungen ausspricht. Hier präsentieren die Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU wieder ihre alten Vorstellungen eines libe- ralisierten Arbeitsmarktes, der befreit von staatlichen Re- geln aus sich heraus für „Vollbeschäftigung“ sorgen könne. Auch wenn diese Vorstellungen in den Zusam- menhang von „Globalisierung und Messewirtschaft“ ge- stellt werden, bleiben sie falsch und helfen nicht, sozial abgesicherte Arbeitsplätze zu schaffen. Die Messewirtschaft kann durchaus Impulse für dieses Ziel bieten, wenn sie in ein Konzept der Förderung des Binnenmarkts integriert wird. In ihren Antworten auf die Große Anfrage setzt die Bundesregierung aber leider auf eine weitere Liberalisierung der Märkte, ob auf dem EU- Binnenmarkt oder im Rahmen der Dienstleistungsver- handlungen in der WTO. Gefragt ist jedoch ein Strategie- wechsel, der nicht Protektionismus meint. Denn es ist kaum glaubhaft, dass alle klein- und mit- telständischen Unternehmen auf dem „Weltmarkt“ ihre Nische finden. Sie werden in der überwiegenden Zahl ihren Absatz auf dem Binnenmarkt und der Region be- halten. Und deshalb sind regionale Wirtschaftskreisläufe zu unterstützen, nicht nur aus ökologischer Einsicht, son- dern aufgrund strukturpolitischer Notwendigkeit. Eine Konzentration auf und Kooperation zwischen Messe- standorten könnte dabei helfen, die Produkte und Dienst- leistungen in der Region zu präsentieren und die Förder- mittel effizient einzusetzen. Eine ausreichend hohe kaufkräftige Nachfrage der Menschen vor Ort ist dabei aber Grundvoraussetzung, wobei wir beim Ausgangspunkt sind: Einseitige Export- orientierung verhindert genau diese hohe Massennach- frage und diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen. Un- sere Fraktion hat in den letzten Jahren genau hierfür zahlreiche Ansätze in die Debatte eingebracht. Siegmar Mosdorf, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister für Wirtschaft und Technologie: Mit der Großen Anfrage zur „Zukunft der deutschen Messewirtschaft in der Globalisierung“ wird ein wichtiger Bereich der Dienstleistungswirtschaft angesprochen, dem die Bun- desregierung auch schon in der Vergangenheit ihre Auf- merksamkeit gewidmet hat. Messen und Ausstellungen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 17371 (C) (D) (A) (B) im In- und Ausland haben für die exportorientierte deut- sche Wirtschaft eine zentrale Bedeutung. Messen und Ausstellungen sind Grundlage des Exportgeschäfts und stützen damit die inländische Produktion, Beschäftigung und die Steuereinnahmen des Staates. Als einem wichti- gen Teil des Außenwirtschaftsförderinstrumentariums kommt der Auslandsmesseförderung ein hoher Stellen- wert zu. Die staatliche Unterstützung ist Hilfe zur Selbst- hilfe zur Erschließung schwieriger ausländischer Märkte. Dabei zielt die Unterstützung insbesondere auf kleine und mittlere Unternehmen, die sich im Ausland keine eigenen Vertretungen leisten können. Insgesamt steht die Mittelstandsförderung im Zentrum der Auslandsmessepolitik. So hat die Bundesregierung im Jahr 1999 172 Auslandsmessen mitfinanziert, 2000 konn- ten 190 Auslandsmessen gefördert werden. 2001 wird sich die Zahl voraussichtlich auf 195 belaufen. Rund 90 Prozent der Messeteilnehmer sind mittelständischen Unternehmen zuzuordnen. Nicht zuletzt deshalb sieht die Bundesregierung in der Auslandsmesseförderung eine mittel- und langfristige Aufgabe. Es ist das übergeordnete Ziel der Bundesregierung, den Bundeshaushalt wieder in geordnete Verhältnisse zurück- zuführen. Deshalb sind Einschnitte in vielen Bereichen erforderlich, von denen auch die Auslandsmesseförde- rung nicht ausgenommen werden kann. Allerdings ist die Bundesregierung bemüht, im Interesse der langfristigen Stabilität die Absenkung des Etats in Grenzen zu halten. Ob es dadurch tatsächlich zu sehr viel weniger Auslands- messebeteiligungen kommen wird als in diesem Jahr und in den Vorjahren, wird ganz wesentlich davon abhängen, ob die Unternehmen bereit sind, mehr Eigenmittel in die geförderten Auslandsmessebeteiligungen einzubringen. Die Bundesregierung hält ein höheres finanzielles En- gagement der ausstellenden Unternehmen an den direkten förderfähigen Messekosten für angemessen und zumut- bar. Derzeit tragen die Aussteller durchschnittlich ein Drittel dieser Kosten. Bei höherer Eigenbeteiligung könnte durchaus die Zahl der Auslandsmessebeteiligun- gen gehalten werden. Die Förderquote der direkten Mes- sekosten würde dann im Schnitt immer noch über 50 Pro- zent liegen. Nach jahrzehntelanger finanzieller Unterstützung der Maßnahmen für die Vermarktung des „Messeplatzes Deutschland“ im Ausland erwartet die Bundesregierung nun eine Konsolidierung dieser Aktivitäten sowie einen gezielten Einsatz der Eigenmittel der Messewirtschaft für diesen Zweck. Die Messegesellschaften sind mit eigenen Marketingmaßnahmen sehr stark im Ausland engagiert, sodass eine übergreifende Werbung für den Messeplatz Deutschland auf wichtige Kernbereiche konzentriert wer- den kann. Vor dem Hintergrund der positiven Entwick- lung des „Messeplatzes Deutschland“ kann damit auch ein Beitrag zu den erforderlichen Haushaltseinsparungen geleistet werden. Für die deutsche Exportwirtschaft ist der Zugang zu den Auslandsmärkten von lebensnotwendiger Bedeutung. Die Bundesregierung bemüht sich daher, im Rahmen der angestrebten neuen WTO-Verhandlungsrunde weitere Maßnahmen zur Marktöffnung und Zollsenkung durch- zusetzen. Dabei gilt unser besonderes Augenmerk dem Dienstleistungsbereich und Fortschritten auch im Touris- mussektor. Ohne den gewünschten Abbau von Handelshemmnis- sen kann eine gezielte Messeförderung nicht ihre ge- wünschte Wirkung entfalten. Für die deutsche Export- wirtschaft und damit auch für die Veranstaltung von Auslandsmessen sind noch zahlreiche weiße Flecken auf der Weltkarte zu erschließen. Im Zeitalter der Globalisie- rung und der immer stärkeren internationalen Vernetzung der Märkte kommen daher auf die Auslandsmesseförde- rung auch in Zukunft gewichtige Aufgaben zu. Für die deutsche Wirtschaft ist ein weiterer Ausbau des Auslandsmesseförderinstrumentariums als Instrument der Markterschließung von hoher Priorität. Durch die ver- stärkte Vermarktung des Ziellandes Deutschland durch die Deutsche Zentrale für Tourismus und das German Convention Bureau bemühen wir uns, auch die Zahl der ausländischen Messebesucher in Deutschland zu erhöhen. Die Aktivitäten der beiden genannten Organisationen zie- len insbesondere auf das Segment Geschäftsreisen ab. Konkret steht die Werbung für den Besuch von Messe- veranstaltungen in Deutschland im Mittelpunkt. Die Vi- saerteilungen an Messe-Aussteller und -Besucher insbe- sondere aus der Volksrepublik China, der Ukraine und aus Russland laufen nun reibungslos, nachdem Verfahren ein- geführt wurden, die sicherstellen, dass Visaanträge von Geschäftsleuten vorrangig bearbeitet werden. Dadurch leisten die Visastellen zusammen mit den Wirtschafts- diensten an den deutschen Auslandsvertretungen einen hervorragenden Beitrag zur Stärkung des Messestandor- tes Deutschland. Durch die Neuorientierung des Vorsteuerabzugs aus Reisekosten am europäischen Recht verbessert die Bundesregierung die Voraussetzungen für in- und aus- ländische Interessenten zur Teilnahme an Messen in Deutschland. Die Bundesregierung hält im Übrigen Aus- nahmeregelungen für Dienstleister im Bereich der Mes- sewirtschaft bei Teilzeitarbeit und der Befristung von Arbeitsverträgen nicht für angebracht. Diese Messe- Unternehmen können keine Sonderstellung beanspru- chen, sondern können die vorhandenen Flexibilitäten im Teilzeit- und Fristarbeitsrecht ausschöpfen. Der zunehmende Einsatz virtueller Medien im Zusam- menhang mit Messen wird von der Bundesregierung aus- drücklich begrüßt. Sie wertet dies als eine sinnvolle Er- gänzung für die Verbesserung der Attraktivität deutscher Messen, sieht allerdings auch längerfristig keine Substi- tution oder grundsätzliche Wandlung der Messeland- schaft durch dieses Medium. Fusionen von, Messeveranstaltern – hier gab es in jün- gerer Zeit einige Bewegung in der Messelandschaft – werden von der Bundesregierung unter rein wettbewerbs- rechtlichen Gesichtspunkten geprüft. Prüfungsmaßstab ist dabei die Frage, ob durch den Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wer- den könnte. Dies ist bei den bisherigen Anträgen an das Bundeskartellamt nicht festgestellt worden. Es bleibt ab- zuwarten, ob sich in dieser Entwicklung in Zukunft Än- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 200117372 (C) (D) (A) (B) derungen in der Art ergeben, dass die Bundesregierung Anlass sieht, sich einzuschalten. Die Bundesregierung hält die „Zukunft der deutschen Messewirtschaft in der Globalisierung“ trotz der notwen- digen Haushaltskürzungen für weiterhin gesichert und aussichtsreich. Der Messestandort Deutschland hat seine internationale Bedeutung nachhaltig unter Beweis ge- stellt. Auch im Auslandsmessegeschäft sind und bleiben deutsche Dienstleister und Aussteller an der Weltspitze. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichtes: Ziele für die Qualitätssteigerung in der Diabetes-Versorgung (Tagesordnungs- punkt 14) Horst Schmidbauer (Nürnberg) (SPD): Es ist schade, dass eine solch bedeutende Angelegenheit, die die Lebensfrage für 6 Millionen an Diabetes erkrankten Men- schen betrifft, zu solch später Stunde im Parlament zur Sprache kommt. Es ist schade, weil damit auch die Be- troffenen selbst nicht die Möglichkeit haben, wenn es um ihre Zukunft geht, dabei zu sein. Wenn ich an die Diabe- tes-Versorgung in Deutschland denke, dann trifft schwarz voll ins Schwarze. Mit schwarz ist Prof. Schwartz ge- meint, der Vorsitzende des Sachverständigenrats der Kon- zertierten Aktion im Gesundheitswesen, der mit seiner Feststellung „Das deutsche Gesundheitswesen leistet nicht, was es leisten könnte. Es hat zu wenig Zielorientie- rung, Patientenorientierung und Qualitätsorientierung.“ voll ins Schwarze getroffen hat. Wir wollen in Deutschland für diabeteskranke Men- schen eine Regelversorgung einführen. Damit wird deut- lich, dass wir zwar viel Erkenntnisse über Modellprojekte gewonnen haben, aber ein Flickenteppich ist keine Ant- wort auf die Herausforderung in Deutschland für die sechs Millionen an Diabetes mellitus Erkrankten. Über 90 Prozent dieser Menschen haben eine Typ 2-Diabetes. Diese Diabetes-Form ist meist mit Übergewicht, Blut- hochdruck und Stoffwechselstörungen verbunden. 250 000 Menschen in Deutschland haben eine Typ 1-Dia- betes. Diese Menschen müssen immer mit Insulin behan- delt werden. Aber das Grausame an dieser „schleichenden nicht schmerzhaften Krankheit“ ist, dass 9 000 Diabetiker pro Jahr ein Nierenversagen erleiden. Jeder dritte Dia- lysepatient ist ein Diabetiker. Der Anteil der Diabetiker steigt. Jeder zweite Patient, der neu eine dauerhafte Dia- lyse-Behandlung braucht, ist ein Diabetiker. Über 90 Prozent der Diabetiker bekommen Netzhaut- veränderungen der Augen. Das Risiko bei Menschen mit Diabetes, zu erblinden, ist um das Zehnfache höher. Pro Jahr erblinden mindestens 3 000 Diabetiker. Dies ist jeder Dritte, der neu erblindet. Aber das ist noch nicht alles. 25 000 Fuß- und Beinamputationen, das sind 70 Prozent aller Amputationen, werden jährlich bei Menschen mit Diabetes vorgenommen. Das Risiko bei Herzanfällen und Schlaganfällen ist bei diesen betroffenen Menschen stark erhöht. 35 000 tödliche Herzanfälle und 30 000 Schlagan- fälle erleiden diabeteskranke Frauen und Männer. Helfen Sie mit, dass in Deutschland diese Entwicklung endlich ein Ende findet. Wenn Sie jetzt immer noch keinen Handlungsdruck spüren, dann ist ihnen nicht mehr zu helfen. Das deutsche Gesundheitswesen leistet nicht, was es leisten könnte. Was könnte es leisten? Wir könnten 50 Prozent der Am- putationen vermeiden. Wir könnten ein Drittel der Neu- erblindungen vermeiden und ein Drittel der Betroffenen müssten nicht bei Nierenversagen an eine Dialyse. Also brauchen wir Gesundheitsziele; wir brauchen eine Ziel- orientierung. Deshalb beschließen wir heute das erste Gesundheits- ziel im Deutschen Bundestag. Damit schaffen wir das Zielbewusstsein, die Setzung von nachvollziehbaren Pri- oritäten, die Ableitung von konkreten Versorgungszielen und die Orientierung für gesundheitspolitische Pro- gramme wie unseren Nationalen Aktionsplan Diabetes. Dass unsere Gesundheitsziele keine Utopie sind, wird durch Studien belegt. Ich will nur eine davon herausneh- men – die United Kingdom Prospective Diabetes Study – UKPDS – von 1998. Damit wurde belegt, dass bei einer Verminderung des Blutzuckers um nur 1 Prozent 21 Pro- zent der diabetesbezogenen Komplikationen vermieden wurden. Um 25 Prozent erfolgte eine Verminderung der diabetesbezogenen Todesfälle und eine 17-prozentige Vermindung der Gesamtsterblichkeit, aber auch eine 35-prozentige Verminderung des Risikos von Folgeer- krankungen von Augen und Nieren. Aber wenn Sie, meine Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, die menschliche und die medizinische Di- mension unseres Lösungsansatzes nicht überzeugen sollte, dann vielleicht die ökonomische: 2 300 DM kostet ein gut eingestellter Diabetiker. 11 000 DM kostet ein mit- telmäßig eingestellter Diabetiker. 23 000 DM kostet ein schlecht eingestellter Diabetiker und 35 000 DM kostet ein Diabetiker mit Folgeerkrankungen im Jahr. Der Lern- satz daraus heißt 1 zu 10; das heißt, ein gut eingestellter Diabetiker kostet ein Zehntel. Das bei dem Antrag mein Herzblut eine wichtige Rolle spielt, ist nicht verborgen geblieben. Was mein Herz al- lerdings schneller schlagen lässt, ist der Rückenwind, den wir jetzt verspüren. Nicht nur die Betroffenen, die mit ei- ner hohen Erwartungshaltung nach Berlin blicken, son- dern ein Rückenwind in vierfacher Art bringt uns voran: Erstens. Aus dem Gesamtkonzept „Gesundheitsziele“ der Bundesregierung, an dem noch gearbeitet wird, haben wir einvernehmlich das Gesundheitsziel Diabetes vorge- zogen. Zweitens. Wir haben die Unterstützung aus dem Sachverständigenrat, der Gesundheitsförderung und Prä- vention ganz in den Vordergrund stellt. Drittens. Durch den neuen Risiko-Strukturausgleich in der Krankenversi- cherung wird der Wettbewerb um die bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten eingeführt. Viertens. Durch die Neuordnung der Arzneimittelver- ordnung wird der richtige Rahmen für Diabetiker gesetzt. Zum zweiten Rückenwind zurückkehrend: Der Sach- verständigenrat hat festgestellt, dass wir durch einen ent- sprechenden Umbau des Gesundheitswesens in Richtung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 17373 (C) (D) (A) (B) Prävention rund 25 bis 30 Prozent der heutigen Gesund- heitsausgaben langfristig vermeiden können. Zum dritten Rückenwind zurückgekehrt, werden wir mit dem Risiko- Strukturausgleich schon ab dem 1. Januar 2002 Disease- Management-Programme für chronische Erkrankungen, allen voran Diabetes, einführen. Damit wird der Wettbe- werb der Krankenkassen weggeführt, um die so genann- ten guten Risiken und hingeführt zu einem Wettbewerb um die bestmöglichste Versorgung von chronisch kranken Menschen. Nur die Krankenversicherung, die entspre- chend geprüfte Versorgungskonzepte anbietet und die ihre Mitglieder überzeugt, dass sie daran teilnehmen, was sie durch eine Unterschrift bestätigen müssen, bekommt in Zukunft eine entsprechende Ausgleichszahlung. Damit wird ein ganz entscheidender Schritt zu einem überzeu- genden Versorgungskonzept gemacht, mit dem wir dieses Gesundheitsziel nun rascher erreichen können, als wir dies noch vor einem halben Jahr gedacht haben. Zurück zum Rückenwind Nummer vier: Vielfach wurde unser Nationaler Aktionsplan Diabetes kritisiert, weil man die Auffassung vertrag, er wäre mit der Verord- nungspraxis von Arzneimitteln nicht kompatibel. Nun geht die Regierung und die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt einen neuen Weg. Die Ärzteschaft und die Kran- kenkassen können Vereinbarungen treffen, die neben ei- nem Ausgabenvolumen für Arzneimittel auch konkrete Ziele und die Schritte zur Umsetzung benennen. Qualita- tive Versorgungskriterien sollen stärker berücksichtigt werden. Auch für Richtgrößen sollen die Krankheitsarten künftig mit einbezogen werden. Zusammengefasst eine maßgeschneiderte Lösung für die Versorgung von chronisch kranken Diabetikerinnen und Diabetikern in Deutschland: Lassen Sie sich von un- serem Rückenwind mit antreiben und stimmen Sie unse- rem Antrag zu! Die betroffenen Menschen werden es Ih- nen danken. Denn Sie wollen nicht noch einmal zehn Jahre warten, bis eine Regierung nach eingegangenen Verpflichtungen handelt. Die Betroffenen haben nicht vergessen, dass die alte Bundesregierung die St.-Vincent- Erklärung von 1989 unterschrieben hatte, aber keine Ta- ten folgen ließ. Dr. Harald Kahl (CDU/CSU): Der Diabetes mellitus, die Zuckerkrankheit, und die damit in Zusammenhang stehenden Folgeerkrankungen stellen angesichts ihrer Häufigkeit eine Volkskrankheit dar, die zu einer empfind- lichen Reduzierung von Leistungsfähigkeit, Lebensqua- lität und Lebenserwartung der Betroffenen führen kann. Nicht selten sind Herzinfarkte, Nierenversagen, Amputa- tionen oder Erblindung die dramatischen Folgen dieser Erkrankung. In Deutschland geht man von geschätzten 5 Millionen Menschen mit Diabetes aus. Bereits im Jahre 1989 wurden deshalb von Ärzten, Wissenschaftlern, Politikern und Menschen mit Diabetes durch die St.-Vincent-Deklaration Zielvorgaben für eine Verbesserung der Betreuung von Menschen mit Diabetes festgelegt. Der Antrag der Koalition, über den wir heute beraten, stellt also vom Grundsatz her nichts Neues dar. Auch wir – wer wollte das nicht? – setzen uns für eine bes- sere medizinische Versorgung von Diabetikern ein, leh- nen diesen Antrag jedoch ab, da der aufgezeigte Weg dort- hin falsch ist. Wissenschaftliche Erkenntnisse und damit das fachliche Instrumentarium für eine Verbesserung der ambulanten Betreuung von Diabetikern sind ausreichend vorhanden und bedürfen nicht zusätzlicher staatlicher In- tervention. Wenn Sie der alten Bundesregierung Untätig- keit vorwerfen, geht der Vorwurf ins Leere. Wahr ist viel- mehr, dass bereits unter der alten Bundesregierung zahlreiche Modellvorhaben zur integrierten Versorgung von Diabetikern in mehreren Bundesländern begonnen und mitfinanziert wurden. Ein besonders positives Beispiel ist hierfür das Modell- vorhaben in Thüringen, von dem sich Kollege Schmidbauer bei einem Besuch der AOK Thüringen selbst überzeugen konnte. Hier wurden bereits 1995 auf- bauend auf den epidemiologischen Erkenntnissen der früher in der ehemaligen DDR praktizierten Dispensaire- betreuung von Diabetikern neue Wege der Behandlung eingeschlagen. Im April 1998 wurde letztlich ein Ver- tragswerk der AOK und der Kassenärztlichen Vereini- gung Thüringens unter finanzieller Beteiligung der alten Bundesregierung als Modellvorhaben abgeschlossen. Charakteristisch sind dabei Behandlungskorridore zwi- schen 200 beteiligten Hausärzten und 35 diabetologi- schen Schwerpunktpraxen, die nach Qualitätskriterien re- geln, wann ein Patient vom Hausarzt an die Schwerpunktpraxis und von da aus wieder zurück an den Hausarzt überwiesen wird. Als Grundlage für eine wis- senschaftlich fundierte Dokumentation über den Umfang der Behandlung dient hierzu der Diabetes-Pass der Deut- schen Diabetesgesellschaft. Wesentliche Elemente des Modellvorhabens sind Qualitätsmanagement und eine Ziel-Anreizvergütung. Dabei ist eine Zusatzvergütung der am System beteiligten Leistungserbringer an Erfüllung von Versorgungs- und Schulungsaufträgen sowie an die Vollständigkeit der entsprechenden Dokumentation ge- bunden. Somit wird eine Vergütungsgerechtigkeit erzielt, die sich nicht an der Menge, sondern an der Qualität der erbrachten Leistung orientiert: Ein entscheidender Qua- litätssprung konnte auch bei den Schulungsleistungen er- zielt werden. Prävention und Aufklärung spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Landesweit sind allein 40 re- gionale Selbsthilfegruppen tätig und sowohl 1999 als auch im Jahre 2000 konnten mit dem Infomobil „Diabe- tes und Hochdruck“ in insgesamt 90 Orten wichtige In- formationen zum gesundheitsbewussten Verhalten und über die Risikofaktoren Übergewicht und Bewegungsar- mut vermittelt werden. Wenn im Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen behauptet wird, die Ärzteschaft habe den Auftrag der St.- Vincent-Deklaration nicht angenommen, so ist dies schlichtweg eine böswillige Unterstellung, mit der sie die zahlreichen Modellvorhaben und Strukturverträge der Selbstverwaltung diskreditieren. Tatsache ist, dass bun- desweit mit 19 von 23 Kassen und kassenärztlichen Ver- einigungen Verträge abgeschlossen wurden. Allerdings – dies war die einhellige Meinung auch der Sachverstän- digen zur Anhörung – ist diese Art der integrierten Ver- sorgung nicht zum Nulltarif zu haben. Wenn die positiven Erfahrungen der Modellvorhaben bisher nicht generell auf die gesamte Betreuung von Diabetikern übertragen werden konnten, so ist dies vorrangig der Budgetierung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 200117374 (C) (D) (A) (B) geschuldet. Mittlerweile haben auch Sie von der Koalition das anerkannt, denn nicht umsonst planen Sie bei der Än- derung des RSA, den Kassen mehr Geld zu geben, die Di- sease-Management betreiben. In Ihrem Antrag hingegen kommen die Worte „Finan- zierung“ oder „Kosten“ nicht an einer einzigen Stelle vor. Nach Angaben der KV Südwürttemberg erfordert die Be- treuung eines Typ-II-Diabetikers innerhalb eines Struk- turvertrages unter Einbeziehung von Diabetologen in Schwerpunktpraxen, Nephrologen und Augenärzten ei- nen zusätzlichen Finanzbedarf von 800 DM pro Patient und Jahr. Hochgerechnet auf 5 Millionen Diabetiker in Deutschland würden sich daraus Mehrkosten von 4 Milli- arden DM ergeben. Es ist geradezu abenteuerlich, dass dieses unter der geltenden Budgetierung auch nur ansatz- weise zu leisten ist. Dabei ist die von Ihnen, uns und allen Fachleuten geteilte Auffassung, die medizinische Fuß- pflege in die ambulante Betreuung von Diabetikern ein- zubeziehen, finanziell nicht einmal berücksichtigt. Und nun wird es grotesk: Mit der rot-grünen Mehrheit soll heute ein Antrag verabschiedet werden, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, bis Ende 2001 eine Fachkommission zur Durchsetzung einer verbesserten Be- treuung von Diabetikern einzusetzen, die dann bis Mitte diesen Jahres einen entsprechenden Bericht vorlegen soll. Deshalb stellt sich die Frage, wenn es stimmt, dass Sie ja alles besser machen wollten als die alte Bundesregierung, weshalb Sie nach der Bundestagswahl 1998 zwei Jahre gebraucht haben, um diesen Antrag einzubringen, und weshalb sie die parlamentarische Beratung des Antrages nicht beschleunigt haben, um die Termine zu halten. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich bei Ihrem Antrag vom 11. Oktober 2000 um einen populistischen Schnell- schuss handelte angesichts des damals bevorstehenden Weltdiabetestages im November. Auch Ihre Forderungen nach einem nationalen Aktionsplan und nach einem wei- teren Kompetenzzentrum beim medizinischen Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen sind aus unserer Sicht ein Schritt zu mehr Dirigismus. Wir meinen, nicht das ständige Drehen an der Spirale staatlicher Interven- tionen, sondern vielmehr Vertrauen in die Selbstverwal- tung, mehr Freiräume für sie, mehr Freiräume für bürger- nahe Lösungen und mehr Wettbewerb unter den Kassen sind der Weg zur Verbesserung der Betreuungssituation von Diabetikern und vor allem: Es müssen die notwendi- gen finanziellen Voraussetzungen hierfür vorhanden sein. Sie selbst sprechen in Ihrem Antrag von einem Paradig- menwechsel im Gesundheitswesen, wenn Sie einen Rechtsanspruch von Diabetikern auf eine integrierte Ver- sorgung fordern. Abgesehen davon; dass einer Umset- zung des Antrages Ihre Budgetierung entgegensteht, stellt sich die Frage: Wer gibt Ihnen eigentlich das Recht, ein- seitig einen Rechtsanspruch für Diabetiker auf eine inte- grierte Versorgung einzufordern? Und was sagen Sie ei- gentlich anderen chronisch Kranken, wie zum Beispiel Patientinnen und Patienten mit Osteoporose, Asthma und Rheuma? Was erzählen Sie diesen kranken Menschen, wenn sie gleiche Rechte für sich einfordern? Nein, meine Damen und Herren von der Koalition, Sie können sich das unter den gegenwärtigen Bedingungen der Budgetierung nicht leisten. Das Ergebnis spüren chro- nisch Kranke: Sie sind medizinisch zunehmend unterver- sorgt und damit zu Patienten zweiter Klasse abgestempelt. Nun beraten wir ja morgen in erster Lesung den Gesetz- entwurf der Koalition zur Ablösung der Arzneimittel- und Heilmittelbudgets. Das zeigt zumindest, dass sie partiell lernfähig sind und zu Erkenntnissen gekommen sind, die wir schon vor Jahren hatten. Offensichtlich mussten auch Sie zur Kenntnis nehmen, dass trotz oder wegen der Bud- getierung die Defizite der GKV von 1,7 Milliarden DM im ersten Quartal 2000 auf 2,2 Milliarden DM im zweiten Quartal 2001 angestiegen sind. Ihre Gesundheitsministe- rin Frau Schmidt führt gegenwärtig Konsensgespräche und initiiert runde Tische mit keinem anderen Ziel als dem, bis zur Bundestagswahl 2002 für Ruhe an der Ge- sundheitsfront zu sorgen. Ihre Gesundheitsreform 2000 – als Jahrhundertwerk gefeiert – ist bereits ein Jahr später gescheitert. Der große Wurf bleibt aus Angst vor den Wählerinnen und Wählern und der eigenen Fraktion aus. Mit Blick auf die Koalition kann ich nur sagen: Stamp- fen Sie Ihren Antrag ein. Er ist kein Beitrag zu einer Ver- besserung der Situation von Menschen mit Diabetes in Deutschland und hören Sie auf, den Diabetikern vorzu- gaukeln, sie hätten Anspruch auf eine bessere Versorgung, die obendrein nicht mehr kostet. Die Anhörung hat Ihrem Antrag ein vernichtendes Urteil beschert und auch unsere Fraktion wird ihn heute ablehnen. Katrin Göring-Eckhardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich freue mich, dass der Antrag zur Qualitätsstei- gerung in der Diabetesversorgung heute zur Beschluss- fassung ansteht. Trotz medizinischer Behandlungsmöglichkeiten be- deutet die Erkrankung an Diabetes eine erhebliche Ein- schränkung der Lebensqualität. Obwohl die Leistungsfä- higkeit eines Diabetikers gleich der eines Gesunden ist, erfordert ein Leben mit Diabetes viel Disziplin und eine gute und richtige medizinische Behandlung. Diabetes ist bis heute nicht heilbar. Ärzte können den Menschen mit medizinischen Mitteln eine höhere Le- bensqualität geben und Spätfolgen oder zu befürchtende Komplikationen lindern. Optimal werden die mehr als 4 Millionen Diabetiker hierzulande nicht behandelt. Eine bundesweite Untersu- chung hat gezeigt, dass bei circa 40 Prozent der über 50-jährigen Diabetiker die Stoffwechseleinstellung nicht akzeptabel ist. Dies ist ein Grund dafür, warum es zu Dia- betes-Folgeerkrankungen wie Erblindungen, Nierenver- sagen und Amputationen kommt. Nach wie vor betreffen seit 1990 zwei Drittel aller in Deutschland durchgeführ- ten Amputationen Diabetiker, jeder zweite neu dialysierte Patient und jeder dritte neu Erblindete ist ein Diabetiker. Nur durch eine rechtzeitige und intensive Betreuung der Patienten kann dieser Missstand behoben werden. Die Versorgung der heute rund 4 Millionen an Diabetes er- krankten Menschen in der Bundesrepublik hat sich unter der alten Bundesregierung nicht verbessert, sondern im Gegenteil verschlechtert. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 17375 (C) (D) (A) (B) Die Diskrepanz zwischen den neuen medizinisch-wis- senschaftlichen Kenntnissen und deren Umsetzung in der Praxis ist weiter gewachsen. In den Niederlanden sind aufgrund einer besseren Diabetesbehandlung nur 13 Pro- zent der Dialysepatienten Diabetiker. Auch die bisher größte Studie zum Diabetes, die Ende 1998 veröffent- lichte United Kingdom Prospective Diabetes Study (UKPDS) bietet den Beleg, dass Diabetes-Folgeerkran- kungen verhindert werden können, je intensiver Diabeti- ker behandelt werden. Sie gibt die absolute Gewissheit, dass eine strenge Blutzucker- und Blutdruckkontrolle das Risiko diabetischer Folgeerkrankungen vermindert. Briti- sche Wissenschaftler haben rund 20 Jahre lang mehrere tausend Diabetiker mit verschiedenen Therapieformen behandelt und den unterschiedlichen Erfolg dokumen- tiert. Dies weist darauf hin, dass die Diabetestherapie in der Bundesrepublik Deutschland dem aktuellen medizini- schen Wissen hinterherhinkt und eine ausreichende sach- gerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Das ist nicht nur verantwortungslos gegenüber den Kranken, sondern auch schlicht unsinnig im Hinblick auf die unnötig hohen Ausgaben für die Krankenkassen. Eine mangelhafte Versorgung führt zu höheren Kosten, die – wie eine bereits im Jahr 1979 in Schweden vorgelegte Studie zeigt – bei früh erkannten und gut eingestellten Diabetikern nur einen Bruchteil betragen würden. Obwohl die schon lange bekannt ist, hat die alte Bun- desregierung nicht gehandelt. Sie trägt damit die Verant- wortung für eine nicht ausreichende Versorgung von Dia- betespatienten. Vielleicht hätten einige Folgeerkrankungen verhindert werden können. Ich möchte eigentlich nicht mit den unnötig verursachten Kosten argumentieren, die ein unzureichend oder schlecht behandelter Patient verursacht. Denn es geht hier um Menschen, die mit der geeigneten medizinischen Versor- gung schlicht besser und unter Umständen auch länger le- ben können. Aber lassen sie mich an einem Beispiel verdeutlichen, wie sinnvoll es ist, in einer frühen Phase der Erkrankung in eine intensive Behandlung zu investieren. Die Kosten für einen gut eingestellten Typ II-Diabetiker betragen 1 000 bis 1 200 DM, während die Kosten für einen schlecht eingestellten Diabetiker vom Typ II 11 000 bis 13 500 DM betragen. Von den Kosten für Folgeerkran- kungen sei hier noch abgesehen. An diesem Beispiel wird sichtbar: Steigerungen der Qualität gehen oft mit lang- fristigen Kostensenkungen einher. Deshalb beschreiten wir diesen Weg schon seit der Gesundheitsreform 2000. Wir haben bereits mit der Gesundheitsreform 2000 we- sentliche Schritte unternommen, um die Versorgung von chronisch Kranken wie Diabetespatienten zu verbessern: mit der Aufnahme der Patientenschulung als ergänzende Leistung zur Rehabilitation, mit Regelungen für eine in- tegrierte Versorgung und der Einführung von Qualitätssi- cherungsmaßnahmen. Wir fordern in unserem Antrag, dass die Verbesserung der Diabetesversorgung von der Bundesregierung als vor- rangiges Gesundheitsziel erklärt wird und konkrete Ver- sorgungsziele gemäß der St. Vincent-Deklaration von 1989 definiert werden, die bis 2005 umgesetzt werden sollen. Die Ziele orientieren sich an der Vermeidung der Folge- erkrankungen. Zur Umsetzung dieser Ziele soll daher bis Ende 2001 eine Kommission eingesetzt werden, die einen konkreten Maßnahmenkatalog als Basis zum „Nationalen Aktionsplan Diabetes“ bis Ende 2002 erarbeiten soll. Wir werden an der Kommission medizinisches Fachpersonal aus dem Bereich der Diabetesbehandlung, Vertreter der Kostenträger, der Selbsthilfegruppen und der Patienten- verbände beteiligen. Die neu zu schaffende Kommission fordern wir auf, bis spätestens 2001 einen Bericht über den anzustrebenden Versorgungszustand vorzulegen. Wir haben bereits im Rahmen der Gesundheitsreform 2000 mit dem Paragraphen § 43 Abs. 3 SGB V einen erweiterten rechtlichen Rahmen für die Krankenkassen geschaffen, Patientenschulungsmaßnahmen bedarfsge- recht anzubieten. Wir wollen daher auf die Krankenkas- sen einwirken, diese Schulungen auch tatsächlich anzu- bieten. Diese Schulungsangebote, die den Umgang mit der Krankheit und das Wissen darüber vermitteln, tragen wesentlich zu einer besseren Bewältigung der Krankheit und damit zu einer höheren Lebensqualität des Kranken bei. Wir wollen ferner, dass auf die Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen eingewirkt wird, damit die Fußpflege für Diabetiker in den Leistungskatalog der ge- setzlichen Krankenkassen aufgenommen wird. Der mit der Gesundheitsreform eingeschlagene Weg der integrierten Versorgung ist auch hier richtig. Wir wol- len dafür sorgen, dass innerhalb einer integrierten Versor- gung von Haus- und Fachärzten sowie Kliniken auch zum Beispiel medizinische Fußpfleger oder Ernährungsberater miteinander kooperieren und so eine bessere Versorgung von Diabeteskranken sowie eine bessere Prävention von Folgekrankheiten stattfinden kann. Der häufigen Forderung von Diabetikerverbänden, dass der Staat eine Diabeteskampagne startet, tragen wir auch mit unserem Antrag Rechnung. Sofern die dazu benötigten Haushaltsmittel bereitgestellt werden können, wollen wir eine breit angelegte Aufklärungskampagne starten. Eine Aufklärungskampagne macht Sinn, denn für die Entstehung von Diabetes mellitus Typ II, die so genannte Altersdiabetes, sind zum Teil vermeidbare Risikofaktoren ausschlaggebend. Neben der erblichen Vorbelastung stehen vor allem Übergewicht und Bewe- gungsmangel im Vordergrund. Auch auf Ärzte und Kran- kenkassen soll eingewirkt werden, die medizinische Fußpflege für Diabetiker in den Leistungskatalog der ge- setzlichen Krankenkasse aufzunehmen. Eine Verbesserung der Diabetesversorgung ist längst überfällig. Im Sinne der Patienten bitte ich Sie daher, die- sem Antrag zuzustimmen. Detlef Parr (F.D.P.): In Deutschland leben circa 7,5 Millionen Diabetiker, die Kosten von circa 40 Milli- arden DM pro Jahr verursachen. Pro Jahr ergeben sich hieraus als Folgeerkrankungen 28 000 Amputationen, 2 300 Erblindungen sowie 4 000 neue Dialysen. Nach Aussage von Professor Scherbaum von der Deutschen Diabetes-Forschungsgesellschaft sind 50 Prozent dieser Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 200117376 (C) (D) (A) (B) Folgeerkrankungen vermeidbar. Die Dimension zeigt, dass Handlungsbedarf sowohl im Sinne der Menschen als auch im Sinne einer größeren Wirtschaftlichkeit gebo- ten ist. Der Antrag der SPD beschränkt sich nicht etwa darauf, vernünftige Vorschläge zu machen, wie diese Situation verbessert werden könnte, sondern zunächst werden völ- lig unhaltbare Behauptungen aufgestellt. So wird unter anderem behauptet, die alte Bundesregierung habe die Selbstbindung der Erklärung von Sankt Vincent schlicht- weg ignoriert. Auch die Ärzteschaft habe den Auftrag nicht angenommen. Die Versorgung der Diabetiker in der Bundesrepublik Deutschland habe sich nicht verbessert, sondern im Gegenteil verschlechtert. Diese Aussage kann so nicht stehen bleiben. Professor Brech, unterstützt durch Dr. Hansen von der KV Nordrhein, hat in der Anhörung berichtet, dass es in 18 von 23 KVen strukturierte Diabe- tesverträge mit intensiven Schulungen der Diabetiker, In- teraktionen zwischen Hausarzt, diabetologisch versiertem Arzt, Internisten, Nekrologen und Augenarzt sowie Im- plementierungen einer Fußambulanz gibt. Auch in der Arzneimittelversorgung seien Therapieziele nach den Er- kenntnissen der modernen Wissenschaft definiert worden, die unter anderem auf den HbA1c-Werten, den Blut- druckwerten und dem Cholesterinspiegel beruhen. Nur: dafür sind circa 800 DM pro Diabetiker pro Jahr an Mehr- ausgaben erforderlich, die im Rahmen des Arzneimittel- budgets nicht zur Verfügung stehen. Daran wird sich im Übrigen auch durch die Neukonstruktion der Arzneimit- telrichtgrößen nur dann etwas ändern, wenn die von der Bundesregierung vorgesehene darüber gewölbte Ober- grenze diese Neuentwicklungen berücksichtigt. Herr Windisch vom Verband der Krankenversicherten Deutschlands hat in der Anhörung deutlich gemacht, dass er dort das Hauptproblem sieht: „In dem vorliegenden An- trag wird in keinster Art und Weise darüber – die Auswir- kungen des Arzneimittelbudgets – geredet. Gerade Abge- ordneter Horst Schmidbauer hat im Jahre 1997 über die Budgetierung geschrieben. Dabei hat er auch auf die Pro- blematik hingewiesen, wenn am Ende des Quartals die Zahlen abgerechnet werden. Im vorliegenden Antrag wird diese Problematik verschwiegen.“ Ein weiteres Zitat: „Professor Brech hat es eben gesagt, 18 von 23 KVen ha- ben Diabetesverträge abgeschlossen. Das heißt, wenn man sagt, die Selbstverwaltung hat hier versagt, dann geht das etwas zu weit. Es muss natürlich noch einiges getan werden, das ist ganz klar. Aber einfach zu sagen, die Selbstverwaltung hat hier versagt, ich glaube, da macht man sich die Problematik etwas zu einfach.“ Keinesfalls vernachlässigt werden darf, dass es teil- weise einfach nicht gelingt, die Menschen für die Not- wendigkeit bestimmter Maßnahmen zu sensibilisieren. Nur ein Diabetiker, der mitspielt, kann auch entsprechend versorgt werden. Nur dann gelingt es, Folgeerkrankungen zu vermeiden bzw. zumindest zu verzögern. Zudem: Die Experten sind sich darin einig, dass man im Detail daran arbeiten muss, bestehende Strukturverträge zu verbes- sern, die Leitlinien weiterzuentwickeln, die Patienten für eine Mitarbeit zu gewinnen. So etwas ist nicht über bun- desweit allgemein verbindliche Vorgaben zu schaffen. Die in Ziffer 10 des Antrages aufgeführten Maßnah- men sind nicht ausreichend. Mit einer Kampagne allein wird nur eine kurzfristige Aufmerksamkeit erzielt. Eine gesundheitliche Aufklärung und Erziehung kann nur durch breiter angelegte Maßnahmen, die auch den schuli- schen und den Kindergartenbereich mit einschließen, er- folgreich sein. Gerade die Kosten verursachende chroni- sche Erkrankung Diabetes, die auch schon im Kindesalter auftritt, ist durch Unterricht und Aufklärung beeinfluss- bar. Professor Dr. Henrichs von der Deutschen Diabetes- union stellt zum Beispiel die Frage, wie eine zielorien- tierte Prävention konkret aussehen muss. Er sieht diese in einer Umkehr der Adipositas. Gewichtsreduktion bedeu- tet ein Senken des Blutzuckers, der Fettwerte und des Blutdrucks und damit der Gefahr einer Erkrankung an Diabetes. Er regt deshalb zum Beispiel auch Bonusrege- lungen an. Zitat: „Man denkt dabei an ein 13. Monatsge- halt – so paradox das klingen mag – für denjenigen, der sein Gewichtsziel am Jahresende erreicht hat. Wir müssen da ganz originelle Ideen entwickeln. Man könnte das ex- perimentell ausprobieren.“ Fazit: Der Antrag ist gut gemeint, aber schlecht ge- macht. Mit seinen Beschuldigungen der alten Bundesre- gierung geht er in die Irre und bindet zudem Energien, die für die zukünftige Entwicklung genutzt werden sollten. Zudem springt er zu kurz. Deshalb lehnen wir ihn ab. Dr. Ruth Fuchs (PDS): Die medizinische Versorgung der Diabetiker ist ein Beispiel dafür, dass es in unserem Gesundheitswesen zwar oft gelingt, für viele einzelne Pa- tienten, aber nicht für alle flächendeckend ein gleich- mäßig gutes Betreuungsniveau zu gewährleisten. Dabei mangelt es keineswegs an der notwendigen medizi- nisch-technischen und personellen Infrastruktur. Noch immer wird die Krankheit in vielen Fällen zu spät erkannt und die Patienten werden nicht kontinuierlich und mit notwendiger Konsequenz betreut. Auf diese Weise kommt es zu Akutkomplikationen, aber auch zu Folgeschäden wie Amputationen, Erblindungen und Nierenversagen, die heute eigentlich zu vermeiden wären. Früherkennung und sorgfältige Stoffwechseleinstellung sind Schlüssel- probleme für, eine Verbesserung der Behandlungsresul- tate. Die Forderungen des vorliegenden Antrages nach qualifizierter, interdisziplinärer Versorgung, nach Be- handlungsstandards, nach qualitätsgesicherten Diabeti- ker-Schulungen bis hin zur fachgerechten Fußpflege sind unbestrittene Voraussetzungen einer zeitgemäßen Diabe- tes-Behandlung. Wir unterstützen deshalb den Antrag in seinen Grundintentionen und werden ihm zustimmen. Dabei ist zu hoffein, dass er auch über die Diabetes-Pro- blematik hinaus stimulierende Wirkung entfaltet. Natürlich muss auch gesagt werden, dass es künftig weder möglich noch sinnvoll sein kann, für alle großen Volkskrankheiten Regierungskommissionen, Nationale Aktionspläne und entsprechende Berichte an den Deut- schen Bundestag zu beschließen. Die Politik würde sich nicht nur verzetteln, sondern darüber hinaus in die Gefahr begeben, Themen in einer Art und Weise an sich zu zie- hen, für die die gemeinsame Selbstverwaltung kompetent und unmittelbar zuständig ist. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 17377 (C) (D) (A) (B) Umso mehr muss es unseres Erachtens eine politische Aufgabe sein, jene strukturellen und finanziellen Voraus- setzungen zu schaffen, welche – um ein Beispiel zu nen- nen – die notwendigen fachgebiets- und berufsübergrei- fenden Kooperationen im erforderlichen Umfang über- haupt erst ermöglichen. Dieser Herausforderung, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, ist – im Gegensatz zu manchen Darstellungen von Ihrer Seite – auch die Gesundheitsreform 2000 keineswegs gerecht ge- worden. Weder ist es zur beabsichtigten Stärkung der hausärztlichen Tätigkeit noch zu einer wirksamen Ent- wicklung integrierter Versorgungsformen gekommen. Mehr noch: Statt einem engeren Zusammenwirken zwi- schen Haus- und Spezialärzten haben wir fortgesetzte Abschottung und teilweise sogar eine Verschärfung der innerärztlichen Verteilungskämpfe erlebt. Die dringend notwendige Verbesserung der gesund- heitlichen Versorgung der vielen Menschen mit Zucker- krankheit und chronisch Kranker generell kann dann ge- lingen, wenn Politik und Hauptakteure der Selbstver- waltung endlich den Mut zu Reformen aufbringen, die die Organisations- und Vergütungsstrukturen im Gesund- heitswesen so verändern, dass sie die Umsetzung moder- ner medizinischer Behandlungsformen nicht mehr behin- dern, sondern im Gegenteil sogar begünstigen. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Erlaubnis zum Führen von Schienen- fahrzeugen (Tagesordnungspunkt 15) Klaus Hasenfratz (SPD): „Denkt an das fünfte Ge- bot: Schlagt die Zeit nicht tot“ hat Erich Kästner gesagt. Deshalb würde ich es eigentlich gerne ganz kurz machen: Ihr Antrag, verehrte Kollegen von der CDU/CSU, ist überholt und hinfällig. Weil es keinen Sinn macht, in einem Antrag etwas zu fordern, was Schnee von gestern ist, werden wir den An- trag ablehnen. Sie, meine Damen und Herren von der Op- position, hätten Ihren Antrag auch ebenso gut zurückzie- hen können. Mit Ihrem Antrag zur Erlaubnis zum Führen von Schie- nenfahrzeugen wollen Sie versuchen, den Bundestag zu überzeugen, die Bundesregierung aufzufordern, auf die Europäische Union einzuwirken, eine Richtlinie zu erlas- sen, die dann in nationales Recht erst noch umzusetzen ist. Währenddessen handelt unsere Regierung und der gefor- derte Lokführerschein ist schon längst Realität. Nun will ich die Möglichkeit nutzen, Ihnen kurz dar- zustellen, was der aktuelle Stand beim Thema Lokführer- schein ist. Das will ich nicht nur tun, um Ihnen zu zeigen, dass wir Ihrem Antrag inzwischen voraus sind. Ich möchte auch allen, die heute zuhören, zeigen, welche Maßnahmen für den sicheren Bahnverkehr von Regie- rung, Europäischer Union und diesem Parlament ergriffen werden. Das Europäische Parlament hat im April dieses Jahres die Richtlinie 2001/16/EG „über die Interoperabilität des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems“ beschlossen. Dort steht, dass Bedingungen festgelegt werden sollen, die „die beruflichen Qualifikationen und die Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen in Bezug auf das für seinen Betrieb eingesetzte Personal“ betreffen. Diese Richtlinie ist am 20. April dieses Jahres im Amts- blatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht worden. So werden nun, nach dieser Veröffentlichung, auf eu- ropäischer Ebene die Einzelheiten dieser Regelungen er- arbeitet. Im Zuge des Verfahrens ist beabsichtigt, eine ein- heitliche Regelung zur Erlaubnis zum Führen von Schienenfahrzeugen in Form eines Lokführerscheins zu erreichen. Es ist gut, dass hier etwas in Gang gesetzt wurde, ohne das die Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen und die Liberalisierung des Schienenverkehrs nicht aus- kommen. Aber gut ist oft nicht gut genug. Daher wurden bereits in den vergangenen Monaten vom Bundesver- kehrsministerium und dem Bundeseisenbahnamt in enger Zusammenarbeit mit allen Beteiligten Regelungen für ei- nen solchen Lokführerschein erarbeitet. Der Verband Deutscher Verkehrsträger und die Deutsche Bahn AG ha- ben in der vergangenen Woche das Ergebnis vorgestellt. Voraussichtlich ab Oktober dieses Jahres werden die ers- ten Lokführerscheine ausgehändigt. In Deutschland wer- den also parallel zu den Vorgängen auf europäischer Ebene Maßnahmen ergriffen, um bei der Regelung der Fahrerlaubnis im Schienenverkehr vorwärts zu kommen. Das liegt auch daran, dass bei uns in Deutschland die berufliche Qualifikation von Lokführern stärker in der Diskussion ist als anderswo. Warum das so ist, dazu möchte ich Ihnen ein Beispiel geben, das uns alle viel be- schäftigt hat und auch sicher noch weiter beschäftigen wird. Am Sonntag, dem 6. Februar 2000, entgleiste kurz nach Mitternacht der D-Zug 203 der Deutschen Bahn auf der Fahrt von Amsterdam nach Basel beim Bahnhof Brühl bei Köln und verursachte so eines der schwersten Eisen- bahnunglücke der letzten Jahre. Bis heute dauert das not- wendige juristische Nachspiel an, um Schuldigkeiten zu klären. Das ist deshalb notwendig, weil die Klärung der Verantwortlichkeiten derartige Katastrophen künftig ver- hindern kann. Es sieht nach bisherigem Ermittlungsstand so aus, dass den Lokführer keine oder nur geringe Schuld trifft. Gerade vorgestern, am Dienstag, hat die Presse- agentur „ddp“ jedoch wieder gemeldet, dass der Lokfüh- rer zunächst zweimal bei der Bahn durch die Abschluss- prüfung gefallen ist und dass er den notwendigen Befähigungsnachweis zwischenzeitlich bei einer Privat- bahn gemacht habe. Das sagt gar nichts über Schuld oder Unschuld aus. Aber dass überhaupt über die Qualifikation diskutiert wird, ist nicht gut. Wenn bei jedem Autounfall darüber diskutiert werden würde, wo der Fahrer seinen Führerschein gemacht hat, dann würden wir aus dem Pro- zessieren gar nicht mehr herauskommen. Deshalb wollen wir einheitliche Regelungen zur Er- laubnis zum Führen von Schienenfahrzeugen. Wir wollen, dass man immer, zu jedem Zeitpunkt, sicher sein kann, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 200117378 (C) (D) (A) (B) dass die Führer von Schienenfahrzeugen auf deutschen Gleisen ihre Arbeit mit höchster Befähigung ausüben, dass sie die bestmögliche Ausbildung genossen haben und dass sie jederzeit psychisch stabil genug sind, mit eventu- ellen Krisensituationen fertig zu werden. – Das wollen wir, denn die Sicherheit der Passagiere geht uns im Bahn- verkehr über alles. Schließlich wollen wir außerdem eine Regelung, die zukunftsweisend für ganz Europa ist. Sie soll den Anforderungen, die auf den Bahnverkehr im Zuge der europäischen Einigung zukommen, standhalten. Ich denke, der jetzt beschrittene Weg ist ein erfolgrei- cher Weg. Ein Lokführerschein wird sofort eingeführt, und zwar als verbindliche Vereinbarung zwischen Ver- kehrsministerium, dem Eisenbahnbundesamt und den ge- nannten Vertretern der Eisenbahnunternehmen. Das hat den Vorteil, dass die Wirklichkeit nicht auf den ordentli- chen Gesetzgebungsgang warten muss. Parallel wird, wie erläutert, auf europäischer Ebene eine Norm erarbeitet, in die die einzelnen Regelungen dieses schon jetzt einge- führten deutschen Lokführerscheins einfließen werden. Die Erarbeitung wird gewiss seine Zeit brauchen, denn den Besonderheiten in einzelnen Ländern muss Rechnung getragen werden. Der Bundestag wird die Schaffung der Vorgaben auf europäischer Ebene abwarten. Schließlich, wenn die Europäische Union ihre Aufgabe erledigt hat, werden wir die Ergebnisse in diesem Hause in bundes- deutsches Recht umsetzen. Für das wirklich Wichtige und Fundamentale an die- sem Vorgehen halte ich, dass wir für die Sicherheit im Bahnverkehr ein deutliches Zeichen setzen. Deutschland hat sich schon bei der Bahnreform an die Spitze der Re- former in Europa gesetzt. Deutschland hat als eines der ersten Länder Europas die in der Richtlinie 91/440/EWG vorgegebenen Voraussetzungen für den freien Netzzu- gang für Dritte auf seinem Schienennetz umgesetzt. Je weiter sich die Öffnung der alten staatsmonopolistischen Strukturen auf den Schienen Europas entwickelt, desto notwendiger sind Regeln, die Mindestnormen und Stan- dards festlegen. Wir alle kennen das Beispiel der verun- glückten Bahnreform in Großbritannien. Dort hat keine Flankierung der Liberalisierung durch Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit stattgefunden. Die eklatanten Si- cherheitslücken im dortigen Bahnsystem sollten uns eine Warnung sein. Im Übrigen treiben wir mit der genannten Lösung auch die Verkehrswende in Deutschland voran – wenn auch nur indirekt. Die über Jahre hinweg vernachlässigte Bahn be- kommt von uns Rahmenbedingungen, die die Wettbe- werbsfähigkeit gegenüber dem Auto deutlich aufwerten. Zur Wettbewerbsfähigkeit gehört auch die Eigenschaft der Bahn als eines der sichersten Verkehrsmittel. Das soll so bleiben. Wenn wir es schaffen können, die Bahn noch sicherer zu machen, dann sollten wir das auch gemeinsam tun. Herr Kollege Lintner, aus Ihren Forderungen spricht eine Sorge um die Sicherheit der bahnreisenden Bevölke- rung, die ich respektiere und teile. Daher haben wir Ihnen ja auch schon erläutert, dass wir inhaltlich voll und ganz mit Ihnen übereinstimmen. Ich möchte deshalb wiederho- len, dass wir Ihrem Antrag deshalb nicht zustimmen, weil wir ihm inzwischen weit voraus sind. Auch Sie müssten die nun in Angriff genommenen Maßnahmen in höchstem Maße zufrieden stellen. Ich bin jedenfalls sehr zufrieden, dass wir nun auch beim Thema „Lokführerschein“ Vor- bild für Europa sind. Eduard Lintner (CDU/CSU): Nicht erst seit dem spektakulären Unglück mit einem Fernzug der Deutschen Bahn in Brühl wird über die Einführung eines Lokführer- scheins diskutiert. Das Thema ist schon längere Zeit ak- tuell, spätestens seit wegen der Richtlinie 91/440/EWG vom 29. Juli 1991 „Zur Entwicklung der Eisenbahnunter- nehmen in der Gemeinschaft“ klar ist, dass es Ziel der eu- ropäischen Verkehrspolitik ist, den Markt für den Schie- nenverkehr in der Gemeinschaft zu liberalisieren. Dabei geht es in erster Linie um die Öffnung des Zugangs zur Ei- senbahninfrastruktur in den einzelnen Mitgliedstaaten für dritte Bahnbetreiber, das heißt in der Regel um Konkur- renz für die staatseigenen, nationalen Monopoleisenbahn- unternehmen. Damit verbunden ist zwangsläufig die Not- wendigkeit, zu gewährleisten, dass auch Drittbetreiber den heute unverzichtbar hohen Qualitäts- und Sicher- heitsstandard im Eisenbahnnetz uneingeschränkt gewähr- leisten müssen. Damit kommt zwangsläufig auch die verantwortungs- volle Tätigkeit der Führer von Schienenfahrzeugen ins Blickfeld. Dabei stellt man verwundert fest, dass es dafür nicht nur noch keine einheitliche europäischen Richtli- nien gibt, sondern dass auch in Deutschland selbst ein ein- heitlicher Lokführerschein als zwingende Voraussetzung für die Berechtigung zum Führen von Schienenfahrzeu- gen noch gar nicht verlangt wird. Deshalb hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Interesse der Sicher- heit nicht nur des europäischen grenzüberschreitenden Schienenverkehrs, sondern auch zur Erhöhung der Si- cherheit des Schienenverkehrs im eigenen Lande, einen Antrag eingebracht, der solche Mindestvoraussetzungen für die Erlaubnis zum Führen von Schienenfahrzeugen formuliert und ihre Einhaltung sicherstellen soll. Eigentlich möchte man meinen, diesem Gedanken hät- ten sich, weil er gar nicht von der Hand zu weisen ist, so- fort alle Parteien dieses Hohen Hauses angeschlossen. In der Sache trifft dies ja auch zu, aber die Regierungsfrak- tionen waren nicht souverän und frei genug, den diese Ge- danken konkretisierenden Antrag mitzutragen. Sie haben ihn vielmehr abgelehnt und operieren dabei mit dem et- was dünnen Argument, das alles sei ja schon auf bestem Wege. Davon konnte aber zumindest bei der Einbringung des Antrags im Dezember letzten Jahres keine Rede sein. Erst jetzt war der Presse zu entnehmen, dass sich die Deutsche Bahn AG und der Verband Deutscher Verkehrsunterneh- mer in der letzten Woche in Berlin darauf geeinigt haben, dass Lokführer in Deutschland „künftig eine einheitliche Führerscheinprüfung“ ablegen müssen. Und über die eu- ropäische Ebene war der Zeitung am 9. Juni dieses Jahres zu entnehmen, dass sich die Vertreter der Europäischen Kommission, der Eisenbahnen und der dazu gehörenden Industrie in einem „Memorandum of Understanding“ un- ter anderem darauf geeinigt hätten, „die Ausbildung des Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 17379 (C) (D) (A) (B) grenzüberschreitend eingesetzten Personals“ künftig ge- meinsam zu regeln. Über Mindeststandards – was ja auch unverzichtbar ist – ist dabei gar nichts gesagt. Es ist also nicht abwegig, davon auszugehen, das diese Entwicklung durch eine von allen Fraktionen unterstützte Initiative der CDU/CSU über das bisherige Tempo hinaus hätte beschleunigt und gefördert werden können. So weit zur Vorgeschichte dieser heutigen Debatte. Was bislang bekannt geworden ist über die Vorausset- zungen und die inhaltliche Ausgestaltung einer dann nach einheitlichen Kriterien durchzuführenden Lokführeraus- bildung klingt vielversprechend. Ob damit allerdings all die von uns im Antrag genannten Voraussetzungen schon erfüllt sind, werden wir genau zu prüfen haben. Was aber nicht so ohne weiteres akzeptiert werden kann, ist das, was der Präsident des VDV nach der Einigung für den na- tionalen deutschen Bereich zur europäischen Regelung gesagt hat. Danach soll er gemeint haben: „Wir erwarten, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre eine entspre- chende EU-Regelung in Kraft tritt.“ Hier ist einfach fest- zustellen – und da hoffe ich wieder auf Gemeinsamkeiten unter allen Fraktionen dieses Hauses –, dass wir nicht so lange warten können, weil dies bedeuten würde, dass die in den andern europäischen Ländern ja längst überfällige Liberalisierung des Netzzugangs für Dritte zu den natio- nalen Eisenbahnnetzen praktisch weiterhin durch inkom- patible Vorschriften und Systembedingungen verhindert werden soll. Denn es ist klar, dass das schriftliche oder verbale Bekenntnis zur „Liberalisierung der europäischen Eisenbahnnetze“ dann nur eine zur Täuschung der Öf- fentlichkeit benutzte Vokabel ist, wenn auf der organisa- torischen, betrieblichen und technischen Ebene sowie bei den vorhandenen Rahmenvorschriften die gegenwärtige, meist inkompatible Vielfalt aufrechterhalten wird. Über diesen Dreh wird es dann den an einer Liberali- sierung nicht ernsthaft interessierten wichtigen EU-Mit- gliedstaaten – an erster Linie wäre Frankreich zu nennen – ein Leichtes sein, die tatsächliche Öffnung des Netzzu- gangs zu verhindern. Die Bundesregierung muss sich da- her verpflichten, unverzüglich und mit Nachdruck die Be- reinigung solcher kontraproduktiven künstlichen Hürden anzugehen. Dabei ist die Einführung eines nach einheitli- chen Mindestkriterien gestalteten Führerscheins in den einzelnen Staaten, der dann zur Erteilung auch einer Lizenz zum Führen von Schienenfahrzeugen in den übri- gen EU-Staaten führt, ein bedeutsamer, unverzichtbarer nächster Schritt. Wenn wir schon im Ausschuss – nicht wegen inhaltli- cher, sondern wegen der von den Regierungsfraktionen aus Mangel an ausreichendem Selbstbewusstsein gegen- über der eigenen Regierung erhobenen Bedenken – nicht zu einem gemeinsamen Ausschussvotum kommen konn- ten, so lassen Sie uns hier zumindest gemeinsam feststel- len, dass wir alle ein Ziel haben und dieses Ziel gemein- sam nachdrücklich unterstützen. Wir erwarten von der Bundesregierung ein dynamisches, nachhaltiges Drängen auf schnelle Fortschritte bei der Vereinheitlichung der Voraussetzungen zur Beteiligung Dritter am nationalen Schienenverkehr. Und dazu ist die Einführung und ein- heitliche Handhabung einer staatlichen Erlaubnis zum Führen von Schienenfahrzeugen ein wichtiger Beitrag. Helmut Wilhelm (Amberg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mit dem Antrag begehrt die CDU/CSU-Fraktion, die Bundesregierung solle bei der Europäischen Gemein- schaft darauf hinwirken, eine Richtlinie zur Erteilung, Einschränkung und Entziehung einer Erlaubnis zum Führen von Schienenfahrzeugen zu erlassen, und stellt hierzu konkrete Eckpunkte dar. Faktum ist: Dieses Anliegen wurde bereits auf europä- ischer Ebene auf den Weg gebracht, eine entsprechende Richtlinie wird in Kürze veröffentlicht. Ich stimme dem Inhalt des Antrags zu – der Unfall in Brühl hat das gezeigt und der erfreulich zunehmende Wettbewerb auf der Schiene weist ebenfalls in diese Richtung –, dass bei ver- mehrtem Zugang unabhängiger Betriebe zum Bahnnetz der Qualitäts- und Sicherheitsstandard auf hohem Niveau vereinheitlicht werden muss. Die verantwortungsvolle Tätigkeit von Triebfahrzeugführern erfordert eine hohe Vorbildung und eine Qualitätslizenz. Ich freue mich daher, dass die CDU/CSU die Bundes- regierung mit ihrem Antrag unterstützen will. Aber: Diese Harmonisierung auf europäischer Ebene ist längst in Arbeit, das Europäische Parlament hat keine Änderungswünsche angemeldet. Die Umsetzung in natio- nales Recht muss nunmehr in zwei Jahren erfolgen. Die Behandlung des CDU/CSU-Antrags im Verfahren hat ge- zeigt, das inhaltlich Konsens besteht; der Umsetzung der EU-Richtlinie liegt daher hoffentlich keine Barriere im Weg. Also: Auf gute Zusammenarbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU! Bereits vergangener Woche haben sich Deutsche Bahn AG, Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, Eisen- bahnbundesamt und Bundesverkehrsministerium auf ent- sprechende Regelungen für einen Triebfahrzeugführer- schein geeinigt, der in Form einer VDV-Schrift umgesetzt werden soll. Damit wird eine „anerkannte Regel der Tech- nik“ begründet, die die Verbindlichkeit der Lokführer- scheinregelung für alle Bahnunternehmen zur Folge hat, die auf deutschen Schienen fahren. Er gilt für die DB AG wie die rund 180 nicht bundeseigenen Bahnen. Dies ga- rantiert durch einheitlich hohe Anforderungen aller aktiv tätigen Bahnunternehmen gleiche Wettbewerbsbedingun- gen. Ein Ausbildungs-Dumping wird dadurch vermieden. So bleibt festzuhalten: Bereits jetzt kommt der nationale Lokführerschein, in Kürze der europäische. Der CDU/ CSU-Antrag aber – so richtig er ist – kommt zu spät. Horst Friedrich (Bayreuth) (F.D.P.): Vor dem Hinter- grund des Eisenbahnunglücks von Brühl ist die Ausbil- dung der Lokomotivführer in Deutschland, aber auch in Europa in die Diskussion gekommen. Offensichtlich war der Triebfahrzeugführer der Unglückslokomotive in Brühl mehrfach durch die Lokomotivführerprüfung ge- fallen und offensichtlich auch im Nachgang nach einer be- standenen Prüfung nicht ausreichend auf die entspre- chende Situation vorbereitet worden. Dies hat im Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 200117380 (C) (D) (A) (B) Zusammenhang mit verschiedenen anderen Unterlassun- gen und Fehlern offensichtlich zu diesem verheerenden Unglück mit beigetragen. Vor diesem Hintergrund, aber auch vor dem des Zu- sammenwachsens Europas und einer hoffentlich darauf abgestimmten europäischen Schienenverkehrspolitik ist es notwendig, das Führen von Triebfahrzeugen nach ein- heitlichen Kriterien durchzuführen. Dies gilt insbeson- dere auch vor dem Hintergrund, dass durch die auch eu- ropaweit vorgesehene Öffnung der Schienennetze für den Wettbewerb gleiche Regeln und Normen zur Erhaltung der Sicherheitsstandards nötig sind. So wie im Busbereich, im LKW-Bereich – hier insbe- sondere im Gefahrguttransport – erscheint auch im Trieb- fahrzeugbereich auf der Schiene eine qualifizierte Ausbil- dung sinnvoll. Im Antrag der CDU/CSU ist deshalb neben den Zugangsvoraussetzungen insbesondere auf entspre- chende Zwischenschritte innerhalb des Ausbildungsab- schnittes eingegangen worden und ebenso eine entspre- chende sechsmonatige Praxis unter Aufsicht eines erfahrenen Triebzugführers. Der Antrag der CDU/CSU fordert die Bundesregierung auf, in Europa auf einheitli- che Regelungen hinzuweisen und diese möglichst in einer gemeinsamen Richtlinie zu erarbeiten. Dass diese politi- sche Forderung von der Mehrheit des Hauses unter Hin- weis darauf abgelehnt wird, dass in Europa bereits eine Richtlinie in Erarbeitung sei, zeugt von wenig Mut. Der Antrag der CDU/CSU hätte den Vorteil, dass sich die deutsche Regierung auf einen gemeinsamen Antrag des ganzen Hauses stützen könnte. Aber offensichtlich gilt auch hier der Grundsatz „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf“ und deshalb lehnt die Mehrheit diesen sinnvol- len Antrag ab. Die FDP-Fraktion hält den Antrag der CDU/CSU Frak- tion für sinnvoll und stimmt ihm aus voller Überzeugung zu. Dr. Winfried Wolf (PDS): Die Fraktion von CDU/CSU greift mit ihrem Antrag ein reales Anliegen auf. Spätestens mit dem Eisenbahnunglück von Brühl von Anfang 2000 wird die Problematik „Lokführerschein“ verstärkt diskutiert. Sie wurde im Vorfeld bereits seitens der betroffenen Gewerkschaften andiskutiert – so im Fall der GdED/Transnet – bzw. ein solcher Lokführerschein wird seit geraumer Zeit gefordert – so seitens der GDL. Die Koalitionsfraktionen verweisen einerseits zu Recht darauf, dass das Anliegen auf europäischer Ebene bereits „auf den Weg gebracht“ worden sei – so der Be- richt des MdB Sorge. Wenn dem so ist und wenn auch in Bälde eine entspre- chende Regelung unserem Parlament vorliegt, wird über diese neu zu diskutieren sein. Möglicherweise wird diese Richtlinie eine optimale Lösung im Sinne der Betroffenen bringen. Und möglicherweise werden gewisse Mängel des CDU/CSU-Antrags in dieser EU-Regelung nicht mehr zu finden sein. Beispielsweise müsste eine solche Richtlinie Anforderungen hinsichtlich von Sprachkennt- nissen enthalten (Einsatz in anderen EU- oder EWR-Län- dern; grenzüberschreitender Schienenverkehr). Dennoch findet der CDU/CSU-Antrag unsere Zustim- mung und dies aus drei Gründen: Erstens bedarf dieses Thema dringend einer Regelung. Wenn die Bundesregierung im Fall der illegalen Beschäf- tigung im Güterkraftverkehr einer bereits in Erarbeitung befindlichen EU-Richtlinie mit einem „nationalen Vor- griff“ zuvor kommt, um eine Beschleunigung der EU- weiten Gesetzgebung zu erreichen, dann ist ein solches Vorgehen im vorliegenden Fall mindestens ebenso sinn- voll. Solche nationalen Vorstöße können erfahrungs- gemäß die erforderlichen EU-Regelungen erheblich be- schleunigen. Zweitens enthält der CDU/CSU-Antrag eine Reihe von Konkretisierungen, die zielführend und essenziell sind und die teilweise über das hinausgehen, was derzeit in der Bundesrepublik Deutschland und bei der Deutschen Bahn AG Praxis ist. Dies gilt zum Beispiel für die – richtige – Forderung nach einer Mindestausbildungszeit von drei Jahren und für das Erfordernis einer mindestens sechs- monatigen Betreuung neu ausgebildeter Lokführer nach dem Ausbildungsabschluss durch einen „Betreuungslok- führer“. Drittens zeichneten sich gerade in den letzten Wochen weitere Verschlechterungen – als „Sparmaßnahmen“ ver- kleidet – in der Ausbildung der Lokführer durch die Deut- sche Bahn AG ab. So sollen nach einem Gutachten, das die DB Reise & Touristik in Auftrag gab, die so genann- ten Belehrungsfahrten um die Hälfte gekürzt werden. Bis- her waren sechs praktische Testfahrten auf einer neuen, dem Lokführer nicht bekannten Strecke vorgeschrieben; das Gutachten hält drei solcher Fahrten für ausreichend – und will sich im Übrigen auf „den Einsatz von Videos oder CD-ROM“ verlassen. Auch der Fahrgastverband „pro Bahn“ sprach in die- sem Zusammenhang von „unverantwortlichen Sparplä- nen in stark sicherheitsrelevanten Bereichen“. Aus den vorgenannten drei Gründen sprechen wir uns für den Antrag von CDU/CSU aus. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordung (Gesetz zur Stärkung der Verletztenrechte) (Tagesordnungs- punkt 16) Dr. Evelyn Kenzler (PDS):Wer ein wenig Einblick in den Verlauf eines Strafverfahrens hat, der kann durchaus zu der Einschätzung kommen: Die Strafgerichte küm- mern sich intensiv um die Täter, die Belange der Opfer in- teressieren sie weniger. Opfer von Gewalttaten spielen immer noch eine untergeordnete Rolle im Strafrecht, auch wenn sich vor allem durch das Opferschutzgesetz in den letzten Jahren manches gebessert hat. Sie drohen – wie es der Strafrechtler Professor H. Jung formulierte – „in der bipolaren Auseinandersetzung zwischen öffentlicher Ge- walt und Beschuldigten ... mit ihren Interessen zerrieben Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 17381 (C) (D) (A) (B) zu werden“. Sie sind – überspitzt gesagt – Objekte pater- nalistischen Schutzes. Doch darf die staatliche Strafrechtspflege wichtiger sein als die individuellen Interessen der Verletzten? Und soll der Strafrichter wirklich weitgehend unbekümmert an den Interessen der Geschädigten vorbei strafen? Nein, der Verletzte darf im Prozess nicht noch einmal zum Opfer gemacht werden. Der Grundsatz des fairen Strafprozesses hat auch für den Verletzten zu gelten. Seine Persönlich- keitsrechte müssen im Strafverfahren nicht nur schlecht- hin unbedingt gewahrt bleiben, sondern es muss mit dem Verletzten angemessen und sensibel umgegangen werden. Das Anliegen des Gesetzentwurfs ist es, die Rolle des Verletzten im Strafverfahren von der eines bloßen Be- weismittels zu der eines gleichberechtigten Prozessbetei- ligten weiter zu entwickeln. Verletzte sollen in die Lage versetzt werden, ihre Interessen selbst und aktiv in das Prozessgeschehen einzubringen. Das ist angesichts der reformbedürftigen Rechtsstellung der Verbrechensopfer ein gesetzgeberischer Fortschritt. Ob die einzelnen Maß- nahmen, die zur Erreichung dieses Zieles vorgeschlagen werden, nun einen Meilenstein bilden – wie es Hamburgs Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit hofft –, sei dahingestellt. Aber unbestritten würde die Umsetzung dieses Gesetzentwurfs eine deutliche Verbesserung der Stellung der Opfer im Gerichtsverfahren bedeuten. Das Verbrechensopfer könnte dann stärker als Verfahrenssub- jekt agieren und würde auch als solches wahrgenommen. Der Gesetzentwurf geht richtigerweise davon aus, dass die Stärkung der Subjektrolle des Verletzten bei der Auf- klärung über seine Rechte beginnt. So ist es folgerichtig, dass Zeugen zukünftig mit der Ladung nicht nur auf ihre Pflichten, sondern auch auf verfahrensrechtliche Bestim- mungen hingewiesen werden sollen, die ihren Interessen dienen. Ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Opfer im Straf- verfahren ist zweifelsohne sowohl die Stärkung der Teil- haberrechte der Verletzten am Verfahren im Wege der Ausweitung der Nebenklage als auch die gesetzliche Ver- ankerung von Informations-, Akteneinsichts- und Anwe- senheitsrechten. Es ist aus der Sicht der Opfer schwer verständlich, warum Staatsanwälte und Richter bisher so wenig von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, den Opfern von Straftaten im Adhäsionsverfahren Wiedergutmachung zu gewähren. Deshalb finde ich es richtig, dass durch den Gesetzentwurf bessere Voraussetzungen dafür geschaffen werden, vermögensrechtliche Ansprüche im Strafverfah- ren geltend zu machen und gegebenenfalls im Wege eines Wiedergutmachungsvergleichs einen vollstreckbaren Ti- tel zu erlangen. Auch dies ist eine deutliche Verbesserung für die Opfer, ist doch das Hauptproblem für den Verletz- ten nicht die gerichtliche Feststellung, sondern die Voll- streckung seines Schadensersatzanspruches. Weiterhin ist positiv zu vermerken, dass Zeugen ver- mehrt durch den Vorsitzenden Richter per Videoüber- tragung vernommen werden können. Und auch die Aus- weitung der Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Opferanwalts auf Staatskosten auf nahe Angehörige Ge- töteter ist ein Gewinn für Betroffene. Bei allem Positiven halte ich den in der Stellungnahme der Bundesregierung vorgebrachten Hinweis auf die Be- achtung der Wechselwirkung von Verletztenrechten und Rechten der anderen Verfahrensbeteiligten für beachtlich. Kurzum: Eine Einbettung der Maßnahmen dieses Gesetz- entwurfs in eine Reform des Strafverfahrensrechtes wäre wünschenswert. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrages: Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft (Tagesordnungspunkt 17) Christel Humme (SPD): Keine Gleichstellung beim Zugang zu qualifizierten Tätigkeiten, keine Gleichstel- lung beim beruflichen Aufstieg, keine Gleichstellung bei der Entlohnung, keine Gleichstellung in Sachen Führungsfunktionen, keine Gleichstellung beim Risiko, entlassen zu werden, keine Gleichstellung bei Teilzeitbe- schäftigungen und geringfügigen Beschäftigungsverhält- nissen. Frauen ziehen auf dem Arbeitsmarkt nach wir vor den Kürzeren. Frauen haben größere Schwierigkeiten, einen Ausbildungsplatz zu finden. Frauen sind stärker von Ar- beitslosigkeit betroffen. Dies gilt insbesondere für die Frauen in den neuen Bundesländern. Frauen sind selbst dann häufiger arbeitslos, wenn sie sich für einen zukunfts- orientierten Beruf, einen so genannten Männerberuf ent- scheiden. Das belegt eine Studie des Instituts für Arbeits- markt- und Berufsforschung. Frauen haben schlechtere berufliche Aufstiegschancen als Männer. Frauen werden häufiger als Männer nicht entsprechend ihrer beruflichen Qualifikation beschäftigt. Frauen verdienen nach wir vor weniger als Männer – usw.! Anfang des 3. Jahrtausends gibt es im Erwerbsleben in Deutschland immer noch keine Chancengleichheit für Frauen und Männer. Stattdessen haben wir einen Arbeits- markt, der schlicht und einfach gespalten ist. Es gibt einen Arbeitsmarkt für Männer und einen anderen, schlechteren für Frauen. Die Analyse der PDS ist also vollkommen richtig. Aber was die Mittel zur Lösung dieses gravierenden und beschämenden Problems anbelangt, unterscheiden wir uns doch gewaltig: Sie schlagen Gleichstellungsbeauf- tragte für Betriebe ab 20 Beschäftigte vor, überbetrieb- liche Gleichstellungsbeauftragte für kleinere Betriebe. Daneben wollen Sie Gleichstellungspläne, Ausgleichsab- gaben, Quotierungsregelungen usw. Sie listen in Ihrem Antrag eine Vielzahl von Maßnahmen auf und schnüren damit ein ehernes Gleichstellungskorsett aus bürokrati- schen Regelungen, das allen Unternehmen gleichermaßen passen soll. Gerade kleine Unternehmen laufen aber Gefahr, von Ihrem Gleichstellungskorsett förmlich er- drückt zu werden. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 200117382 (C) (D) (A) (B) Das ist nicht unser Weg, das entspricht nicht unseren Vorstellungen. Denn Ihr Vorschlag lässt den Unternehmen zu wenig Spielraum für eigene kreative Lösungen. Wir wollen den Unternehmen nicht bis ins Detail vorschrei- ben, wie Gleichstellung im Betrieb auszusehen hat. Denn die Unternehmer und die Belegschaft wissen selbst am besten, wo der Schuh drückt. Und sie sind auch die Ex- perten in Sachen Lösungsansätze. Mit diesem Konzept macht die PDS Unternehmer quasi zwangsläufig zu Geg- nern von betrieblicher Gleichstellung. Ein solches Kon- zept ist zum Scheitern verurteilt. Denn Gleichstellung lässt sich niemals gegen den Willen der zentralen Ent- scheidungsträger verwirklichen. Wir setzen daher auf eine andere Lösung. Unser neues Betriebsverfassungsgesetz mit all seinen Verbesserungen für die Interessenvertretung für Frauen werden morgen debattiert. Ich will dem nicht vorgreifen. Nur so viel: Sie machen Ihre Forderungen zum Betriebsverfassungsgesetz überflüssig. Unser Prinzip ist: Wir wollen Unternehmer zu Partnern machen, zu Partnern in Sachen Gleichstellung im Er- werbsleben. Wir wollen, dass Unternehmen Frauen för- dern, weil sie erkennen, dass dies in ihrem eigenen wirt- schaftlichen Interesse liegt, und weil sie erkennen, welch hoch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter sie in Frauen finden, und – last not least – weil sie erkennen, dass Frauen für Führungspositionen hervorragende Vorausset- zungen mitbringen. Frauen können zuhören, im Team ar- beiten und motivieren. Wir wollen auch, dass alle Unternehmen Frauen för- dern, weil sie erkennen, dass es aufgrund des demogra- phischen Wandels höchste Zeit wird, Frauen entsprechend ihrer Fähigkeiten einzusetzen. In einigen Regionen Deutschlands wird bereits heute ein eklatanter Fachkräftemangel beklagt. Hätten die Un- ternehmen rechtzeitig angefangen, Mädchen in technisch orientierten Berufen auszubilden, stünden heute genü- gend qualifizierte Mitarbeiterinnen zur Verfügung. In ganz Deutschland zerbricht man sich den Kopf über den offensichtlichen Mangel an IT-Spezialisten. Dieser Man- gel hätte nicht entstehen müssen, hätte man Mädchen nur rechtzeitig für die Möglichkeiten von Computern begeis- tert. Chancengleichheit ist nur gemeinsam mit den Unter- nehmen zu verwirklichen, niemals gegen sie. Wir setzen daher auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Unterneh- men. Wir fordern die Wirtschaft auf, bis zum Ende der parla- mentarischen Sommerpause eine verbindliche Selbst- verpflichtung zur betrieblichen Gleichstellung einzuge- hen. Diese soll folgende Punkte enthalten: Erstens. Die Spitzenverbände erstellen eine Analyse zur Situation der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft und ziehen nach drei Jah- ren in einem weiteren vergleichenden Bericht eine erste Bilanz. Zweitens. Im Rahmen der verbindlichen Selbstver- pflichtung fordern die Spitzenverbände die Unternehmen auf, betriebliche Ist-Analysen und auf deren Grundlage betriebliche Gleichstellungskonzeptionen mit geeigneten Instrumenten zur Förderung der Chancengleichheit zu er- stellen. Drittens. Durch aktive betriebliche Fördermaßnahmen sollen sowohl die beruflichen Chancen der Frauen als auch die Vereinbarkeit von Familienarbeit und Erwerbs- arbeit für Mütter und Väter in jedem Unternehmen ver- bessert werden. Ziel ist eine deutliche Erhöhung des Beschäftigtenan- teils von Frauen in den Bereichen, in denen sie unterreprä- sentiert sind, insbesondere auch im Führungsbereich. Ziel ist auch die gezielte Förderung der Berufsausbildung von Frauen in zukunftssicheren Berufen. Und Ziel ist schließ- lich die Überwindung der Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern. Die Maßnahmen, die Unternehmen zur Herstellung von Chancengleichheit ergreifen können, sind zahlreich: Nicht jedes Unternehmen wird alle Ziele gleichermaßen verfolgen können. Damit wären gerade viele kleine Un- ternehmen überfordert. Aber aus der Vielzahl von mögli- chen Gleichstellungsmaßnahmen wird jedes Unterneh- men etwas auswählen können, was es umsetzen kann. Familienfreundliche Arbeitszeiten anzubieten ist eine der vielen Möglichkeiten. Ein mittelständisches Unternehmen aus der Textilbran- che beispielsweise beschäftigt über 400 Arbeitnehmer, die große Mehrheit davon Frauen. Für die mehr als 400 Be- schäftigten bietet das Unternehmen mehr als 300 Arbeits- zeitmodelle an. Fast jede Beschäftigte praktiziert eine ei- gens auf sie zugeschnittene Arbeitszeitregelung: Da ist die Mutter, die nur vormittags im Unternehmen ist, mit- tags die Tochter aus dem Kindergarten abholt und nach- mittags zu Hause arbeitet oder die Frau, deren betagte Mutter mittags mit Essen versorgt werden muss. Die Frau arbeitet ganztags, geht aber über Mittag für zwei Stunden nach Hause, um ihre Mutter zu versorgen. „300 Arbeitszeitmodelle, wie soll das gehen?“, wird so mancher fragen. Es geht, das zeigt uns dieses mittelstän- dische Unternehmen. Es geht und davon profitieren alle: die Arbeitnehmerinnen, weil sie ihre Arbeit mit ihren Fa- milienpflichten gut vereinbaren können, und das Unter- nehmen, weil es hoch motivierte Beschäftigte hat. Die Erhöhung des Frauenanteils in allen Funktions- ebenen ist eine andere Möglichkeit zur Herstellung be- trieblicher Chancengleichheit. So will die Deutsche BP 20 Prozent aller Führungsfunktionen mit Frauen besetzen – ein ehrgeiziges Ziel, doch das Unternehmen ist sicher, dies Ziel erreichen zu können. Andere Unternehmen werden ihre Entgeltstrukturen verändern mit dem Ziel, die geschlechtsspezifische Ent- geltdifferenz zu verringern. Auch hiervon werden die Unternehmen profitieren. Denn Ungerechtigkeit in der Bezahlung führt zu Demotivation und demotivierte Mit- arbeiterinnen leisten weniger als motivierte. Wieder an- dere Unternehmen werden sich für die Gewinnung von Mädchen für zukunftsträchtige Ausbildungsberufe ent- scheiden, ebenfalls im eigenen Interesse. Denn wer mor- gen qualifizierte Mitarbeiter beschäftigen will, muss Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 17383 (C) (D) (A) (B) heute die fähigsten Köpfe ausbilden – und das sind nun einmal zu einem großen Teil Mädchen. Andere Unterneh- men schließlich werden Qualifizierungspläne für weibli- che Beschäftigte aller Funktionsebenen aufstellen. Wir räumen den Unternehmen im Rahmen der Selbst- verpflichtung also großen Spielraum ein, um ihrer wirt- schaftlichen, gesellschaftlichen und rechtlichen Verpflich- tung zur Herstellung betrieblicher Chancengleichheit nachzukommen. Sollte es aber zur geeigneten Selbstver- pflichtungen der Wirtschaft bis September dieses Jahres nicht kommen, werden die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen unmittelbar ein Gesetz zur Gleichstellung in der Privatwirtschaft einbringen. Renate Diemers (CDU/CSU): An der Reihenfolge einer Tagesordnung lässt sich einiges ablesen. So könnte man den Eindruck haben, dass das Parlament am Ende ei- nes langen Tages einen lästigen Pflichtpunkt schnell noch abhaken möchte. Dies ist besonders pikant, da es den Ver- antwortlichen der Regierungskoalition anscheinend nicht nur lästig ist, sich mit dem Thema „Gleichstellung von Frauen in der Privatwirtschaft“ zu beschäftigen, sondern auf diese Art und Weise zum wiederholten Male ein ge- brochenes Wahlversprechen unter der Decke halten. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und auch von Bündnis 90/Die Grünen, haben den Frauen im- mer wieder ein Gleichstellungsgesetz versprochen und Sie haben das auch in der Koalitionsvereinbarung fest geschrieben. Sie haben – wie bei vielen anderen wichti- gen Themen – im Wahlkampf große Ankündigungen ge- macht, Sie würden vieles besser machen als wir, aber Sie haben leider wieder einmal versagt. Immerhin haben Sie ein Gleichstellungsgesetz für die öffentliche Verwaltung vorgelegt und wir haben Ihnen in der Debatte vor einigen Wochen unsere Unterstützung zu- gesagt – nicht zuletzt, weil es eine Fortführung unseres Frauenfördergesetzes ist. Natürlich hätten wir bei Ihrem Gesetz für die Verwaltung einige Punkte pragmatischer und weniger dirigistisch gewünscht, aber in der Zielset- zung sind wir uns hier im Großen und Ganzen einig. Ihre Ankündigung, dass Sie die tatsächliche Umset- zung der im Grundgesetz festgelegten Gleichstellung von Männern und Frauen auch in der Privatwirtschaft angehen wollten, hat vielen Frauen Hoffnung gemacht. Wir stimmen ja überein, dass die in vielen Gesetzen festgeschriebene theoretische Gleichstellung der Frauen auch in der Praxis endlich erreicht werden soll. Wir wol- len die tatsächliche Chancengleichheit für Frauen in allen Bereichen – somit auch in der Wirtschaft. Frauen müssen die gleichen Aufstiegschancen wie Männer haben und die damit verbundenen Führungspositionen besetzen können. Es gibt viele Männer und auch Frauen, die bestreiten, dass Frauen heute noch benachteiligt sind. Ich denke hier an die jüngsten Meldungen vom Bund der Deutschen In- dustrie, den Arbeitgeberverbänden und leider auch vom Verband deutscher Unternehmerinnen. Sie lehnen eine gesetzliche Regelung ab und argumentieren, Frauen woll- ten aus eigener Kraft und Qualifikation Karriere machen. Tatsache ist aber – und die Zahlen beweisen es – dass Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft immer noch Exoten sind. Es steht auch fest, dass Frauen weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen, das heißt, auch in Führungspositionen. Aus diesem Grund haben viele Un- ternehmen Geheimhaltungsklauseln in den entsprechen- den Verträgen, sodass die Frauen oftmals gar nicht wissen, dass ihre männlichen leitenden Kollegen – wohlgemerkt in dergleichen Position in dem Unternehmen – ein paar zehn- tausend Mark mehr im Jahr verdienen. Aber dies – das geht quer durch unsere Gesellschaft, die Wirtschaft und die Parteien – wird nach wie vor als gegeben hingenommen und von einer Generation auf die andere weitergegeben. Falsch sind die Aussagen, Frauenförderung stehe im direkten Gegensatz zur Effizienz, zum Gewinn oder zur Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Andere war- nen, Frauen würden mit weiteren emanzipatorischen Re- gelungen aus der Arbeitswelt heraus sozialisiert. In der Praxis gibt es genügend positive Beispiele, die beweisen, dass die Unternehmen von der Arbeitskraft der Frauen profitieren, wenn ein partnerschaftliches, modernes und faires Arbeitsverhältnis besteht. Sie erhalten im Gegenzug für eine frauen- und familienfreundliche Arbeitswelt ein gutes Betriebsklima, qualifizierte Mitarbeiter (Väter und Mütter) und wenig Fluktuation und im Endeffekt zufrie- dene Kunden. Unser Auftrag muss es also sein, die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an allen Prozessen, auf allen Ebenen eines Unternehmens voran zu bringen, und mit dafür Sorge zu tragen, dass Art. 3 des Grundgesetzes auch im Alltag entsprechend umgesetzt wird. Ich bin sicher, dass dann die Effizienz, der Gewinn und die Wettbewerbsfähigkeit durch die Potenziale der Frauen gesteigert werden. Darüber besteht bei uns allen, so hoffe ich, Einigkeit, wenn wir auch sicherlich unterschiedliche Vorstellungen davon haben, in welch restriktiver Art und Weise die Wirt- schaft für dieses gesamtgesellschaftliche Ziel verpflichtet werden soll. Die PDS befürwortet ein überaus restriktives und die Freiheit beschneidendes Gesetz mit einem Schwerpunkt auf Sanktionen, Schadensersatz und Klage- recht. Dies lehnen wir ab. Sie von der Regierungskoalition sind leider nicht über Ihre Eckpunkte für ein Gesetz hinaus gekommen. Dass dann unmittelbar nach der Vorstellung der Eckpunkte die Diskussion in Ihrer Koalition ins Stocken gekommen ist – sogar mehr als das, das Thema wurde überhaupt nicht mehr erwähnt, es wurde totgeschwiegen –, liegt nicht un- bedingt an den Parlamentariern, sondern allein am Bun- deskanzler. In Ihrer Koalition bestimmen nicht die Abge- ordneten, was im Bundestag passiert, sondern das bestimmt bei Ihnen ganz allein der Bundeskanzler. Das nun angekündigte Ultimatum an die Wirtschaft von Seiten Ihrer Fraktionen wird vom Bundeskanzler wahrscheinlich schon wieder unterlaufen. Schließlich hat er der Wirtschaft zugesagt, dass kein Gesetz komme. Warum sollten sich die Wirtschaftsverbände also von Ihrem Ultimatum beeindrucken lassen? Ich bitte Sie von der Regierungskoalition, Ihre Interes- sen als Parlamentarier zu wahren und den Deutschen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 200117384 (C) (D) (A) (B) Bundestag nicht nur zum Abnicken der vom Bundeskanz- ler getroffenen Entscheidungen missbrauchen zu lassen. Der Kanzler hat die Richtlinienkompetenz, aber wir haben die Gesetzgebungskompetenz. Die Frauen in unserem Land erwarten viel von Ihnen und von uns allen. Nicht nur die erwerbstätigen Frauen, die selbstständigen Unternehmerinnen, die Existenzgrün- derinnen, auch die Familienfrauen, die Mütter, die nach der Familienphase wieder in den Beruf zurück wollen, also alle Frauen setzen Hoffnung in uns, die Chancen für Frauen in der Wirtschaft zu steigern. Chancen auf Be- schäftigung, auf gleichen Verdienst, auf Karriere. Die Zahl der außerhäuslich berufstätigen Frauen nimmt zu, auch die Zahl der erwerbstätigen Mütter. Von den 8,9 Millionen Müttern im erwerbsfähigen Alter mit mehr als einem Kind arbeiten 63 Prozent außerhäuslich, das sind 4 Prozent mehr als noch vor 10 Jahren. 7 Prozent aller Mütter mit mehr als einem Kind suchen eine Stelle. Klassischerweise sind das Teilzeitstellen und die Zahlen belegen das, denn drei von fünf Müttern arbeiten in Teil- zeitbeschäftigungen. Und damit kommen wir zu zwei wichtigen Aspekten des gesamten Problems: Erstens. Die Schwierigkeit, Familienarbeit, das heißt unter anderem auch Erziehung von Kindern oder Pflege eines Angehörigen, und außerhäusliche Erwerbsarbeit un- ter einen Hut zu bekommen. Ich nenne an dieser Stelle die Stichworte partnerschaftliche Aufteilung der Familien- aufgaben, Ganztagsbetreuung, flexible Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen und auch ein Netz gut ausgebildeter Tagesmütter. Direkt an die Wirtschaft richte ich das Stichwort: Betriebskindergärten. Die Unternehmen sollten sich in diesem Zusammen- hang umfassend informieren. Denn sowohl die Investiti- onskosten als auch die laufenden Betriebskosten sind in voller Höhe absetzbar. Es können auch zum Beispiel Ko- operationen zwischen mehreren Unternehmen, die räum- lich nah beieinander liegen, eingegangen werden. Ein weiteres Stichwort bzw. Hilfe für außerhäusliche erwerbs- tätige Frauen und Männer wäre in diesem Zusammenhang auch ein Angebot von personell gut ausgestatteten und funktionierenden Dienstleistungszentren. Zweitens. Klassische Halbtagsstellen sind nicht das Allheilmittel, um Frauen die Flexibilität zu ermöglichen. Wir brauchen unterschiedliche Teilzeitmodelle mit flexi- blen Arbeitszeiten, die sowohl den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch den Firmenstrukturen und den unterschiedlichen Anforderungen der Arbeitgeber ge- recht werden. Vielfach praktiziert die Wirtschaft bereits eine ganz andere Art der Flexibilität, nämlich die Nutzung der neuen Medien. Dienst-Notebooks mit Internet-Zugang und Dienst-Mobiltelefone sind bei Führungskräften fast schon Standard und ermöglichen eine Flexibilität in Bezug auf den Arbeitsort. Warum nutzt die Wirtschaft das nicht, um auch Frauen den Zugang zu Führungspositio- nen zu erleichtern? Es macht qualitativ keinen Unter- schied, ob das Notebook – wie von vielen Managern – auf dem Golfplatz oder im heimischen Wohnzimmer be- arbeitet wird. In diesem Zusammenhang ist von uns allen noch sehr viel Phantasie und Durchsetzungswillen gefragt. Aber die Mitwirkung der Wirtschaft ist unverzichtbar. Eine Selbst- verpflichtung abzugeben wäre ein guter Weg. Es gibt er- freulicherweise bereits einige Unternehmen, besonders auch im mittelständischen Bereich, die schon viel für die Frauenförderung tun. Beispiele können Sie in der Juli- ausgabe des Unternehmermagazins „Impulse“ nachlesen. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Ein paar Vorzeigeunternehmen und Vorzeigefrauen ersetzen nicht die geforderte selbstverständliche Gleichstellung. Mit einer Selbstverpflichtung auf höchster Ebene und sichtbaren Anstrengungen, um die Selbstverpflichtung umzusetzen, wären wir einen großen Schritt weiter. Die Schüchternheit der Privatwirtschaft in Bezug auf die Selbstverpflichtung wird von den Menschen in unserem Land nicht verstanden. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, Sie sind am Zuge. Setzen Sie Ihre Ankündigung in die Tat um und legen Sie einen Entwurf für eine praxisorientierte Handhabung zur Gleichstellung von Frauen in der Privatwirtschaft vor! Wir werden uns aktiv an der Beratung beteiligen. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Deutschland ist ein modernes, demokrati- sches Land mit qualifizierten Beschäftigten und innovati- ven Betrieben“. Das ist das Bild, das wir gern über unsere Grenzen hinweg vermitteln möchten. Schaut frau allerdings in die Statistik, so ist dieses Bild ein Trugschluss. Deutschland ist Schlusslicht in Europa sowohl bei der Erwerbsquote von Frauen als auch beim Anteil von Frauen in Führungs- positionen. Und Deutschland ist Schlusslicht bei der ganztägigen Kinderbetreuung, die ja häufig eine Voraus- setzung für die Erwerbstätigkeit von Frauen bildet. Von modern und innovativ kann da wohl keine Rede sein. Wie aber ist es um die Demokratie bestellt, die es zu- lässt, dass Frauen, obwohl Sie die besseren Schulab- schlüsse haben und einen höheren Anteil an Studierenden bilden, immer noch im Durchschnitt ein Viertel weniger verdienen als Männer, zu knapp 4 Prozent in den oberen Führungsetagen sitzen und da – wo die wirklichen Ent- scheidungen getroffen werden, in den Vorständen der Ak- tiengesellschaften – bei den größten 100 gar keine Rolle mehr spielen. Das ist nicht nur unmodern und innova- tionsfeindlich, sondern zutiefst undemokratisch. Denn eine wirkliche Demokratie kann es nicht geben ohne eine Geschlechterdemokratie. Was ist zu tun? Da die Wirtschaft mit der Situation, dass Deutschland gleichstellungspolitisch ein Entwick- lungsland ist, offensichtlich – noch – gut leben kann – spä- testens 2015 wird das ganz anders aussehen, dann näm- lich fehlen die Fachkräfte –, muss der Staat handeln. Und er kann es sich gar nicht aussuchen, ob er handeln will oder sich mit einem Basta verweigert. Der Staat muss handeln. So will es das Grundgesetz. „Er fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung ... und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“, Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 17385 (C) (D) (A) (B) steht in der Verfassung, und nicht: Er kann die Gleichbe- rechtigung fördern. Also brauchen wir gesetzliche Regelungen, denn eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft bringt gar nichts. Das beste Beispiel dafür ist doch das Dosenpfand. Wenn heute der DIHT-Präsident Braun die Unternehmen auffordert, sich selbst zu verpflichten, dass Frauen bei gleicher Qua- lifikation nicht benachteiligt werden dürfen, so muss ich sagen: Das dürfen Arbeitgeber schon heute nicht. Immer- hin gibt es einen § 611 a im BGB. Und heißt das nicht auch indirekt: Bis jetzt wurden Frauen benachteiligt? Die Zah- len sprechen doch Bände: Von circa 2,5 Millionen Betrie- ben haben ganze 200 Konzepte zur Chancengleichheit. Nein, wir müssen schnellstens ein Gesetz für die Pri- vatwirtschaft in die parlamentarische Beratung bringen. Damit bin ich beim PDS-Antrag, der dieses ja vorsieht. Verehrte Kollegin Bläss, mit den Zielen ihres Antrages stimme ich überein. Aber die vorgeschlagenen Wege scheinen mir in der Tat den unterschiedlichen Branchen- strukturen und Betriebsgrößen nicht ausreichend Rech- nung zu tragen. Nun weiß ich auch, dass Demokratie nicht kostenlos zu haben ist, aber ein Teil ihrer Vorschläge scheint mir für Unternehmen, die um das Überleben kämpfen, schlichtweg auch zu kostspielig zu sein. Wenn sie ihren Blick insbesondere auf viele ostdeutsche Be- triebe richten, werden sie mir sehr schnell recht geben. Das darf aber kein Grund sein, nichts zu tun. Darum haben sich die Bündnisgrünen – wenn auch schweren Herzens –zu einem anderen Weg entschieden. Dieser Weg heißt: Die Unternehmen werden per Gesetz zur Gleichstellung verpflichtet. Sie selbst entscheiden dann darüber, welche Maßnahmen sie für ihren Betrieb als die geeigneten ansehen, um die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen abzubauen, ihre Lohn- diskriminierung zu beseitigen, die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit für Männer und Frauen si- cherzustellen und die Ausbildung von Frauen in zu- kunftssichere Ausbildungsplätze zu gewährleisten. Was tun, wenn das Gesetz nicht eingehalten wird? Hier kommt Hilfe aus Europa. Die neue Gleichbehandlungs- richtlinie sieht ausdrücklich ein kollektives Klagerecht vor, das auch von den Mitgliedstaaten umzusetzen ist. Das heißt Frauenverbände oder Gewerkschaften haben das Recht, initiativ zu werden und zu klagen. Das ist ein star- kes Druckmittel, denn es hilft meist schon ohne Anwen- dung. Aus der Schweiz wissen wir, dass viele Verfahren schon im Vorfeld gütlich abgewendet wurden, um Klagen zu vermeiden. Die nächsten Monate werden kein Zuckerschlecken sein auf dem Wege zu einem Gleichstellungsgesetz. Die Haltung der Wirtschaftsverbände ist bekannt, darf aber nicht Maßstab für die Politik sein. Politik darf nicht ein- seitig sein und nur die Interessen der Wirtschaft im Auge haben. Sie hat ihren Grundgesetzauftrag zu erfüllen. Dass es dabei zu einer Abwägung verschiedener Interessen kommt, ist eine Selbstverständlichkeit. Ich hoffe, dass wir mit der Unterstützung vieler Kolleginnen und Kollegen zu einem guten Ergebnis kommen werden. Ina Lenke (F.D.P.): Frauen sind – da sind wir uns alle einig – auch heute immer noch nicht in allen Bereichen gleichgestellt. Besonders der Frauenanteil in den Führungspositionen der deutschen Wirtschaft liegt bei le- diglich 11 Prozent. Das ist blamabel, besonders im Vergleich mit unseren europäischen Nachbarn und den USA. Selbstverständlich wollen wir, dass sich der Anteil der Frauen in den oberen Etagen der Privatwirtschaft wesentlich verbessert. In der Privatwirtschaft, auch im öffentlichen Dienst, sind wir davon noch weit entfernt. Art. 3 GG postuliert an den Staat den Auftrag, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung zu fördern. Doch wie das zu gesche- hen hat, bestimmt das Grundgesetz nicht. Eine Gleichstellungspolitik mit dem Brecheisen – wie im Gleichberechtigungsgesetz für die Wirtschaft vorgese- hen – lehnen wir jedoch ab. Die Gründe dafür, dass Frauen und Männer besonders im Arbeitsleben noch nicht gleich- berechtigt nebeneinander stehen, sind sehr vielfältig und deshalb sind einfache Lösungen nicht gefragt. Die PDS will, ebenso wie die SPD und die Grünen, die Gleichstel- lung mit Gewalt in Gestalt eines Gleichstellungsgesetzes. Ich meine, Sie erweisen damit uns Frauen nur einen Bärendienst. Durch solche restriktiven Maßnahmen, wie sie gerade die PDS in ihrem Gesetzentwurf vorschlägt, vertiefen sich nur die Gräben zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bzw. zwischen Männern und Frauen. Durch Zwang ist noch nie etwas erreicht worden. Letztlich wird dies für uns Frauen ein Bumerang sein und uns schaden. Davon abgesehen, erschweren Sie damit zusätzlich die Handlungsspielräume für Betriebe, gerade im kleinen und mittelständischen Bereich. Wenn jetzt nun auch noch neben dem Betriebsrat zwingend eine weitere Person als Gleichstellungsbeauf- tragte tätig sein soll und diese auch noch freigestellt wird, wer erwirtschaftet dann noch den Gewinn, damit die Arbeitsplätze geschaffen bzw. erhalten werden können? Außerdem gehört die Förderung der Chancengleichheit bereits zu den Aufgaben des Betriebsrats. Weitere Pöstchen sind teuer und verhindern im Zu- sammenhang mit den übrigen dirigistischen Zwangsrege- lungen der rot-grünen Bundesregierung, dass Deutsch- land als Wirtschaftsstandort für kleine und mittlere Betriebe attraktiv bleibt bzw. attraktiver wird. Gerade im Mittelstand stecken eine Menge Arbeitsplätze, gerade für Frauen. Zugegebenermaßen ist ärgerlich, wenn sich die Wirtschaft einer Selbstverpflichtung widersetzt. Was sich die Bundesregierung bzw. die SPD-Fraktion aber nun hat einfallen lassen, gleicht einem beispiellosen Affentheater. Hier wird der Wirtschaft tatsächlich ein Ultimatum bis Ende August gesetzt, damit diese eine „freiwillige“ Selbstverpflichtung abgibt. Das ist doch wirklich nicht Ihr Ernst! Mit solch einer kurzen Frist? Deutlicher können Sie von der SPD Ihre Hilflosigkeit in der Gleichstel- lungspolitik nicht machen. Sie sollten nicht noch mehr Zeit mit diesen sinnlosen Spielchen verplempern, sondern endlich mit wirksamen Maßnahmen beginnen und ein richtiges Konzept vorle- gen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 200117386 (C) (D) (A) (B) Dazu muss der Blick stärker auf die Rahmenbedingun- gen gerichtet werden, um die Berufstätigkeit und gleiche Karrierechancen für Frauen und Männer überhaupt erst zu ermöglichen. Durch die Vereinbarkeit von Kind, Karriere und Beruf muss Frauen und Männern gleichermaßen der Weg in Führungspositionen geebnet werden. Dies bedeu- tet, Betreuungskosten – ungedeckelt – steuerlich abzugs- fähig zu machen und für ein wesentlich besseres und fle- xibleres Angebot an Kinderbetreuungsplätzen zu sorgen. Mehr Ganztagsschulen müssen her. Weiter brauchen wir flexiblere Arbeitsformen, Teilzeit, Telearbeit usw. Die Ausbildung von Frauen in bislang frauenuntypischen Be- rufsfeldern, zum Beispiel in der Zukunftstechnologie oder im gewerblich-technischen Bereich allgemein, ist unbe- dingt zu fördern. Hier sollte bei den Schulen angesetzt werden und das Interesse an solchen Berufen bei den Mädchen geweckt werden. Wenn nur ein verschwindend geringer Teil der Mädchen in frauenuntypischen Studi- engängen und Ausbildungsgängen vertreten sind, sollte man sich nicht über eine geringe Quote später in entspre- chenden Berufen und erst recht in den höheren Etagen entsprechender Wirtschaftsunternehmen wundern. Wir sollten lieber Betriebe ergänzend unterstützen, die über Maßnahmen der betrieblichen Förderung einen sinnvol- len Beitrag zur vollständigen Integration von Frauen in das Erwerbsleben leisten, statt Betriebe, die dies noch nicht tun, zu bestrafen. Petra Bläss (PDS): Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Privatwirtschaft – für die einen ist das eine Selbstverständlichkeit für moderne Industrieunter- nehmen, für die anderen noch immer ein Schreckgespenst aus der Mottenkiste. „Ich habe vor dem Gesetz keine Angst“ meint ein erfolgreicher Textilunternehmer aus Süddeutschland, dessen Betrieb schon mehrfach als frauen- bzw. familienfreundlich ausgezeichnet wurde. Kein Wunder: Wer nicht diskriminiert, hat von einer ge- setzlichen Regelung auch nicht zu befürchten. Ich habe verfolgt, wie sich Bundesfrauenministerin Bergmann in der Koalition für die Gleichstellung in der Privatwirtschaft stark gemacht hat, wie sie über Monate darum bemüht war, die Wirtschaft ins Boot zu holen. Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privat- wirtschaft – das wollte die Ministerin gemeinsam mit den Unternehmen erreichen, nicht gegen sie. Dazu hat sie eine ganze Reihe von Diskussionen zwischen Wirtschaft, Ge- werkschaften, Wissenschaft, Verbänden und Politik orga- nisiert. Wir haben dort von vielen positiven Beispielen erfah- ren, von Betrieben, die etwas für die Gleichberechtigung getan haben, durch familiengerechte Arbeitszeiten zum Beispiel oder durch Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Wir haben von Unternehmen gehört, denen es schlicht un- verständlich ist, warum andere die Qualifikation von Frauen brachliegen lassen. Aber wir haben auch erfahren, dass sie die absolute Ausnahme sind. In der gesamten Bundesrepublik haben nur etwa 200 Betriebe freiwillig Maßnahmen zur Gleichstellung ergriffen. 200 von etwa 3 Millionen – das ist entschieden zu wenig. Was ist mit dem Rest? Die Mehrzahl der Betriebe ver- stößt gegen das Grundrecht von Frauen auf Gleichbe- rechtigung. Wir haben uns die Fakten hier schon zigmal gegenseitig präsentiert. Frauen sind in allen Bereichen des Arbeitsmarktes benachteiligt. Sie bleiben trotz gleich guter oder sogar besserer Abschlüsse häufig in der zwei- ten oder dritten Reihe stecken und kommen beruflich nur mühsam voran. Wir können – das ist meine feste Überzeugung – nicht länger auf freiwillige Maßnahmen der Wirtschaft warten. Der Umgang der Industriechefs mit den Konsensge- sprächen beweist mir das. Lassen Sie mich etwas zur Quotenregelung sagen, um gleich einige hartnäckige Missverständnisse auszuräu- men: Es geht darum, dass Frauen, die mindestens genauso gut wie ihre Mitbewerber sind, eine Chance erhalten. Wir fordern also keineswegs, dass Frauen mit geringerer Qua- lifikation bevorzugt werden. Klar ist auch: Wenn sich gar keine Frauen bewerben, können auch zukünftig ganz selbstverständlich Männer den Zuschlag erhalten. Wer ei- nen Kälteanlagenbauer sucht, muss keine Krankenschwes- ter einstellen. In Bereichen, in denen es kaum Frauen gibt, werden natürlich weiter Männer die Jobs bekommen. Wir wollen darüber hinaus die öffentlichen Aufträge an Chancengleichheit binden. Warum soll sich der Staat diese Möglichkeit entgehen lassen? Sie alle wissen im Übrigen, dass ein solches Verfahren durch den Europä- ischen Gerichtshof höchstrichterlich gedeckt ist. Außerdem wollen wir für einzelne Frauen sowie Ge- werkschaften und Frauenverbände die Möglichkeit schaf- fen, gegen Diskriminierung zu klagen – auch das ist eine Neuregelung, welche die Position von Frauen stärken soll. Für kleine und mittlere Betriebe haben wir einige Aus- nahmen vorgesehen, um es ihnen so leicht wie möglich zu machen. Die Unternehmen sollen insgesamt bei der Um- stellung ihrer Unternehmenspolitik unterstützt werden, weshalb wir einige finanzielle Erleichterungen und ein Umlageverfahren bei den Mutterschutzkosten vorsehen. Auch in unseren Vorstellungen gibt es im Übrigen viel Raum für eigene Ideen und Konzepte der Betriebe. Uns sind die Ziele wichtig. Wie genau und durch welche Schritte im Einzelnen sie erreicht werden, das überlassen wir den Betrieben. Mit dem Verzicht auf ein Gesetz und damit auf die Ge- staltungskraft des Staates stellt sich die rot-grüne Bun- desregierung ein Armutszeugnis aus. Die vielen Wortmel- dungen von Frauenverbänden, Gewerkschaften, aber auch von klein- und mittelständischen Unternehmen zeu- gen davon: Es besteht gesetzlicher Regelungsbedarf. Es wird Zeit und es lohnt sich, dass die Politik die Weichen stellt für eine andere, moderne Unternehmenspolitik. Es wird Zeit, dass die Chancengleichheit der Geschlechter als Standortfaktor begriffen wird. Es geht um nicht mehr, aber auch nicht weniger als um einen zivilgesellschaftli- chen Anspruch. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Juni 2001 17387 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Erlauben
    Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen Götz?



Rede von Dr. Frank Schmidt (Weilburg)
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Bitte sehr.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Bitte
    schön, Herr Götz.