Rede von
Jörg
Tauss
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (Plos)
Frau Präsidentin! Meine sehr ver-
ehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe
Kollegen! Natürlich wünsche auch ich meinem Vorgän-
ger, dem Kollegen Stephan Hilsberg, alles Gute. Ich biete
Ihnen allen eine gute Zusammenarbeit an. Aber – darauf
komme ich gleich noch zurück – es muss von Ihnen noch
ein bisschen mehr kommen, um eine Zusammenarbeit im
Sinne von Bildung und Forschung zu erreichen. Sonst
sind Sie kein Gesprächspartner.
Wir behandeln heute den Haushalt für Bildung und
Forschung und damit den entscheidenden Zukunftsetat.
Nach nur zwei Jahren SPD-geführter Bundesregierung
– alle Rednerinnen und Redner haben darauf hingewie-
sen – gibt es das wichtige und richtige Signal, dass die
dringend notwendige Trendwende in der Bildungs- und
Forschungspolitik auch mit diesem Haushalt gelungen ist
und fortgeführt wird.
Wir erfahren gegenwärtig einen gewaltigen Umbruch
der modernen Gesellschaft zur Wissens- und Informati-
onsgesellschaft. Schon diese Bezeichnung sagt relativ
klar, dass Fragen der Aus- und Weiterbildung sowie die
der Sicherung des Forschungsstandorts Deutschland in ei-
nem noch nicht absehbaren Zeitraum und Maß ständig an
Bedeutung gewinnen und entsprechend zunehmen. Wir
haben der Bildungs- und Forschungspolitik wieder einen
hohen Stellenwert eingeräumt und werden auch weiterhin
etwas dafür tun.
Ich freue mich, dass wir zur Halbzeitbilanz zwei wich-
tige Botschaften einer tragfähigen und zukunftsfähigen
Bildungs- und Forschungspolitik verkünden können, auf
die ich im Einzelnen eingehen werde. Mit diesem Etat-
entwurf werden wichtige und richtige Weichenstellungen
vorgenommen. – die Bundesministerin hat darauf verwie-
sen –: Erstens. Die Zukunftsinvestitionen werden in ihrem
Gesamtvolumen deutlich erhöht. Zweitens. Die gesell-
schaftliche Bedeutung von Bildung und Forschung wird
in diesem Land wieder anerkannt – Ihnen ist vorzuwerfen,
dass das bei Ihnen nicht der Fall war –und die Hand-
lungsspielräume für eine zukunftsfähige Bildungs- und
Forschungspolitik werden nicht eingeengt – das hat nega-
tive Folgen –, sondern geöffnet. Das ist die Botschaft, die
von diesem Haushalt ausgeht.
Zur ersten Botschaft: Die Investitionen in Bildung und
Forschung in diesem Haushalt werden trotz der unum-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 138. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Dezember 2000
Hans-Josef Fell
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gänglichen Haushaltskonsolidierung – diese war auf-
grund Ihrer Schuldenpolitik notwendig; dennoch haben
wir mit Hans Eichel gemeinsam viel erreicht – erneut und
damit zum dritten Mal seit der Regierungsübernahme
deutlich erhöht. Vielen Dank für diese wegweisende Poli-
tik.
Um es noch konkreter zu sagen: Auch mithilfe des Fi-
nanzministers sind die Zeiten Ihres ständigen Raubbaus
an den Ausgaben für Bildung und Forschung vorbei. Für
diese Bundesregierung hat die Bildungs- und Forschungs-
politik Priorität.
Sie haben durch den ständig sinkenden Etat für Bil-
dung und Forschung nicht nur die ökonomische sondern
auch die wissenschaftliche Zukunft unseres Landes – das
gilt auch für die F.D.P., Frau Flach; Sie waren Mitverur-
sacherin dieses Zustandes – leichtfertig aufs Spiel gesetzt.
Dies wird durch die Tatsache belegt, dass wir heute Re-
gelungen wie die Green Card brauchen, um IT-Fachkräfte
ins Land zu holen bzw. im Land zu halten. Das ist eine un-
mittelbare Folge Ihrer Politik.
Sie haben die Zukunft heranwachsender Generationen ge-
fährdet. In Ihrer Zeit ist doch der katastrophale Ingenieur-
mangel entstanden, den wir heute beklagen. Sie waren
technikfeindlich. Das ist die Botschaft, die von Ihren
Haushalten und Ihrer Politik ausgegangen ist.
Wir erhöhen nun die Zukunftsinvestitionen weiter. Der
Etat für Bildung und Forschung wird im Vergleich zum
Vorjahr – Sie haben es gehört – um knapp 10 Prozent auf-
gestockt. Sie haben ihn abgesenkt.
– Herr Kampeter, nehmen Sie doch bitte die Zahlen zur
Kenntnis. 1993 enthielt Ihr Etat 14,9 Milliarden DM.
1998, bei der Regierungsübernahme durch uns, waren im
Etat für Bildung und Forschung etwa 700 Millionen DM
niedriger.
Wie Sie hier von einer erfolgreichen Politik in der Ver-
gangenheit reden können, ist Ihr Geheimnis und wahr-
scheinlich auch das Geheimnis des im Übrigen außer von
Ihnen von niemandem vermissten Herrn Rüttgers.
Obwohl wir nach der Regierungsübernahme den Bil-
dungsetat erst einmal aufgestockt haben, wird er nun bei
rund 16Milliarden DM liegen. Das ist eine deutliche Stei-
gerung. Wer diese Steigerung nicht wahrnimmt, der kann
auch sagen: Die Erde ist eine Scheibe. Er kann sagen: Eins
plus eins ist nicht zwei, sondern vier. Herr Kampeter, der
Stuttgarter Oberbürgermeister Rommel, Ihr Parteifreund,
den ich sehr schätze, hat einmal gemeint:
Eins plus eins ist zwei, aber wenn Ihnen einer anbietet,
eins plus eins sei vier, dann greifen Sie zu und widerspre-
chen nicht, denn als Nächstes kommt er möglicherweise
und sagt, eins plus eins sei acht. – Ich denke, er hat bei die-
sem Ausspruch an Sie gedacht. Bei Ihnen allerdings
wären es vielleicht sogar minus zehn.
Die jahrelange Abwärtsentwicklung wurde durch uns
nicht nur gestoppt, sondern umgekehrt. Der Bundesminis-
terin ist für ihren unermüdlichen Einsatz dafür zu danken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,
Sie haben auf Ihrer Homepage – ich schaue mir abends
gelegentlich die CDU-Homepage an – ein CDU-Online-
spiel gestartet. Es ist immerhin gut, dass Sie jetzt wissen,
was online bedeutet. Sie haben dort die Frage gestellt, wie
denn der Bildungsminister heiße. Wer es wisse, könne
drei CDU-Überraschungspakete gewinnen. Dieser erfolg-
reiche Minister, meine sehr verehrten Damen und Herren,
auf den Sie offenbar so voller Neid schauen, dass Sie so-
gar Überraschungspakete aussetzen, ist eine Ministerin,
heißt Edelgard Bulmahn und sitzt dort auf der Regie-
rungsbank. Ich bitte Sie jetzt, die Überraschungspakete
bei mir im Büro abzuliefern. Hoffentlich ist kein
Schwarzgeld darin!
Apropos Schwarzgeld: Wie ausgerechnet Sie in diesem
Land über Werte reden, ist schon ein Skandal an sich.
Ein Staatssekretär von Ihnen, von der CSU, wird weltweit
von Interpol gesucht, ist auf der Flucht. Ist der vielleicht
in dem Überraschungspaket?
Dies ist wohl unglaublich: Die CSU hat ihn nicht deshalb
ausgeschlossen, weil er auf der Flucht ist, sondern weil er
seinen Beitrag nicht mehr bezahlt hat. Und dann wollen
Sie den jungen Menschen in unserem Land Werte vermit-
teln?
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 138. Sitzung. Berlin, Freitag, den 1. Dezember 2000
Jörg Tauss
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Herr Merz spricht da noch von Moral. Das ist schon un-
glaublich!
Da ich gerade bei Herrn Merz bin: Interessant an die-
sem Onlinespiel ist ein Satz. Die Überschrift lautet, Frau
Präsidentin – Entschuldigung: Herr Präsident –:
Ganz Deutschland debattiert über Bildungspolitik. – Ich
wollte Ihnen das nur zeigen. Das ist wirklich in Ihrer Ho-
mepage.