Rede von
Andrea
Fischer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Wolf, wenn ich Sie jetzt wie den Blinden von der
Farbe reden höre, dann weiß ich schon, dass ich mich bes-
ser nicht Ihrer Unterstützung versichern sollte, obwohl
Sie mir heute so viel Mitleid haben angedeihen lassen.
– Ich würde es Ihnen jetzt gerne erklären.
Noch einmal: Die Richtgrößen gibt es noch immer.
Wenn sich Ärzte in ihren Praxen darüber beklagen, sie
hätten unzureichende Budgets, dann meinen sie die Richt-
größen; denn die Budgets sind eine Vereinbarung, die auf
der Ebene der Kassenärztlichen Vereinigung getroffen
wird. Der einzelne Arzt erfährt nur von der Richtgröße,
die Sie so schätzen. Bei diesen Richtgrößen – das sollten
Sie sich einmal anschauen – gibt es in der Bundesrepublik
Deutschland in den Regionen und auch in den Fach-
arztgruppen riesige Unterschiede. Es sind aber immer
Festlegungen der Selbstverwaltungen.
Wenn es trotz Richtgrößenprüfung und des erfolgten
Regresses nicht gereicht hat, dann kommt der Kollektiv-
regress, von dem Sie gerade gesprochen haben. Dann
steht es der Kassenärztlichen Vereinigung frei – so steht
es im Gesetz –, wie sie damit umgeht. Der Radiologe, der
sich darüber beklagt, dass er kein Medikament verschrie-
ben habe, muss von der kassenärztlichen Vereinigung
überhaupt nicht in diese Art von Regress einbezogen wer-
den.
Noch etwas zu den budgetablösenden Richtgrößen.
Die einzige Kassenärztliche Vereinigung, die das gemacht
hat – das wissen Sie ganz genau –, war die Kassenärztli-
che Vereinigung in Bayern. Ich habe mich damit viel be-
schäftigt; das hat den bayerischen Ärzten wenig Freude
gebracht.
– Auch wenn Sie dabei waren, wurde dadurch die Sache
zu meiner großen Überraschung nicht besser. – Was ich
damit sagen will, ist: Die Richtgrößen haben wir als In-
strument im Gesetz festgeschrieben.
Sie sind derjenige, der die ganze Zeit diesen Popanz mit
dem Budget aufbaut. Die Richtgrößen sind vollkommen
richtig dargelegt.
Ich will es anders formulieren: Wenn der Deckel, der
die Richtgrößen festlegt, so eindeutig wäre, dann könnte
es diese breiten Unterschiede in unserem Land in dieser
Form nicht geben. Das hat vielmehr mit den unterschiedli-
chen Facharztgruppen und mit den üblichen Konflikten
zwischen den verschiedenen Beteiligten zu tun.
Ich glaube, dass die Richtgröße keine Alternative ist.
Ich will jetzt nur noch abschließend darauf eingehen,
was Sie wollen. Sie wollen keine Budgets, aber Sie wol-
len stabile Beitragssätze. Also sagen Sie den Leuten deut-
lich: Sie wollen, dass die Menschen höhere Zuzahlungen
leisten, oder den Anschluss von Leistungen, die komplett
privat abgerechnet werden sollen. Etwas anderes kann es
nicht sein. Außerdem habe ich ja Ihre Texte gelesen, in de-
nen das zum Teil steht. Da gibt es ein Drei-Stufen-Modell
mit einer „untergestuften“ Grundleistung, für die man
dann weniger bezahlt, und irgendwelchen ergänzenden
Wahlleistungen. Das alles steht in Ihren Texten.
Ich finde, dann sollten Sie hier auch ehrlich sagen, dass
Sie die Einkommen all derjenigen, die im Gesundheits-
wesen verdienen, verteidigen wollen, dass dort überhaupt
keine Abstriche gemacht werden sollen. Immer mehr
Menschen wollen im Gesundheitswesen ihr Geld verdie-
nen. Das heißt, auch auf der Anbieterseite entsteht ein ho-
her Druck. Diese Einkommen verteidigen Sie und statt-
dessen wollen Sie bei den Patienten in die Tasche greifen.
Das ist Ihre Alternative und das sollten Sie ehrlich sagen.