Rede von
Klaus
Hagemann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Auf die fast fünfstündige
Debatte zurückblickend, möchte ich noch einmal feststel-
len, dass gerade von den Rednern der Opposition mehr-
fach mit dem Zeigefinger auf die Regierung und die Ko-
alition gezeigt wurde. Aber Sie sollten bedenken, dass
dabei immer drei Finger auf Sie zurückzeigen.
Es ist nun einmal historische Wahrheit und Fakt, dass
das Wachstum in den 90er-Jahren wesentlich geringer war
als jetzt, die Arbeitslosigkeit den höchsten Stand erreicht
hatte, den wir je hatten, Steuern und Abgaben am höchs-
ten waren, die Schulden auf dem höchsten Stand waren,
den wir je erlebt haben, und für Bildung, Wissenschaft
und Forschung sowie für das BAföG die geringsten Aus-
gaben veranschlagt worden sind. Dies ist historischer
Fakt. Das fällt auf Sie zurück.
Wir können erst seit wenigen Monaten bzw. seit einem
Jahr eine Trendwende beobachten. Diese Trendwende
spricht für die Politik, die die Koalition eingeleitet hat.
Es war schon ein politischer Kraftakt – der Bundesfi-
nanzminister und der Bundeskanzler haben mehrfach da-
rauf hingewiesen –, die Weichen anders und somit richtig
zu stellen. Das gilt zum einen für den Spar- und Zu-
kunftsplan und zum anderen für die Verwendung der Er-
löse aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen. Hier hat
mich, sehr geehrter Herr Kollege Nooke, ein erneuter Vor-
schlag von Ihnen erstaunt. Ich weiß nicht, ob es der 15.
oder der 16. Vorschlag war.
Dazu sage ich: Nein, es war richtig, die erzielten Erlöse
zur Schuldentilgung einzusetzen. Die Zinsersparnisse
können wir aufwenden für Projekte, die notwendig sind.
Hier ist insbesondere das Zukunftsinvestitionsprogramm
zu nennen. Ich möchte die Verkehrsprojekte herausgrei-
fen. Herr Brüderle, wir als Rheinland-Pfälzer sollten diese
Projekte einmal in den Mittelpunkt stellen.
Ich bin dankbar, dass wir diese Mittel – das gilt für andere
Bundesländer genauso – für Verkehrsprojekte, die die
Straße und die Bahn betreffen, zur Verfügung stellen kön-
nen, Projekte, die lange Zeit beredet wurden und über die
verhandelt wurde. Nun endlich werden sie realisiert. Ich
hätte eigentlich erwartet, sehr geehrter Herr Kollege
Brüderle – ich spreche auch die anderen Kolleginnen und
Kollegen aus Rheinland-Pfalz an –, dass Sie dem Ver-
kehrsetat zugestimmt hätten, dass wir hier gemeinsam sa-
gen: Wir stellen diese Mittel zur Verfügung, damit diese
Projekte endlich für die Menschen in Angriff genommen
und beispielsweise die Umgehungen gebaut werden kön-
nen.
Sehr geehrter Herr Brüderle, Ihr Nachfolger, Herr
Staatsminister Bauckhage, hat mit Recht stolz dabeige-
sessen, als der Bundesverkehrsminister und Ministerprä-
sident Beck diese Projekte bekannt gegeben haben. Es
wäre schön, wenn auch Sie dem entsprechenden Einzel-
plan zustimmten.
Das Land Rheinland-Pfalz – Herr Brüderle, Sie haben
es angesprochen – hat dazu beigetragen, dass die gute, fa-
miliengerechte und unternehmensfreundliche Steuerre-
form durchgesetzt werden konnte. Auch dafür möchte ich
ein Dankeschön aussprechen. Nur, es stört mich natürlich
sehr, dass sowohl von Ihnen als auch von der Union eine
Doppelstrategie gefahren wird: Hier fordern Sie, dass der
Bevölkerung noch mehr Geld zurückgegeben wird – Sie
haben das in Ihrem Beitrag deutlich zum Ausdruck ge-
bracht –, aber draußen, in den Landes- und in den Kom-
munalparlamenten, beklagen Ihre politischen Freundin-
nen und Freunde, dass die Einnahmen in den Kassen der
Länder und der Kommunen geringer sind, sodass man we-
niger verausgaben kann. Dies ist Doppelstrategie, dies ist
politische Heuchelei. Hier im Bundestag fordern Sie noch
mehr steuerliche Entlastung und in den Ländern und in
den Kommunen behaupten Sie, Rot-Grün sei schuld an
den Mindereinnahmen. Das können wir Ihnen nicht
durchgehen lassen.
Politische Heuchelei ist auch noch an anderen Stellen
zu beobachten.
Wir haben eine Wohngeldreform eingeleitet, weil diesbe-
züglich zehn Jahre lang nichts geschehen ist. Wir haben
eine Erziehungsgeldreform eingeleitet, weil diesbezüg-
lich 14 Jahre lang nichts geschehen ist. Wir haben eine
BAföG-Reform eingeleitet und beschlossen, weil das
BAföG ausgetrocknet worden war. Wir haben etwas zur
Förderung des Ehrenamtes getan. In den vielen Jahren Ih-
rer Regierungszeit ist auf diesem Gebiet nichts gesche-
hen.