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ID1413602300

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    Begrüßung des schweizerischen Bundespräsi- denten und Vorstehers des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölke- rungsschutz und Sport, Herrn Bundesrat Adolf Ogi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13193 D Tagesordnungspunkt III (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Drucksachen 14/4000, 14/4302) . . . . 13187 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Finanz- plan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksachen 14/4001, 14/4301, 14/4524) 13187 B Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 14/4504, 14/4521) . . . . . . . 13187 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13187 D Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13194 A Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 13197 D Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13199 A Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13204 B Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13210 C Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 13214 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13223 B Ludwig Stiegler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13231 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13231 C Sabine Kaspereit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13233 D Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13236 A Lothar Mark SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13238 B Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . 13239 D Klaus Hagemann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13241 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 13242 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13242 C Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 14/4505, 14/4521) . . . . . . . 13245 A Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13245 A Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 13247 C Dr. Werner Hoyer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 13251 B Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13253 C Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 13255 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 13256 D Ursula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13260 C Marion Caspers-Merk SPD . . . . . . . . . . . . . . 13262 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 13263 D Volkmar Schultz (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . 13265 D Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 14/4513, 14/4521) . . . . . . . 13267 A Plenarprotokoll 14/136 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 136. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 I n h a l t : Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 13267 C Volker Kröning SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13269 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . 13273 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13276 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13277 D Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13278 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . 13280 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13281 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . 13283 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13284 C Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13285 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13287 A Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 13287 B Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13290 B Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13290 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13291 B Namentliche Abstimmungen 13293 A, 13293 A, 13298 B Ergebnisse . . . . . . 13293 D, 13296 A, 13301 C Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Drucksachen 14/4509, 14/4521) . . . . . . . 13298 B Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13298 D Manfred Hampel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13303 B Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13306 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13308 D Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13310 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . 13312 B Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . . . . . 13314 C Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13316 A Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13316 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13319 B Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 13320 C Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 14/4517, 14/4521) . . . . . . . 13322 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13322 D Dr. Emil Schnell SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13324 D Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU 13325 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13327 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13329 B Carsten Hübner PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13331 B Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13332 C Detlev von Larcher SPD . . . . . . . . . . . . . 13333 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . . . . . . . 13335 B Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13337 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13338 C Berichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13338 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 13339 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Haushaltsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststel- lung des Bundeshaushaltsplans für das Haus- haltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bundes- ministeriums der Verteidigung (Tagesordnungs- punkt III. 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13339 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Monika Knoche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über die Beschlussem- pfehlung des Haushaltsausschusses zum Ent- wurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (Tagesordnungspunkt III. 16) 13340 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 Klaus-Jürgen Hedrich 13338 (C) (D) (A) (B) Berichtigungen 133. Sitzung, Seite 12861 (D) zweiter Absatz, der zweite Satz ist wie folgt zu lesen: „Diese 3,5 Millionen DM sind insofern verstetigt, als sie einen Ver- trag zwischen zwei förderalen Institutionen – zwischen Bund und Land – betreffen und Personalkosten sind.“ 135. Sitzung, Seite 13152 (B) vierter Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Deshalb habe ich Herrn Austermann im Ohr, der vorhin behauptet hat, wir würden im Interesse der Haushaltskonsolidierung keine Ausgaben- beschränkung vornehmen, keine Ausgabendisziplin üben.“ 135. Sitzung, Seite 13155 (D) erster Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Also lassen Sie das doch mit der Leitgeschichte und bleiben Sie bes- ser bei Herrn Stoiber, der zu Recht auf Bayerisch gesagt hat: D’Leit brauch’n a Kultur.“ Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 13339 (C) (D) (A) (B) Balt, Monika PDS 29.11.2000 Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 29.11.2000 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 29.11.2000* Klaus Burchardt, Ursula SPD 29.11.2000 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 29.11.2000 Frick, Gisela F.D.P. 29.11.2000 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 29.11.2000 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 29.11.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 DIE GRÜNEN Holetschek, Klaus CDU/CSU 29.11.2000 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 29.11.2000 Kramme, Anette SPD 29.11.2000 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 29.11.2000* Erich Müller (Berlin), PDS 29.11.2000 Manfred Pau, Petra PDS 29.11.2000 Reiche, Katherina CDU/CSU 29.11.2000 Schenk, Christina PDS 29.11.2000 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 Irmingard DIE GRÜNEN von Schmude, Michael CDU/CSU 29.11.2000 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 29.11.2000 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 DIE GRÜNEN Wiese (Hannover), SPD 29.11.2000 Heino Wohlleben, Verena SPD 29.11.2000 Wülfing, Elke CDU/CSU 29.11.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bun- desministeriums der Verteidigung (Tagesord- nungspunkt III. 16) Ich lehne den Verteidigungshaushalt ab. Das Parlament ist von der ihm zustehenden Beratung und Entscheidung über die Ausrichtung und Struktur einer reformierten Bundeswehr praktisch enteignet worden. Dieses vorde- mokratische Verfahren lässt mir als Abgeordnete im Deut- schen Bundestag lediglich die Möglichkeit, meine Kritik beim Etat zum Ausdruck zu bringen. Hierbei geht es zum einen darum, dass ich eher aus der Presse als aus den dafür zuständigen Gremien über Vor- haben der Privatisierung und Wirtschaftskooperation er- fahre, deren Implikationen im parlamentarischen Raum keiner oder jedenfalls keiner rechtzeitigen oder angemes- senen parlamentarischen Beurteilung unterworfen wer- den. Auch langfristige Verpflichtungen zum Beispiel ge- genüber den europäischen Partnern werden eingegangen, ohne dass über deren Inhalt und Umfang im Deutschen Bundestag befunden worden wäre. Hier zeichnen sich Ri- siken für einen erheblichen Aufwuchs des Verteidigungs- etats ab, was ich nachdrücklich ablehne. Ein solches Vor- gehen lässt sich weder mit meinem Selbstverständnis und meiner Verantwortung als Abgeordnete vereinbaren noch mit meinem Verständnis von der Würde des Parlaments. Zum anderen: Der in der Verfassung festgeschriebene Auftrag der Bundeswehr ist die Landesverteidigung. Wenn jetzt der Fokus auf „Bündnisverteidigung“ erwei- tert bzw. verlagert wird, bedeutet das statt einem Abbau der angriffsfähigen Verbände einen Ausbau der Krisenre- aktionskräfte. Die Armee wird auf Interventionsfähigkeit umgebaut – warum und für was? Auch der Kosovo-Krieg wäre nach offizieller Diktion unter „Bündnisverteidi- gung“ subsumiert worden, die aktuelle NATO-Strategie – übrigens genau wie die Bundeswehrstrukturreform zwar von tief greifender Bedeutung, aber ohne parlamen- tarische Befassung – geht von militärischen Präventiv- schlägen – zum Beispiel zur „Vermeidung von Flücht- lingströmen“ – aus. An ein UN-Mandat als Voraussetzung ist eine solche Intervention nicht gebunden. Auf der europäischen Ebene wird eine gemeinsame Truppe gebildet – ebenfalls wie die Bundeswehrstruk- turreform und die NATO-Strategie nicht einmal Gegen- stand von Beratungen, geschweige denn transparenter Entscheidung im Parlament! In wieweit dies zusätzliches Personal bedeutet, kann ich zurzeit nicht verifizieren, scheint mir aber gerade wegen der Notwendigkeit, bei Krisenreaktionskräften in regelmäßigen Abständen die Kräfte auszutauschen, sehr wahrscheinlich. Mit Sicher- heit bedeutet es zusätzliche Ausrüstung, damit ein Wei- terdrehen der Rüstungsspirale statt des überfälligen Ausstiegs. „Die Krisenreaktionstruppe soll durch um- fangreiche Lufttransport- und Logistik-Einheiten ergänzt werden. Die Truppe soll für Einsätze von über einem Jahr in bis zu 4 000 Kilometern Entfernung bereitstehen“ heißt es in einer Agenturmeldung vom 22. September 2000. Ei- nen so weit gestreckten Aktionsradius kann ich mit mei- nem Verständnis von Landesverteidigung nicht vereinba- ren und muss schon deshalb gegen ein solches Projekt erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geltend ma- chen. An der europäischen Truppe hat der Verteidigungsmi- nister eine erhebliche Beteiligung zugesagt, Deutschland würde nach bisherigem veröffentlichten Stand gar den Löwenanteil übernehmen. In der Öffentlichkeit führt das zu besorgten Äußerungen – „Spiegel“, 48/2000 –: „Bei künftigen Krisen in Europa werden die Amerikaner ‚Ger- mans to the front’ rufen, anstatt eigene Spezialkräfte zu schicken. Und EU-Partner werden die starken Deutschen bei militärischen Abenteuern gern und womöglich oft um Hilfe bitten. Eine Berliner Regierung, die zudem offensiv einen ständigen Sitz im Uno-Sicherheitsrat anstrebt, könnte kaum noch nein sagen.“ Das sind Parameter für eine deutsche Militärpolitik, die ich nicht mittragen kann und will. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Monika Knoche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bun- desministeriums der Verteidigung (Tagesord- nungspunkt III. 16) Ich lehne den Verteidigungshaushalt ab. Das Parlament ist mit der Entscheidung über die Ausrichtung und Struk- tur einer reformierten Bundeswehr nicht befasst worden. Dieses Verfahren lässt mir als Abgeordnete im Deutschen Bundestag lediglich die Möglichkeit, meine Kritik beim Etat zum Ausdruck zu bringen. Hierbei geht es unter anderem darum, dass die Impli- kationen der Vorhaben der Privatisierung und Wirt- schaftskooperation im parlamentarischen Raum keiner oder jedenfalls keiner rechtzeitigen oder angemessenen parlamentarischen Beurteilung unterworfen werden. Auch langfristige Verpflichtungen zum Beispiel gegen- über den europäischen Partnern werden eingegangen, ohne dass über deren Inhalt und Umfang im Deutschen Bundestag befunden worden wäre. Hier zeichnen sich Ri- siken für einen erheblichen Aufwuchs des Verteidigungs- etats ab, was ich nachdrücklich ablehne. Ein solches Vor- gehen lässt sich weder mit meinem Selbstverständnis und meiner Verantwortung als Abgeordnete vereinbaren noch mit meinem Verständnis von der Aufgabe des Parlaments. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 200013340 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
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    Rede von Sabine Kaspereit


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kol-
    leginnen und Kollegen! Wenn heute im Zusammenhang
    mit dem Kanzleramtshaushalt auch über Probleme in den
    neuen Ländern – der Kanzler hat einiges dazu gesagt – ge-
    sprochen wird, muss auch über ein anderes sehr ernstes
    Thema gesprochen werden, nämlich über Sebnitz.

    Zu sehr haben uns die Nachrichten aus dem kleinen Ort
    im Süden Sachsens aufgewühlt. Mit welchem Ergebnis
    auch immer der Todesfall des kleinen Jungen aufgeklärt
    werden wird, selbst wenn es sich um einen tragischen




    Matthias Berninger

    13233


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Badeunfall gehandelt haben sollte, befürchte ich: Der
    Name Sebnitz wird ein Politikum bleiben.

    Angesichts solch ungeheuerlicher beängstigender Vor-
    würfe finde ich es durchaus angemessen, dass sich sowohl
    der Bundeskanzler als auch der sächsische Ministerpräsi-
    dent in ihrer jeweiligen Verantwortung des Falles ange-
    nommen haben.

    Die Vorgänge in Sebnitz gehen jedoch über den tragi-
    schen Tod des kleinen Jungen mit seinen noch ungeklär-
    ten Umständen weit hinaus. Lassen Sie mich stellvertre-
    tend für viele andere Berichte und Kommentare zu diesem
    Fall die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom vergan-
    genen Montag zitieren:

    Was immer in dem Freibad vor drei Jahren gesche-

    (die Schilderungen des Falles enthalten viele Widersprüche)

    Schlimmste denkbar ist. Schon die letzten Tage ha-
    ben es bewiesen. Die Existenz dieses Milieus ist auch
    die Erklärung für eine eigentlich unbegreifliche Roh-
    heit von Kindern und Jugendlichen, denen nicht ein-
    mal mehr der Tod das Herz erweicht. Diese Hasskul-
    tur ist nicht unmittelbares Erbe der DDR, an die sich
    die jungen Rechtsextremisten kaum erinnern kön-
    nen. Vielmehr hat sie das moralische Klima der
    Nachwendezeit hervorgebracht: das Selbstmitleid,
    das Opfergehabe, die Ressentiments und der Neid,
    die in den neuen Bundesländern gepflegt werden.

    Um es gleich vorweg zu sagen: Ich teile diese Analyse
    nicht. Das ist nicht meine Wahrnehmung von den Men-
    schen in den neuen Ländern. Das sind nicht meine Erfah-
    rungen im Umgang mit ihnen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    Selbstmitleid, Opfergehabe, Ressentiments und Neid sind
    nicht die Ingredienzen des moralischen Klimas der Nach-
    wendezeit. Ich halte das für falsch. Ich weiß, viele teilen
    diese Auffassung des „FAZ“-Kommentars. Sie ist weit
    verbreitet – weniger öffentlich als hinter vorgehaltener
    Hand, was noch schlimmer ist. Wir sollten uns daran ge-
    wöhnen, offen darüber zu reden und auch zu streiten.

    Ich muss gestehen, dass ich bei diesem Thema ein
    Stück ratlos bin. Ich weiß aber, dass eine solche Wahr-
    nehmung – sei sie berechtigt oder nicht – politische Ge-
    fahren für das Zusammenwachsen unseres Landes herauf-
    beschwört, die wir dringend abwenden müssen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    Es kann ja sein, dass wir uns – auch in diesem Hohen
    Hause – zu einseitig den materiellen und wirtschaftlichen
    Problemen des Aufbaus gewidmet und dabei die Frage ver-
    gessen haben, wie die Menschen das Tempo der Verände-
    rung überhaupt verarbeiten konnten.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn über das
    moralische Klima der Nachwendezeit gesprochen wird,
    dann kann man über eine der zentralen Klimastörungen
    nicht hinwegsehen, und das ist nun einmal die hohe
    Arbeitslosigkeit, die von den Menschen in den neuen

    Ländern subjektiv als bedrückender angesehen wird als
    anderswo.

    Während in Westdeutschland die Konjunktur den Ar-
    beitsmarkt voll erfasst hat, bleibt die Lage auf dem ost-
    deutschen Arbeitsmarkt nach wie vor bedrückend. Ein
    Viertel bis ein Drittel der arbeitsfähigen und arbeitswilli-
    gen Bevölkerung in den neuen Ländern ist ohne Arbeit.

    Der günstigere Verlauf der Arbeitslosenquoten ist vor
    allem durch die spürbare Ausweitung der staatlichen För-
    derung des zweiten Arbeitsmarktes bedingt, wie das Bei-
    spiel Brandenburg deutlich zeigt. Bei einem Wirtschafts-
    wachstum von nur 0,6 Prozent ist die Arbeitslosigkeit um
    6 Prozent gesunken. Dieser Rückgang korreliert nicht mit
    dem Wirtschaftswachstum, und wir sollten uns hier nichts
    vormachen. Die wirtschaftliche Entwicklung ist noch weit
    von einem Normalzustand entfernt.

    In letzter Zeit sind eine Reihe von Modellen zur För-
    derung von Geringqualifizierten entwickelt worden, um
    der so genannten Sozialhilfefalle zu entkommen. Die Er-
    fahrungen sind ermutigend, sodass ich hoffe, dass wir
    diese Instrumente bald flächendeckend anwenden kön-
    nen. Deshalb bleibt es richtig, die aktive Arbeitsmarkt-
    politik auf hohem Niveau fortzusetzen, so wie es die
    Bundesregierung getan hat. Es ist allemal besser, Arbeit
    statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Es ist allemal besser,
    Arbeitslose weiterzubilden oder zeitweise in öffentlich
    geförderten Beschäftigungsverhältnissen unterzubringen,
    als sie einer geregelten Tätigkeit vollständig zu entwöh-
    nen.

    Werte Kolleginnen und Kollegen, welche Handlungs-
    optionen bleiben Bund, Ländern und Gemeinden? Wel-
    cher finanzielle Spielraum existiert für mehr Beschäf-
    tigung? Die Verschuldungslage der neuen Länder ist
    heute nicht weniger dramatisch als die von Bund und
    alten Ländern. Beim Schuldenstand pro Kopf der Bevöl-
    kerung liegen die neuen Länder heute bereits im oberen
    Drittel. Auch das, meine Damen und Herren von der Op-
    position, ist eine Erblast Ihrer Regierung.

    Die Hälfte des Schuldenbergs haben die neuen Länder
    in der Zeit zwischen 1990 und 1994 aufgehäuft. Die da-
    malige Bundesregierung hatte bis zum Jahr 1994 mit den
    Dotierungen aus dem Fonds „Deutsche Einheit“ die
    ostdeutschen Länder und Gemeinden unterfinanziert. Sie
    hat damit die ostdeutschen Länder und Gemeinden in eine
    Schuldenfalle getrieben, aus der sie bis heute nicht he-
    rausgefunden haben.

    Der zwingend erforderliche Konsolidierungskurs seit
    Mitte der 90er-Jahre geht – das ist zu bedauern – ange-
    sichts des enormen Nachholbedarfs bei kommunalen
    Infrastrukturen zulasten der Investitionen. Eine solche
    Politik konterkariert die Bemühungen des Bundes, die In-
    frastrukturlücke zu schließen. Wir müssen heute erken-
    nen, dass sich aufgrund der wirtschaftlichen Schwäche,
    aufgrund des großen Nachholbedarfs und aufgrund der
    nach wie vor schweren Belastungen mit all den bekann-
    ten Folgewirkungen, die durch die 40-jährige Nach-
    kriegsentwicklung in Ostdeutschland verursacht wurden,
    die neuen Länder noch immer in einer Sonderlage befin-
    den, die mit den üblichen Instrumentarien der föderalen




    Sabine Kaspereit
    13234


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Finanzbeziehungen der alten Bundesrepublik nicht zu
    bekämpfen ist.

    Dass der Bund mehr als die Hälfte des Finanzvolumens
    im Länderfinanzausgleich schultert, dass 67 Prozent der
    Zuweisungen in die Flächenländer Ostdeutschlands
    fließen und gut 16 Prozent nach Berlin, ist genau dieser
    Sonderlage geschuldet.


    (Beifall bei der SPD)

    Ich kann nur davor warnen, einen ähnlichen Fehler wie

    Anfang der 90er-Jahre zu wiederholen. Die neuen Länder
    brauchen eine angemessene Finanzausstattung, um die ih-
    nen übertragenen Aufgaben zu erfüllen und den wirt-
    schaftlichen Aufbau fortzusetzen. Wir werden deshalb
    auch zehn Jahre nach der Wiedervereinigung eine Re-
    form des Länderfinanzausgleichs hinbekommen müs-
    sen, die dieser Sonderlage Rechnung trägt. Es ist geradezu
    eine Quadratur des Kreises, die zwingend gebotene Kon-
    solidierungspolitik des Bundes und der Länder mit der
    nicht weniger zwingend gebotenen Politik des wirtschaft-
    lichen Aufbaus in den neuen Ländern zu kombinieren.

    In diesem Sinne hat die neue Bundesregierung einige
    wichtige Anstöße gegeben. Es geht um die Schaffung von
    Chancengleichheit, um die Möglichkeit für die Men-
    schen, ihre Chance aktiv ergreifen zu können. Ich denke
    zum Beispiel an Inno-Regio. Ich gebe zu, dass wir noch
    nicht am Ende einer überfälligen Neuorientierung des
    Aufbaukonzeptes für Ostdeutschland stehen. Das gilt
    im Übrigen auch für Sie, meine Damen und Herren von
    der Union.

    Das 20-Punkte-Programm für den Aufbau Ost, das Sie
    am 21. Juni dieses Jahres der staunenden Öffentlichkeit
    vorgestellt haben, birgt wenig Überraschendes. Das meis-
    te davon ist bereits oder wird von der Bundesregierung im
    Haushalt 2001 umgesetzt.

    Da heißt es bei Ihnen zum Beispiel bei den kurzfristi-
    gen Maßnahmen – ich zitiere –:

    ... wirtschaftsnahe Infrastrukturmittel im Haushalt
    2001 erhöhen: Baukonjunktur stützen, Basis für pri-
    vate Investitionen verbessern.

    Ich kann nur sagen, das ist gut und mit Recht gefordert.
    Aber wir fordern nicht nur, wir machen es auch. Die Inves-
    titionsquote im Bundeshaushalt 2001 beträgt 12,2 Prozent.
    Sie liegt damit über den Quoten der Vorjahre.

    Wesentlichen Anteil daran hat das Zukunftsinvesti-
    tionsprogramm, das wir aus den Zinsersparnissen, die
    durch die Versteigerung der UMTS-Lizenzen möglich
    wurden, finanzieren. Die Investitionen in Ortsumgehun-
    gen, die Modernisierung der Schienenwege und die Ge-
    bäudesanierung schaffen und sichern zahlreiche Arbeits-
    plätze und fördern das Wachstum auch und gerade in den
    neuen Ländern.

    Ich zitiere weiter aus dem 20-Punkte-Programm:
    Marktchancen im Ausland nutzen: Sonderprogramm
    zur Exportförderung Ost sofort intensivieren.

    Richtig gefordert, kann ich nur sagen. Wir machen das
    auch.

    Ich zitiere weiter aus dem CDU-Papier:
    Wachsenden Wohnungsleerstand bekämpfen: Ent-
    lastung von Altschulden.

    Gut gefordert! Wir machen das. Wir stellen eine Altschul-
    denhilfe zur Entlastung von Wohnungsunternehmen be-
    reit, und zwar 60 Millionen DM bar und 640 Millio-
    nen DM als Verpflichtungsermächtigung.

    Weiter fordert die Union:
    Bilanz 10 Jahre Aufbau Ost ziehen: Förderkatalog
    Ost überarbeiten...

    Lesen Sie den Bericht der Regierung zum Stand der
    deutschen Einheit. Hier wird nichts mehr beschönigt, hier
    werden Fakten auf den Tisch gebracht, und hier ist auch
    der steinige Weg beschrieben, den wir in den neuen Län-
    dern noch vor uns haben.

    Weiter fordert die Union:
    Planungssicherheit für die Länder herstellen: Solidar-
    pakt II noch in dieser Legislaturperiode beschließen.

    Sie kennen die Festlegungen dieser Regierung und der sie
    tragenden Fraktionen. Es wird noch in dieser Legislatur-
    periode zu einem Abschluss des Gesetzgebungsverfah-
    rens zum Maßstäbegesetz, zum Finanzausgleichsgesetz
    und zur Fortsetzung des Solidarpaktes kommen.

    Die Union fordert, die Standortwerbung für Ostdeutsch-
    land im Ausland über 2001 hinaus zu verlängern. Sie wis-
    sen, dass ich mich dafür auch persönlich eingesetzt habe.
    Ich finde, dass das Industrial Investment Council eine
    gute Arbeit macht, und ich bin auch davon überzeugt, dass
    wir in dieser Frage bald eine positive Perspektive aufzei-
    gen können.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Lassen Sie mich jedoch noch einen Punkt ansprechen,

    der in den Haushaltsberatungen eine wichtige Rolle ge-
    spielt hat. Das ist die Erhöhung der Fördermittel für die
    Kultur. Zum einen halte ich die Erhöhung des Ansatzes
    für die Hauptstadtkultur für sehr gerechtfertigt. Zum an-
    deren konnten aber auch die im Regierungsentwurf vor-
    gesehenen Mittel in Höhe von 30 Millionen DM für das
    Aufbauprogramm „Kultur in den neuen Ländern“ auf
    60 Millionen DM erhöht werden.

    Jeder weiß inzwischen, welches steingewordene und
    ideelle Kulturerbe Ostdeutschland von Rügen bis Plauen
    zu bieten hat. Das ist ein Schatz, den es noch stärker als
    bisher zu hüten und zu aktivieren gilt.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich bin davon überzeugt: Die Entwicklung von Kultur

    und Wissenschaft als sanften Standortfaktoren wird in
    Zukunft für den Aufbau Ost wichtiger sein als steuerliche
    Sonderabschreibungen. Und hier schließt sich wieder der
    Kreis zu Sebnitz: Alle Förderung des Bundes und der Län-
    der für Ostdeutschland ist auf Sand gesetzt, wenn die po-
    litische Stabilität, wenn Recht und Freiheit der Menschen,
    auch und gerade von Minderheiten, in Frage gestellt wer-
    den.


    (Beifall bei der SPD)





    Sabine Kaspereit

    13235


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Die Menschen in Ostdeutschland haben in übergroßer
    Mehrheit begriffen, was manche dringend noch begreifen
    müssen: Jeder politische, jeder rassistisch motivierte, je-
    der ausländerfeindliche Anschlag ist ein Anschlag auf ihre
    eigene Stadt, auf ihre eigene Region, und es ist ein schwe-
    rer Rückschlag für Ostdeutschland und damit für uns alle.
    Das sollte jedem bewusst sein.


    (Beifall bei der SPD)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich gebe
dem Kollegen Günter Nooke für die CDU/CSU-Fraktion
das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Günter Nooke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Sehr
    verehrte Damen und Herren!

    10 Jahre nach der Herstellung der staatlichen Einheit
    ist die wirtschaftliche Lage in den neuen Ländern
    trotz Fortschritten in einzelnen Bereichen insgesamt
    nach wie vor unbefriedigend.
    Der Aufholprozess kam ... nicht nur zum Stillstand,
    sondern gemessen am Pro-Kopf-Einkommen fiel der
    Osten sogar zurück. ... die Produktion je Einwohner
    verharrt bei 61 % des Standes in Westdeutschland.
    Hinzu kommt, dass die Erwerbstätigenquote im ers-
    ten Arbeitsmarkt in Ostdeutschland mit 58 % inzwi-
    schen geringer als in Westdeutschland ist. Bezieht
    man die gestiegene Ausstattung Ostdeutschlands mit
    einem modernen Produktionsapparat auf die Zahl der
    Einwohner, die hier ersatzweise als Bezugsgröße für
    die Erwerbsfähigen stehen, so liegt die Anlagen-
    intensität noch weiter hinter der Westdeutschlands
    zurück. ...
    Soll die Produktivitätslücke weiter geschlossen wer-
    den, ohne dass dies über weitere Entlassungen er-
    reicht wird, muss der Kapitalstock im Osten für lange
    Zeit stärker zunehmen als im Westen. ...
    ... Die Infrastruktur weist noch immer erhebliche De-
    fizite im Vergleich zum Westen auf.
    Ostdeutschland bleibt auch in den kommenden Jah-
    ren auf finanzielle Zuschüsse aus Westdeutschland
    angewiesen. Die Entwicklung des Wirtschaftspoten-
    zials in Ostdeutschland liegt nicht nur im Interesse
    der neuen Länder, sondern auch im Interesse der al-
    ten Länder. Ein dauerhaftes Zurückbleiben der ost-
    deutschen Wirtschaft würde soziale Folgekosten aus-
    lösen, die letztlich der Westen tragen müsste. Der
    Staat muss dort seine Anstrengungen erhöhen, wo er
    unmittelbare Verantwortung zur Verbesserung der
    Qualität des Standortes Ostdeutschland trägt, näm-
    lich im Bereich der öffentlichen Infrastruktur.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind al-

    les Zitate aus dem Herbstgutachten der Wirtschaftswei-
    sen, im Oktober 2000 aufgeschrieben,


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    und ich habe bewusst diese abgewogenen Worte gewählt,
    damit man mir nicht unterstellt, ich würde hier irgend-
    welche Unwahrheiten über Ostdeutschland verbreiten.
    Aber wenn die Redner der Koalition, wie gestern Herr
    Spiller, gerade dieses Gutachten für die Erfolge der Bun-
    desregierung heranziehen und sich damit offensichtlich
    Autorität von unabhängiger Stelle beschaffen wollen, dann
    kann ich nur sagen: Sie haben nicht darüber nachgedacht.

    Wir als Opposition – von der einige vielleicht meinen,
    wir würden keine grundsätzliche Kritik an der Bundesre-
    gierung üben – kritisieren die Bundesregierung an diesem
    Punkt grundsätzlich. Der Aufbau Ost ist eine total offene
    Flanke der Bundesregierung.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Hier können wir schon als Halbzeitbilanz ganz klar fest-
    stellen, dass die Bundesregierung auf der ganzen Linie
    versagt hat. Ein Gegensteuern, das dringend notwendig
    wäre, ist ausgeblieben. Sie haben gehört, wie die Ent-
    wicklung beschrieben wird.

    Wie wird eine solche Haushaltsdebatte in den neuen
    Bundesländern wahrgenommen? Dazu kann ich Ihnen,
    Frau Kaspereit, nur sagen: Das, was Sie hier auch zu Seb-
    nitz gesagt haben, war unzureichend.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Uns allen geht der Tod eines Menschen zu Herzen. Auch
    ist es wichtig, dass so etwas zuerst genannt wird. Aber es
    ist nicht angebracht, sich beim Thema Ostdeutschland nur
    auf diesen Teil der Debatte zu konzentrieren und die Öf-
    fentlichkeit ihren Gefühlen zu überlassen. Emotionen an-
    stelle klaren Verstandes sind als kritikwürdig anzusehen.
    Die Debatte über Rechtsextremismus in den neuen Bun-
    desländern ist etwas, was einer differenzierten Analyse
    bedarf. Die Stadt Sebnitz in Sachsen und mit ihr die neuen
    Bundesländer sind hier in unverantwortlicher Weise in
    Verruf gebracht worden.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wie bei dem Fall Joseph, bei dem in keiner Weise be-

    legt ist, ob es sich überhaupt um Mord handelt, wissen ei-
    nige immer schon vorher, was sich genau abgespielt hat
    und was die Motive waren. Ich finde das unglaublich. Es
    kommt einem schon der Gedanke, dass Ihnen diese De-
    batte gar nicht so ungelegen kommt, weil dann alle mit
    Ostdeutschland Rechtsextremismus und nicht das Schei-
    tern der Bundesregierung beim Aufbau Ost verbinden.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Sabine Kaspereit [SPD]: Das ist eine unverschämte Unterstellung!)


    Die Menschen im Osten Deutschlands haben über Ihre
    Politik übrigens schon längst abgestimmt. Sie haben sich
    aus dem Osten verabschiedet. Nie war die Abwande-
    rungsrate der Ostdeutschen, die in den Westen oder so-
    gar ins Ausland gehen, so hoch wie zu dieser Zeit. Sie soll-
    ten diese Entwicklung als Warnsignal auffassen und sich
    zu Herzen nehmen, was dort tatsächlich über Ihre Politik
    gedacht wird. Ohne die Menschen ist nämlich in unserem
    Land kein Staat zu machen und ohne die Menschen im
    Osten unseres Landes ist auch der Aufbau Ost sinnlos. Ich
    will nicht die zynische Frage stellen, ob die Regierung das




    Sabine Kaspereit
    13236


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    vielleicht schon genauso sieht und deshalb nichts mehr
    tut.

    Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der mir be-
    sonders wichtig ist. Wenn sich die Menschen abwenden,
    dann hat das damit zu tun, dass die Kluft zwischen Ost
    und West größer wird. Die neuen Länder, einschließlich
    Berlin, hatten 1998 ein Wirtschaftswachstum von
    0,6 Prozent. In den alten Bundesländern betrug es gleich-
    zeitig immerhin 2,3 Prozent. Dem Wachstum von knapp
    1 Prozent in den neuen Bundesländern steht 1999 ein
    Wachstum von fast 1,5 Prozent im Westen gegenüber. Wie
    immer man es dreht: Wirtschaftsforscher rechnen erst bei
    einem Wachstum von mehr als 3 Prozent mit echten Ar-
    beitsplatzeffekten.

    Damit ist klar: Wirtschaftspolitisch und arbeitsmarkt-
    politisch hat die Bundesregierung versagt. Ein Vergleich:
    Allein Bayern, Herr Glos, steuert mit knapp 17 Prozent
    bereits mehr zum gesamtdeutschen Bruttoinlandsprodukt
    bei als alle Ostländer und Berlin zusammen. Das kann uns
    bei einer Debatte über die grundsätzliche Politik der Bun-
    desregierung und zum Haushalt des Jahres 2001 nicht kalt
    lassen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wenn Sie dann noch eine Broschüre herausbringen, die

    „Zehn Jahre vereint – Deutschland 2000“ heißt, und damit
    das Geld in Propagandamaßnahmen stecken – eine Direkt-
    investition wäre besser gewesen, als Geschichtsklitterung
    zu betreiben –, dann habe ich schon Mühe, zu erkennen, ob
    es Ihnen an dieser Stelle mit den Menschen und dem Auf-
    bau Ost wirklich Ernst ist.

    Sie haben im vergangenen und in diesem Jahr jeweils
    2,75 Milliarden DM aus dem Haushalt gestrichen. Das ist
    wohl so etwas wie rot-grüne Kontinuität. Aus gutem
    Grund hat sich das Kanzleramt bis zum heutigen Tage ge-
    weigert, eine exakte Gesamtauflistung der Transferzah-
    lungen für die neuen Bundesländer für diesen Haus-
    halt 2001 überhaupt vorzulegen.

    300 Millionen DM werden bei der Wirtschaftsförde-
    rung gekürzt, 2 Milliarden DM bei der Infrastrukturför-
    derung. Das ist meines Erachtens ein unglaublicher Vor-
    gang, der wirklich von einem totalen Ausfall des
    Gesichtsfeldes in Bezug auf den Osten zeugt. Wenn dann
    noch der Bundeskanzler vor wenigen Tagen das eingangs
    zitierte Wirtschaftsgutachten des Sachverständigenrates
    als Bestätigung seiner Politik verkauft hat, dann weiß ich
    nicht, wie das in den neuen Bundesländern verstanden
    werden soll.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Ich bin mit den Kürzungen im Haushalt nicht einver-

    standen. Gerade mit den Zinseinsparungen aus dem Ver-
    kauf der UMTS-Lizenzen hätte die Möglichkeit bestan-
    den, ein Zeichen zu setzen. Wir haben einen Antrag
    gestellt, die Hälfte der Erlöse aus der Verkaufssteigerung
    der Mobilfunklizenzen als Signal für den Aufbau Ost ein-
    zusetzen.


    (Hans Georg Wagner [SPD]: 50 Milliarden? Und dann die Schulden weiter machen, oder wie? – Weiterer Zuruf von der SPD: Wieder ein neuer Vorschlag aus der Union!)


    Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich zum Aufholprozess
    in den neuen Bundesländern hinsichtlich Infrastruktur,
    Bildung, Universitäten, Schulen usw. klar äußern würden.
    Das ist leider nicht passiert.


    (Sabine Kaspereit [SPD]: Einigen Sie sich in Ihrer Fraktion erst einmal über den Antrag! – Hans Georg Wagner [SPD]: Der Herr Merz hat was anderes gesagt!)


    – Wir haben den Antrag gestellt und Sie haben abgelehnt.
    Damit haben Sie sich klar dazu geäußert, wie Sie den Auf-
    bau Ost sehen. Herr Schwanitz hat sogar noch vor laufen-
    den Kameras erklärt: Die Gesundung des Haushalts hat
    Vorrang. – Nur zur Erinnerung: Herr Schwanitz, Sie sind
    nicht Haushaltssanierungsminister, sondern Sie sind vom
    Kanzler als Aufbau-Ost-Minister eingesetzt worden.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Natürlich soll ein solcher Ostbeauftragter nicht ein-

    fach nur Geld ausgeben; er soll den effizienten Mittelein-
    satz durchaus kontrollieren. Aber seine eigentliche Auf-
    gabe muss es doch sein, politische Akzente für den
    Aufbau Ost zu setzen und sich beim Finanzminister
    Gehör zu verschaffen und durchzusetzen. Aber davon ist
    überhaupt nichts zu merken – leider auch hier totale Fehl-
    anzeige.

    Damit Sie sich nicht nur ärgern, will ich als Letztes auf
    einen wichtigen Punkt hinweisen: Vielleicht sollten wir
    noch einmal grundsätzlich über den Aufbau Ost sprechen
    und darüber nachdenken, wie wir das am besten angehen
    wollen. Lassen Sie mich dabei fragen, ob die Begriffe
    Aufbau Ost und Aufholjagd die wir verwenden, überhaupt
    richtig sind. Das Bild der Aufholjagd suggeriert nämlich,
    dass die neuen Länder keine andere Chance haben, als den
    alten Ländern hinterherzuhecheln und dabei die demoti-
    vierende Erfahrung zu machen, dass der Abstand größer
    wird.

    Ich halte es für sinnvoll – ich beziehe mich dabei auf
    eine Überlegung des sächsischen Ministerpräsidenten
    Kurt Biedenkopf –, zu fragen, wo Deutschland und damit
    auch die neuen Bundesländer im Jahre 2015 stehen sollen.
    Eine Antwort darauf hätte den entscheidenden Vorteil,
    dass die neuen Bundesländer, ausgehend von ihren Stär-
    ken und Schwächen, eigene, vielleicht auch neue Wege zu
    diesem Ziel gehen könnten.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Darüber hinaus wird das auch der immer differenzierteren
    Situation in den neuen Bundesländern selbst gerecht, zum
    Beispiel zwischen Sachsen und Mecklenburg-Vorpom-
    mern und in Berlin.

    Die Politik der Bundesregierung zulasten des Ostens
    wird sich rächen. Wer nicht mit Herzblut und vollem Ein-
    satz für die neuen Länder kämpft, verliert.


    (Hans Georg Wagner [SPD]: „Zulasten des Ostens“? Das ist doch absoluter Quatsch, was Sie hier reden!)


    Aufbau Ost ist so etwas wie Rudern gegen den Strom.

    (Hans Georg Wagner [SPD]: Dann rudern Sie doch mal!)





    Günter Nooke

    13237


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    – Ja, hören Sie doch einmal zu: Wer nicht energisch ru-
    dert, der fällt zurück. Das beobachten wir seit zwei Jah-
    ren. Denn der Rest der Welt wartet nicht. Auch das Wirt-
    schaftswachstum in Europa, zum Beispiel in den mittel-
    und osteuropäischen Ländern, geht weiter.


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Zehn Jahre hatten Sie Zeit zum Rudern!)


    Das Schlimmste, was passieren kann, ist nämlich, dass die
    neuen Länder nicht zum Scharnier und Sprungbrett wer-
    den, sondern einfach unter die Räder kommen.

    Es geht darum, dass wir in der zukünftigen Entwick-
    lung überhaupt eine Chance haben. Da gibt es viele kon-
    krete Probleme. Ich habe den Staatsminister gebeten, in
    Bezug auf die Interreg-III-Förderung in Brüssel einmal
    nachzufragen, warum die Gelder erst im Sommer 2001
    ausgezahlt werden können. Denn anderthalb Jahre, in de-
    nen das Geld zur Verfügung stehen müsste, können so
    nicht genutzt werden.

    Ich könnte noch viele andere Punkte anführen. Ich
    glaube, wir müssen uns klar machen: Die Mittel, die heute
    für Investitionen nicht zur Verfügung stehen, werden in
    einigen Jahren in doppelter Höhe für Sozialtransfers zur
    Verfügung stehen müssen. Insofern muss für den Aufbau
    Ost jetzt mehr getan werden. Dafür haben Sie die zweite
    Hälfte Ihrer Regierungszeit noch zur Verfügung – mehr si-
    cher nicht.

    Danke.

    (Beifall bei der CDU/CSU – Hans Georg Wagner [SPD]: So ein Schwachsinn!)