Rede:
ID1413602100

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 10
    1. Ich: 1
    2. erteiledas: 1
    3. Wort: 1
    4. der: 1
    5. Kollegin: 1
    6. Sabine: 1
    7. Kaspereit: 1
    8. für: 1
    9. die: 1
    10. SPD-Frak-tion.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Begrüßung des schweizerischen Bundespräsi- denten und Vorstehers des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölke- rungsschutz und Sport, Herrn Bundesrat Adolf Ogi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13193 D Tagesordnungspunkt III (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Drucksachen 14/4000, 14/4302) . . . . 13187 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Finanz- plan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksachen 14/4001, 14/4301, 14/4524) 13187 B Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 14/4504, 14/4521) . . . . . . . 13187 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13187 D Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13194 A Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 13197 D Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13199 A Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13204 B Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13210 C Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 13214 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13223 B Ludwig Stiegler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13231 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13231 C Sabine Kaspereit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13233 D Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13236 A Lothar Mark SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13238 B Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . 13239 D Klaus Hagemann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13241 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 13242 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13242 C Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 14/4505, 14/4521) . . . . . . . 13245 A Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13245 A Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 13247 C Dr. Werner Hoyer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 13251 B Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13253 C Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 13255 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 13256 D Ursula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13260 C Marion Caspers-Merk SPD . . . . . . . . . . . . . . 13262 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 13263 D Volkmar Schultz (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . 13265 D Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 14/4513, 14/4521) . . . . . . . 13267 A Plenarprotokoll 14/136 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 136. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 I n h a l t : Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 13267 C Volker Kröning SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13269 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . . . . . 13273 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13276 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13277 D Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13278 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . 13280 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13281 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . 13283 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13284 C Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13285 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13287 A Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 13287 B Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13290 B Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13290 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13291 B Namentliche Abstimmungen 13293 A, 13293 A, 13298 B Ergebnisse . . . . . . 13293 D, 13296 A, 13301 C Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Drucksachen 14/4509, 14/4521) . . . . . . . 13298 B Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13298 D Manfred Hampel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13303 B Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13306 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13308 D Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13310 D Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . 13312 B Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . . . . . 13314 C Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13316 A Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 13316 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13319 B Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 13320 C Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 14/4517, 14/4521) . . . . . . . 13322 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13322 D Dr. Emil Schnell SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13324 D Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU 13325 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13327 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13329 B Carsten Hübner PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13331 B Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13332 C Detlev von Larcher SPD . . . . . . . . . . . . . 13333 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . . . . . . . 13335 B Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13337 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13338 C Berichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13338 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 13339 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Haushaltsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststel- lung des Bundeshaushaltsplans für das Haus- haltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bundes- ministeriums der Verteidigung (Tagesordnungs- punkt III. 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13339 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Monika Knoche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur Abstimmung über die Beschlussem- pfehlung des Haushaltsausschusses zum Ent- wurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (Tagesordnungspunkt III. 16) 13340 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 Klaus-Jürgen Hedrich 13338 (C) (D) (A) (B) Berichtigungen 133. Sitzung, Seite 12861 (D) zweiter Absatz, der zweite Satz ist wie folgt zu lesen: „Diese 3,5 Millionen DM sind insofern verstetigt, als sie einen Ver- trag zwischen zwei förderalen Institutionen – zwischen Bund und Land – betreffen und Personalkosten sind.“ 135. Sitzung, Seite 13152 (B) vierter Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Deshalb habe ich Herrn Austermann im Ohr, der vorhin behauptet hat, wir würden im Interesse der Haushaltskonsolidierung keine Ausgaben- beschränkung vornehmen, keine Ausgabendisziplin üben.“ 135. Sitzung, Seite 13155 (D) erster Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Also lassen Sie das doch mit der Leitgeschichte und bleiben Sie bes- ser bei Herrn Stoiber, der zu Recht auf Bayerisch gesagt hat: D’Leit brauch’n a Kultur.“ Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 2000 13339 (C) (D) (A) (B) Balt, Monika PDS 29.11.2000 Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 29.11.2000 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 29.11.2000* Klaus Burchardt, Ursula SPD 29.11.2000 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 29.11.2000 Frick, Gisela F.D.P. 29.11.2000 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 29.11.2000 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 29.11.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 DIE GRÜNEN Holetschek, Klaus CDU/CSU 29.11.2000 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 29.11.2000 Kramme, Anette SPD 29.11.2000 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 29.11.2000* Erich Müller (Berlin), PDS 29.11.2000 Manfred Pau, Petra PDS 29.11.2000 Reiche, Katherina CDU/CSU 29.11.2000 Schenk, Christina PDS 29.11.2000 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 Irmingard DIE GRÜNEN von Schmude, Michael CDU/CSU 29.11.2000 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 29.11.2000 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ 29.11.2000 DIE GRÜNEN Wiese (Hannover), SPD 29.11.2000 Heino Wohlleben, Verena SPD 29.11.2000 Wülfing, Elke CDU/CSU 29.11.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bun- desministeriums der Verteidigung (Tagesord- nungspunkt III. 16) Ich lehne den Verteidigungshaushalt ab. Das Parlament ist von der ihm zustehenden Beratung und Entscheidung über die Ausrichtung und Struktur einer reformierten Bundeswehr praktisch enteignet worden. Dieses vorde- mokratische Verfahren lässt mir als Abgeordnete im Deut- schen Bundestag lediglich die Möglichkeit, meine Kritik beim Etat zum Ausdruck zu bringen. Hierbei geht es zum einen darum, dass ich eher aus der Presse als aus den dafür zuständigen Gremien über Vor- haben der Privatisierung und Wirtschaftskooperation er- fahre, deren Implikationen im parlamentarischen Raum keiner oder jedenfalls keiner rechtzeitigen oder angemes- senen parlamentarischen Beurteilung unterworfen wer- den. Auch langfristige Verpflichtungen zum Beispiel ge- genüber den europäischen Partnern werden eingegangen, ohne dass über deren Inhalt und Umfang im Deutschen Bundestag befunden worden wäre. Hier zeichnen sich Ri- siken für einen erheblichen Aufwuchs des Verteidigungs- etats ab, was ich nachdrücklich ablehne. Ein solches Vor- gehen lässt sich weder mit meinem Selbstverständnis und meiner Verantwortung als Abgeordnete vereinbaren noch mit meinem Verständnis von der Würde des Parlaments. Zum anderen: Der in der Verfassung festgeschriebene Auftrag der Bundeswehr ist die Landesverteidigung. Wenn jetzt der Fokus auf „Bündnisverteidigung“ erwei- tert bzw. verlagert wird, bedeutet das statt einem Abbau der angriffsfähigen Verbände einen Ausbau der Krisenre- aktionskräfte. Die Armee wird auf Interventionsfähigkeit umgebaut – warum und für was? Auch der Kosovo-Krieg wäre nach offizieller Diktion unter „Bündnisverteidi- gung“ subsumiert worden, die aktuelle NATO-Strategie – übrigens genau wie die Bundeswehrstrukturreform zwar von tief greifender Bedeutung, aber ohne parlamen- tarische Befassung – geht von militärischen Präventiv- schlägen – zum Beispiel zur „Vermeidung von Flücht- lingströmen“ – aus. An ein UN-Mandat als Voraussetzung ist eine solche Intervention nicht gebunden. Auf der europäischen Ebene wird eine gemeinsame Truppe gebildet – ebenfalls wie die Bundeswehrstruk- turreform und die NATO-Strategie nicht einmal Gegen- stand von Beratungen, geschweige denn transparenter Entscheidung im Parlament! In wieweit dies zusätzliches Personal bedeutet, kann ich zurzeit nicht verifizieren, scheint mir aber gerade wegen der Notwendigkeit, bei Krisenreaktionskräften in regelmäßigen Abständen die Kräfte auszutauschen, sehr wahrscheinlich. Mit Sicher- heit bedeutet es zusätzliche Ausrüstung, damit ein Wei- terdrehen der Rüstungsspirale statt des überfälligen Ausstiegs. „Die Krisenreaktionstruppe soll durch um- fangreiche Lufttransport- und Logistik-Einheiten ergänzt werden. Die Truppe soll für Einsätze von über einem Jahr in bis zu 4 000 Kilometern Entfernung bereitstehen“ heißt es in einer Agenturmeldung vom 22. September 2000. Ei- nen so weit gestreckten Aktionsradius kann ich mit mei- nem Verständnis von Landesverteidigung nicht vereinba- ren und muss schon deshalb gegen ein solches Projekt erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geltend ma- chen. An der europäischen Truppe hat der Verteidigungsmi- nister eine erhebliche Beteiligung zugesagt, Deutschland würde nach bisherigem veröffentlichten Stand gar den Löwenanteil übernehmen. In der Öffentlichkeit führt das zu besorgten Äußerungen – „Spiegel“, 48/2000 –: „Bei künftigen Krisen in Europa werden die Amerikaner ‚Ger- mans to the front’ rufen, anstatt eigene Spezialkräfte zu schicken. Und EU-Partner werden die starken Deutschen bei militärischen Abenteuern gern und womöglich oft um Hilfe bitten. Eine Berliner Regierung, die zudem offensiv einen ständigen Sitz im Uno-Sicherheitsrat anstrebt, könnte kaum noch nein sagen.“ Das sind Parameter für eine deutsche Militärpolitik, die ich nicht mittragen kann und will. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Monika Knoche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001); hier: Einzelplan 14 – Geschäftsbereich des Bun- desministeriums der Verteidigung (Tagesord- nungspunkt III. 16) Ich lehne den Verteidigungshaushalt ab. Das Parlament ist mit der Entscheidung über die Ausrichtung und Struk- tur einer reformierten Bundeswehr nicht befasst worden. Dieses Verfahren lässt mir als Abgeordnete im Deutschen Bundestag lediglich die Möglichkeit, meine Kritik beim Etat zum Ausdruck zu bringen. Hierbei geht es unter anderem darum, dass die Impli- kationen der Vorhaben der Privatisierung und Wirt- schaftskooperation im parlamentarischen Raum keiner oder jedenfalls keiner rechtzeitigen oder angemessenen parlamentarischen Beurteilung unterworfen werden. Auch langfristige Verpflichtungen zum Beispiel gegen- über den europäischen Partnern werden eingegangen, ohne dass über deren Inhalt und Umfang im Deutschen Bundestag befunden worden wäre. Hier zeichnen sich Ri- siken für einen erheblichen Aufwuchs des Verteidigungs- etats ab, was ich nachdrücklich ablehne. Ein solches Vor- gehen lässt sich weder mit meinem Selbstverständnis und meiner Verantwortung als Abgeordnete vereinbaren noch mit meinem Verständnis von der Aufgabe des Parlaments. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 136. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. November 200013340 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Matthias Berninger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erinnere
    mich noch gut an die Debatte, als dieser Haushalt von der
    Bundesregierung eingebracht wurde. Damals hat der Kol-
    lege Merz die alte Bundesregierung in ein gutes Licht
    gerückt und die neue kritisiert, sie habe die deutsche Ein-
    heit nicht gewollt. Ich will daran einmal anknüpfen, Herr
    Kollege Merz, weil Sie in Ihrer Rede einen Punkt ange-
    sprochen haben, an dem Sie eine große Verantwortung
    dafür tragen, dass wir 4,7 Millionen Arbeitslose von der
    alten Bundesregierung übernehmen mussten.

    Der Kollege Merz steht nämlich einer Fraktion vor,
    die die deutsche Einheit über die Lohnnebenkosten fi-
    nanziert hat. Von 1990 bis zum Regierungswechsel sind
    die Lohnnebenkosten in Deutschland um 6,5 Prozent ge-
    stiegen. Um es anders zu formulieren: Pro Monat wurden
    den Beschäftigten und denen, die sie beschäftigt haben,
    300 DM aus der Tasche gezogen, um die deutsche Ein-
    heit zu finanzieren. Von jemandem, der so etwas tut, las-
    sen wir uns keine Ratschläge dazu geben, wie man die
    Lohnnebenkosten senkt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich finde Ihre Ratschläge aus einem zweiten Grund
    verlogen. Es vergeht kein Tag, an dem die Union nicht
    über die Ökosteuer polemisieren würde. Ich stelle fest:
    Ohne die Ökosteuer wären die Lohnnebenkosten in Schwin-
    del erregender Höhe und wir hätten keinen Rückgang der
    Arbeitslosigkeit, sondern im Gegenteil eine Verschärfung
    des Problems.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Ich finde, Sie sollten sich einmal überlegen, wie das, was
    Sie fordern, bezahlt werden kann. Denn gleichzeitig die
    Abgaben zu senken und die Ökosteuer abzuschaffen funk-
    tioniert nicht. Dazu hat schon Adam Riese einiges Ver-
    nünftiges gesagt.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Deshalb lassen wir uns von der Union auch hierzu keine
    guten Ratschläge erteilen.

    Herr Kollege Merz, eine Fraktion, die damals in der
    Regierungsverantwortung nichts dagegen hatte, auf der
    einen Seite Millionen Spenden zu nehmen und auf der an-
    deren Seite zum Beispiel aus den Eisenbahnerwohnun-
    gen ein Schnäppchen zu machen und sie weit unter Wert
    verkaufen zu wollen, sollte sich hier nicht hinstellen und
    der SPD oder irgendeiner anderen Fraktion vorwerfen, sie
    sei käuflich. Das halte ich für eine Unverschämtheit. Sie
    brauchen sich nur einmal anzuschauen, was sich noch vor
    zwei Jahren allein bei dem kleinen Thema Eisenbahner-
    wohnungen abgespielt hat.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Der dritte Punkt. Hier spielen Sie sich auf und sagen,
    die gesetzliche Krankenversicherung werde ein großes
    Problem. Es war die CDU, die die Gesundheitsreform




    Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

    13231


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    am Ende im Bundesrat blockiert hat. Warum? Weil sie
    zum Beispiel nicht wollte, dass man im Bereich der Kran-
    kenhäuser eine vernünftige Strukturpolitik macht, dass
    man dort Kosten spart, was die Beiträge gesenkt hätte,
    und stattdessen kleinliche und kleinkarierte Strukturpoli-
    tik gemacht hat. Auch deshalb lassen wir uns von Ihnen
    keine Ratschläge erteilen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    So leicht lassen wir es Ihnen, lieber Herr Kollege Merz,
    nicht durchgehen, dass Sie sich hier hinstellen und der
    Bundesregierung wirtschaftspolitisch kluge Ratschläge
    erteilen wollen.

    Sie müssen sich außerdem mit Ihren Fraktionskollegen
    einig werden, von welchen Zahlen Sie ausgehen. Es tut
    Ihnen nämlich regelrecht weh, dass wir zunächst ein Be-
    schäftigungswachstum von 1 Prozent, dann von 1,5 Pro-
    zent und im nächsten Jahr wiederum von 1,5 Prozent ha-
    ben. Deshalb redet Herr Merz so schlecht und sagt, die
    Zahlen kämen nur zustande, weil 1,8 Millionen geringfü-
    gig Beschäftigte in die Statistik hineingerechnet worden
    seien. Ihr Kollege Rauen – auch wenn er nicht zuhört – hat
    gestern in der Debatte gesagt, es seien 140 000 gewesen.
    Ich finde, Sie sollten erst einmal intern klären, von wel-
    chen Zahlen Sie ausgehen, statt der Bundesregierung vor-
    zuwerfen, sie würde keine erfolgreiche Politik machen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Man kann es am Arbeitsmarkt sehen. Man kann sehen,
    dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland, die fast 5 Mil-
    lionen erreicht hatte, sich nun den 3 Millionen nähert.
    Aber auch 3 Millionen Arbeitslose sind uns noch zu viel.
    Wir lassen uns unsere Politik in dieser Beziehung von Ih-
    nen nicht kaputtreden.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wir wissen, dass die Senkung der Arbeitslosigkeit
    nicht von selbst kommt, sondern dass gezielte Reformen
    notwendig sind. Es war notwendig, die Staatsverschul-
    dung zurückzuführen. Es war notwendig, eine Steuerre-
    form zu machen, die die Unternehmen und die kleinen
    und mittleren Einkommen entlastet, um die Arbeitslosig-
    keit in den Griff zu bekommen. Es wird auch notwendig
    sein, die Lohnnebenkosten weiter zu senken. Deshalb ha-
    ben sich die Koalitionsfraktionen darauf verständigt, die
    Lohnnebenkosten noch in dieser Legislaturperiode auf
    unter 40 Beitragspunkte zu senken. Warum wollen wir
    das? Weil das dazu führt, dass diejenigen, die nach wie vor
    zu hohe Belastungen haben – die sie aber nicht wegen uns
    haben, sondern weil wir sie geerbt haben –, mehr Geld in
    die Tasche bekommen. Wir wollen erreichen, dass die
    kleinen Leute bis zu 1 000, 1 200, 1 300 DM mehr Geld
    in der Tasche haben, damit erstens diese Menschen das
    Geld verkonsumieren können, wodurch neue Arbeits-
    plätze entstehen, und zweitens die Unternehmen mehr Be-
    reitschaft zeigen, neue Leute einzustellen, weil Arbeit in
    Deutschland wieder bezahlbar wird.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Das ist das, was diese Regierung will. Sie haben das ge-
    naue Gegenteil davon gemacht.

    Mich ärgert maßlos, dass Sie hier zwar detaillierte Vor-
    schläge darüber unterbreiten, wie man das Arbeitsrecht an
    der einen oder anderen Stelle ändern kann. Bei der Ren-
    tenreform aber, mit der wir verhindern wollen, dass die
    Lohnnebenkosten explodieren, blockieren Sie. Wie ein
    Naseweis stellen Sie an einem Tag die erste Forderung.
    Wenn diese erfüllt wird, kommt am nächsten Tag die
    zweite und am übernächsten Tag die dritte Forderung. Sie
    wollen sich nicht an der Rentenreform beteiligen, weil Sie
    daraus parteipolitischen Honig saugen wollen.

    Ich kann Ihnen nur sagen: Die Antwort darauf wird
    sein, dass die Koalition ohne Sie eine Rentenreform ver-
    abschieden wird, mit der die Beiträge stabil gehalten wer-
    den, die jungen Menschen nicht über Gebühr belastet
    werden und mit der auch den alten Menschen eine ver-
    lässliche Rente präsentiert wird. Das wird unsere Ant-
    wort darauf sein, dass Sie mit uns Katz und Maus spielen
    wollen; auch das muss man Ihnen einmal deutlich sagen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich bin der Meinung, dass wir das, was Sie hier veran-
    stalten, wirklich nicht nötig haben. Wenn es Ihnen wirk-
    lich Ernst ist mit einer vernünftigen Rentenreform, sollten
    Sie an den Verhandlungstisch zurückkehren, den Sie ver-
    lassen haben. Denn das ist das Problem. Es ist nicht so,
    dass die Bundesregierung keinen Konsens will. Vielmehr
    will ihn die Union nicht.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Sie behaupten jetzt, dass der Vorschlag zu einer priva-

    ten Altersvorsorge ursprünglich von Ihnen gekommen
    sei. Den Gedanken einer privaten Vorsorge hat es unter
    Blüm nie gegeben. Das ist keine Erfindung der alten
    Bundesregierung. Herr Blüm hat einen Rentenreformvor-
    schlag gemacht, mit dem diejenigen, die ein geringes Ein-
    kommen haben, nicht im Geringsten im Hinblick auf eine
    private Vorsorge unterstützt worden wären. Das war nie
    Ihre Politik. Also tun Sie jetzt nicht so, als würden wir et-
    was, was Sie ursprünglich gefordert haben, in schlechte-
    rer Form übernehmen. Das Gegenteil ist der Fall: Die jet-
    zige Bundesregierung wird die private Altersvorsorge für
    viele Menschen, die über ein kleines oder mittleres Ein-
    kommen verfügen, attraktiv machen. Auch das war der
    Union so fern wie nur irgendetwas, als sie noch die Re-
    gierungsverantwortung trug.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wir werden im nächsten Jahr in der aktiven Arbeits-
    marktpolitik Spielräume für eine Senkung der Lohn-
    nebenkosten haben. In diesem Jahr ist es mitnichten so,
    dass wir für die aktive Arbeitsmarktpolitik weniger aus-
    geben. Pro Arbeitslosen geben wir im Rahmen der aktiven
    Arbeitsmarktpolitik nicht mehr nur 12 000 DM, sondern
    sogar 12 500 DM aus, weil wir diese Menschen nicht im
    Regen stehen lassen wollen, wie Sie das mit Ihrem Gesetz
    getan haben, das den Arbeitsmarkt vor der Wahl ein we-
    nig korrigieren sollte und das nach der Wahl wieder abge-
    schafft werden sollte.




    Matthias Berninger
    13232


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Das tun wir nicht. Trotz der Tatsache, dass die Arbeits-
    losigkeit sinkt, meinen wir, dass die aktive Arbeitsmarkt-
    politik weiter ein wichtiger Punkt ist. Aber – das muss
    man hinzufügen – am Ende wird uns im nächsten Jahr die
    sinkende Arbeitslosigkeit Spielräume dafür geben – vor
    allem dann, wenn wir die durch die Einmalzahlungen ent-
    standenen Belastungen nicht mehr haben –, den Beitrag
    für die Arbeitslosenversicherung auf ein Niveau abzu-
    senken, das sich am Ende in den Taschen der kleinen
    Leute bemerkbar macht.

    Die Senkung der Lohnnebenkosten hat nichts mit neo-
    liberaler Politik zu tun, wie einige immer meinen. Das ist
    vielmehr eine Reform, die den kleinen Leuten zugute
    kommt. Von ihr profitieren diejenigen, die Lohnneben-
    kosten zu zahlen haben, am meisten.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Davon lassen wir uns nicht abbringen und wir lassen uns
    schon gar nicht Ratschläge von denjenigen erteilen, die
    die Lohnnebenkosten in die Höhe getrieben haben.

    Kollege Brüderle steht hier stellvertretend für 30 Jahre
    Regierungsverantwortung.


    (Rainer Brüderle [F.D.P.]: Ach ja! Hochintelligent! – Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist zu viel des Guten: 30 Jahre für Herrn Brüderle!)


    Die F.D.P. war immer für Steuer-, Abgaben- und Schul-
    denerhöhungen. Ihre gesamte Regierungszeit hat zu der
    schlechten Bilanz geführt, die wir jetzt wegzuräumen ha-
    ben, und dafür stehen Sie.


    (Rainer Brüderle [F.D.P.]: Sie sind ein Opfer der Bildungspolitik!)


    Insofern ärgere ich mich darüber, dass Sie meinten, sich
    heute Morgen – das ist ja schon ein bisschen her – hier
    hinstellen und gute Ratschläge erteilen zu müssen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Sie bekommen keinen Mittelstandspreis dafür, dass Sie

    am Ende im Bundesrat der notwendigen Steuerreform zur
    Zustimmung verholfen haben. Den Mittelstandspreis be-
    kommen diejenigen – Christine Scheel bekommt ihn stell-
    vertretend für sie –,


    (Rainer Brüderle [F.D.P.]: Da können Sie gleich Fidel Castro den Nobelpreis geben!)


    die eine Steuerreform auf den Weg gebracht haben, die
    ihresgleichen sucht. Eine solche Steuerreform hat es vor-
    her nicht gegeben. Darüber sollten Sie einmal nachden-
    ken, anstatt hier eine selbstgefällige Rede zu halten.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Auf Ihre Äußerung von heute Morgen, wir würden für

    regenerative Energien Subventionen verteilen, ist zu
    antworten: Sie waren es doch, die der Atomlobby eine
    Subvention nach der anderen zugeschoben haben und die
    Öffentlichkeit mit dem Müllproblem allein gelassen ha-
    ben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Rainer Brüderle [F.D.P.]: Chefideologe!)


    Sie sollten also nicht kritisch über die Subventionspolitik
    im Energiebereich sprechen. Sie haben das Gegenteil
    gemacht, solange Sie Verantwortung trugen. Wir wer-
    den dafür sorgen, dass Sie diese Verantwortung nicht
    zurückgewinnen. Wir werden die Energiewirtschaft
    umbauen. Auch das sollten Sie sich einmal vergegen-
    wärtigen. Wir lassen uns da von Ihnen nicht im Gerings-
    ten beeinflussen.

    Zu meinem letzten Punkt, zur Einwanderungspolitik.
    Herr Kollege Merz, Sie haben in sehr redlicher Weise ge-
    sagt, es habe in der Union einen Kurswechsel gegeben.
    Ich bin jetzt seit sechs Jahren Mitglied des Bundestages.
    Als ich hierher kam, gab es zwei Leitsätze. Der erste lau-
    tete: Die Rente ist sicher. Davon spricht keiner mehr. Der
    zweite lautete: Deutschland ist kein Einwanderungsland.

    Davon hat sich die Union verabschiedet. Das begrüße
    ich sehr. Was mich aber ärgert, ist, dass Sie, um den
    Schmerz in Ihren Reihen darüber, dass Sie sich endlich
    den Realitäten annähern, zu lindern, permanent Nebel-
    kerzen werfen und hier einen Popanz aufbauen, der auf
    die Knochen derjenigen geht, die in Deutschland zum
    Beispiel deshalb durch die Straßen gejagt werden, weil sie
    eine andere Hautfarbe haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Stellen Sie sich also hier hin und sagen Sie: „Wir ha-

    ben unsere Position geändert; wir machen jetzt eine ver-
    nünftige Politik und sind zu einem Konsens in der Ein-
    wanderungspolitik bereit“, ohne das immer wieder mit
    irgendwelchen Debatten, vor allem Leitkulturdebatten,
    auszuschmücken, die nichts mit hochgeistigen Kulturde-
    batten zu tun haben, sondern nur dazu dienen, die Unzu-
    friedenheit in Ihren Reihen in den Griff zu bekommen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich halte das für falsch. Machen Sie das nicht mehr,

    und lassen Sie uns zu einem vernünftigen Einwande-
    rungskonsens kommen. Der wird auch dazu beitragen,
    dass wir wirtschaftlich am Ende besser dastehen, als wir
    dastanden, als wir die Verantwortung von der alten Re-
    gierung übernommen haben.

    Vielen Dank.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich erteile
das Wort der Kollegin Sabine Kaspereit für die SPD-Frak-
tion.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Sabine Kaspereit


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kol-
    leginnen und Kollegen! Wenn heute im Zusammenhang
    mit dem Kanzleramtshaushalt auch über Probleme in den
    neuen Ländern – der Kanzler hat einiges dazu gesagt – ge-
    sprochen wird, muss auch über ein anderes sehr ernstes
    Thema gesprochen werden, nämlich über Sebnitz.

    Zu sehr haben uns die Nachrichten aus dem kleinen Ort
    im Süden Sachsens aufgewühlt. Mit welchem Ergebnis
    auch immer der Todesfall des kleinen Jungen aufgeklärt
    werden wird, selbst wenn es sich um einen tragischen




    Matthias Berninger

    13233


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Badeunfall gehandelt haben sollte, befürchte ich: Der
    Name Sebnitz wird ein Politikum bleiben.

    Angesichts solch ungeheuerlicher beängstigender Vor-
    würfe finde ich es durchaus angemessen, dass sich sowohl
    der Bundeskanzler als auch der sächsische Ministerpräsi-
    dent in ihrer jeweiligen Verantwortung des Falles ange-
    nommen haben.

    Die Vorgänge in Sebnitz gehen jedoch über den tragi-
    schen Tod des kleinen Jungen mit seinen noch ungeklär-
    ten Umständen weit hinaus. Lassen Sie mich stellvertre-
    tend für viele andere Berichte und Kommentare zu diesem
    Fall die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom vergan-
    genen Montag zitieren:

    Was immer in dem Freibad vor drei Jahren gesche-

    (die Schilderungen des Falles enthalten viele Widersprüche)

    Schlimmste denkbar ist. Schon die letzten Tage ha-
    ben es bewiesen. Die Existenz dieses Milieus ist auch
    die Erklärung für eine eigentlich unbegreifliche Roh-
    heit von Kindern und Jugendlichen, denen nicht ein-
    mal mehr der Tod das Herz erweicht. Diese Hasskul-
    tur ist nicht unmittelbares Erbe der DDR, an die sich
    die jungen Rechtsextremisten kaum erinnern kön-
    nen. Vielmehr hat sie das moralische Klima der
    Nachwendezeit hervorgebracht: das Selbstmitleid,
    das Opfergehabe, die Ressentiments und der Neid,
    die in den neuen Bundesländern gepflegt werden.

    Um es gleich vorweg zu sagen: Ich teile diese Analyse
    nicht. Das ist nicht meine Wahrnehmung von den Men-
    schen in den neuen Ländern. Das sind nicht meine Erfah-
    rungen im Umgang mit ihnen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    Selbstmitleid, Opfergehabe, Ressentiments und Neid sind
    nicht die Ingredienzen des moralischen Klimas der Nach-
    wendezeit. Ich halte das für falsch. Ich weiß, viele teilen
    diese Auffassung des „FAZ“-Kommentars. Sie ist weit
    verbreitet – weniger öffentlich als hinter vorgehaltener
    Hand, was noch schlimmer ist. Wir sollten uns daran ge-
    wöhnen, offen darüber zu reden und auch zu streiten.

    Ich muss gestehen, dass ich bei diesem Thema ein
    Stück ratlos bin. Ich weiß aber, dass eine solche Wahr-
    nehmung – sei sie berechtigt oder nicht – politische Ge-
    fahren für das Zusammenwachsen unseres Landes herauf-
    beschwört, die wir dringend abwenden müssen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    Es kann ja sein, dass wir uns – auch in diesem Hohen
    Hause – zu einseitig den materiellen und wirtschaftlichen
    Problemen des Aufbaus gewidmet und dabei die Frage ver-
    gessen haben, wie die Menschen das Tempo der Verände-
    rung überhaupt verarbeiten konnten.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn über das
    moralische Klima der Nachwendezeit gesprochen wird,
    dann kann man über eine der zentralen Klimastörungen
    nicht hinwegsehen, und das ist nun einmal die hohe
    Arbeitslosigkeit, die von den Menschen in den neuen

    Ländern subjektiv als bedrückender angesehen wird als
    anderswo.

    Während in Westdeutschland die Konjunktur den Ar-
    beitsmarkt voll erfasst hat, bleibt die Lage auf dem ost-
    deutschen Arbeitsmarkt nach wie vor bedrückend. Ein
    Viertel bis ein Drittel der arbeitsfähigen und arbeitswilli-
    gen Bevölkerung in den neuen Ländern ist ohne Arbeit.

    Der günstigere Verlauf der Arbeitslosenquoten ist vor
    allem durch die spürbare Ausweitung der staatlichen För-
    derung des zweiten Arbeitsmarktes bedingt, wie das Bei-
    spiel Brandenburg deutlich zeigt. Bei einem Wirtschafts-
    wachstum von nur 0,6 Prozent ist die Arbeitslosigkeit um
    6 Prozent gesunken. Dieser Rückgang korreliert nicht mit
    dem Wirtschaftswachstum, und wir sollten uns hier nichts
    vormachen. Die wirtschaftliche Entwicklung ist noch weit
    von einem Normalzustand entfernt.

    In letzter Zeit sind eine Reihe von Modellen zur För-
    derung von Geringqualifizierten entwickelt worden, um
    der so genannten Sozialhilfefalle zu entkommen. Die Er-
    fahrungen sind ermutigend, sodass ich hoffe, dass wir
    diese Instrumente bald flächendeckend anwenden kön-
    nen. Deshalb bleibt es richtig, die aktive Arbeitsmarkt-
    politik auf hohem Niveau fortzusetzen, so wie es die
    Bundesregierung getan hat. Es ist allemal besser, Arbeit
    statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Es ist allemal besser,
    Arbeitslose weiterzubilden oder zeitweise in öffentlich
    geförderten Beschäftigungsverhältnissen unterzubringen,
    als sie einer geregelten Tätigkeit vollständig zu entwöh-
    nen.

    Werte Kolleginnen und Kollegen, welche Handlungs-
    optionen bleiben Bund, Ländern und Gemeinden? Wel-
    cher finanzielle Spielraum existiert für mehr Beschäf-
    tigung? Die Verschuldungslage der neuen Länder ist
    heute nicht weniger dramatisch als die von Bund und
    alten Ländern. Beim Schuldenstand pro Kopf der Bevöl-
    kerung liegen die neuen Länder heute bereits im oberen
    Drittel. Auch das, meine Damen und Herren von der Op-
    position, ist eine Erblast Ihrer Regierung.

    Die Hälfte des Schuldenbergs haben die neuen Länder
    in der Zeit zwischen 1990 und 1994 aufgehäuft. Die da-
    malige Bundesregierung hatte bis zum Jahr 1994 mit den
    Dotierungen aus dem Fonds „Deutsche Einheit“ die
    ostdeutschen Länder und Gemeinden unterfinanziert. Sie
    hat damit die ostdeutschen Länder und Gemeinden in eine
    Schuldenfalle getrieben, aus der sie bis heute nicht he-
    rausgefunden haben.

    Der zwingend erforderliche Konsolidierungskurs seit
    Mitte der 90er-Jahre geht – das ist zu bedauern – ange-
    sichts des enormen Nachholbedarfs bei kommunalen
    Infrastrukturen zulasten der Investitionen. Eine solche
    Politik konterkariert die Bemühungen des Bundes, die In-
    frastrukturlücke zu schließen. Wir müssen heute erken-
    nen, dass sich aufgrund der wirtschaftlichen Schwäche,
    aufgrund des großen Nachholbedarfs und aufgrund der
    nach wie vor schweren Belastungen mit all den bekann-
    ten Folgewirkungen, die durch die 40-jährige Nach-
    kriegsentwicklung in Ostdeutschland verursacht wurden,
    die neuen Länder noch immer in einer Sonderlage befin-
    den, die mit den üblichen Instrumentarien der föderalen




    Sabine Kaspereit
    13234


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Finanzbeziehungen der alten Bundesrepublik nicht zu
    bekämpfen ist.

    Dass der Bund mehr als die Hälfte des Finanzvolumens
    im Länderfinanzausgleich schultert, dass 67 Prozent der
    Zuweisungen in die Flächenländer Ostdeutschlands
    fließen und gut 16 Prozent nach Berlin, ist genau dieser
    Sonderlage geschuldet.


    (Beifall bei der SPD)

    Ich kann nur davor warnen, einen ähnlichen Fehler wie

    Anfang der 90er-Jahre zu wiederholen. Die neuen Länder
    brauchen eine angemessene Finanzausstattung, um die ih-
    nen übertragenen Aufgaben zu erfüllen und den wirt-
    schaftlichen Aufbau fortzusetzen. Wir werden deshalb
    auch zehn Jahre nach der Wiedervereinigung eine Re-
    form des Länderfinanzausgleichs hinbekommen müs-
    sen, die dieser Sonderlage Rechnung trägt. Es ist geradezu
    eine Quadratur des Kreises, die zwingend gebotene Kon-
    solidierungspolitik des Bundes und der Länder mit der
    nicht weniger zwingend gebotenen Politik des wirtschaft-
    lichen Aufbaus in den neuen Ländern zu kombinieren.

    In diesem Sinne hat die neue Bundesregierung einige
    wichtige Anstöße gegeben. Es geht um die Schaffung von
    Chancengleichheit, um die Möglichkeit für die Men-
    schen, ihre Chance aktiv ergreifen zu können. Ich denke
    zum Beispiel an Inno-Regio. Ich gebe zu, dass wir noch
    nicht am Ende einer überfälligen Neuorientierung des
    Aufbaukonzeptes für Ostdeutschland stehen. Das gilt
    im Übrigen auch für Sie, meine Damen und Herren von
    der Union.

    Das 20-Punkte-Programm für den Aufbau Ost, das Sie
    am 21. Juni dieses Jahres der staunenden Öffentlichkeit
    vorgestellt haben, birgt wenig Überraschendes. Das meis-
    te davon ist bereits oder wird von der Bundesregierung im
    Haushalt 2001 umgesetzt.

    Da heißt es bei Ihnen zum Beispiel bei den kurzfristi-
    gen Maßnahmen – ich zitiere –:

    ... wirtschaftsnahe Infrastrukturmittel im Haushalt
    2001 erhöhen: Baukonjunktur stützen, Basis für pri-
    vate Investitionen verbessern.

    Ich kann nur sagen, das ist gut und mit Recht gefordert.
    Aber wir fordern nicht nur, wir machen es auch. Die Inves-
    titionsquote im Bundeshaushalt 2001 beträgt 12,2 Prozent.
    Sie liegt damit über den Quoten der Vorjahre.

    Wesentlichen Anteil daran hat das Zukunftsinvesti-
    tionsprogramm, das wir aus den Zinsersparnissen, die
    durch die Versteigerung der UMTS-Lizenzen möglich
    wurden, finanzieren. Die Investitionen in Ortsumgehun-
    gen, die Modernisierung der Schienenwege und die Ge-
    bäudesanierung schaffen und sichern zahlreiche Arbeits-
    plätze und fördern das Wachstum auch und gerade in den
    neuen Ländern.

    Ich zitiere weiter aus dem 20-Punkte-Programm:
    Marktchancen im Ausland nutzen: Sonderprogramm
    zur Exportförderung Ost sofort intensivieren.

    Richtig gefordert, kann ich nur sagen. Wir machen das
    auch.

    Ich zitiere weiter aus dem CDU-Papier:
    Wachsenden Wohnungsleerstand bekämpfen: Ent-
    lastung von Altschulden.

    Gut gefordert! Wir machen das. Wir stellen eine Altschul-
    denhilfe zur Entlastung von Wohnungsunternehmen be-
    reit, und zwar 60 Millionen DM bar und 640 Millio-
    nen DM als Verpflichtungsermächtigung.

    Weiter fordert die Union:
    Bilanz 10 Jahre Aufbau Ost ziehen: Förderkatalog
    Ost überarbeiten...

    Lesen Sie den Bericht der Regierung zum Stand der
    deutschen Einheit. Hier wird nichts mehr beschönigt, hier
    werden Fakten auf den Tisch gebracht, und hier ist auch
    der steinige Weg beschrieben, den wir in den neuen Län-
    dern noch vor uns haben.

    Weiter fordert die Union:
    Planungssicherheit für die Länder herstellen: Solidar-
    pakt II noch in dieser Legislaturperiode beschließen.

    Sie kennen die Festlegungen dieser Regierung und der sie
    tragenden Fraktionen. Es wird noch in dieser Legislatur-
    periode zu einem Abschluss des Gesetzgebungsverfah-
    rens zum Maßstäbegesetz, zum Finanzausgleichsgesetz
    und zur Fortsetzung des Solidarpaktes kommen.

    Die Union fordert, die Standortwerbung für Ostdeutsch-
    land im Ausland über 2001 hinaus zu verlängern. Sie wis-
    sen, dass ich mich dafür auch persönlich eingesetzt habe.
    Ich finde, dass das Industrial Investment Council eine
    gute Arbeit macht, und ich bin auch davon überzeugt, dass
    wir in dieser Frage bald eine positive Perspektive aufzei-
    gen können.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Lassen Sie mich jedoch noch einen Punkt ansprechen,

    der in den Haushaltsberatungen eine wichtige Rolle ge-
    spielt hat. Das ist die Erhöhung der Fördermittel für die
    Kultur. Zum einen halte ich die Erhöhung des Ansatzes
    für die Hauptstadtkultur für sehr gerechtfertigt. Zum an-
    deren konnten aber auch die im Regierungsentwurf vor-
    gesehenen Mittel in Höhe von 30 Millionen DM für das
    Aufbauprogramm „Kultur in den neuen Ländern“ auf
    60 Millionen DM erhöht werden.

    Jeder weiß inzwischen, welches steingewordene und
    ideelle Kulturerbe Ostdeutschland von Rügen bis Plauen
    zu bieten hat. Das ist ein Schatz, den es noch stärker als
    bisher zu hüten und zu aktivieren gilt.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich bin davon überzeugt: Die Entwicklung von Kultur

    und Wissenschaft als sanften Standortfaktoren wird in
    Zukunft für den Aufbau Ost wichtiger sein als steuerliche
    Sonderabschreibungen. Und hier schließt sich wieder der
    Kreis zu Sebnitz: Alle Förderung des Bundes und der Län-
    der für Ostdeutschland ist auf Sand gesetzt, wenn die po-
    litische Stabilität, wenn Recht und Freiheit der Menschen,
    auch und gerade von Minderheiten, in Frage gestellt wer-
    den.


    (Beifall bei der SPD)





    Sabine Kaspereit

    13235


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Die Menschen in Ostdeutschland haben in übergroßer
    Mehrheit begriffen, was manche dringend noch begreifen
    müssen: Jeder politische, jeder rassistisch motivierte, je-
    der ausländerfeindliche Anschlag ist ein Anschlag auf ihre
    eigene Stadt, auf ihre eigene Region, und es ist ein schwe-
    rer Rückschlag für Ostdeutschland und damit für uns alle.
    Das sollte jedem bewusst sein.


    (Beifall bei der SPD)