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ID1413500300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Rainer Funke, Dr. Christian Schwarz-Schilling und Gunnar Uldall sowie des Vizepräsidenten Dr. Hermann Otto Solms 13023 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 13023 B Änderung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . 13023 D Geänderte Ausschussüberweisung . . . . . . . . . 13023 D Tagesordnungspunkt I: Eidesleistung des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen . . . 13024 A Präsident Wolfgang Thierse . . . . . . . . . . . . . . 13024 B Kurt Bodewig, Bundesminister BMVBW . . . 13024 B Tagesordnungspunkt II: a) Abgabe einer Regierungserklärung zum bevorstehenden Europäischen Rat in Nizza vom 7. bis 9. Dezember 2000 13024 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union – zu dem Antrag der Abgeordneten Günter Gloser, Hermann Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion SPD sowie der Abgeordneten Christian Sterzing, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Europäischer Rat in Feira – Eu- ropa entschlossen voranbringen – zu dem Antrag der Abgeordneten Peter Hintze, Peter Altmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/ CSU: Innere Reform der Europä- ischen Union – Stand der Regie- rungskonferenz – Stabilität des Euro – Haltung zu Österreich – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Helmut Haussmann, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion F.D.P.: Mutige EU-Reform als Vorausset- zung für eine erfolgreiche Erweite- rung (Drucksachen 14/3514, 14/3377, 14/3522, 14/4457) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13024 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union – zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Jürgen Meyer (Ulm), Joachim Poß, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion SPD sowie der Abgeordneten Claudia Roth (Augsburg), Christian Sterzing, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur vereinbarten Debatte zur EU- Grundrechte-Charta – zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Peter Hintze, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion CDU/CSU: Entwurf der Charta der Grundrechte der Euro- päischen Union Plenarprotokoll 14/135 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 135. Sitzung Berlin, Dienstag, den 28. November 2000 I n h a l t : – zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Ina Albowitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Europäische Grundrechte-Charta als Eckstein einer europäischen Verfassung (Drucksachen 14/4269, 14/4246, 14/4253, 14/4584) . . . . . . . . . . . . . . . . 13025 A d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union – zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu der Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zu den Ergebnissen der Sondertagung des Europäischen Rates vom 23./ 24. März 2000 in Lissabon – zu dem Entschließungsantrag der Fraktion CDU/CSU zu der Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zu den Ergebnissen der Sonderta- gung des Europäischen Rates vom 23./24. März 2000 in Lissabon (Drucksachen 14/3099, 14/3101, 14/3903) 13025A e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu dem Antrag der Fraktion CDU/CSU: Regierungs- konferenz 2000 und Osterweiterung – Herausforderungen für die Euro- päische Union an der Schwelle zum neuen Millennium (Drucksachen 14/2233, 14/3472) . . . . 13025 B f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Helmut Haussmann, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P.: Beziehungen zu Österreich normali- sieren (Drucksachen 14/3187, 14/4323) . . . . 13025 B g) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Dr. Gregor Gysi, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion PDS: Die Europäische Union als Zivilmacht ausbauen (Drucksache 14/4653) . . . . . . . . . . . . . 13025 C h) Antrag der Abgeordneten Dr. Klaus Grehn, Uwe Hiksch, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion PDS: Für eine verbindliche und erweiterbare Euro- päische Charta der Grundrechte (Drucksache 14/4654) . . . . . . . . . . . . . 13025 C i) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: 60. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepu- blik Deutschland in die Europäische Union (Berichtszeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1999) (Drucksache 14/3434 [neu]) . . . . . . . . 13025 D j) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Bericht über die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips im Jahr 1999 (Subsidiaritätsbericht 1999) (Drucksache 14/4017) . . . . . . . . . . . . . 13026 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Peter Hintze, Peter Altmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU: Der Europäische Rat von Nizza muss zum Erfolg für Eu- ropa werden (Drucksache 14/4732) . . . . . . . . . . . . . . . 13026 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Heinrich Fink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion PDS: Klarheit des Begriffs Mensch in EU-Grundrechte-Charta si- chern und Menschenwürde umfassend gewährleisten (Drucksache 14/4720) . . . . . . . . . . . . . . . 13026 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 13026 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13031 D Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 13036 C Dr. Helmut Haussmann F.D.P. . . . . . . . . . . . . 13040 A Uwe Hiksch PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13041 C Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13043 B Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 13046 B Christian Sterzing BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13049 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. . 13050 B Hans-Ulrich Klose SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 13051 B Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13053 B Michael Roth (Heringen) SPD . . . . . . . . . . . 13055 C Tagesordnungspunkt III: a) Zweite Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. November 2000II deshaushaltsplans für das Haushalts- jahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Drucksachen 14/4000, 14/4302) . . . . 13058 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unter- richtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksachen 14/4001, 14/4301, 14/4524) 13058 D Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidial- amt (Drucksachen 14/4501, 14/4521) . . . . . . . 13059 A Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 14/4502, 14/4521) . . . . . . . 13059 B Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 14/4503, 14/4521) . . . . . . . 13059 B Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 14/4508, 14/4521) . . . . . . . 13059 C in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 14/4519) . . . . . . . . . . . . . . . 13059 C in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 14/4520) . . . . . . . . . . . . . . . 13059 C in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksache 14/4521) . . . . . . . . . . . . . . . 13059 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 13060 A Hans Georg Wagner SPD . . . . . . . . . . . . . . . 13064 B Dr. Günter Rexrodt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . 13069 A Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13072 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 13075 A Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13078 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 13080 A Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 13086 D Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13090 C Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU . . . . . . . . 13091 B Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . 13092 D Peter Rauen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13093 B Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . 13093 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 13094 D Susanne Jaffke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13096 A Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . . . . . . . . . 13097 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13098 D Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . . . 13099 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 13101 B Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13101 D Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes über das Verbot des Verfütterns, des innergemein- schaftlichen Verbringens und der Aus- fuhr bestimmter Futtermittel (Drucksache 14/6764) . . . . . . . . . . . . . . . 13104 B Einzelplan 17 Bundesministerium für Familie, Senio- ren, Frauen und Jugend (Drucksachen 14/4516, 14/4521) . . . . . . . 13104 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13104 D Antje-Marie Steen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 13106 A Klaus Haupt F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13108 B Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13109 D Petra Bläss PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13111 A Dr. Michael Luther CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13112 A Antje-Marie Steen SPD . . . . . . . . . . . . . . 13112 C Christian Simmert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13114 B Thomas Dörflinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13115 C Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13116 C Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13117 C Einzelplan 07 Bundesministerium der Justiz (Drucksachen 14/4507, 14/4521) . . . . . . . 13120 A in Verbindung mit Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. November 2000 III Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksache 14/4521) . . . . . . . . . . . . . . . 13120 A Albrecht Feibel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 13120 B Carsten Schneider SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 13121 C Rainer Funke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13124 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13125 B Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13126 A Sabine Jünger PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13127 B Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 13128 B Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13131 A Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern (Drucksachen 14/4506, 14/4521) . . . . . . . 13134 A in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksachen 14/4000, 14/4302) . . . . . . . 13134 A Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13134 B Lothar Mark SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13136 B Dr. Werner Hoyer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 13137 C Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . . . . 13139 B Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13140 B Ulla Jelpke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13143 C Günter Graf (Friesoythe) SPD . . . . . . . . . . . 13145 A Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13146 C Günter Graf (Friesoythe) SPD . . . . . . . . . 13147 C Gunter Weißgerber SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 13149 A Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 13150 C Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 13152 A Dr. Werner Hoyer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 13153 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 13155 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13156 C Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Drucksachen 14/4512, 14/4521) . . . . . . . 13159 A Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 13159 B Gerhard Rübenkönig SPD . . . . . . . . . . . . . . . 13161 C Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. . . . . . . . . . 13163 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13166 A Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . . . . . 13167 C Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD . . . . . . . . . 13169 C Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . 13171 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13174 B Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . . . . . . 13176 C Kurt Bodewig, Bundesminister BMVBW . . . 13178 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13181 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 13183 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hubert Hüppe (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag: Entwurf der Charta der Grund- rechte der Europäischen Union (Drucksache 14/4246) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13183 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Thomas Dörflinger, Norbert Barthle, Meinrad Belle, Klaus Bühler (Bruchsal), Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Hans-Joachim Fuchtel, Georg Gierisch, Peter Götz, Klaus Holetschek, Siegfried Hornung, Elmar Müller (Kirchheim), Erika Reinhardt, Klaus Riegert, Franz Romer, Kurt Rossmanith, Gerhard Scheu, Heinz Seiffert, Johannes Singhammer, Peter Weiß (Emmendingen), Ilse Aigner, Werner Wittlich, Dr. Gerd Müller, Susanne Jaffke, Helmut Heiderich und Aribert Wolf (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag: Entwurf der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Drucksache 14/4246) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13183 D Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Paul Laufs (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag: Entwurf der Charta der Grund- rechte der Europäischen Union (Drucksache 14/4246) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13184 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. November 2000IV Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Jürgen Koppelin (F.D.P.) zur Abstimmung über den Änderungs- antrag der Fraktion der CDU/CSU zu der zwei- ten Beratung des Entwurfs des Haushaltsge- setzes 2001 – Drucksachen 14/4000 Anlage, 14/4302, 14/4506, 14/4521, 14/4522, 14/4523; hier: Einzelplan 06 Kapitel 0602 Titel 882 14 – Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksache 14/4769) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13185 A Anlage 6 Erklärung des Abgeordneten Jürgen Koppelin (F.D.P.) zur Abstimmung über den Änderungs- antrag der Fraktion der CDU/CSU zu der zwei- ten Beratung des Entwurfs des Haushaltsge- setzes 2001 – Drucksachen 14/4000 Anlage, 14/4302, 14/4506, 14/4521, 14/4522, 14/4523; hier: Einzelplan 06 Kapitel 0625 Titel 111 01– 041 – Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksache 14/4771) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13185 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. November 2000 V Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. November 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. November 2000 Bundesminister Kurt Bodewig 13181 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. November 2000 Custode 13182 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. November 2000 13183 (C) (D) (A) (B) Andres, Gerd SPD 28.11.2000 Balt, Monika PDS 28.11.2000 Dr. Blank, CDU/CSU 28.11.2000 Joseph-Theodor Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 28.11.2000 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 28.11.2000* Burchardt, Ursula SPD 28.11.2000 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 28.11.2000 Griefahn, Monika SPD 28.11.2000 Haack (Extertal), SPD 28.11.2000 Karl-Hermann Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 28.11.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 28.11.2000 DIE GRÜNEN Kramme, Anette SPD 28.11.2000 Lehn, Waltraud SPD 28.11.2000 Leidinger, Robert SPD 28.11.2000 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 28.11.2000* Erich Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 28.11.2000 Müller (Berlin), PDS 28.11.2000 Manfred Pau, Petra PDS 28.11.2000 von Schmude, Michael CDU/CSU 28.11.2000 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 28.11.2000 Schultz (Everswinkel), SPD 28.11.2000 Reinhard Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ 28.11.2000 DIE GRÜNEN Westrich, Lydia SPD 28.11.2000 Wiese (Hannover), SPD 28.11.2000 Heino Wülfing, Elke CDU/CSU 28.11.2000 Dr. Zöpel, Christoph SPD 28.11.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlungdes Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hubert Hüppe (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag: Entwurf der Charta derGrundrechte der Europäischen Union (Drucksache 14/4246) Hubert Hüppe (CDU/CSU): So sehr ich grundsätzlich das Vorhaben einer Grundrechte-Charta der Europäischen Union begrüße, werde ich dennoch keinem Antrag zu- stimmen, der die jetzige Fassung der Charta gutheißt. Die Enquete-Kommission „Recht und Ethik der mo- dernen Medizin“, der ich als stellvertretender Vorsitzender angehöre, hat in ihrer 6. Sitzung am 3. Juli 2000 einver- nehmlich Formulierungsvorschläge für einzelne Artikel der Europäischen Grundrechte-Charta abgegeben. Dieses Votum, das ich teile, blieb in wesentlichen Punkten un- berücksichtigt. Meine Vorbehalte richten sich in erster Linie gegen die Verwendung des Begriffs „Person“ anstelle von „Mensch“ oder „jeder“. Die jetzige Formulierung, zu- mindest der deutschen Fassung, kann der These Vorschub leisten, dass nicht jeder Mensch auch eine Person mit Würde und Recht auf Leben sei. Wir dürfen es nicht zu- lassen, dass auch nur die Möglichkeit offengelassen bleibt, etwa Menschen mit geistigen Behinderungen oder Menschen im Wachkoma die Menschenrechte abzuspre- chen. Art. 3 des Entwurfs der Charta schließt nur das repro- duktive Klonen von Menschen aus und lässt das Klonen von Menschen zu anderen, etwa therapeutischen Zwe- cken offen. Ich halte das Klonen von Menschen an sich für mit der Menschenwürde unvereinbar, unabhängig von der mit dem Klonen verfolgten Zielsetzung. Doch ist insbe- sondere das therapeutische Klonen, bei dem ein mensch- licher Embryo zu fremdnützigen Zwecken geklont und anschließend zur Gewinnung embryonaler Stammzellen getötet wird, mit dem Konzept unteilbarer Menschen- würde unvereinbar. Die Europäische Grundrechte-Charta hätte die Chance geboten, unteilbare Menschenwürde und Menschenrechte in das Zentrum der weiteren europäischen Integration zu stellen. Da der vorliegende Entwurf dies nicht tut, muss ich ihn ablehnen. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Thomas Dörflinger, Norbert Barthle, Meinrad Belle, Klaus Bühler (Bruchsal), Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Hans- entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Joachim Fuchtel, Georg Gierisch, Peter Götz, Klaus Holetschek, Siegfried Hornung, Elmar Müller (Kirchheim), Erika Reinhardt, Klaus Riegert, Franz Romer, Kurt Rossmanith, Gerhard Scheu, Heinz Seiffert, Johannes Singhammer, Peter Weiß (Emmendingen), Ilse Aigner, Werner Wittlich, Dr. Gerd Müller, Susanne Jaffke, Helmut Heidrich und Aribert Wolf (alle CDU/CSU) zurAbstimmung über den Antrag: Entwurf der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Drucksache 14/4246) Wir begrüßen grundsätzlich den vorliegenden Entwurf der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Charta zukünftig ein elementarer Bestandteil eines zu schaffenden europä- ischen Verfassungsvertrags sein soll, legen wir bei unse- rer Zustimmung zum Antrag der CDU/CSU-Bundestags- fraktion Wert auf folgende Feststellungen: Erstens. Die in Art. 1 der Charta garantierte Würde des Menschen darf durch den in den Folgeartikeln verwand- ten Begriff „Person“ keine Einschränkung erfahren. Mit Blick auf die aktuelle Diskussion in der Rechtswissen- schaft (zum Beispiel bei Peter Singer) ist bei der Schaf- fung eines europäischen Verfassungsvertrags durchgän- gig der Begriff „Mensch“ zu verwenden. Zweitens. Wir bedauern, dass die Familie als kleinste Zelle, in der soziale Kompetenz erworben wird, keinen besonderen Schutz durch die EU-Grundrechte Charta ge- nießt. Wir bedauern zudem, dass in Art. 3 das reproduk- tive Klonen von Menschen, nicht aber das Klonen von Menschen uneingeschränkt unter Verbot gestellt wurde. Hierdurch hätte angesichts der Diskussion um die Hu- mangenetik ein wichtiges politisches Signal gesetzt wer- den können. Drittens. Eine Aufnahme der in der Charta festgelegten Grundrechte in EU-Recht erfordert vorab und unbedingt eine klare Begründung und Abgrenzung der Kompeten- zen von Union und Mitgliedstaaten. Diese klare Abgren- zung der Kompetenzen hat zeitlich vor der Schaffung eines europäischen Verfassungsvertrages zu erfolgen. Viertens. Die Festlegung von Leistungsansprüchen in Bereichen, die auch weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten gehören, erachten wir nicht für sinnvoll. Sie provoziert eine nicht wünschenswerte Kompetenz- erweiterung der EU zulasten der Mitgliedstaaten. Es ist vor der Erarbeitung eines europäischen Verfassungsver- trages sicherzustellen, dass auf Gemeinschaftsebene nur solche Rechte einklagbar sind, die unstreitig in den Kom- petenzbereich der Union fallen. Fünftens. Bei der Schaffung eines europäischen Ver- fassungsvertrages ist dafür Sorge zu tragen, dass die EU ihren Bürgerinnen und Bürgern das Recht einräumt, ihre örtlichen Angelegenheiten mithilfe kommunaler Gebiets- körperschaften, die mit demokratisch legitimierten Be- schlussfassungsorganen und weitgehender Autonomie in Befugnissen und Finanzen ausgestattet sind, selbst zu gestalten. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Paul Laufs (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Antrag: Entwurf der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Drucksache 14/4246) Dr. Paul Laufs (CDU/CSU): Wir begrüßen grundsätz- lich den vorliegenden Entwurf der Charta der Grund- rechte der Europäischen Union. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Charta zukünftig ein elementarer Be- standteil eines zu schaffenden europäischen Verfassungs- vertrags sein soll, legen wir bei unserer Zustimmung zum Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Wert auf fol- gende Feststellungen: Erstens. Die in Art. 1 der Charta garantierte Würde des Menschen darf durch den in den Folgeartikeln verwand- ten Begriff „Person“ keine Einschränkung erfahren. Mit Blick auf die aktuelle Diskussion in der Rechtswissen- schaft (zum Beispiel bei Peter Singer) ist bei der Schaf- fung eines europäischen Verfassungsvertrags durchgän- gig der Begriff „Mensch“ zu verwenden. Zweitens. Wir bedauern, dass die Familie als kleinste Zelle, in der soziale Kompetenz erworben wird, keinen besonderen Schutz durch die EU-Grundrechte-Charta ge- nießt. Wir bedauern zudem, dass im Art. 3 das reproduk- tive Klonen von Menschen, nicht aber das Klonen von Menschen uneingeschränkt unter Verbot gestellt wurde. Hierdurch hätte angesichts der Diskussion um die Hu- mangenetik ein wichtiges politisches Signal gesetzt wer- den können. Drittens. Eine Aufnahme der in der Charta festgeleg- ten Grundrechte sowie der weitgefassten Staatsziele und Programmsätze in EU-Recht erfordert vorab und unbe- dingt eine klare Begründung und Abgrenzung der Kom- petenzen von Union und Mitgliedstaaten. Diese klare Ab- grenzung der Kompetenzen hat zeitlich vor der Schaffung eines europäischen Verfassungsvertrages zu erfolgen. Viertens. Die Festlegung von Leistungsansprüchen in Bereichen, die auch weiterhin in die Zuständigkeit der Mitliedstaaten gehören, erachten wir nicht für sinnvoll. Sie provoziert eine nicht wünschenswerte Kompetenzer- weiterung der EU zulasten der Mitgliedstaaten. Es ist vor der Erarbeitung eines europäischen Verfasssungsvertra- ges sicherzustellen, dass auf Gemeinschaftsebene nur sol- che Rechte einklagbar sind, die unstreitig in den Kompe- tenzbereich der Union fallen. Fünftens. Bei der Schaffung eines europäischen Ver- fassungsvertrages ist dafür Sorge zu tragen, dass die EU ihren Bürgerinnen und Bürgern das Recht einräumt, ihre örtlichen Angelegenheiten mithilfe kommunaler Gebiets- körperschaften, die mit demokratisch-legitimierten Be- schlussfassungsorganen und weitgehender Autonomie in Befugnissen und Finanzen ausgestattet sind, selbst zu gestalten. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. November 200013184 (C) (D) (A) (B) Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Jürgen Koppelin (F.D.P.) zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zu der zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 2001 – Drucksachen 14/4000 Anlage, 14/4302, 14/4506, 14/451, 14/4521, 14/4522, 14/4523; hier: Einzel- plan 06 Kapitel 0602 Titel 882 14 – Geschäftsbe- reich des Bundesministers des Innern (Drucksa- che 14/4769) Das Votum meiner Fraktion lautet Nein. Anlage 6 Erklärung des Abgeordneten Jürgen Koppelin (F.D.P.) Zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zu der zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetztes 2001 – Drucksachen 14/4000 Anlage, 14/4302, 14/4506, 14/4521, 14/4522, 14/4523; hier: Einzelplan 06 Kapitel 0625 Titel 111 01-041 – Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksache 14/4771) Das Votum meiner Fraktion lautet Ja. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. November 2000 13185 (C)(A) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gerhard Schröder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident!
    Meine Damen und Herren! In der kommenden Woche
    werden die Staats- und Regierungschefs der Europäischen
    Union beim Europäischen Rat in Nizza zusammenkom-
    men.

    Auf diesem Gipfeltreffen zum Ende der französischen
    Präsidentschaft geht es – nicht nur nach meiner Auffas-
    sung – um wegweisende Entscheidungen. Nizza muss ein
    Europäischer Rat werden, auf dem die Weichen für die Zu-
    kunft der Europäischen Union gestellt werden. Diese Auf-
    gabe wird deutlich an den Themen, die den Europäischen
    Rat bestimmen werden: die Regierungskonferenz zu den

    institutionellen Reformen und zu der künftigen Entwick-
    lung der Union, die Ausgestaltung der europäischen
    Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie die gemein-
    same Proklamation der Grundrechte-Charta der Europä-
    ischen Union durch das Europäische Parlament, den Rat
    und die Kommission.

    In Nizza geht es vor allen Dingen darum, vonseiten der
    Europäischen Union die letzten internen Hindernisse für
    die Erweiterung aus dem Weg zu räumen. Uns Deut-
    schen ist die Erweiterung ein besonderes Anliegen, nicht
    nur, weil wir zu unserer historischen Verantwortung ste-
    hen. Auch aus wohlverstandenem Eigeninteresse haben
    wir uns immer als Anwalt der beitrittswilligen Staaten
    verstanden.

    Wir, die Deutschen, wollen die Erweiterung der Euro-
    päischen Union nach Osten und nach Südosten, weil sie
    im wirtschaftlichen und natürlich auch im politischen In-
    teresse Deutschlands liegt, und wir wollen sie so rasch,
    wie es irgend möglich ist. Wir müssen jetzt die institutio-
    nellen Reformen verabschieden, damit, wie in den Be-
    schlüssen von Helsinki vorgesehen – die Europäische
    Union ab Ende 2002, also Anfang 2003 in der Lage ist,
    neue Mitgliedstaaten aufzunehmen. Die jüngsten Fort-
    schrittsberichte der Europäischen Kommission zu den
    einzelnen Beitrittsländern haben gezeigt, dass deren Re-
    formen gut vorankommen. Die EU der 15 Mitgliedstaaten
    muss und wird nun ihrerseits Bedingungen dafür schaf-
    fen, dass eine starke Union mit mehr als 20 Mitgliedern
    entstehen kann.

    Wir wollen aber keine Erweiterung auf Kosten der
    Handlungsfähigkeit der Union. Deshalb müssen wir in
    Nizza die Effizienz, Legitimität und Transparenz der Eu-
    ropäischen Union auf Dauer sichern. Nur auf diese Weise
    können wir die Erweiterung zu einem Erfolg für uns alle
    werden lassen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    In dieser Reformdiskussion geht es auch um die
    Frage, wie wir Europa weiter ausgestalten wollen. Für die
    Bundesregierung steht dabei außer Zweifel, dass der Weg
    der weiteren Integration der richtige Weg ist. Mit dem
    Eintritt in die Wirtschafts- und Währungsunion, der Erar-
    beitung einer gemeinsamen Justiz- und Innenpolitik und
    der Schaffung einer sicherheits- und verteidigungspoliti-
    schen Dimension hat die Europäische Union einen Inte-
    grationsstand erreicht, der – anders, als manche glauben –
    mit bloßer intergouvernementaler Zusammenarbeit nicht
    zu halten sein wird.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das ist der Grund, weshalb sich die Bundesregierung
    nachdrücklich zur Fortsetzung der Integration mit starken
    europäischen Institutionen bekennt. Wir wollen eine
    starke Kommission. Aber im Gegenzug erwarten wir, dass
    sich die Kommission bei der Ausübung ihrer umfangrei-
    chen Kompetenzen Zurückhaltung auferlegt, dass sie das
    Subsidiaritätsprinzip ernst nimmt. Wir wollen ein starkes
    Parlament und wir wollen einen handlungs- und be-
    schlussfähigen Rat, in dem die Mitgliedstaaten eine wich-
    tige Rolle in der Ausübung einer effizienten europäischen
    Politik spielen können. Dabei muss jedoch gelten: Für ge-




    Präsident Wolfgang Thierse
    13026


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    meinsam getroffene Entscheidungen müssen die Beteilig-
    ten auch in ihrem jeweiligen Bereich die politische Ver-
    antwortung übernehmen.

    Die Bundesregierung hat in intensiven Gesprächen
    versucht, mögliche Kompromisslinien für ein substanzi-
    elles Ergebnis in Nizza auszuloten. Beim deutsch-
    französischen Gipfel in Vittel, in den Gesprächen mit
    Premierminister Blair und Premierminister Juncker, Bun-
    deskanzler Schüssel, den Ministerpräsidenten Kok,
    Rasmussen, Verhofstadt und Amato sowie bei meinen
    Begegnungen mit der Präsidentin des Europäischen Par-
    laments habe ich den festen Willen gespürt, zu einem
    wirklich tragfähigen Ergebnis zu kommen. Alle Ge-
    sprächspartner haben ihre Bereitschaft signalisiert, auf
    nationale Maximalpositionen zu verzichten und sich kon-
    struktiv an der Suche nach belastbaren Kompromissen zu
    beteiligen. Solche Kompromisse – das wissen Sie alle –
    werden nicht zuletzt in Nizza angestrebt werden müssen.
    Dieses schwierige Dossier ist bei der französischen Präsi-
    dentschaft – jedenfalls nach deutscher Auffassung – in
    guten Händen. Wir wollen ihr bei der Lösung der beste-
    henden Probleme, soweit es in unserer Macht steht, hel-
    fen. Deutschland und Frankreich sind sich ihrer besonde-
    ren europäischen Verantwortung bewusst und nehmen sie
    im Geiste der engen freundschaftlichen Beziehungen zwi-
    schen Deutschland und Frankreich wahr.

    Wenn wir in Nizza den Weg für die Erweiterung der
    Europäischen Union nach Osten und Südosten frei ma-
    chen, wird dieser Gipfel einen historischen Wendepunkt
    in der Geschichte der europäischen Einigung markieren.
    Er wird entscheidend voranbringen, worum sich alle Eu-
    ropäer während des vergangenen Jahrzehnts intensiv
    bemüht haben: die Spaltung des Kontinents endgültig zu
    überwinden und Europa wieder zu kultureller, wirtschaft-
    licher und politischer Einheit zu führen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, Sie alle kennen die zentra-
    len Fragen, die sich der Regierungskonferenz stellen und
    den Gipfel in Nizza bestimmen werden. Deshalb möchte
    ich nur kurz skizzieren, welche Ergebnisse die Bundesre-
    gierung von den Verhandlungen in Nizza erwartet und
    welches unsere wichtigsten Aufgaben sein werden. Ein
    Festhalten am bisher geltenden Einstimmigkeitsprinzip
    wäre, insbesondere für den Fall der Erweiterung der Eu-
    ropäischen Union, gleichbedeutend mit einer Selbst-
    blockade der Europäischen Union. Deshalb ist es – nicht
    zuletzt auch für uns – wichtig, in einer erweiterten Union
    Beschlüsse so weit wie möglich mit qualifizierter Mehr-
    heit fassen zu können.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Zur Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit gehört
    nach unserer Auffassung immer dann, wenn es um Ge-
    setzgebung auf europäischer Ebene geht – ich betone: um
    Gesetzgebung auf europäischer Ebene –, auch die Mit-
    entscheidung des Europäischen Parlaments; seine Kon-
    troll- und Legislativfunktionen müssen weiter gestärkt
    werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Mit den Ländern haben wir darin Einigkeit erzielt, das
    Prinzip der Mehrheitsentscheidung auf möglichst viele
    Bereiche anzuwenden. Nach unserer Vorstellung sollte es
    nur bei Erfüllung strenger Kriterien eine Ausnahme vom
    Prinzip der Mehrheitsentscheidung geben, beispielsweise
    bei ratifizierungsbedürftigen Beschlüssen sowie bei Be-
    schlüssen mit konstitutionellem Charakter oder mit ver-
    teidigungspolitischen Bezügen. Darüber hinaus – das gilt
    auch für besondere deutsche Anliegen – sollten wir uns in
    Bereichen, die aus verständlichen Gründen für einzelne
    Mitgliedstaaten sensible Fragen berühren, auf differen-
    zierte Lösungen verständigen. Ich denke, das wird sich er-
    reichen lassen.

    Allerdings haben wir bisher im Kreis der Partner für
    unsere Vorstellungen zur qualifizierten Mehrheit noch
    nicht überall die Unterstützung gefunden, die wir uns er-
    hoffen; diese Frage muss offen diskutiert werden. Dies
    gilt insbesondere für die Anwendung der qualifizierten
    Mehrheit im Bereich der gemeinsamen Außen- und Si-
    cherheits- sowie der Innen- und Justizpolitik. Aber, meine
    Damen und Herren, das wird und darf uns nicht daran hin-
    dern, mit allem Nachdruck und der Unterstützung vor al-
    lem auch des Europäischen Parlamentes weiter für unsere,
    wie wir meinen, richtigen Positionen zu werben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es gibt einen Zusammenhang, den man nicht überse-
    hen darf: Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit er-
    fordern vor allem aus Legitimitätsgründen, dass das
    Stimmengewicht der einzelnen Mitgliedstaaten stärker an
    den Realitäten orientiert wird.

    Ich will ein Beispiel nennen: Es kann nicht sein, dass
    künftig in einer erweiterten Union Deutschland mit mehr
    als 80 Millionen Einwohnern über zehn Stimmen im Rat
    verfügt, während 19 kleinere Länder, die zusammen noch
    nicht einmal auf 80 Millionen Bürgerinnen und Bürger
    kommen, im Rat 57 Stimmen hätten, wenn man das nicht
    änderte.

    Eine stärkere Rücksicht auf demographische Tatsachen
    muss auch für die Zusammensetzung des Europäischen
    Parlamentes gelten. Das Parlament selbst hat zu diesem
    Thema Überlegungen entwickelt, die aus unserer, aus
    deutscher Sicht eine gute Grundlage für eine Entschei-
    dung bilden.

    Mittlerweile wird von allen Partnern ausdrücklich an-
    erkannt, dass das derzeitige System der Stimmengewich-
    tung im Rat nicht einfach fortgeschrieben werden kann.
    Allerdings – das gilt es einzuräumen – liegen die Vorstel-
    lungen darüber, wie der Bevölkerungszahl konkret zu
    mehr Geltung verholfen werden soll, noch auseinander.
    Für Deutschland – das will ich hier ausdrücklich beto-
    nen – ist sowohl eine reine Neugewichtung der Stimmen
    als auch das Prinzip der doppelten Mehrheit akzeptabel,
    also eine Abstimmung zunächst nach dem Kriterium „Je-
    dem Staat eine Stimme“ und dann im zweiten Durchgang
    eine Abstimmung nach dem Kriterium der Einwohner-
    zahl. Aber ich betone noch einmal: Für Deutschland ist
    auch eine einfache Stimmengewichtung akzeptabel.




    Bundeskanzler Gerhard Schröder

    13027


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Für welches Verfahren sich die Konferenz in Nizza
    schließlich entscheiden wird, lässt sich derzeit nicht klar
    sagen. Die Reise der französischen Präsidentschaft durch
    die Mitgliedstaaten ist im Gange bzw. steht in vielen Mit-
    gliedstaaten noch bevor. Ich gehe davon aus, dass die Prä-
    sidentschaft ihren abschließenden Vorschlag erst nach der
    üblichen Präsidentschaftsreise durch die Mitgliedstaaten
    vorlegen wird. Ich betone aber noch einmal ausdrücklich,
    dass Deutschland sowohl gegenüber dem Prinzip einer
    einfachen Neugewichtung der Stimmen als auch gegen-
    über dem Prinzip der doppelten Mehrheit, die ich erläutert
    habe, aufgeschlossen ist. Man muss sehen: Es besteht eine
    enge Verbindung zwischen dem Stimmengewicht der ein-
    zelnen Mitgliedstaaten, der Regelung der Mehrheitsent-
    scheidungen und selbstverständlich auch der Größe der
    Kommission.

    Ein starkes Europa – das ist gewiss – braucht eine
    starke Kommission. Der Kommission ist es nicht zuletzt
    aufgetragen, über den Binnenmarkt und über die Einhal-
    tung der Verträge zu wachen. Deshalb – das betone ich
    hier ausdrücklich – will Deutschland eine unabhängige,
    eine handlungsfähige und eine selbstbewusste Kommis-
    sion mit einem starken Präsidenten, der in der Perspektive
    auch über eine klare Richtlinienkompetenz verfügen
    muss.

    Dazu gehört aber auch – ich habe dies bei meinem
    jüngsten Besuch in Brüssel deutlich gemacht –, dass die
    Kommission die ihr aufgetragenen Aufgaben mit Augen-
    maß und mit Zurückhaltung ausübt. Europäisches Recht
    muss gewiss eingehalten werden. Aber dann müssen die
    entsprechenden Entscheidungen aus Brüssel auch nach-
    vollziehbar sein.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wenn die Kommission Entscheidungen trifft, die Auswir-
    kungen auf einzelne Mitgliedstaaten und auf einzelne Re-
    gionen haben, dann muss die Kommission dafür auch er-
    kennbar politische Verantwortung übernehmen. Nur so,
    denke ich, lassen sich auf Dauer die Unterstützung und
    das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger für die Ent-
    scheidungen der Gremien in Brüssel und in Straßburg ge-
    winnen.

    Zugleich brauchen wir eine Kommission, deren Größe
    und Zusammensetzung sich nach ihren Aufgaben richtet.
    Gemeinsam mit Frankreich und anderen Mitgliedstaaten
    sind wir dafür eingetreten, die Zahl der Kommissare zu
    begrenzen. Es kann nicht sein, dass die Europäische Kom-
    mission mit jeder Erweiterung größer wird, ohne dass für
    die Vielzahl der Kommissare jeweils eigenständige Ver-
    antwortungs- und Zuständigkeitsbereiche vorliegen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir wollen gewiss keine Europäische Union, in der es
    Mitgliedstaaten erster und zweiter Klasse gibt. Gerade
    deshalb habe ich beim Rat in Biarritz in Absprache mit ei-
    nigen Partnern vorgeschlagen, die Begrenzung der Größe
    der Kommission mit einem gleichberechtigten Rotations-
    system zu kombinieren, in dem kein Mitgliedstaat, auch
    nicht die größeren, ein automatisches Recht besitzt, einen

    Kommissar zu stellen. Das ist nicht zuletzt deshalb sach-
    gerecht, weil die Kommissare nach der Konstruktion der
    Kommission eben keine Vertreter der Mitgliedstaaten sein
    sollen; vielmehr sollen sie gleichsam das Gemeinschafts-
    interesse definieren und über das Gemeinschaftsinteresse
    wachen.

    Ich habe Zweifel, ob diese Vorstellung nicht nur
    Deutschlands, sondern auch Frankreichs und anderer Mit-
    gliedstaaten sofort umzusetzen sein wird, Zweifel des-
    halb, weil es eine Reihe wichtiger kleiner und mittlerer
    Staaten gibt, die auf eine Präsenz in der Kommission nicht
    oder noch nicht verzichten wollen. Da die Entscheidun-
    gen indessen, wie Sie wissen, dem Einstimmigkeitsprin-
    zip unterliegen, wird man sich auch in dieser Frage um ei-
    nen Kompromiss bemühen müssen.

    Die Kommission ist die europäische Institution par ex-
    cellence. Sie muss an europäischen Notwendigkeiten aus-
    gerichtet werden. Die Kommission ist eben nicht die Ver-
    tretung der Mitgliedstaaten in Brüssel. Mein Eindruck ist,
    dass wir für diese Ansicht noch werben müssen.

    Große Fortschritte haben wir in den letzten Wochen in
    einem Bereich erzielt, dem ich persönlich immer beson-
    dere Bedeutung zugemessen habe, dem Ausbau der Re-
    gelungen zur verstärkten Zusammenarbeit innerhalb
    des Gemeinschaftsrahmens, ich betone: innerhalb des Ge-
    meinschaftsrahmens; denn mir ist wichtig, dass die Staa-
    ten, die bezüglich der Integration weitergehen wollen, das
    auf dem Boden der Verträge tun. Es darf nicht dazu kom-
    men, dass verstärkte Zusammenarbeit nicht auf dem Bo-
    den der Verträge stattfindet. In einer erweiterten Europä-
    ischen Union wird es immer schwieriger werden,
    Integrationsfortschritte mit allen Mitgliedsländern gleich-
    zeitig zu erreichen. Aber ohne weitere Integration würden
    die Handlungs- und Einflussmöglichkeiten der Europä-
    ischen Union gerade vor dem Hintergrund der zunehmen-
    den Globalisierung auf Dauer geschwächt werden. Des-
    halb brauchen wir die Möglichkeit, dass Mitgliedstaaten,
    die das wollen und können, im Hinblick auf die Integra-
    tion voranschreiten, wie es ja auch schon im Schengen-
    Bereich oder bei der Wirtschafts- und Währungsunion mit
    Erfolg geschehen ist.

    Über das Grundprinzip der verstärkten Zusammenar-
    beit besteht seit Biarritz weit gehendes Einvernehmen un-
    ter den Mitgliedstaaten. Wir werden uns in Nizza um die
    konkrete Ausgestaltung dieses wichtigen Prinzips küm-
    mern müssen. Hierzu haben Deutschland und Italien zu-
    sammen einen viel beachteten Vorschlag vorgelegt, der
    die Basis für die Schlussberatungen bilden dürfte. Es ist
    gelegentlich die Frage aufgeworfen worden – das habe ich
    gelesen –, warum dies eine Aktion Deutschlands und Ita-
    liens gewesen sei und Frankreich nicht einbezogen wor-
    den sei. Ich möchte das ohne jede Polemik erklären: Das
    hat schlicht damit zu tun, dass die jeweilige Präsident-
    schaft, also auch die jetzige französische Präsidentschaft,
    in der Lage sein muss, Kompromisse aufgrund der Vor-
    schläge der Mitgliedstaaten zu formulieren. Das hat also
    nichts mit Irritationen im deutsch-französischen Verhält-
    nis zu tun. Es geht schlicht darum, der jeweiligen Präsi-
    dentschaft die Möglichkeit, eigene Kompromisse zu erar-
    beiten, zu erhalten. Der eine oder andere, der das kritisiert
    hat, hat das offensichtlich übersehen.




    Bundeskanzler Gerhard Schröder
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    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Unsere gemeinsame Vorstellung ist, dass verstärkte
    Zusammenarbeit künftig durch einen Beschluss mit qua-
    lifizierter Mehrheit eingeleitet werden kann und dann für
    einen Mitgliedstaat keine Vetomöglichkeiten mehr beste-
    hen. Dabei sollte die Mindestteilnehmerzahl auf acht Län-
    der beschränkt sein. Es ist auch wichtig, dass kein politi-
    scher Bereich von vornherein von der Möglichkeit zu
    einer verstärkten Zusammenarbeit ausgenommen sein
    sollte.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Genauso selbstverständlich muss es sein, dass kein Mit-
    gliedstaat, der bereit und in der Lage ist, an der verstärk-
    ten Zusammenarbeit teilzunehmen, von dieser ausge-
    schlossen werden darf. Es darf also keinen „closed shop“
    geben.

    Unbestritten ist auch, dass sich die verstärkte Zusam-
    menarbeit möglichst innerhalb der Verträge vollziehen
    soll und dass die Kommission als Hüterin der Verträge
    eine starke Rolle spielen muss. Ich bin sehr zuversicht-
    lich, dass wir in Nizza in dieser Frage eine wirklich gute
    Lösung finden werden, die einer erweiterten Union die
    notwendige Flexibilität gibt, um auf dem Weg der zuneh-
    menden Integration vorankommen zu können.

    Meine Damen und Herren, die Entwicklung der Euro-
    päischen Union findet mit Nizza und mit der Erweiterung
    keineswegs ihren Abschluss. Vielmehr müssen wir uns
    Gedanken machen, wie wir die Union weiter festigen und
    wie wir den Bürgerinnen und Bürgern ein klareres Bild
    von der künftigen Europäischen Union vermitteln kön-
    nen. Hierfür haben wir mit der Grundrechte-Charta ein
    gutes Fundament geschaffen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Charta wird in Nizza als gemeinsames Dokument von
    Europäischem Parlament, Rat und Europäischer Kom-
    mission feierlich proklamiert werden. Ich nehme gerne
    die Gelegenheit wahr, um von dieser Stelle aus dem Kon-
    vent, vor allem dem Leiter, Altbundespräsident Herzog,
    noch einmal meinen Dank und meine Anerkennung für
    die großartige Leistung auszusprechen, die erbracht wor-
    den ist.


    (Beifall im ganzen Hause)

    Die Charta – das kann man wirklich sagen – fasst eu-

    ropäische Wertevorstellungen und europäische Traditio-
    nen klar und für alle Bürgerinnen und Bürger verständlich
    zusammen. Deshalb ist dieses Dokument ein Gewinn für
    Europa.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Bundesregierung tritt dafür ein, die Charta mittelfris-
    tig in die Verträge zu übernehmen, gleichsam als Herz-
    stück für ein Grundgesetz der Europäischen Union.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Was wir darüber hinaus brauchen, ist eine Vereinfa-
    chung und Neuordnung der Verträge, eine Klärung der

    Gewaltenteilung zwischen den Brüsseler Institutionen
    und eine klare Abgrenzung der Kompetenzen zwischen
    dem, was in Brüssel geschieht, und dem, was in den Mit-
    gliedstaaten zu geschehen hat.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Na endlich!)

    Die Bürger beklagen sich zu Recht darüber, dass die
    Entscheidungswege in Europa nicht nachvollziehbar und
    vielfach undurchsichtig sind. Deswegen – nicht nur we-
    gen des Freistaats Bayern, Herr Glos – sind wir der Auf-
    fassung, dass geklärt werden muss, wer für welche Fragen
    und für welche Entscheidungen zuständig ist. Das ist eine
    Frage der Klarheit, der Transparenz und damit der Legiti-
    mität Europas.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das sind einige der wichtigen Aufgaben für eine Re-
    gierungskonferenz, die wir für das Jahr 2004 vorgeschla-
    gen haben.

    Um die Akzeptanz der Union bei unseren Bürgerinnen
    und Bürgern zu erhöhen, ist es wichtig, dass diese Fragen
    geklärt werden, aber nicht nur auf einer Regierungskon-
    ferenz – das kann nur der Abschluss sein –, sondern auch
    in einer breiten öffentlichen Debatte.
    Deswegen sollten wir uns schon in Nizza in den Grund-
    zügen über die Aufgaben, über den Zeitpunkt und über die
    Vorbereitung dieser neuen Regierungskonferenz verstän-
    digen. Auch hierfür gibt es viel Zustimmung bei den Kol-
    leginnen und Kollegen im Rat.

    Damit hier und anderswo keinerlei Missverständnisse
    aufkommen: Diese neue Regierungskonferenz ist nicht
    als eine Beitrittshürde für die beitrittswilligen Staaten ge-
    dacht. Sie formuliert keine neuen Voraussetzungen für die
    Erweiterung der Union. Dies wird auch in Nizza noch
    einmal ausdrücklich betont werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Europäische Union – das ist mir wichtig – steht zu
    ihren Zusagen von Helsinki: Bis Ende 2002, so haben wir
    es beschlossen, ist die interne Erweiterungsfähigkeit
    der EU hergestellt und über die konkreten Beitrittster-
    mine der einzelnen Kandidaten entscheidet dann allein
    deren Fähigkeit, den Acquis der Europäischen Union
    wirklich in vollem Umfang zu übernehmen.

    Das ist der Grund, warum ich von einer Datendiskus-
    sion so wenig halte. Wir haben mit den Beschlüssen von
    Helsinki vernünftigerweise, wie ich finde, festgelegt: Das
    Europa der 15 strebt an – es wird das Ziel erreichen –, bis
    Ende 2002, Anfang 2003 aufnahmefähig in Bezug auf
    neue Mitglieder zu sein. Es liegt vor allen Dingen an den
    beitrittswilligen Staaten selbst – wir können und wollen
    da hilfreich sein –, beitrittsfähig zu werden. Wann das in
    den einzelnen Staaten erreicht ist, ist nicht Sache der Eu-
    ropäischen Union, des Europas der 15, zu entscheiden;
    vielmehr liegt die Entscheidung vor allen Dingen bei den
    beitrittswilligen Staaten selbst.


    (Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]: Die Entscheidung, nicht die Vorbereitung!)





    Bundeskanzler Gerhard Schröder

    13029


    (C)



    (D)



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    (B)


    Hierin liegt der Grund, warum wir der Auffassung sind,
    dass eine Datendiskussion von den Notwendigkeiten ei-
    nes zügigen Fortschritts bei den inneren Reformen in den
    Beitrittsstaaten eher ablenkt und nicht hilfreich ist.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Im Zusammenhang damit ist etwas anderes wichtig:
    Die politische Frage der Erweiterung ist geklärt. Niemand
    – ich denke, auch niemand in diesem Hohen Hause – ist
    der Auffassung, dass an der Notwendigkeit, Europa nicht
    an der deutschen Ost- oder an der polnischen Westgrenze
    enden zu lassen, ein vernünftiger Zweifel erlaubt ist. Also
    verschiebt sich die Frage eines Beitritts weg von der rein
    politischen Ebene hin zu einer ökonomisch zu beantwor-
    tenden Frage. Ob ein Staat objektiv in der Lage ist – seine
    Bereitschaft unterstelle ich –, die ökonomischen Konse-
    quenzen einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union
    zu tragen – sie sind ja nicht nur entlastender, sondern auch
    belastender Natur; wir wissen das aus der Transformation
    einer Kommandowirtschaft in eine Marktwirtschaft in
    Deutschland –, das entscheidet sich nach dem Stand der
    inneren Reformen in den Beitrittsstaaten selbst.

    Es entzieht sich der direkten Verantwortung der Mit-
    gliedstaaten des Europas der 15. Dass das Europa der 15
    ein Interesse daran hat, dass die Erweiterung zügig von-
    statten geht, erklärt sich aus der politischen Dimension
    dieser Frage, aber auch aus der ökonomischen Dimen-
    sion. Das gilt nicht zuletzt für Deutschland.

    Ich halte es deshalb – ich sage es noch einmal – für
    falsch, jetzt eine Diskussion darüber zu beginnen, wann
    welches Land seine Beitrittsfähigkeit erreicht haben wird.
    Diese Diskussion würde falsche Hoffnungen und Erwar-
    tungen wecken. Unter Umständen würde sie den Reform-
    eifer der einzelnen Länder schwächen und auf diese Weise
    eventuell gewaltige Enttäuschungen hervorrufen.

    Was wir indessen brauchen und was wir auch schaffen
    wollen, ist, einen Fahrplan über die Behandlung der Sach-
    fragen in den Beitrittsverhandlungen aufzustellen, um das
    hohe Tempo, das inzwischen erreicht worden ist, beibe-
    halten und die Einzelheiten zielgerichtet umsetzen zu
    können. Für ein solches Vorgehen, für eine solche „road
    map“, wie man es nennt, wird sich die Bundesregierung
    in Nizza einsetzen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    In Nizza geht es noch um eine Reihe weiterer wichti-
    ger Fragen. Ich erwähne hier vor allen Dingen die euro-
    päische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Bei die-
    sem zentralen Vorhaben, das wir 1999 unter deutscher
    Präsidentschaft auf den Weg gebracht haben, werden wir
    in Nizza aller Voraussicht nach ein wirklich bedeutendes
    Etappenziel erreichen. Die Truppensteller-Konferenz in
    der vergangenen Woche hat deutlich gemacht, dass die
    Europäer bereit und entschlossen sind, im Bereich der Si-
    cherheits- und Verteidigungspolitik gemeinsam Verant-
    wortung zu übernehmen. Die Europäer werden bei der
    Krisenprävention und bei der Krisenbewältigung ein star-
    ker Akteur sein.

    Schließlich haben wir – nicht zuletzt auf deutsches
    Drängen hin – erreicht, dass zivile Krisenprävention und
    ziviles Krisenmanagement im Rahmen dieser Konzeption
    einen bedeutenden Stellenwert erreichen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich halte es für einen Vorzug, dass Europa nicht in erster
    Linie in militärischen Kategorien denkt. Für uns kann der
    Einsatz militärischer Mittel – das unterstreiche ich – im-
    mer nur Ultima Ratio sein.

    Aus deutscher Sicht ist darüber hinaus die Sicherung
    der öffentlichen Daseinsvorsorge von besonderer Be-
    deutung. Die Kommission hat dazu gemäß dem von
    Deutschland angeregten Beschluss des Europäischen Ra-
    tes in Lissabon im Spätsommer eine neue Mitteilung vor-
    gelegt, die die aus dem Jahr 1996 ersetzt. Diese Mitteilung
    wird derzeit im Rat intensiv beraten. Wir sind der Auffas-
    sung, dass sie wichtige Schritte in die richtige Richtung
    enthält. Der kommende Europäische Rat sollte nach un-
    serer Auffassung die Kommission beim Wort nehmen und
    die Erwartung formulieren, dass das Beihilferecht der Eu-
    ropäischen Union im Hinblick auf eine Stärkung der
    Rechtssicherheit fortentwickelt wird. Es muss sicherge-
    stellt werden, dass die besonderen Leistungen, die Ein-
    richtungen der Daseinsvorsorge im Interesse der Allge-
    meinheit erbringen, bei der Anwendung wettbewerbs-
    und beihilferechtlicher Vorschriften des EG-Vertrages an-
    gemessen berücksichtigt werden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, Beitrittsverhandlungen und
    Verfassungsdiskussionen, Erweiterung und Vertiefung –
    das sind die großen Themen, die die Europadiskussion in
    den kommenden Jahren prägen werden. Am Ende dieses
    Jahrzehnts werden wir in einem anderen Europa leben.
    Dieses Europa wird größer sein; aber es muss zugleich po-
    litisch enger verflochten sein und es wird nach meiner
    festen Überzeugung über eine verfassungsmäßige Grund-
    lage verfügen müssen und verfügen.

    Der Weg dorthin ist keineswegs zwangsläufig. Um die-
    ses Europa muss also politisch gekämpft werden, und
    zwar nicht nur auf der Ebene von Staaten und Regierun-
    gen, sondern vor allen Dingen in den europäischen Ge-
    sellschaften selbst. Wir müssen um des großen Projektes
    willen verstärkt nicht bloß um den Verstand der Bürgerin-
    nen und Bürger, sondern eben auch um ihr Engagement
    für dieses Europa und, wenn man so will, um ihre Herzen
    ringen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Angesichts dessen, was ich skizziert habe, lässt sich
    wirklich ohne falsches Pathos sagen: Europa ist unsere
    Zukunft. Seine Vertiefung und Erweiterung bringen uns
    Fortschritte, die im gemeinsamen Interesse, aber eben
    auch im nationalen Interesse Deutschlands liegen. Dabei
    wissen wir um die Ängste und Sorgen der Bürgerinnen
    und Bürger. Auch wenn sich diese Sorgen im Ergebnis als
    weitgehend unbegründet erweisen werden, müssen wir




    Bundeskanzler Gerhard Schröder
    13030


    (C)



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    (A)



    (B)


    diese Sorgen im Prozess der Erweiterung und Vertiefung
    ernst nehmen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Weil das so ist, meine Damen und Herren, dürfen wir bei
    diesem Thema keine Stimmungsmache betreiben,


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    sondern müssen gemeinsam die politische und ökono-
    mische Notwendigkeit und unser nationales Interesse
    an der Erweiterung betonen. Ich sage das noch einmal
    insbesondere mit Bezug auf die Menschen, die in den
    Grenzgebieten zu Polen, zu Tschechien leben und die an
    gesichts bestimmter Fragen Ängste haben, die ich nach-
    vollziehen kann.

    Ich habe dort immer wieder gesagt und will es auch
    hier sagen: Es gibt längs der Grenze eine Reihe wirklich
    wichtiger Industrieunternehmen, die sich Gott sei Dank
    dort angesiedelt haben. Mit ihrer Ansiedlung verbanden
    sie aber die klare Strategie, aus diesen Grenzgebieten,
    zum Beispiel längs der Oder, die mittel- und osteuropäi-
    schen Märkte zu bearbeiten und für ihre eigenen Produkte
    zu erobern.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Das ist doch keine Schande!)


    Die Strategie dieser Unternehmen, die in diesen Berei-
    chen Arbeitsplätze schaffen, kann und wird nur aufgehen,
    wenn die Märkte auch aufnahmefähig für die Produkte
    werden, die längs der Grenze hergestellt werden. Hier
    liegt einer der Gründe, warum es auch und gerade im In-
    teresse der Grenzregionen liegt, dass die Erweiterung
    kommt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir alle müssen begreifen, dass es in unserem ökonomi-
    schen Interesse liegt und uns nützt, wenn durch Integra-
    tion in die Europäische Union in den Staaten Mittel- und
    Osteuropas für uns wichtige Märkte entstehen. So können
    wir den richtigen Weg einschlagen. Dabei wird dann auch
    deutlich, dass die Chancen einer Erweiterung weit größer
    sind als die Nachteile, die viele befürchten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    In diesem Zusammenhang noch etwas: Natürlich wird
    im Laufe der Verhandlungen auch darüber geredet werden
    müssen,


    (Zuruf von der F.D.P.: Übergangsfristen!)

    welche Übergangsfristen erforderlich sind. Das ist doch
    gar keine Frage. Das wird übrigens ein bilateraler Prozess
    sein. Es steht doch völlig außer Frage, dass es für gewisse
    Zeiträume bezüglich einiger Tatbestände Übergangsfris-
    ten auch für die beitrittswilligen Staaten geben muss und
    geben wird. Ich will dazu keine Beispiele nennen. Aber
    Sie alle kennen doch die Tatsache, dass der Industrialisie-
    rungsgrad auf absehbare Zeit noch unterschiedlich sein
    wird. Deswegen muss natürlich auch auf der anderen
    Seite und keineswegs nur auf unserer Seite über Über-
    gangsfristen diskutiert werden. Das wird auch geschehen.

    Auf unserer Seite bezieht sich die Diskussion zum Bei-
    spiel auf die Frage der Arbeitnehmerfreizügigkeit.Wir
    wollen und wir werden kein Lohndumping zulassen. Das
    ist gar keine Frage.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie bezieht sich auch auf gewisse Formen von Dienstleis-
    tungsfreiheit, denn wir wollen und wir werden bei uns
    kein Preisdumping zulassen. In den beitrittswilligen Staa-
    ten bezieht sie sich etwa auf für diese wichtige Fragestel-
    lungen der Industrie- und Landwirtschaftspolitik. Inso-
    fern bin ich ganz sicher, dass es im Interesse beider Seiten
    liegt, hier zu vernünftigen, den Ängsten der Bevölkerung
    auch wirklich begegnenden Regelungen zu kommen. Wir
    jedenfalls werden uns dafür einsetzen.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Politische Orientierungen für das zukünftige Europa zu
    geben und dafür um die Zustimmung der Bürgerinnen und
    Bürger zu werben sollte vor diesem Hintergrund eine
    gemeinsame Aufgabe des Hohen Hauses sein. Ein so he-
    rausragendes politisches, wirtschaftliches und gesell-
    schaftliches Zukunftsprojekt wie die europäische
    Einigung lebt gewiss von der produktiven Auseinander-
    setzung um seine Gestaltung. Die Auseinandersetzung
    zwischen allen Beteiligten und in der Gesellschaft bei uns
    sollte konstruktiv – ich betone: konstruktiv – geführt wer-
    den.

    Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung bereit
    – sie befindet sich damit in einer guten deutschen Tradi-
    tion –, die großen europapolitischen Aufgaben der Zu-
    kunft, die im wohlverstandenen nationalen Interesse
    Deutschlands liegen, gemeinsam mit allen Fraktionen des
    Deutschen Bundestages anzugehen, um die zwischen uns
    weitgehend unstrittigen Ziele hinsichtlich der Perspekti-
    ven der europäischen Einigung in und eben auch für Eu-
    ropa zu verwirklichen. Ich sage es noch einmal: Das
    schließt produktiven Streit nicht aus. Aber er sollte auf der
    Basis der gemeinsamen Grundüberzeugungen, was die
    Entwicklung der Europäischen Union, ihre Erweiterung
    und ihre Vertiefung angeht, ausgetragen werden.

    Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile dem Kolle-
gen Friedrich Merz, dem Vorsitzenden der CDU/CSU-
Fraktion, das Wort.


(Uwe Hiksch [PDS]: Jetzt kann man die europäische Leitkultur kennen lernen!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Merz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine
    sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler,
    die CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterstützt Sie und
    Ihre Regierung bei dem wichtigen Vorhaben, am 7. und
    8. Dezember in Nizza zu einem guten Abschluss der Re-
    gierungskonferenz zu kommen. Wir wissen, dass dies




    Bundeskanzler Gerhard Schröder

    13031


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    vermutlich eine der wichtigsten Konferenzen ist, die die
    Europäische Union in den letzten Jahren abgehalten hat.
    Wir wollen, dass diese Konferenz ein Erfolg wird, insbe-
    sondere weil sie die Voraussetzungen für die auch von uns
    gewollte und von uns für notwendig und richtig gehaltene
    Osterweiterung schaffen soll.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass

    dies einen breiten politischen Konsens in der Bundesre-
    publik Deutschland erfordert. Sie haben auch angemahnt,
    den Menschen in unserem Land die Ängste vor diesen
    Veränderungen zu nehmen. Ich habe mir allerdings
    während Ihrer Regierungserklärung die Frage gestellt,
    wie denn wohl jemand reagiert, der Sie heute Morgen am
    Fernseher gesehen hat,


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Wenn er noch im Bett liegt, dreht er sich wieder um!)


    welche Empfindungen er hat und ob er die eine oder an-
    dere Sorge weniger hat, nachdem Sie gesprochen haben.


    (Gernot Erler [SPD]: Das können Sie jetzt ausräumen!)


    Herr Bundeskanzler, Ihre Regierungserklärung war so
    leidenschaftslos


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf des Bundesministers Joseph Fischer)


    und in einer solchen Bürokratensprache abgefasst,

    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, na! Das sagt der Richtige! Jetzt kommt der Vulkan Merz!)


    dass nun wirklich niemand, der Ihnen zugehört hat, die
    zentrale Botschaft verstanden hat, um die es eigentlich
    uns allen gehen müsste.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Sie haben sauber abgearbeitet, was Ihnen aufgeschrieben
    worden ist. Aber die zentrale Botschaft – es geht nämlich
    darum, mit dem Erfolg dieser Regierungskonferenz das
    wichtigste Projekt zu Beginn des 21. Jahrhunderts in der
    Europäischen Union auf den Weg zu bringen – hat nie-
    mand verstanden, der Ihnen heute Morgen zugehört hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Herr Bundeskanzler, wenn es darum geht, den Men-
    schen Ängste und Sorgen zu nehmen, stelle ich mir schon
    die Frage, warum Sie ein zentrales – vielleicht das zen-
    trale – europäisches Thema, das in diesen Tagen die Öf-
    fentlichkeit beherrscht und das den Menschen wirklich
    Angst macht, überhaupt nicht angesprochen haben, näm-
    lich die Fälle von BSE-Erkrankungen und die sich daraus
    ergebene Krise.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Gernot Erler [SPD]: Das ist ein Thema von Nizza? – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Wir haben Nizza auf der Tagesordnung!)


    – Nein, das ist kein Thema von Nizza.

    (Michael Roth [Heringen] [SPD]: Sagen Sie doch einmal ein Thema!)

    Aber wenn Sie die Zustimmung zur europäischen Politik
    zurückgewinnen wollen, dann müssen Sie über die The-
    men sprechen, mit denen die Nöte und Sorgen der Men-
    schen zusammenhängen. BSE ist ein europäisches Thema!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie hätten durchaus darauf hinweisen können, dass es

    große Schwierigkeiten gibt, die Rechtsgemeinschaft der
    Europäischen Union bei diesem Thema herzustellen, bei
    dem es darum geht, dass sich nicht nur die Bundesrepu-
    blik Deutschland, sondern auch die anderen Mitgliedstaa-
    ten an das halten, was in der Europäischen Union verein-
    bart worden ist. Aber kein Wort davon an dieser Stelle. Sie
    haben eine große Chance vertan, den Menschen Sorgen zu
    nehmen und ihnen das Vertrauen zu geben, dass die Euro-
    päische Union in der Lage ist, die großen Aufgaben der
    Zukunft zu lösen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Bundeskanzler, mir ist bei der Vorbereitung der

    heutigen Aussprache ein Zweites aufgefallen: Sie haben
    in der zweijährigen Amtszeit als Bundeskanzler der Bun-
    desrepublik Deutschland bis zum heutigen Tag, ein-
    schließlich dieser Regierungserklärung, weder hier im
    Deutschen Bundestag noch außerhalb des Deutschen
    Bundestages eine wirklich große europäische Rede ge-
    halten,


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, sag mal, Merz! Also, Merz!)


    in der die Leidenschaft für dieses große Thema Europa
    zum Ausdruck gekommen wäre.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Dafür haben wir ja Sie als den Leitkulturhammel! – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch tagelang über Konditionierung geredet!)


    Bei aller berechtigten oder unberechtigten Kritik an der
    früheren Bundesregierung kann ich nur sagen: Für Europa
    hat es in der früheren Bundesregierung – wie übrigens in
    allen früheren Bundesregierungen – eine größere Bereit-
    schaft zum Engagement und eine größere Leidenschaft
    als bei Ihnen gegeben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wollen wir mal Ihre Leidenschaft sehen! Kommen Sie doch mal rüber mit Ihrer Leidenschaft für Europa!)


    In einer der wenigen Reden, die nachhaltige Wirkung
    haben sollte, nämlich in der Rede, die Sie vor rund einem
    Jahr in der Französischen Nationalversammlung gehalten
    haben, haben Sie – völlig zu Recht – darauf hingewiesen,
    dass die Zukunft der Europäischen Union ganz maßgeb-
    lich davon abhängig ist, dass das deutsch-französische
    Verhältnis der Motor in dieser Europäischen Union




    Friedrich Merz
    13032


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    bleibt. Sie haben in Paris gesagt, Europa zähle auf
    Deutschland und Frankreich. Keine der großen europä-
    ischen Aufgaben sei je gelöst worden, wenn sich Deutsch-
    land und Frankreich nicht einig gewesen seien. Keines der
    großen europäischen Integrationsprojekte, so haben Sie
    weiter ausgeführt, wäre jemals verwirklicht worden, hät-
    ten Deutschland und Frankreich nicht den Anstoß gege-
    ben. Sie haben Recht, Herr Bundeskanzler, es ist wahr:
    Die Zusammenarbeit der beiden großen Mitgliedstaaten
    Deutschland und Frankreich war immer der Motor der
    Europäischen Union.

    Jetzt stelle ich Ihnen aber einmal die Frage: Was ist der
    Befund ein Jahr später? Wir bekommen von den Medien
    gegenwärtig – da ist offensichtlich nicht nur ein bisschen
    Rauch, sondern da ist Feuer unterm Dach – eine Be-
    schreibung des deutsch-französischen Verhältnisses, die
    schlechter ist als jemals in den Jahren und Jahrzehnten zu-
    vor. Ich nenne Ihnen nur einige Stichworte: „Außenminis-
    ter Fischer irritiert Paris“; „Klimasturz in den Beziehun-
    gen zu Frankreich“; „Zwietracht stellt sich ein zwischen
    Berlin und Paris“;


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt die Leidenschaft für Europa!)


    „Ein Duft von Arroganz“; „Der Lack ist ab“; „Védrine
    über Fischer verärgert“. Herr Bundeskanzler, Ihr Außen-
    minister wird in Paris in Anlehnung an den Rattenfänger
    von Hameln mittlerweile offen als der „Flötenspieler“ be-
    zeichnet.


    (Zurufe von der SPD: Oh!)

    Was ist los im deutsch-französischen Verhältnis, Herr
    Bundeskanzler?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn das, was Sie heute Morgen in Ihrer Regierungs-

    erklärung hier gesagt haben, richtig ist, dann erwarten
    nicht nur wir, sondern das ganze Land von dieser Bun-
    desregierung ein höheres Engagement hinsichtlich der
    deutsch-französischen Beziehungen. Deswegen möchte
    ich Ihnen die Frage stellen: Ist es richtig, was in den Zei-
    tungen stand, dass Bundesaußenminister Joschka Fischer
    seit Anfang Juli, also seit Beginn der französischen
    Ratspräsidentschaft, die Sie mit Recht als so wichtig und
    entscheidend bezeichnet haben, nicht mehr an den Minis-
    terrunden seines französischen Amtskollegen in Paris
    teilnimmt? Ist es richtig, dass Herr Fischer in Brüssel ge-
    sagt hat, es sei völlig nutzlos, an diesen Ministerrunden
    teilzunehmen, und dass seitdem nur noch einer seiner Be-
    amten dahin geschickt wird? Was war der Hintergrund der
    Absage – nicht Ihres Verteidigungsministers, sondern des
    Präsidenten der europäischen Sozialisten – am letzten
    Wochenende bei dem Kongress der französischen Sozia-
    listen in Grenoble? Warum hat er dort nicht teilgenom-
    men, für die deutsch-französischen Beziehungen gewor-
    ben und als Präsident der Sozialdemokratischen Parteien
    Europas eine Rede für Europa gehalten?


    (Rolf Schwanitz [SPD]: Was Sie nicht alles kümmert, Herr Merz! – Gernot Erler [SPD]: Sie haben vielleicht Sorgen!)


    – Angesichts der Zurufe, die Sie zu diesem Thema hier
    machen, werden bei mir die Zweifel, ob BSE auf den
    Menschen übertragbar ist, noch geringer, als sie bisher oh-
    nehin schon waren.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Susanne Kastner [SPD]: Keinen Anstand hat der Merz! – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Ist das die deutsche Leitkultur?)


    – Regen Sie sich ruhig weiter auf!
    Herr Bundeskanzler, entscheidend ist doch, dass es of-

    fenbar im deutsch-französischen Verhältnis bei der Vor-
    bereitung des Abschlusses der Regierungskonferenz in
    Nizza eine ganze Reihe von ungeklärten Fragen gibt und
    dass dies der Grund dafür ist, dass der Erfolg dieser Kon-
    ferenz wirklich auf der Kippe steht.

    Sie haben soeben in Ihrer Regierungserklärung aus-
    drücklich festgestellt, dass man sich im Ministerrat vor-
    stellen kann, so oder so zu entscheiden. Das hier im Deut-
    schen Bundestag von uns gemeinsam für richtig gehaltene
    Entscheidungsverfahren der doppelten Mehrheit im Mi-
    nisterrat ist also offensichtlich aufgegeben worden.

    Schwerer wiegt, dass offensichtlich zwischen Deutsch-
    land und Frankreich in einer Reihe von politischen Sach-
    fragen, die die europäische Politik betreffen und die auf
    dem Gipfel in Nizza entschieden werden müssen, größere
    Verstimmungen bestehen. Ich nenne ein wichtiges Bei-
    spiel, über das Sie kein Wort verloren haben: Was ist ei-
    gentlich auf europäischer Ebene und insbesondere im Ver-
    hältnis zwischen Deutschland und Frankreich in Bezug auf
    die gemeinsame Handelspolitik los? Ende letzten Jahres
    ist die Ministerkonferenz der WTO in Seattle gescheitert.
    Das hatte vielfältige Gründe, die mit Sicherheit auch in
    dem beginnenden amerikanischen Wahlkampf zu suchen
    waren. Aber was ist die Konsequenz für die Europäer?
    Sind Sie zusammen mit Frankreich bereit, dafür zu sorgen,
    dass auf dem Gipfel in Nizza beschlossen wird, dass der
    Bereich der Handelspolitik vom Einstimmigkeitsprinzip
    zu Mehrheitsentscheidungen überführt wird? Sind Sie be-
    reit, die auf WTO-Ebene stattfindenden Verhandlungen
    über geistiges Eigentum und Dienstleistungen auf der
    Grundlage von Mehrheitsentscheidungen der Europä-
    ischen Union zum Erfolg zu führen?


    (Zuruf des Bundesministers Joseph Fischer)

    – Herr Fischer, Sie machen hier ständig Zurufe.


    (Zurufe von der CDU/CSU: Das darf er gar nicht!)


    – Das kann er ja tun. Mich stört das nicht. – Nur, warum,
    Herr Fischer, ist beim letzten deutsch-französischen
    Gipfel in Vittel der Bundeswirtschaftsminister überhaupt
    nicht dabei gewesen? Weil er in diesem Land offensicht-
    lich nichts mehr zu sagen hat. Aber wirtschaftliche Fragen
    sind doch wichtig!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Zu den Abschlusskommuniqués, die in diesem Zusam-

    menhang verabschiedet worden sind, ist festzustellen:




    Friedrich Merz

    13033


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Auf dem Gipfel in Nizza sollte die Entscheidung getrof-
    fen werden, dass die Kommission im Bereich der
    Handelspolitik in Zukunft weltweit auf der Grundlage
    von Mehrheitsentscheidungen des Rates tätig werden
    kann. Zu diesem Thema wurde kein Wort gesagt.

    Ein weiterer Punkt in Bezug auf das deutsch-französi-
    sche Verhältnis: Warum ist es streitig, Maßnahmen, die
    Personenkontrollen an den Binnen- und Außengrenzen
    der Europäischen Union betreffen, zwischen Deutschland
    und Frankreich vorzubereiten? Warum gibt es in dieser
    Frage einen offensichtlich größer werdenden Dissens?
    Glauben Sie denn im Ernst, dass der Gipfel von Nizza der
    Erfolg werden kann, den wir wollen und der notwendig
    ist, wenn es vorher im deutsch-französischen Verhältnis
    eine solche Zunahme an Problemen und Störungen gibt,
    die offensichtlich auch mit dem persönlichen Verhalten
    mehrerer Mitglieder der Bundesregierung in Verbindung
    zu bringen sind?


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Herr Bundeskanzler, Sie haben über die Osterweite-
    rung gesprochen und darauf hingewiesen, dass natürlich
    gerade wir als Deutsche ein Interesse daran haben müss-
    ten, dass die deutsche Ostgrenze und die polnische West-
    grenze nicht die Grenze bleibt, die den europäischen Kon-
    tinent weiter teilt. Wenn das aber so ist, dann frage ich Sie,
    warum sich der polnische Außenminister vor kurzem ver-
    anlasst gesehen hat, ein Interview zu geben, in dem er zum
    Ausdruck gebracht hat, dass er die deutsche Unterstüt-
    zung insbesondere für den Beitritt Polens zur Europä-
    ischen Union vermisst. Was ist los im deutsch-polnischen
    Verhältnis,


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Merz, wo lebst du denn eigentlich?)


    dass solche Erklärungen des polnischen Außenministers
    notwendig gewesen sind?

    Die Probleme in Ihrer Koalition und die Probleme, die
    intern zwischen Ihnen, Herr Bundeskanzler, und der SPD-
    Bundestagsfraktion bestehen, absorbieren Sie in einem so
    hohen Maße, dass Sie für die wichtigen europapolitischen
    Themen und die bedeutenden Angelegenheiten, die jetzt
    entschieden werden müssen, nicht den Kopf frei haben.
    Das war Ihnen heute Morgen anzumerken.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann haben Sie den Begriff „Europa“ zum ersten Mal in den Mund genommen? Vor ein paar Wochen! – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Sie haben den Kopf voll mit Blödsinn!)


    Ich will es noch einmal ganz ausdrücklich sagen, damit
    keine Missverständnisse entstehen: Wir sind bereit, mit
    Ihnen zusammen dafür zu sorgen, dass Nizza ein Erfolg
    wird.


    (Gernot Erler [SPD]: So nicht, Herr Kollege!)

    Wir tragen dazu bei; übrigens haben wir mittlerweile of-
    fensichtlich bessere Kontakte zu unseren befreundeten
    Parteien in Paris als Sie.


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit welcher von den vielen? Es gibt doch gar keine konservative Partei in Frankreich!)


    Wir sind bereit, mit Ihnen die Entscheidungen zu treffen,
    die notwendig sind, um die Osterweiterung der Euro-
    päischen Union zu ermöglichen. Zu diesen Entschei-
    dungen gehört nicht nur, dass die Institutionen in der Eu-
    ropäischen Union neu geordnet werden und dass das
    Zusammenwirken der Institutionen innerhalb der Europä-
    ischen Union besser wird. Das ist eine notwendige
    Voraussetzung, aber ganz sicher keine hinreichende.

    Wir müssen in der Bevölkerung der Bundesrepublik
    Deutschland für dieses große Projekt werben, und wir
    brauchen eine Zustimmung der Bevölkerung, die wir ge-
    genwärtig – das wissen Sie – nicht haben. Wir müssen den
    Menschen gerade in unserem Lande deutlich machen, was
    es bedeutet, dass wir vor der größten Erweiterung der Eu-
    ropäischen Union in ihrer Geschichte stehen.

    Ich sage Ihnen voraus: Wenn Sie so weitermachen,
    dann werden Sie die Zustimmung der Bevölkerung in
    Deutschland dazu nicht gewinnen. Die Deutschen wollen
    nämlich eine Antwort.


    (Joachim Poß [SPD]: Wenn Sie so weitermachen! Weil Sie das so machen, gelingt das vielleicht nicht!)


    – Ich bedanke mich sehr herzlich, dass Sie der Opposition
    so viel zutrauen, dass sie vernünftiges Regieren verhin-
    dern kann, wie das in Ihren Kreisen jetzt zum Ausdruck
    gebracht wird. Ich will Ihnen ausdrücklich sagen: Wir
    sind in diesem Bereich nicht an einem kleinlichen partei-
    politischen Streit und Gezänk interessiert.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir gemerkt!)


    Sie werden sich schon einmal anhören müssen – ob Sie
    wollen oder nicht –, wo die wirklich substanziellen Pro-
    bleme in der Europäischen Union liegen. Wir lassen es
    uns jedenfalls auch mit Ihren Zwischenrufen und mit
    Ihrem Geschrei nicht verbieten, hier anzusprechen,
    worum es in der europäischen Politik geht.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Neben allem, was jetzt in Nizza entschieden werden

    muss – die Institutionen neu ordnen, das Zusammenwir-
    ken der Institutionen neu regeln, eine Vertiefung der Zu-
    sammenarbeit, die Überführung einer großen Zahl der
    Entscheidungen in den Mehrheitsentscheid –, müssen Sie
    bestrebt sein, die Zustimmung der Bevölkerung zu ge-
    winnen. Ich will Ihnen übrigens ausdrücklich sagen: Ich
    halte das, was Sie vorgeschlagen haben im Hinblick auf
    das Rotationssystem in der Kommission, für mutig und
    richtig. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein großes
    Mitgliedsland wie Deutschland sagt: Wir sind bereit, mit
    Frankreich zusammen mal zwischendurch auf Zeit auf
    die Vertretung in der Kommission zu verzichten. Das ist
    ein mutiger und richtiger Schritt. Aber alles das reicht




    Friedrich Merz
    13034


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    nicht aus, um die Zustimmung der Bevölkerung für die
    weitere europäische Politik, insbesondere für die Oster-
    weiterung und die vertiefte Integration in Europa, zu ge-
    winnen.

    Wir werden eine sehr viel intensivere Debatte um
    die Fragen führen müssen: Was soll die europäische Poli-
    tik eigentlich lösen? Wo sind ihre Zuständigkeiten, ihre
    Kompetenzen im wahrsten Sinne des Wortes? Was muss
    bei den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – mögli-
    cherweise sogar bei den Ländern und den Kommunen –
    verbleiben bzw. von Europa auf sie zurück übertragen
    werden?

    Wenn Sie diese Debatte – wie das in einem im Übrigen
    nicht zu kritisierenden Dokument der letzten deutsch-ita-
    lienischen Begegnung zum Ausdruck kommt – auf das
    Jahr 2004 vertagen, wenn Sie nicht unmittelbar nach
    Nizza beginnen, die Frage der Kompetenzordnung und
    eines Verfassungsvertrages auf die Agenda der europä-
    ischen Politik zu setzen, dann werden Sie größere Schwie-
    rigkeiten haben, schon das akzeptabel zu machen, was in
    Nizza verabschiedet wird.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die Menschen wollen wissen: Was kann und was muss

    diese Europäische Union machen? Wofür ist sie zustän-
    dig, was sind die großen politischen Themen: Auf die Eu-
    ropäische Wirtschafts- und Währungsunion, die wir ge-
    macht haben, Gott sei Dank mit breiter Zustimmung in
    diesem Haus, müssen eine gemeinsame Außen- und Si-
    cherheitspolitik, eine gemeinsame Verteidigungspolitik
    und, so füge ich hinzu, eine gemeinsame Rüstungs- und
    Rüstungskontrollpolitik folgen.


    (Wolfgang Gehrcke [PDS]: Ja klar; Rüstung vor allen Dingen!)


    – Sie sagen: „Ja klar!“. Aber was war denn das am ver-
    gangenen Wochenende? Sie haben von einer „Truppen-
    aufstellerkonferenz“ gesprochen, und zum selben Zeit-
    punkt müssen Sie sich von einem der führenden früheren
    Soldaten öffentlich sagen lassen, dass die notwendigen
    materiellen Voraussetzungen, die die Bundesregierung
    dazu schaffen muss, überhaupt nicht vorhanden sind. Herr
    Naumann hat Ihnen in der Wochenendpresse dezidiert
    dargelegt, dass Sie eine Luftbuchung abgegeben haben.
    Das ist so, wie Sie es hier vorgeschlagen haben, nicht zu
    machen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist ja schön, dass da eine „Truppenaufstellerkonfe-

    renz“ stattgefunden hat. Wunderbar! Aber der Verteidi-
    gungsminister, der heute Morgen noch nicht einmal hier
    im Plenum ist, muss die notwendigen Voraussetzungen
    dafür schaffen, dass die Bundeswehr an einem solchen
    Eurokorps, wie Sie es vorgeschlagen haben, wirklich teil-
    nehmen kann. Fehlanzeige bei dieser Bundesregierung!
    Nein, Herr Bundeskanzler, so geht es nicht.

    Wir müssen darüber hinaus in der Innen- und Rechts-
    politik dafür sorgen, dass die Europäische Union zumin-
    dest die Kompetenz erhält, die grenzüberschreitende or-
    ganisierte Kriminalität zu bekämpfen. Auch dazu haben

    Sie in Ihrer Regierungserklärung praktisch nichts gesagt.
    Die Menschen erwarten aber eine Antwort der Regierung
    der Bundesrepublik Deutschland auf diese große Heraus-
    forderung der Kriminalität, die mittlerweile grenzüber-
    schreitend stattfindet. Fehlanzeige bei dieser Bundesre-
    gierung, kein Wort zu diesem Thema!


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir sind – ich betone das jetzt ein drittes Mal, damit

    Sie nicht immer wieder versuchen, uns zu widerspre-
    chen – mit Ihnen auf dem Weg zu einer vertieften Euro-
    päischen Union. Wir sind mit Ihnen auf dem Weg, damit
    die Europäische Union auch wirklich erweitert und dieser
    großen Herausforderung entsprochen werden kann. Das
    ist das Projekt einer gesamteuropäischen Friedens- und
    Freiheitsordnung, das maßgeblich davon abhängig ist, ob
    die Bundesrepublik Deutschland in der geopolitischen
    Mitte dieses Kontinents dazu einen eigenen Beitrag leis-
    tet. Wenn Sie aber wie heute Morgen völlig emotionslos
    und ohne jede innere Anteilnahme an dem, was hier statt-
    findet, agieren, dann wird es nicht gelingen, Herr Bun-
    deskanzler.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Deswegen sage ich Ihnen zum Schluss:

    (Gernot Erler [SPD]: War das schon alles?)


    Wir sind bereit, mit Ihnen über viele Details und alle mög-
    lichen Sachfragen hier und in den Ausschüssen des Bun-
    destages zu streiten.


    (Michael Roth [Heringen] [SPD]: Wir haben so lange auf Ihre Vorschläge gewartet!)


    – Wissen Sie, wenn Sie noch nicht einmal verstanden ha-
    ben, dass ich dargelegt habe, was in den drei großen Be-
    reichen – in der Außen- und Sicherheitspolitik, der Wirt-
    schafts- und Währungspolitik und der Innen- und
    Rechtspolitik – geschehen muss, damit die Europäische
    Union handlungsfähig sein muss,


    (Uwe Hiksch [PDS]: Luftblasen waren das! – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Jetzt kommt der Oberlehrer, erstens, zweitens, drittens!)


    dann haben Sie offensichtlich während der ganzen Zeit
    nicht zugehört.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wenn Sie es aber genauer wissen wollen, will ich Ihnen
    an dieser Stelle noch etwas sagen.


    (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    – Nein, ich mache es jetzt. Ich hätte es sonst morgen ge-
    macht, aber ich will es jetzt an dieser Stelle tun, damit das
    vollständig wird: Sie werden auch nicht um die Debatte
    darüber herumkommen, wie die Mitgliedstaaten in der
    Europäischen Union ihre Rolle in den nächsten Jahren
    und Jahrzehnten sehen. Wenn es richtig ist, dass die Mit-
    gliedstaaten, die Nationen in Europa, eine wesentliche
    tragende Säule der europäischen Integration bleiben, dann




    Friedrich Merz

    13035


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    müssen wir uns auch über das Thema nationale und kul-
    turelle Identität der Mitgliedstaaten selbst unterhalten.
    Sonst wird es nicht gelingen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Jetzt kommt der Leitkulturhammel!)


    – Man kann ja über Worte trefflich streiten, aber wenn Ih-
    nen zum Thema einer freiheitlichen Leitkultur in
    Deutschland


    (Zurufe von der SPD: Leithammel!)

    nicht mehr einfällt als diese „Leithammel!“-Zwi-
    schenrufe, wenn die Bundesregierung, wenn der Außen-
    minister sich an Entenhausen und Mickymaus erinnert
    fühlen und wenn die Ausländerbeauftragte der Bundesre-
    gierung über Erbsensuppe und Pickelhaube daherschwa-
    droniert, dann muss ich dazu sagen: Das ist dem Thema
    überhaupt nicht angemessen; die Bundesregierung wird
    ihrem Auftrag nicht gerecht, wenn sie nur mit solchen
    Plattitüden auf ein Thema reagiert, zu dem die Menschen
    Orientierung suchen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Das Thema werden wir Ihnen nicht ersparen. Sie wer-
    den auch darauf Antworten geben müssen, was die Mit-
    gliedstaaten, die Nationen in der Europäischen Union, im
    Inneren zusammenhält. Ich bin sehr dafür und von Grund
    auf überzeugt, dass die Bundesrepublik Deutschland nur
    dann eine gute Zukunft hat, wenn das europäische Projekt
    gelingt. Die Bundesrepublik Deutschland löst sich aber in
    diesem europäischen Projekt nicht auf, sondern sie muss
    eine eigene Identität und eine eigene Zukunft haben. Auch
    über dieses Thema müssen wir reden. Nation und Eu-
    ropa schließen sich nicht aus, sondern bedingen sich ge-
    genseitig. Ohne Nationen wird Europa nicht gelingen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zurufe von der SPD)


    – Sie können mit Ihren Zwischenrufen bleiben, wo Sie
    sind. Die Zustimmung der Bevölkerung der Bundesrepu-
    blik Deutschland werden Sie mit dieser Art und Weise,
    Europapolitik zu machen, nicht bekommen.


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt die Leidenschaft für die deutsche Leitkultur, aber von Europaleidenschaft höre ich von Ihnen nichts!)


    Wir sind leidenschaftlich auf dem Weg nach Europa.
    Wir wollen die Erweiterung und die Vertiefung und wir
    sind bereit, Ihnen dabei zu helfen. Wenn allerdings das,
    was für Nizza geplant ist, aufgrund mangelnder Vorberei-
    tung und aufgrund der von mir beschriebenen Probleme,
    die offensichtlich im deutsch-französischen Verhältnis
    bestehen, nicht gelingt, dann trägt daran die Regierung
    der Bundesrepublik Deutschland ein höheres Maß an Ver-
    antwortung, als mit dieser abgelesenen Regierungser-
    klärung des Bundeskanzlers heute Morgen zum Ausdruck
    gekommen ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)