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ID1411806400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/118 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 118. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 I n h a l t : Entsendung des Abgeordneten Gunter Weißgerber als ordentliches Mitglied in das Kuratorium der „Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR“ . . . . . . . 11285 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 11285 B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Druck- sache 14/4000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11285 B b) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Finanzplan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksache 14/4001) . . . . . . . . . . . . . 11285 B Einzelplan 11 Bundesministerium fürArbeit und So- zialordnung Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . . 11285 C Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11290 C Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11290 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11295 A Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 11298 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . . . . . . . . . . . 11300 B Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . . 11302 B Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11306 A Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . . 11306 B Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . . . . . . . . 11306 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 11309 A Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11310 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11311 C Adolf Ostertag SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11313 C Renate Jäger SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11314 B Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . . 11316 B Einzelplan 09 Bundesministerium fürWirtschaft undTechnologie Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . . 11318 B Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11321 A Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11324 B Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11327 A Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11329 C Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11330 B Dr. Norbert Wieczorek SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11332 A Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11335 B Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11336 D Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11337 B Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11338 C Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11339 A Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11339 B Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11339 C Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 11341 D Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 11343 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11346 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 11347 A Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11347 C Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11349 D Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 11351 C Waltraud Lehn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11353 A Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11355 B JürgenTrittin BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN . . 11357 B Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11357 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11358 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11360 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11362 B Marion Caspers-Merk SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11363 A Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11363 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11364 D Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Bemessungsgrundlage für Zuschlagsteuern (Drucksache 14/3762) . . . . . . . . . . . . . . . . 11365 C Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Präsidentin des Bundesrechnungs- hofes: Rechnung des Bundesrech- nungshofes für das Haushaltsjahr 1999 – Einzelplan 20 – (Drucksachen 14/2868, 14/3974) . . . . 11365 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu der Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Aufhebung der Beschlüsse 75/364/EWG, 7/454/EWG, 78/688/EWG, 78/1028/EWG, 80/156/EWG und 85/434/EWG über die Einsetzung Be- ratender Ausschüsse für die Ausbil- dung der für die allgemeine Pflege ver- antwortlichen Krankenschwestern/ Krankenpfleger, der Zahnärzte, der Tierärzte, der Hebammen, der Apothe- ker und der Ärzte (Drucksachen 14/3050 Nr. 2.2, 14/3607) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11365 D Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Reinhard Klimmt, Bundesminister BMVBW 11366 A Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11368 D Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11371 D Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11373 D Hans-Michael Goldmann F.D.P. . . . . . . . . . . . 11374 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11376 C Annette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11378 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11380 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11382 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11384 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 11384 D Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 B Dieter Maaß (Herne) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 C Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML . . . . 11388 B Josef Hollerith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11391 B Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 11393 A Josef Hollerith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11394 C Ulrich Heinrich F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11395 C Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11397 A Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11398 A Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11398 B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11399 C Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11400 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . . 11400 B Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11402 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11403 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11405 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 Norbert Schindler 11403 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 11405 (C)(A) Brudlewsky, Monika CDU/CSU 14.09.2000 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 14.09.2000 Peter H. Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Elser, Marga SPD 14.09.2000 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 Joseph DIE GRÜNEN Frick, Gisela F.D.P. 14.09.2000 Hauer, Nina SPD 14.09.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Hoffmann (Chemnitz), SPD 14.09.2000 Jelena Dr.-Ing. Jork, Rainer CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 14.09.2000 Kolbe, Manfred CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Lüth, Heidemarie PDS 14.09.2000 Marquardt, Angela PDS 14.09.2000 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 14.09.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 14.09.2000 Hans Peter Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 14.09.2000 entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rolf Kutzmutz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Liebe Kolle-
    ginnen und Kollegen! Lieber Kollege Brüderle, ich
    möchte zwei Anmerkungen zu Ihrer Rede machen: Die
    erste: Ich habe jetzt gelernt, wie man seine Redezeit ver-
    längern kann; wir versuchen es alle einmal. Die zweite:
    Mir war das Lied „Männer“ von Grönemeyer schon im
    Kopf, als Sie richtig losgepoltert haben. Als Sie dann aber
    sagten, worüber Sie sich alles aufregen, habe ich gedacht,
    ich empfehle Ihnen einfach einmal, da hineinzuhören,
    was Männern alles passieren kann, wenn sie sich zu sehr
    aufregen. Vielleicht sollten wir uns auf ein Maß einigen.


    (Beifall bei der PDS – Zuruf von der F.D.P.)

    – Er kann noch mehr, ich weiß das.

    Herr Minister Müller hat gesagt, noch mehr wirt-
    schaftliche Kompetenz, Innovation und neue Arbeits-
    plätze und noch mehr ökologische Modernisierung und
    Nachhaltigkeit sind die Zielmarken für die zweite Halb-

    zeit der Regierungspolitik. Ich will hier offen sagen:
    Wenn man den Wirtschaftsetat betrachtet, hält sich die
    Innovation in Grenzen. Dafür feiert die Kreativität des
    Verschleierns von Kosten und Risiken wie zu Herrn
    Rexrodts und Herrn Waigels seligen Zeiten fröhliche Wie-
    derauferstehung.

    Die Kohlesubventionen werden schätzungsweise eine
    halbe Milliarde DM zu niedrig veranschlagt, ebenso die
    Kosten für bereits eingegangene Eigenkapitalhilfen und
    Technologiebeteiligungen. Letztere Programme sollen
    wie schon in den Vorjahren die Eigenkapitalhilfe kurzer-
    hand aus dem Wirtschaftsetat entsorgt und im Schatten-
    haushalt ERP-Vermögen endgelagert werden. Der aber
    hat nicht nur Lasten und Risiken zu tragen, die jetzt schon
    substanzgefährdend sind; jetzt soll auch noch sein bisher
    vergleichsweise gut funktionierender Vergabeapparat, die
    Deutsche Ausgleichsbank, als Mittelstandsbank der KfW
    zugeschlagen werden.

    Die Gefahr – ich sage ausdrücklich: die Gefahr –, dass
    bei der Suche nach Synergien die Mittelstandspolitik lei-
    det, ist nicht von der Hand zu weisen. Deshalb ist die
    tatsächliche Einbeziehung des Parlaments in all diese
    Entscheidungsprozesse dringend nötig.


    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Da hat er sogar recht!)


    Das Einzige, das mich bei der Argumentation zum Ver-
    kauf der Deutschen Ausgleichsbank bisher überzeugt hat,
    ist, dass auch auf diesem Wege Geld in die Kassen des Fi-
    nanzministers fließt. Das mag kreativ erscheinen, in-
    novativ aber ist es auf keinen Fall.


    (Beifall bei der PDS)

    Herr Minister, Sie haben das Aktionsprogramm „Mit-

    telstand“ angesprochen, mit dem Existenzgründungs- und
    Beteiligungsförderungen weiter auf hohem Niveau ver-
    sprochen werden. Aber auch hier gilt: Ohne Moos nix los.
    Dem Aktionsprogramm droht ansonsten dasselbe Schick-
    sal wie der Schöpfung des vorhergehenden Sommerlochs.
    Ich meine damit die schon legendäre „Innovationsmil-
    liarde“ im „Zukunftsprogramm 2000“, von der auch die
    von Herrn Minister Müller verantwortete Mittelstands-
    und Technologieförderung profitieren sollten.

    Inzwischen war wenigstens herauszubekommen, was
    es mit dem Ding auf sich hat: Es geht um die Aufstockung
    ausgewählter Titel gegenüber der ursprünglichen Finanz-
    planung. Diese aber befand sich regelmäßig im freien
    Fall, sodass nicht 1 Milliarde DM mehr, sondern besten-
    falls Geld auf dem Niveau der Vorjahre gesichert würde.

    Aber selbst wenn man sich auf diese Phantomrechnung
    einlässt, stellt man fest: Im Wirtschaftsetat tauchen ganze
    119 Millionen DM auf. Da bleibt nur, den Minister in Ab-
    wandlung eines Oldies zu fragen: Sag mir, wo die Mil-
    liarden sind, wo sind sie geblieben.


    (Beifall bei der PDS)

    Dies zu fragen muss zumindest im Jahr des unerwarteten
    UMTS-Geldsegens erlaubt sein, zumal die Koalition ver-
    sprochen hat, deren Zinsersparnis dauerhaft in Zukunfts-
    investitionen zu stecken.




    Rainer Brüderle
    11330


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Zukunft aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht
    nur Straße und Schienen. Ich stelle mir unter Zukunft ins-
    besondere Innovationsnetzwerke vor, die gefördert wer-
    den sollen. Ich meine damit auch das in den Schubladen
    des Wirtschaftsministeriums schlummernde NEMO-Pro-
    jekt oder die schon laufenden erfolgreichen Programme
    wie Pro Inno und BTU/Futour.

    Dabei – das gestehe ich den verehrten Kolleginnen
    und Kollegen von den Koalitionsfraktionen gern zu – ist
    ihre Politik nicht gänzlich innovationsarm. Ich will ein
    Beispiel für deren Chancen, aber auch zugleich Grenzen
    nennen: Anfang 1998 haben wir von der PDS konkrete
    Vorschläge für eine vernetzte und homogene Arbeits-
    markt-, Wirtschaftsförderungs-, Struktur- und Regional-
    politik eingebracht. Zugegeben: Das Ganze hatte den
    ziemlich drögen Titel „Konsequente Ausrichtung der
    staatlichen Instrumente zur Förderung der wirtschaft-
    lichen Tätigkeit auf Beschäftigungswirksamkeit“. Das
    liest sich ziemlich schlimm. Aber das war für Sie nicht der
    Grund der Ablehnung.

    Sie haben bessere Titel gefunden. Nach dem Regie-
    rungswechsel mischten dann knackige Namen wie „Inno-
    Regio“ oder „soziale Stadt“ die tradierten Förderkulissen
    auf. Sie entsprachen durchaus unseren Vorstellungen,
    auch wenn sie nur Bausteine und noch keine durchge-
    hende Förderphilosophie darstellten.

    Vor wenigen Tagen nun kam ein Bericht des zuständi-
    gen Unterausschusses an den Planungsausschuss der Ge-
    meinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirt-
    schaftsstruktur“ auf den Tisch. Und was kann ich dort
    unter „Handlungsempfehlungen“ hoffnungsfroh lesen? –
    Vernetzung von aktiver Arbeitsmarktpolitik und insbe-
    sondere der GA Infrastrukturförderung, Vernetzung von
    Gemeinschaftsaufgabe und „sozialer Stadt“, von Gemein-
    schaftsaufgabe und „Inno-Regio“. Nun frage ich mich
    besorgt: Wann geht es los?

    In dem Bericht wird auch für die Vernetzung von Ge-
    meinschaftsaufgabe und „integrierter Konzeption zur
    Entwicklung des ländlichen Raumes“ plädiert. Im Ent-
    wurf des später zu lesenden Landwirtschaftsetats wird in
    den Vorbemerkungen zur dortigen Gemeinschaftsaufgabe
    „Verbesserung der Agrarstruktur“ bereits ausdrücklich
    auf vom Bundesministerium für Wirtschaft – Zitat – „in
    diesem Zusammenhang zu ergreifende Maßnahmen“ hin-
    gewiesen. Nur finde ich dazu nichts im Wirtschaftsetat
    und frage mich noch besorgter: Womit soll das eigentlich
    losgehen?

    Schließlich wird die Gemeinschaftsaufgabe im nächs-
    ten Jahr nach dem Willen der Koalition erstmals unter die
    2-Milliarden-Grenze sinken. 1996 wurden noch über
    3Milliarden DM, im vergangenen Jahr noch über 2,5Mil-
    liarden DM vom Bund ausgezahlt. Liebe Kolleginnen und
    Kollegen, zum Nulltarif ist die Schließung der zwischen
    beiden Landesteilen klaffenden Entwicklungsschere nicht
    zu erreichen.

    Es stimmt auch nicht – das wird von vielen und wurde
    auch vom Bundeskanzler in Eisenhüttenstadt gesagt –,
    dass Politik keine Arbeitsplätze schaffen könnte. Er hat
    dort gesagt:

    Die Bundesregierung kann selbst keine Jobs schaf-
    fen. Aber sie kann durch eine gute Politik die Bedin-
    gungen schaffen, dass Menschen wieder in Arbeit
    kommen.

    Nein, Herr Bundeskanzler, auch Politik kann Arbeits-
    plätze schaffen, beispielsweise indem der Bund die Ent-
    wicklung des Airbus A3XX nur subventioniert, wenn im
    Gegenzug die Hälfte der mit ihm einhergehenden Wert-
    schöpfung in Ostdeutschland erfolgt.


    (Beifall bei der PDS sowie des Abg. Aribert Wolf [CDU/CSU])


    Es gibt dort leistungsbereite und gut ausgebildete Be-
    schäftigte und Hochschulabsolventen für die Hightech-
    Industrie, die auf jeden Fall geschaffen werden muss, aber
    keinesfalls ohne Starthilfe entstehen wird.


    (Zustimmung bei der PDS)

    Ob Sie es mit dem Osten tatsächlich ernst meinen, muss
    die Koalition in den nächsten Wochen auch im Umgang
    mit einem PDS-Antrag beweisen.

    Aber nicht nur bei Hochtechnologien muss die Koali-
    tion Flagge zeigen. Schon zum zweiten Mal in diesem
    Jahr hungern Handwerkerinnen nur wenige Meter von
    hier, am Brandenburger Tor. Ich weiß, es gibt die Einstel-
    lung, dies gehe den Bund nichts an. Ich sage nur: Herr
    Minister, Sie haben in einer bemerkenswerten Rede zum
    Thema „Leistungseliten und soziale Gerechtigkeit – ein

    (auflösbarer) Widerspruch“ letzten Freitag in Münster ge-

    sagt, Leistung lasse sich

    nicht mit wirtschaftlichem Erfolg oder gar mit Spit-
    zengehältern gleichsetzen. Handwerker oder Mittel-
    ständler, die sich durch Kundennähe, Qualität und
    Zuverlässigkeit auszeichnen, gehören selbstver-
    ständlich zu den Leistungseliten in diesem Land.

    Aus meiner Sicht ergibt sich daraus auch eine große Ver-
    antwortung.


    (Beifall bei der PDS)

    Kümmern Sie sich angesichts der grassierenden Zah-

    lungsunmoral auch um diese Menschen; beispielsweise
    mit einem Soforthilfefonds für unschuldig in Not geratene
    Handwerkerinnen und Handwerker. Bei einer Summe von
    12 Millionen DM käme schon die Hälfte davon von einer
    Frau, die da draußen mithungert. Sie hat durch ihre Re-
    cherchen für den Fiskus 6 Millionen DM vor einem Be-
    trüger gerettet, soll aber weiter vergeblich auf die ihr
    zustehenden 400 000 DM warten.

    Ihr erster selbst gewählter Schwerpunkt für die zweite
    Halbzeit der Wahlperiode, liebe Kolleginnen und Kolle-
    gen von der Koalition, lautet: „Zukunftsfähigkeit und
    Teilhabe“. Dafür ist noch einiges zu leisten.

    Danke schön.

    (Beifall bei der PDS)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Für die SPD-Frak-
tion gebe ich dem Kollegen Dr. Norbert Wieczorek das
Wort.




Rolf Kutzmutz

11331


(C)



(D)



(A)



(B)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Wieczorek


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Brüderle, ich
    fand eines an Ihrer Rede gut: dass Sie sie gleich selber
    zum Discount freigegeben haben. Sie haben nämlich ge-
    sagt: „Wer brüllt, hat schlechte Argumente“, und so laut-
    stark habe ich Sie in diesem Haus noch nie gehört.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wenn er mit Schröder über die Steuerreform spricht, ist er vielleicht nicht so laut!)


    – Ja, da ist er sehr kooperativ. Das freut mich und das
    kann ich nur begrüßen.

    Ich möchte Ihnen keine Nachhilfe geben, sondern nur
    daran erinnern, dass wir hier eigentlich über die Wirt-
    schaftspolitik reden. Es ist auch schon der Begriff „Ord-
    nungspolitik“ gefallen. Es gibt auch noch die Prozesspo-
    litik. Die Frage ist vor allem, wie dies zusammengehört.
    Es wird nämlich immer nur über einzelne Kästchen dis-
    kutiert.

    Ich möchte daran erinnern: Als wir, die Koalition, die
    Regierung übernommen haben, haben wir eine Zielset-
    zung gehabt – Zukunft zu gestalten, und zwar nachhaltig
    zu gestalten und dabei soziale Gerechtigkeit walten zu
    lassen.

    Was haben wir vorgefunden? Hohe Arbeitslosigkeit,
    einen zerrütteten Haushalt, Reformstau und vor allen Din-
    gen ein negatives Image im In- und im Ausland.

    Also galt es umzusteuern. Das ist gemacht worden
    durch Konsolidierung und neue Prioritätensetzung auf-
    grund der Erkenntnis, dass Nachfrage- und Angebotspo-
    litik zwei Seiten der gleichen Medaille sind und unver-
    rückbar zusammen gehören. Jeder Volkswirt weiß, dass
    Kreislaufzusammenhänge nicht dadurch aufgelöst wer-
    den, dass man über Einzelprojekte redet.


    (Beifall bei der SPD)

    Es geht auch darum, Vertrauen zu schaffen.

    Das haben wir angefangen mit der Steuerreform I. Hier
    ist die Konsolidierung der Steuerbasis geleistet worden.
    Sie brachte zugleich eine Stärkung der privaten Einkom-
    men. Ich erinnere nur an den Grundfreibetrag und die Ta-
    rifveränderungen, die auch den kleineren und mittleren
    Unternehmen als Personenunternehmen zugute kommt,
    was Sie gern negieren, und ich darf weiter – Stichwort: so-
    ziale Gerechtigkeit – an die Erhöhung des Kindergeldes
    erinnern. Und wir haben im letzten Jahr das berühmte
    JUMP-Programm aufgelegt.

    Nun sehen Sie sich einmal an, wie das zusammen-
    gehört. Es besteht ein Angebot – durchaus mit einem ge-
    wissen Druck, dass man es annimmt, weil ein Angebot
    natürlich auch dazu verpflichtet, dass man es annimmt –
    zur weiteren Ausbildung, zur Aufnahme einer Arbeit. Das
    ist der eine Teil.

    Der andere Teil: Es war natürlich für die, die dort hi-
    neingekommen sind, ein Erfolg. Sie wissen, dass es ein
    Erfolg war. Dass nicht alles ordentlich lief, ist klar. Aber
    es war ein Erfolg, hat natürlich auch zur Stärkung der
    Kaufkraft beigetragen und vor allen Dingen zum Ver-
    trauen: Es geht wieder aufwärts. Das halte ich für ganz
    wichtig.

    Zur Ökosteuer und Ihrer Argumentation sage ich gleich
    noch etwas.

    Das Gleiche gilt für die Lohnnebenkosten.Man muss
    einfach sehen: Es ist gelungen, die Lohnnebenkosten he-
    runterzudrücken, und zwar sowohl für Arbeitnehmer als
    auch für Arbeitgeber. Bei den Arbeitnehmern hat das mehr
    kaufkräftige Nachfrage mit sich gebracht. Schauen Sie
    sich einmal an, was die Bundesbank zur Entwicklung der
    privaten Arbeitnehmereinkommen sagt. Die sind nämlich
    im letzten Jahr deutlich gestiegen. Das muss man einfach
    sehen.

    Am Anfang hatten wir natürlich Schwierigkeiten in der
    Koalition, also in der Regierung. Ich gebe das zu. Da
    brauchen wir uns nichts zu erzählen. Es hat ja keinen Sinn,
    darum herumzureden. Nachdem sich das konsolidiert hat,
    sehen Sie jetzt auch, dass sich die Konjunktur stabilisiert
    hat.

    Es ist mitnichten nur der Export. Es ist vor allem der
    Export. Dazu gleich eine Klammerbemerkung: Unser Ex-
    port, der auf Dollarbasis abgerechnet wird, ist bei weitem
    geringer als der, der auf Euro-Basis abgerechnet wird.
    Und da spielt der Wechselkurs keine Rolle. Also muss es
    andere Gründe dafür geben.

    Das können Sie an der deutlichen Steigerung der Pro-
    duktivität, an der deutlichen Verbesserung der Kosten-
    situation ablesen. Nehmen Sie die Entwicklung der Lohn-
    stückkosten. Die Stabilisierung der Konjunktur erfolgt
    auf der Basis einer solchen Politik, nämlich mit sehr ver-
    nünftigen Tarifabschlüssen zwischen den Tarifvertrags-
    parteien.


    (Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

    Das ist auch das Bündnis für Arbeit.


    (Beifall bei der SPD)

    Das ist auch die Verbesserung der Ausbildungsplatz-

    situation. Sie ist auch dieses Jahr noch nicht ideal. Der
    September ist immer der kritische Monat. Aber zum ers-
    ten Mal sieht es so aus, als könne zumindest in West-
    deutschland ein Ausgleich zwischen angebotenen Ausbil-
    dungsplätzen und Nachfrage erfolgen; in Ostdeutschland
    aus vielen Gründen, die mit der Entwicklung seit 1990 zu
    tun haben, noch nicht. Es ist aber bemerkenswert, dass
    sich in Ostdeutschland die Anzahl der von Betrieben an-
    gebotenen Ausbildungsplätze gesteigert hat. Das ist doch
    auch kein Zufall. Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis.
    Dann sieht das alles schon ein bisschen anders aus, als es
    in Ihrem Lamento eben anklang.


    (Beifall bei der SPD)

    Deswegen kommt es jetzt auch darauf an, diese Politik

    fortzusetzen. Das macht dieser Haushalt, nämlich mit ei-
    ner weiteren Konsolidierung, nicht etwa mit einer Ent-
    scheidung, den plötzlichen Geldregen aus der UMTS-
    Versteigerung für alles mögliche auszugeben. Es gab ja
    viele Vorschläge. Vielmehr beschränkt er sich darauf, die
    aus ersparten Zinszahlungen freien Mittel gezielt einzu-
    setzen.

    Ich möchte hier einmal nennen, was wir machen. Da ist
    die Steuerreform mit erheblichen Entlastungen – zusätz-






    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    lich zu denen des letzten Jahres – bis 2005, Anfang im
    nächsten Jahr.

    Die Mär, die Sie vorgelesen haben, war wirklich ganz
    lustig: 51 Prozent. Sie wissen genauso gut wie ich, dass
    über 90 Prozent der so genannten mittelständischen Un-
    ternehmen deutlich unter der Schwelle liegen, sogar noch
    begünstigt werden, weil wir für sie die Gewerbesteuer
    praktisch abgeschafft haben. Die Gewerbesteuer für die
    Gemeinden bleibt erhalten, aber die Unternehmen brau-
    chen sie in diesem Bereich nicht mehr zu bezahlen. Seien
    Sie da einmal ein bisschen korrekter.

    Ich möchte darauf hinweisen – dies zu dem Stichwort
    „soziale Gerechtigkeit“ –, dass wir gerade für die Grup-
    pen, die es nötig haben, zu Beginn des nächsten Jahres
    Einkommenssteigerungen in Kraft treten lassen. Ich darf
    zum Beispiel an das Wohngeld erinnern; dies steht auch
    in direktem Zusammenhang mit dem Thema Heizöl. Nur
    als kleine Randbemerkung betreffend das Heizöl: In die-
    sem Bereich ist überhaupt keine Erhöhung der Ökosteuer
    geplant. Es kann also gar nichts ausgesetzt werden. – Das
    aber nur zu Ihrer Information; denn es ist ja geradezu ab-
    surd, was da erzählt wird.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Darüber hinaus erhöhen wir die BAföG-Leistungen;
    das ist gleichzeitig eine Investition. Natürlich haben wir
    das Problem, dass zu wenig junge Leute Naturwissen-
    schaften und IT-Wissenschaften studieren. Aber wer hat
    das BAföG denn eingefroren: Sie oder wir? Wir erhöhen
    die Leistungen und geben den jungen Leuten gleichzeitig
    eine Zukunftschance.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich darf an das Erziehungsgeld erinnern und auch daran,
    dass wir die Förderkulissen stabilisieren. Das gilt auch
    und gerade für den Aufbau Ost. Herr Minister Müller hat
    schon darauf hingewiesen. Mein Kollege Staffelt wird
    gleich ausdrücklich darauf eingehen.

    Dies alles hat bereits zu deutlichen Verbesserungen ge-
    führt, und zwar in Bezug auf das Vertrauen im Inneren, so-
    gar beim Handel. Ich habe hier ein Schaubild vorliegen,
    das zeigt, dass sich das Handelsklima schon deutlich ge-
    bessert hat. Das reicht zwar noch nicht aus. Aber unsere
    Politik wird fortgesetzt und das wird anerkannt.

    Dass es vorwärts geht, erkennen Sie auch daran, dass
    Deutschland im berühmten „competitive ranking“ von
    Platz 6 auf Platz 3 gestiegen ist; das ist eine für uns sehr
    positive Einschätzung. Woher kommt das denn? Woher
    kommt es denn, dass „Business Week“ und “Financial
    Times“ die deutsche Politik jetzt loben, aber vorher von
    der deutschen Sklerose geredet haben? Insofern stimmt
    auch das, was Sie in Bezug auf den Euro gesagt haben,
    nämlich dass die Schwäche der Währung durch die Bun-
    desrepublik verursacht wird, nicht.

    Aber lassen Sie mich zum Thema zurückkommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU)


    – Ich werde noch auf den Euro zu sprechen kommen,
    keine Sorge. Ich möchte Ihnen aber empfehlen, einmal da-

    rüber nachzudenken, was man durch loses Reden anrich-
    ten kann.


    (Beifall bei der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das sagen Sie einmal Ihrem Bundeskanzler!)


    – Ich weiß, was Sie hören wollen, werde aber etwas an-
    deres sagen. Ich meine nämlich etwas viel Grundlegende-
    res.


    (Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Warum schimpfen Sie auf Ihren Bundeskanzler?)


    – Das habe ich gar nicht nötig; ich unterstütze ihn. Sie
    werden gleich erfahren, was ich meine.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wir sind schon ganz gespannt!)


    Jetzt zurück: Diese Verbesserungen resultieren aber ins-
    besondere – Herr Brüderle, das ist sonst Ihr Thema – aus
    der verbesserten Flexibilität in den Unternehmen. Ich
    nenne einen konkreten Fall. Ich habe vorige Woche mit
    dem Vorstand eines internationalen Konzerns gesprochen,
    der jetzt Produktionen nach Groß-Gerau, in den Wahl-
    kreis, den ich vertrete, verlagert, weil nach einer Kon-
    zernstudie die Flexibilität des Arbeits- und Kapitaleinsat-
    zes in Deutschland besser ist als an anderen Standorten,
    besser auch als zum Beispiel in Mexiko. Und das ist doch
    ein Land, von dem Sie immer sagen, wie toll das dort ist.
    Ähnliches gilt übrigens auch für Opel – nur damit wir wis-
    sen, wovon wir reden.


    (Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Sehr richtig!)


    Wir sind also auf dem richtigen Weg mit einer in sich
    aufeinander abgestimmten Politik. Wir alle wissen, dass
    nicht alle Einzelheiten genau aufeinander abgestimmt
    sein können. Ich warne aber davor, immer nur Kästchen-
    denken zu betreiben. Wir sollten die Linie verfolgen, die
    ich vorhin verdeutlicht habe.

    Ich möchte nun zu zwei Problemen kommen, die unser
    Wachstum beeinträchtigen können.

    Erster Punkt. Benzin- bzw. Dieselpreis. Allen, die sa-
    gen, man müsse nur die Ökosteuer aussetzen oder sen-
    ken, dann würde der Preis sinken, empfehle ich, sich das
    Schaubild aus dem „Spiegel“ dieser Woche dazu anzuse-
    hen. Ich greife beispielhaft nur zwei Länder heraus: In Lu-
    xemburg betragen die Steuern auf Dieselkraftstoff
    0,68 DM pro Liter, in Deutschland 0,96 DM. In Luxem-
    burg verbleiben den Anbietern – das ist der Nettopreis,
    also der Preis ohne Steuern – 0,75 DM pro Liter, in
    Deutschland 0,65 DM. Würde man bei uns die Ökosteuer
    um 10 Pfennig senken, ginge sicher der Anteil der Anbie-
    ter, also der Ölkonzerne, auf 0,75 DM hoch. Genau das
    würde eintreten. Machen Sie sich doch nichts vor!


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Das ist Marktwirtschaft!)


    Zweitens. Wir erleben in der Ölbranche eine Konzen-
    tration sondergleichen. Denken Sie nur an die letzten Zu-




    Dr. Norbert Wieczorek

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    (C)



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    (A)



    (B)


    sammenschlüsse, zum Beispiel von Shell, BP, Arco und
    anderen. Dies sind zum großen Teil die Ölförderer und
    -exporteure. Es geht ja nicht nur um die OPEC; wir be-
    kommen relativ wenig von der OPEC. Und fragen Sie
    sich einmal, warum die Charterraten für Tanker so merk-
    würdig gestiegen sind. Es ist doch kein Geheimnis: Eine
    Reihe von Tankern wird als Lagerstätten für gefördertes
    Öl, das aus Spekulationsgründen nicht an den Markt ge-
    bracht wird, genutzt.

    Das alles wollen Sie schützen? Sie behaupten, da
    müsse jetzt etwas gemacht werden. Aber was Sie wollen,
    ist doch etwas ganz anders. Sie nutzen die Ökosteuer we-
    gen des verständlichen Ärgers der Bevölkerung. Auch ich
    ärgere mich, wenn ich tanke. Völlig klar! Aber ich kann
    es mir als Bundestagsabgeordneter noch eher leisten als
    ein Facharbeiter bei Opel oder erst recht als ein Rentner.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wenn das so weitergeht, geht auch das nicht mehr lange!)


    Ich fahre allerdings auch langsamer. Dabei kann man
    eine Menge sparen. Ich fahre nicht mehr 160, sondern
    130 Stundenkilometer. So spare ich mindestens 1,5 Liter.
    Aber das war nur eine kleine Randbemerkung.

    Was Sie mit Ihrer Kampagne wollen, ist etwas anderes.
    Aber Sie müssen die Risiken bedenken: Erstens müssen
    Sie darauf achten, dass es nicht so wird wie in Großbri-
    tannien. Dann ist nämlich das Image dieser Bundesrepu-
    blik auch wirtschaftspolitisch wieder kaputt. Insofern
    warne ich, was solche Reden angeht, vor Neugier.


    (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Gunnar Uldall [CDU/CSU])


    – Ich habe nicht dich gemeint. Es gibt aber solche Äuße-
    rungen, lieber Gunnar.


    (Gunnar Uldall [CDU/CSU]: Es ist gestern eine Masche von Gerhard Schröder gewesen!)


    – Gunnar, muss ich dir denn die Zitate geben? Das brau-
    chen wir beide doch nicht.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wenn ihr in der Opposition wärt, dann hättet ihr das längst getan!)


    – Mein lieber Herr Kollege, jetzt will ich einmal deutlich
    werden. Ich fand es unverschämt, als gestern jemand in
    diesem Zusammenhang auf die Kohledemonstration in
    Bonn verwiesen hat. Damals gab es eine gesetzliche
    Grundlage, übrigens von ihrem Kollegen Rexrodt mit
    unterschrieben, und trotzdem sollte die Fördermenge ge-
    kippt werden. Dagegen hat man demonstriert. Das mit der
    jetzigen Situation zu vergleichen finde ich unverant-
    wortlich.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wenn Sie diese Kampagne weitermachen, gehen Sie

    also ein gewisses Risiko ein, was ich eben benannt habe.
    Aber wir müssen zweitens auch darüber reden, was es an
    notwendigen Änderungen gibt. Dazu zähle ich zum einen
    die soziale Absicherung. Dazu habe ich schon einige

    Punkte genannt. Über die Absicherung der Allerärmsten,
    die Bezieher von Sozialhilfe, kann man reden. Das wer-
    den wir berücksichtigen.

    Zum anderen: Es gibt doch mit dem Speditionsge-
    werbeGespräche darüber, dass – was auch durch Ihre Po-
    litik mit verursacht wurde – die Wettbewerbsbedingun-
    gen, die in dieser Branche nicht normal sind – graue
    Cabotage, extreme Ausnutzung von ausländischen Fah-
    rern für 20 Dollar und weniger am Tag –, verbessert wer-
    den müssen. Dazu sind wir bereit, das müssen wir ange-
    hen.


    (Beifall bei der SPD)

    Sie dürfen das jetzt nicht kaputt machen, indem Sie

    gleichzeitig entweder eine Erhöhung der Rentenversiche-
    rungsbeiträge – das wäre für unsere Konjunktur hervorra-
    gend – oder die Aufgabe der Haushaltskonsolidierung for-
    dern, was alles andere als erfreulich ist. Wollen Sie das?
    Das ist doch der Hebel, den Sie strategisch benutzen. Sie
    wissen genau: Das ist das eigentliche Ziel; alles andere
    sind doch Krokodilstränen.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Der Eichel ist doch bei der Mehrwertsteuer ein Trittbrettfahrer!)


    Auch wenn meine Redezeit fast abgelaufen ist, möchte
    ich noch ein Wort zum Euro sagen. Wer glaubt, dass der
    Euro nur von der deutschen Bundesregierung abhängt, der
    täuscht sich.


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das hat keiner gesagt! Aber in besonderem Maße!)


    Der Kollege Waigel ist im Grunde ein sehr seriöser Mann,
    auch wenn er manchmal ganz schön polemisieren kann.
    Er hat zu Recht in der „FAZ“ etwas zu der Entwicklung
    der Wechselkurse gesagt und darauf hingewiesen, dass
    wir zeitweise eine konkurrenzlos hohe Dollar/D-Mark-
    Relation hatten. Dies war einmal Anfang der 80er-Jahre
    – in den 70er-Jahren gab es einen sehr niedrigen Dollar-
    kurs – und dann noch mal Ende der 80er-Jahre der Fall.
    Dazu kann man doch nur sagen: Wie kann man dann den-
    ken, das liefe alles über die Politik?

    Der eigentliche Grund für die Euro-Schwäche ist doch
    erstens, dass das Wachstum in den USA besser läuft. Wir
    sind gerade dabei aufzuholen. Wir haben übrigens die be-
    gründete Vermutung, dass die Statistik das Wachstum bei
    uns unterschätzt. Das hat jetzt gerade auch deutlich
    Eurostat gemerkt. Ein zweiter Grund sind die Kapitalbe-
    wegungen. Hierbei muss man natürlich sehen, dass insbe-
    sondere nach Asien viel Geld zurückfließt, weil dort, ins-
    besondere in Japan, Liquiditätsknappheit herrscht
    aufgrund der Tatsache, dass dort die Banken kaum Kre-
    dite mehr vergeben.

    Der dritte Grund ist – damit komme ich darauf zurück,
    was ich vorhin angedeutet habe – das lose Reden. Das
    Theater, was wir hier veranstalten, aber auch das, was
    über die Entwicklung der Europäischen Union gesagt
    wird, stimmt natürlich einen mittelfristigen Anleger, der
    sich fragt, mit wem er kontrahiert, nachdenklich: nicht nur
    mit der EZB, sondern auch mit der Politik. Deswegen plä-




    Dr. Norbert Wieczorek
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    (C)



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    (A)



    (B)


    diere ich sehr dafür, dass man gerade in der Europapoli-
    tik – ich war Europapolitiker und bin es nach wie vor –,
    nicht einer Renationalisierung à la Stoiber das Wort redet,
    sondern, wenn man Zukunftsvisionen beschreibt, sehr de-
    tailliert sagt, wie man von dem Hier und Heute ohne Auf-
    gabe dessen, was man erreicht hat, zu einem neuen Stand-
    punkt kommt, den wir, glaube ich, alle wollen. Denn
    soweit ich weiß, könnten auch Sie sich, Herr Brüderle,
    eine andere EU vorstellen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Dieses ist für mich ganz wichtig. Wenn wir das ge-

    meinsam machen, dann haben wir eine Chance, um wei-
    terzukommen mit der Politik und den Ergebnissen, die wir
    haben. Wir können uns über die Einzelheiten der Politik
    trefflich streiten, wie wir es bei der Steuerreform gern ge-
    macht hätten, wenn die CDU/CSU, Kollege Uldall, in der
    Lage und bereit gewesen wäre, in echte Verhandlungen
    einzutreten. Die Papiere Bayerns dazu zum Beispiel sind
    ja in München liegen geblieben.

    Dass du, lieber Gunnar Uldall, entsetzt und etwas trau-
    rig bist, ist klar. Nur, deine Steuerreform ist ja auch ge-
    scheitert. Insofern konntest du mit der Vereinfachung
    auch nicht weiterkommen. Deswegen verstehe ich die
    Frustration.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)