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ID1411800700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/118 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 118. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 I n h a l t : Entsendung des Abgeordneten Gunter Weißgerber als ordentliches Mitglied in das Kuratorium der „Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR“ . . . . . . . 11285 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 11285 B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Druck- sache 14/4000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11285 B b) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Finanzplan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksache 14/4001) . . . . . . . . . . . . . 11285 B Einzelplan 11 Bundesministerium fürArbeit und So- zialordnung Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . . 11285 C Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11290 C Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11290 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11295 A Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 11298 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . . . . . . . . . . . 11300 B Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . . 11302 B Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11306 A Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . . 11306 B Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . . . . . . . . 11306 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 11309 A Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11310 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11311 C Adolf Ostertag SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11313 C Renate Jäger SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11314 B Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . . 11316 B Einzelplan 09 Bundesministerium fürWirtschaft undTechnologie Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . . 11318 B Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11321 A Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11324 B Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11327 A Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11329 C Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11330 B Dr. Norbert Wieczorek SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11332 A Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11335 B Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11336 D Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11337 B Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11338 C Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11339 A Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11339 B Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11339 C Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 11341 D Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 11343 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11346 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 11347 A Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11347 C Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11349 D Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 11351 C Waltraud Lehn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11353 A Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11355 B JürgenTrittin BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN . . 11357 B Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11357 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11358 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11360 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11362 B Marion Caspers-Merk SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11363 A Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11363 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11364 D Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Bemessungsgrundlage für Zuschlagsteuern (Drucksache 14/3762) . . . . . . . . . . . . . . . . 11365 C Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Präsidentin des Bundesrechnungs- hofes: Rechnung des Bundesrech- nungshofes für das Haushaltsjahr 1999 – Einzelplan 20 – (Drucksachen 14/2868, 14/3974) . . . . 11365 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu der Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Aufhebung der Beschlüsse 75/364/EWG, 7/454/EWG, 78/688/EWG, 78/1028/EWG, 80/156/EWG und 85/434/EWG über die Einsetzung Be- ratender Ausschüsse für die Ausbil- dung der für die allgemeine Pflege ver- antwortlichen Krankenschwestern/ Krankenpfleger, der Zahnärzte, der Tierärzte, der Hebammen, der Apothe- ker und der Ärzte (Drucksachen 14/3050 Nr. 2.2, 14/3607) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11365 D Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Reinhard Klimmt, Bundesminister BMVBW 11366 A Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11368 D Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11371 D Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11373 D Hans-Michael Goldmann F.D.P. . . . . . . . . . . . 11374 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11376 C Annette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11378 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11380 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11382 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11384 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 11384 D Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 B Dieter Maaß (Herne) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 C Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML . . . . 11388 B Josef Hollerith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11391 B Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 11393 A Josef Hollerith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11394 C Ulrich Heinrich F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11395 C Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11397 A Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11398 A Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11398 B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11399 C Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11400 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . . 11400 B Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11402 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11403 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11405 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 Norbert Schindler 11403 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 11405 (C)(A) Brudlewsky, Monika CDU/CSU 14.09.2000 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 14.09.2000 Peter H. Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Elser, Marga SPD 14.09.2000 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 Joseph DIE GRÜNEN Frick, Gisela F.D.P. 14.09.2000 Hauer, Nina SPD 14.09.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Hoffmann (Chemnitz), SPD 14.09.2000 Jelena Dr.-Ing. Jork, Rainer CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 14.09.2000 Kolbe, Manfred CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Lüth, Heidemarie PDS 14.09.2000 Marquardt, Angela PDS 14.09.2000 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 14.09.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 14.09.2000 Hans Peter Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 14.09.2000 entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Horst Seehofer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Nein. Wir waren ge-
    rade gemeinsam im Fernsehen. Ich weiß, was er sagen
    will.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Es reicht nicht, Herr Riester, Rentenformeln und Fak-

    toren nur handwerklich abzuarbeiten. Die Menschen wol-
    len von Ihnen endlich wissen, welche rentenpolitische
    Philosophie Sie haben, was Sie mit einer Rentenversiche-
    rung erreichen wollen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! – Zuruf von der SPD: Sagen Sie doch mal Ihre Vorschläge!)


    Ich muss Ihnen erstens sagen. Das Wichtigste ist, dass
    wir den Menschen sagen: Die Alterssicherung muss auch
    in der Zukunft Lebensstandardsicherung bedeuten. Wer
    ein ganzes Leben lang gearbeitet hat, muss darauf ver-
    trauen können, dass er im Alter seinen Lebensstandard
    wie im aktiven Erwerbsleben fortführen kann.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das sind keine Selbstverständlichkeiten, meine Damen

    und Herren. Bis 1957, bis zur großen Rentenreform unter
    Konrad Adenauer mit der Handschrift der Union, war die
    gesetzliche Rente mehr oder weniger eine Überlebens-
    hilfe. Erst die Einführung der dynamischen Rente 1957
    hat zu einer Lebensstandardsicherung geführt, das heißt,
    die Rente ist ein Spiegelbild der beruflichen Lebensleis-
    tung. Wir werden alles tun, dass diese Grundphilosophie
    der Lebensstandardsicherung nicht ausgerechnet von So-
    zialdemokraten zerstört wird.

    Es wäre gut, wenn Sie der Öffentlichkeit einmal sagen
    würden, –


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Sagen Sie mal Ihren Vorschlag!)


    welches Ziel Sie mit der Rentenreform eigentlich verfol-
    gen. Ist es Armutsvermeidung oder Lebensstandardsiche-
    rung? Wir wollen Lebensstandardsicherung.


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Wo sind Ihre Vorschläge?)


    Zweitens. Wir wollen, dass wir mit der Rentenreform
    nicht Altersarmut produzieren. Deshalb halten wir an
    dem Ziel fest, das wir vor der Bundestagswahl in unsere
    Rentenreform geschrieben haben, dass das Rentenniveau
    in der gesetzlichen Rente nicht unter 64 Prozent eines
    Nettodurchschnittsverdienstes sinken darf.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wenn es darunter sinkt, heißt
    das, dass auch für langjährig Versicherte im Alter Armut
    angesagt ist. Es ist übrigens einer der größten Erfolge der
    dynamischen Rente, dass Altersarmut heute in Deutsch-
    land zwar nicht ausgeschlossen, aber kein Massenphäno-
    men ist.

    Die Höhe des Rentenniveaus ist nicht nur eine mathe-
    matische Größe. Sie ist insbesondere für jene Menschen
    wichtig, die eben nicht 45 oder 40 Versicherungsjahre
    vorweisen können. Dies sind bisher typischerweise
    Frauen; sie kommen vielleicht auf 27 oder 28 Versiche-
    rungsjahre. Herr Riester, die Rentenversicherungsträger
    sagen uns – wir bekommen von Ihnen seit acht Wochen
    keine Berechnungen bezüglich der Rentenreform; des-
    halb muss ich mich auf die Rentenversicherungsträger be-
    rufen –, dass nach Ihren Vorstellungen von einer Renten-
    reform das Rentenniveau nicht, wie gegenüber Ihrer
    eigenen Fraktion versprochen, bei 64 oder 65 Prozent lie-
    gen wird, sondern bei 61 Prozent. Wenn Sie einen Kon-
    sens mit uns wollen, dann müssen Sie uns das erklären.
    Ich sage Ihnen aber heute schon prophylaktisch: Wenn
    Ihre Reform tatsächlich zu einem Rentenniveau von
    61 Prozent führen sollte, dann wird es keinen Rentenkon-
    sens mit uns geben; denn das entspräche einer organisier-
    ten Altersarmut.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Dritte hatten Sie eigentlich aufgegeben, aber ich

    habe gehört, dass es unter dem Druck der Gewerkschaf-
    ten und auch Ihrer Fraktion wieder aufleben kann: die be-
    darfsabhängige Grundsicherung. Meine Damen und
    Herren, die gesetzliche Rente muss ein Spiegelbild der
    Lebensarbeitsleistung, muss leistungsbezogen bleiben:
    Wer mehr und wer länger Beiträge einzahlt, muss eine
    höhere Rente bekommen als der, der das nicht tut.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Damit verträgt sich der Gedanke einer bedarfsabhängigen
    Grundsicherung nicht.

    Man muss es der Öffentlichkeit einmal sagen: Bei der
    Grundsicherung handelt es sich nicht um 800 oder
    900 DM, wie es die Grünen in den 80er-Jahren diskutiert
    haben. Sie selbst haben Professor Hauser beauftragt, ein
    Gutachten vorzulegen, aus dem hervorgeht, wie hoch
    die Grundsicherung jetzt wäre. Er kommt zu dem Ergeb-
    nis, dass nach Ihren ursprünglichen Vorstellungen in
    Deutschland an ein Rentnerehepaar mit über 65 Jahren,
    das Bedarf hat, im Monat 2 000 DM plus Kranken- und




    Horst Seehofer

    11293


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 150 DM, also
    insgesamt 2 150 DM, an Grundsicherung zu zahlen wä-
    ren. Um eine Rente in Höhe von 2 100 DM erhalten zu
    können, muss aber ein Durchschnittsverdiener 45 Jahre in
    die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben.
    Wenn Sie also zu diesem Vorschlag zurückkehren – ich
    hoffe es nicht; denn dann gäbe es keinen Konsens –,
    würde jemand, der wenig oder überhaupt nichts in die ge-
    setzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, wegen Ihrer
    bedarfsabhän-gigen Grundsicherung am Ende genauso
    viel erhalten wie derjenige, der das ganze Leben hart ge-
    arbeitet, geschuftet und Beiträge eingezahlt hat. Das wäre
    das Ende der guten alten gesetzlichen Rentenversiche-
    rung.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dass Sie wieder zur Nettolohnanpassung zurückkeh-

    ren wollen, begrüßen wir. Das war immer unsere Forde-
    rung; wir müssen weg von der Willkür. Uns geht es dabei
    gar nicht so sehr um die Größenordnung. Aber es ist schon
    erstaunlich, meine Damen und Herren: Solange die Infla-
    tionsrate bei 0,6 Prozent lag, haben Sie die Anpassung
    nach der Inflationsrate vorgenommen. Jetzt, wo sich die
    Inflationsrate allmählich der Nettolohnentwicklung an-
    nähert, nehmen Sie wieder Abstand davon – weil der
    Spareffekt weg ist.


    (Renate Jäger [SPD]: Was haben Sie denn gefordert?)


    Was sollen die Leute eigentlich denken, wenn die Ren-
    tenanpassung alle halbe Jahre nach neuen Parametern er-
    folgt, je nach Kassenlage und wie es dem Arbeitsminister
    gerade passt? Das zerstört Verlässlichkeit und Vertrauen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Aber Vorsicht, meine Damen und Herren: Der Bundes-

    kanzler hat gesagt, er kehre zu den „Grundzügen“ der Net-
    tolohnanpassung zurück. Es könnte also sein, dass Sie das
    machen, was Sie ursprünglich vorhatten, nämlich eine
    Anpassung nach der Inflationsrate, die Sie dann ein-
    fach Nettolohnanpassung nennen. Solche semantischen
    Schwindel sind ja in den letzten Monaten öfter erfolgt.


    (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)


    Deshalb werden wir uns sehr genau anschauen, was hier
    passiert.

    Es ist ein großer Schwachpunkt, Herr Arbeitsminister,
    dass Sie den Demographiefaktor von Blüm auf Gedeih
    und Verderb nicht wollen, obwohl Sie jetzt eingesehen ha-
    ben, dass Sie vom Inhalt her das Gleiche machen müssen.
    Ich sichere Ihnen zu: Sie können es anders nennen. Aber
    nehmen Sie den Gedanken des Demographiefaktors wie-
    der auf; denn er ist angesichts der Alterspyramide die ge-
    rechteste Lösung, weil er die Lasten auf Jung und Alt ge-
    recht verteilt.

    Sie wollen einen Ausgleichsfaktor, nach dem jeder,
    der ab dem Jahr 2011 in Rente geht, einen jährlichen Ab-
    schlag – deshalb ist es auch kein Ausgleichsfaktor, son-
    dern ein „Kürzungsfaktor“ – von 0,3 Prozent über 20 Jah-
    re hinweg hinzunehmen hat. Das entspricht innerhalb von
    20 Jahren einer Rentenkürzung von 6 Prozentpunkten.

    Die Wirkung ist erstens: Je später man in Rente geht,
    desto höher ist der Abschlag. Die Wirkung ist zweitens,
    dass nur die junge Generation davon betroffen ist.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Wenn gestern, auch vom Finanzminister und vom Bun-

    deskanzler, so oft gesagt worden ist, die Sozialdimension
    hat eine Gegenwartsfunktion und eine Zukunftsfunktion,
    und man darf in der Gegenwart nicht die Zukunft zulasten
    der kommenden Generationen „verfrühstücken“, dann
    tun Sie jetzt bei der Rente genau das Gegenteil. Von Ihrer
    Rentenreform ist die junge Generation am stärksten be-
    troffen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)

    Ich fordere Sie auf, dass Sie diesen Ausgleichsfaktor

    – der in Wahrheit ein Kürzungsfaktor ist – aufgeben und
    einen Vorschlag vorlegen, wie Sie die Generationenge-
    rechtigkeit wirklich herstellen wollen und wie Sie auch
    langfristig einen Beitragsatz von 22 Prozent für die junge
    Generation vermeiden wollen; denn es kann nicht sein,
    dass diese junge Generation nach Ihrer Rentenreform die
    höchsten Beiträge, das geringste Rentenniveau, die längs-
    te Lebensarbeitszeit und die höchsten Abschläge hat. Die
    Generationengerechtigkeit muss hergestellt werden!


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ein Letztes. Herr Riester, wir bitten Sie noch einmal

    dringendst – das ist ein dringender Wunsch meiner Frak-
    tion –, nach Möglichkeiten zu suchen, das Solidarprin-
    zip dadurch zu stärken, dass Menschen, die 45 Jahre in die
    Solidargemeinschaft der gesetzlichen Rentenversiche-
    rung eingezahlt haben, in Rente gehen können, ohne dass
    sie einen rentenversicherungsmathematischen Abschlag
    bekommen. Wenden Sie sich dieser Sache noch einmal
    zu. Das ist ein dringender Wunsch meiner Fraktion. Da-
    rüber muss noch einmal gesprochen werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Riester, ich rate Ihnen dringend: Nehmen Sie un-

    sere Vorschläge auf. Es sind keine neuen Vorschläge. Wir
    machen sie seit Monaten. Scheibchenweise, Zug um Zug,
    scheinen Sie uns entgegenzukommen. Aber entscheidend
    kommt es darauf an, was Sie schwarz auf weiß vorlegen.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Hören Sie endlich mit dem Zickzackkurs auf, dass Sie

    in sieben Monaten vier Rentenkonzepte vorlegen. Sorgen
    Sie bitte dafür, dass Verlässlichkeit, Beständigkeit und
    Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung einzie-
    hen. Wir wissen – auch das sagen wir der Öffentlichkeit –,
    dass die Lebensstandardsicherung durch die gesetzliche
    Rente allein nicht mehr gewährleistet werden kann, son-
    dern durch die private Vorsorge ergänzt werden muss. Das
    haben wir früher als Sie gesagt. Aber es muss so ausge-
    staltet werden, dass man es auch gegenüber den Klein-
    verdienern und den Familien mit Kindern verantworten
    kann.

    Wenn Sie hierbei unseren Vorschlägen folgen, dann ha-
    ben Sie uns bei einem Rentenkonsens als verlässlichen
    Partner an Ihrer Seite. Wenn Sie das nicht tun, haben Sie




    Horst Seehofer
    11294


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    uns in der Rentenpolitik der nächsten Monate als ent-
    schiedenen Gegner.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Damit werden wir leben können!)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nun erteile ich der
Kollegin Thea Dückert, Bündnis 90/Die Grünen, das
Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Thea Dückert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
    Herr Seehofer hat uns eben wieder einige Rätsel aufgege-
    ben. Er hat viel über die Vergangenheit gesprochen. Aber
    leider, Herr Seehofer, haben Sie uns immer noch nicht
    verraten, an welcher Stelle und wie Sie sich die zukünf-
    tige Konzeption vorstellen.


    (Dr. Norbert Blüm [CDU/CSU]: Wir hatten doch sogar ein Gesetz!)


    Aber wir werden Rentenkonsensgespräche haben. Dort
    werden wir zur Sache kommen. Wir warten dann auf Ihre
    Antworten. Was ich jetzt machen möchte, ist, nicht so sehr
    über die Vergangenheit zu reden, wie Sie das gerade ge-
    tan haben. Es würde sich anbieten, weil wir natürlich ei-
    niges von dem aufzeigen könnten, was Sie uns hinterlas-
    sen haben. Aber ich möchte doch lieber über das Heute
    und das Morgen reden.

    Ich glaube, dass die letzten zwei Jahre der rot-grünen
    Koalition eines sehr deutlich gezeigt haben: Sie haben der
    Bevölkerung konsequent deutlich machen können, dass
    soziale Gerechtigkeit auch und insbesondere eine Zu-
    kunftsdimension hat, dass es bei den Themen, über die wir
    reden, Sozialpolitik und Haushaltspolitik, darum geht,
    über das Heute und das Morgen zu sprechen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ich denke, dass die Bevölkerung sehr eindrücklich ver-
    standen hat, dass der Sozialstaat heute nicht mehr wie in
    der Vergangenheit von der Hand in den Mund leben kann,
    sondern dass es auch eine sozialpolitische Aufgabe ist,
    den großen Schuldenberg, den Sie uns hinterlassen haben,
    Stück für Stück abzutragen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Ich finde es gerade auch unter sozialpolitischer Perspek-
    tive sehr beglückend, dass wir es geschafft haben, in die-
    sem Jahr zweierlei zu erreichen, nämlich die Schulden ab-
    zubauen und gleichzeitig die Steuern zu senken. Das
    haben Sie in der letzten Zeit nicht fertig bringen können,
    und es ist ein Gewinn für die Gesellschaft, der uns Zu-
    kunftsperspektiven öffnet.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Es ist für Sozialpolitiker manchmal ganz schwer, aber
    ich glaube, gerade an dieser Haushalts- und Finanzpolitik,
    die den Rahmen liefert, wird sehr deutlich: Sozialpolitik

    ist ein Teil eines Gesamtkonzeptes. Sozialpolitik ist auch
    ein Teil einer Finanzpolitik der Konsolidierung, einer
    Politik der Steuer- und der Abgabensenkung. Nur darüber
    erhalten wir den Handlungsspielraum, um zukünftig an-
    stehende Modernisierungen des Sozialstaates vorzuberei-
    ten und in Angriff zu nehmen.

    Ich denke, dass die Politik der letzten zwei Jahre schon
    Früchte trägt. Wir sehen das an ganz knallharten Daten,
    die positiv sind: 3,3 Prozent reales Wachstum in diesem
    Jahr, 1,8 Prozent Inflationsrate – das kann sich im euro-
    päischen Vergleich wirklich sehen lassen – und dabei
    gleichzeitig und kontinuierlich seit dem letzten Herbst ein
    Abbau der Arbeitslosigkeit, eine kontinuierliche Steige-
    rung der Beschäftigung. Das macht wirklich froh für die
    Zukunft, für den Gestaltungsspielraum, den wir brauchen.

    Ich glaube, an diesen Zahlen wird deutlich: Wir haben
    es in den ersten zwei Jahren von Rot-Grün geschafft, die
    ersten Schritte eines Perspektivwechsels in der Politik
    umzusetzen – einer Politik, die endlich Fairness auch ge-
    genüber der zukünftigen Generation walten lässt, die mit
    dem Konzept aufhört, die Problematik der Schulden wei-
    ter in die Zukunft schieben zu wollen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Meine Damen und Herren, der Sozialetat ist der größte
    Etat in diesem Haushalt. Deswegen wird der Löwenanteil
    dieser Politik der Konsolidierung und der Neukonzep-
    tionierung in diesem Haushalt vollbracht. Ohne die
    Reformbereitschaft und übrigens auch den Mut, gesell-
    schaftliche Konflikte auch anzugehen, ohne diese Hal-
    tung des Arbeitsministers Riester wäre die Konsoli-
    dierungspolitik der gesamten Regierung, wäre die Finanz-
    und Haushaltspolitik auf Sand gebaut. Wir, der Minister,
    die Sozialpolitik sind das Rückgrat dafür, dass die Politik
    der Konsolidierung und der Generationengerechtigkeit
    auch in die Zukunft wirken kann.

    Die rot-grüne Koalition hat bei allem, was wir in den
    letzten zwei Jahren gemacht haben, und bei dem, was für
    die nächsten Jahre veranschlagt ist, eines ins Zentrum ge-
    stellt: mehr soziale Gerechtigkeit für die kleinen Leute
    – und zwar nachrechenbar in ihrer Kasse – zu schaffen.
    Wir haben im Jahre 2001 durch die Steuerreform 45 Mil-
    liarden DM, die an die Unternehmer und die Arbeitneh-
    mer und Arbeitnehmerinnen sowie an die Bevölkerung
    zurückgegeben werden. Es klingelt auch in der kleinen
    Geldbörse.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Hinzu kommen besonders für die kleinen Einkommen:
    die zweimalige Erhöhung des Kindergeldes, die Erhö-
    hung des Kindergeldes auch für Sozialhilfeempfänger,
    der höhere Kinderfreibetrag, die BAföG-Erhöhung und
    nach zehn Jahren endlich zum ersten Mal wieder eine
    Wohngelderhöhung.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Ich finde, das markiert deutlich und zu Recht, wo un-
    sere Politik hinläuft: Für eine vierköpfige Familie mit




    Horst Seehofer

    11295


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    jährlich 60 000 DM brutto im nächsten Jahr 2 900 DM
    mehr in der Tasche – und zwar real –, für eine allein ste-
    hende Frau mit jährlich 40 000 DM brutto im nächsten
    Jahr 1 209 DM mehr Entlastung. Es ist wirklich real, was
    bei den Menschen ankommt.

    Aber wir haben in der Sozialpolitik sehr viel mehr zu
    leisten, als diese Beiträge zur Konsolidierung zu erbrin-
    gen und neu zu gestalten.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist richtig! Nur zu!)


    Wir müssen an die sozialen Sicherungssysteme heran,
    weil sich der gesellschaftliche Zusammenhang, der Le-
    benszusammenhang und die Arbeitswelt sehr stark verän-
    dert haben. Die Sicherungssysteme müssen auch an die
    veränderten Arbeits- und Lebensbedingungen angepasst
    werden. Ich glaube, hier ist wirklich Ehrlichkeit gefordert.

    Verändert hat sich ungeheuer viel: die Lebenszeit ver-
    längert sich; die Geburtenrate geht zurück; die Allein-
    erziehenden werden zahlreicher; die Scheidungsraten
    steigen; in der Zukunft werden immer weniger Leute es
    hinbekommen, 45 Jahre lang in einem Beruf tätig zu sein.
    Alle diese Faktoren waren bei der Konstruktion unseres
    jetzigen Sozialsystems ausschlaggebend. Darauf ist es
    eingestellt.

    Wir müssen die Philosophie, aber auch die Grundlagen
    und die Struktur der Sozialsysteme an diese Veränderun-
    gen anpassen. Da müssen wir eine sehr offene und ehrli-
    che Diskussion führen. Heute sind es 2,3 Erwerbstätige,
    die auf einen Rentner, eine Rentnerin kommen. Schon im
    Jahre 2030 werden es nur noch 1,3 Erwerbstätige sein. Je-
    dem in der Bevölkerung, der rechnen kann – und die kön-
    nen rechnen –, wird doch klar, dass ein umlagefinanzier-
    tes Rentensystem allein zukünftigen Generationen nicht
    mehr den Lebensstandard sichern kann.

    Herr Seehofer hat hier Ehrlichkeit in der Debatte ein-
    geklagt. Ehrlichkeit muss genau an dieser Stelle ansetzen:
    Wir müssen sagen, dass wir das umlagefinanzierte System
    durch eine private Säule und eine betriebliche Säule er-
    gänzen müssen. Diese Ehrlichkeit bringen wir auf.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Das ist ja nun keine Erfindung der Grünen! Erinnern Sie sich doch einmal, wie Sie uns geprügelt haben, als wir das gefordert haben!)


    Sie dagegen stellen sich hier hin und behaupten, der Le-
    bensstandard sei weiterhin über das umlagefinanzierte
    System zu sichern. Das haben Sie hier gerade wiederum
    gemacht. Wir und auch unser Sozialminister bringen den
    Mut auf, –


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Sie haben den Mut gehabt, den demographischen Faktor abzuschaffen, obwohl Sie ihn wollen!)


    – die Wahrheit der demographischen Entwicklung in der
    Gesellschaft zu diskutieren.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wer heute immer noch behauptet, dass die Beitrags-
    entwicklung in den sozialen Sicherungssystemen nicht so
    wichtig sei, und wer uns rät, in dieser Debatte über die
    Rentenstrukturreform den Konsolidierungskurs zu ver-
    lassen, der hat die Schärfe des Problems überhaupt nicht
    erkannt. Weder in der Rentenversicherung noch in den an-
    deren Versicherungssystemen können wir Reformen ma-
    chen, die mit einer Steigerung der Beitragssätze verbun-
    den sind. Wir brauchen die Beitragsstabilität. Sie ist ein
    wichtiger Beitrag zur künftigen Beschäftigungsentwick-
    lung.

    Bei aller Offenheit in der Debatte um die Rentenstruk-
    turreform ist eines vollständig klar, die Schmerzgrenze
    der Beitragssatzentwicklung ist in dem Konzept der Bun-
    desregierung benannt: bis zum Jahre 2020 unter 20 Pro-
    zent – das ist wirklich eine reife Leistung – und bis zum
    Jahre 2030 nicht über 22 Prozent. Diese Schmerzgrenze
    können wir nicht überschreiten. Wir brauchen Fairness
    gegenüber der jungen Generation.

    Meine Damen und Herren, in den Rentenkonsensge-
    sprächen sind die wesentlichen Punkte für die Rentenre-
    form genannt worden. Herr Seehofer sagte erst, es gebe
    kein Konzept; jetzt hat er beklagt, dass es vier Konzepte
    gebe.


    (Horst Seehofer [CDU/CSU]: Im vierten sind wir jetzt!)


    Herr Seehofer, Sie waren derjenige, der uns in den Ren-
    tenkonsensgesprächen hinter geschlossenen Türen – das
    will ich deutlich sagen, damit es jeder hört – mehrfach be-
    stätigt hat, dass die Eckpunkte der rot-grünen Regierung,
    die dort vorgelegt wurden, ein mutiges und der Zukunft
    zugewandtes Konzept sind, das das Problem der Genera-
    tionengerechtigkeit ernst nimmt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: „Quantensprung“ hat Herr Seehofer mal gesagt!)


    – Genau! Herr Seehofer hat in Bezug auf das Regierungs-
    konzept sogar von einem „Quantensprung“ in der Ren-
    tenpolitik geredet. – Herr Seehofer, entscheiden Sie sich!
    Sie wissen, die Gespräche laufen weiter.

    Eines will ich Ihnen und der CDU/CSU insgesamt sa-
    gen: Machen Sie nicht den gleichen Fehler wie bei der
    Steuerreform! Danach sieht es fast aus. Folgen Sie nicht
    Stoiber, sondern folgen Sie der Vernunft bei der Frage der
    Rentenstrukturreform! Denn sie bietet Ihnen eine Chance,
    ein Stück Ihrer Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Die
    Kampagne gegen die Ökosteuer, die Sie im Moment be-
    treiben und mit der Sie Verwirrung auslösen, ist unglaub-
    würdig und an Unseriosität und Unredlichkeit gerade im
    Zusammenhang mit der Rentenreform wirklich nicht zu
    überbieten.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Herr Merz hat gestern die Eckpunkte der CDU/CSU-
    Fraktion genannt, von denen die zwei ersten sehr interes-
    sant sind.




    Dr. Thea Dückert
    11296


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Die erste Forderung war: Das Niveau der heutigen Ren-
    ten muss gehalten werden. Ich erinnere Sie daran – Sie ha-
    ben eben gerade wieder erwähnt, der demographische
    Faktor sei die Lösung –, dass der demographische Faktor
    alle Generationen, mit Ausnahme der jetzigen Rentner-
    generation, nach der Rasenmähermethode betreffen
    würde. Bleiben Sie redlich in Ihrer Argumentation!


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dirk Niebel [F.D.P.]: Aber die Grünen wollen ihn doch auch!)


    – Sie fordern den demographischen Faktor immer noch.
    Wir haben eine bessere Antwort, die im Sinne der Gene-
    rationengerechtigkeit auch ehrlicher ist.

    Die zweite Forderung – da wird es interessant, wenn
    die beiden Dinge zusammenkommen – von Herrn Merz
    lautete: Die Beiträge dürfen dauerhaft nicht höher sein als
    zurzeit. Wir haben zurzeit einen Beitragssatz von
    19,3 Prozent. Dieser Beitragssatz – das wissen Sie auch –
    ist wegen der Ökosteuer zustande gekommen. Ohne Öko-
    steuer läge in diesem Jahr der Beitragssatz in der
    Rentenversicherung um einen Prozentpunkt höher, das
    heißt, wir wären bei über 20 Prozent. Deshalb ist die Ar-
    gumentation an dieser Stelle höchst unredlich.

    Wie Sie wissen, fließen die Einnahmen aus der Öko-
    steuer in die Rentenkassen. Wenn Sie hier über Beitrags-
    sätze reden, die wir erreicht haben, und diese zur Grund-
    lage Ihrer eigenen Vorstellungen machen, dann aber die
    Ökosteuer abschaffen wollen, schlagen Sie – das wissen
    auch Sie – dem Rentensystem ein Bein weg. Sagen Sie,
    wie Sie es finanzieren wollen, beispielsweise über Bei-
    tragserhöhungen, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer oder
    eine höhere Nettoneuverschuldung! Meine Damen und
    Herren von der CDU, eine solche unehrliche Politik wer-
    den wir nicht mitmachen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ich schlage Ihnen in aller Freundschaft – die Diskus-
    sionen sind oft sehr anregend – vor, von der Straße, von
    der Zapfsäule zurückzukehren und wieder in die Renten-
    konsensgespräche einzusteigen. Die Konzepte liegen vor,
    wir werden weiter diskutieren. Sie haben Ihre Punkte ja
    benannt. Ich denke, Sie rennen mit Ihren Forderungen of-
    fene Türen ein.

    Die betriebliche und private Vorsorge muss natür-
    lich weiter ausgebaut werden. Aber der Kanzler hat Ihnen
    doch schon angeboten, noch einmal 20 Milliarden DM in
    die Hand zu nehmen, um gerade Beziehern kleiner Ein-
    kommen den Gang in die private und betriebliche Vor-
    sorge zu erleichtern, und zwar mittels einer – was wir
    Grünen schon immer gefordert haben – Kinderkompo-
    nente. Darüber können wir doch reden, das ist doch über-
    haupt keine Frage. Sie brauchen doch nicht so zu tun, als
    seien Sie hier auf einen unüberwindbaren Punkt gestoßen.
    Wir sind durchaus bereit, genau dieses zu tun.

    Das Ziel, für alle Altersvorsorgesysteme die nachgela-
    gerte Besteuerung zu erreichen, ist klar, über die Schritte

    müssen wir aber reden. Aber das ist eine Frage des Weges;
    in einem Schritt geht es nicht. Wir müssen dazu natürlich
    auch die betriebliche Altersvorsorge attraktiver gestalten.
    Wir laden Sie ein, diesen Weg weiterzugehen. Ich denke,
    das ist auch für Sie sehr hilfreich.

    Wir haben in der Sozialpolitik noch sehr viel mehr zu
    leisten. Wir haben dank der positiven Konjunkturent-
    wicklung und dank der vorhin von mir genannten Daten
    im Moment eine sehr günstige Ausgangsposition.

    Mir bleibt nicht genügend Zeit, um die positive Ent-
    wicklung auf dem Arbeitsmarkt in Einzelheiten darzu-
    stellen. Klar ist aber, dass wir seit Herbst letzten Jahres
    hier eine kontinuierliche Verbesserung erleben. Klar ist,
    dass wir – entgegen allen Ihren Unkenrufen – in diesem
    Jahr eine positive Entwicklung haben, die Zahl der Be-
    schäftigungsverhältnisse von Monat zu Monat zunimmt,
    allein im Mai dieses Jahres um mehr als 700 000. Dies
    lässt sich nicht allein durch die Demographie erklären,
    sondern ist Folge der positiven Entwicklung auf dem Ar-
    beitsmarkt.

    Diese positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt
    macht uns für die Zukunft eines möglich: Wir müssen ver-
    suchen – die Zeichen sind günstig –, spätestens im Jahre
    2002 die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um
    0,8 bis 1 Prozent zu senken.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: Jetzt!)

    Ich denke, das können wir auch erreichen. Das wäre ein
    guter Schritt, um mit den Lohnnebenkosten unter 40 Pro-
    zent zu kommen. Das wäre wiederum ein effektiver Bei-
    trag zur Beschäftigungsförderung und zu der positiven
    Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.

    Trotzdem werden die Aufgaben einer aktiven Arbeits-
    marktpolitik nicht kleiner werden, auch wenn das viele
    denken mögen. Es gibt nach wie vor strukturelle Verwer-
    fungen zwischen Ost und West, insbesondere einen hohen
    Anteil an Langzeitarbeitslosigkeit, also an verfestigter
    Arbeitslosigkeit. Aber die jetzige Situation gibt uns auch
    die Chance, über Veränderungen in der Arbeitsmarktpoli-
    tik neu nachzudenken. Die Tatsache, dass ein großer Teil
    der Arbeitslosen Langzeitarbeitslose sind, macht deutlich,
    dass wir mit unserer Arbeitsmarktpolitik zukünftig nicht
    erst dann eingreifen dürfen, wenn sich die Langzeitar-
    beitslosigkeit schon verfestigt hat; vielmehr müssen wir
    die Arbeitsmarktpolitik sehr viel stärker präventiv aus-
    richten, eher an die Betriebe herangehen und auf eine Ver-
    änderung des Qualifikationsniveaus setzen. Das sind alles
    Aufgaben, die wir zu bewältigen haben.