Rede von
Michael
Glos
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich bitte um Verzeihung.
Die von Ihnen aufgezählten Aktionen sind mir alle ent-
gangen – auch der breiten deutschen Öffentlichkeit.
Ansonsten wissen die Grünen sehr gut, wenn man will,
wie man sich öffentlichkeitswirksam in Szene setzt. Mir
ist vor allem die Aktuelle Stunde im Bundestag entgan-
gen. Die hätte ich nämlich wahrgenommen.
Herr Bundeskanzler, Sie können Ihrem grünen Ko-
alitionspartner noch so viele Demütigungen zumuten,
Die gehen nicht, die bleiben. Sie können ruhig fünf neue
Kernkraftwerke bauen: Die Grünen bleiben trotzdem in
dieser Koalition.
Ihre Kanzlerschaft ist ausschließlich aus Ihrer eigenen
Partei bedroht. Damit das ganz klar ist.
Bundesverteidigungsminister Scharping traut sich
ganz offen die Kanzlerschaft zu und sagt das auch je-
dem, der es hören will, und jedem, der es nicht hören
will. Unverblümt, aber zu Recht wird in diesen Hinter-
grundgesprächen vom „Vergeigen“ des Vertrauens ge-
sprochen, das der Wähler der rotgrünen Koalition bei
der letzten Bundestagswahl übertragen hat.
In der SPD werden bereits Erinnerungen an Mann-
heim 1995 wach.
Damals trauten die Sozialdemokraten schon einmal vor
ihrem Parteitag dem Vorsitzenden nicht mehr zu, die
Partei kraftvoll zu führen. Es steht ja jetzt ein Parteitag
vor der Tür, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich verrate kein Geheimnis: Es ist einsam um den
Bundeskanzler geworden.
Auch wenn er jetzt wieder lacht, man sieht ihm an: Re-
gieren macht ihm keinen Spaß mehr.
Es ist seinem Gesicht deutlich anzumerken. Es ist auch
kein Wunder, das Amt des Bundeskanzlers verlangt
Verantwortung, es verlangt Verläßlichkeit, es verlangt
Stetigkeit, es verlangt Visionen, es verlangt harte Arbeit,
es verlangt Geschick und Durchsetzungsvermögen.
Mit Spaß allein ist es nicht getan.
Herr Bundeskanzler, Sie sind darauf angewiesen, daß
Sie das deutsche Volk überzeugen können, daß es Ihnen
ein Stück auf den Weg folgt. Sie können das deutsche
Volk nicht überzeugen, wenn es Ihnen nicht einmal ge-
lingt, Ihre eigene Partei zu überzeugen und hinter sich
zu scharen.
Deswegen kann ich nur sagen: Stellen Sie diese
Querschüsse ab, die immer wieder kommen und die
letztendlich Ihre Politik und damit die Politik Deutsch-
lands vernebeln.
Wenn Ihre Koalition und vor allen Dingen Ihre eigene
Partei Sie weiter so nervt, wie es bisher geschehen ist,
dann kann ich mir durchaus vorstellen, daß Sie einmal
von innen am Zaun des Kanzleramtes rütteln und sagen:
Ich will hier raus.
Vielen Dank.