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ID1405611900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/56 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 56. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. September 1999 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2000 (Haushaltsgesetz 2000) (Drucksache 14/1400) ..................................................... 4999 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1999 bis 2003 (Drucksache 14/1401) ................................ 4999 B c) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sanierung des Bundeshaushalts – Haushaltssanierungsgesetz (Drucksache 14/1523) ..................................................... 4999 B Einzelplan 17 Bundesministerium für Familien, Se- nioren, Frauen und Jugend Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ........................................................... 4999 C Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 5003 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5005 A Ina Lenke F.D.P. .......................................... 5006 B Klaus Haupt F.D.P. .......................................... 5007 A Sabine Jünger PDS........................................... 5009 D Hildegard Wester SPD..................................... 5011 B Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 5014 A Hildegard Wester SPD..................................... 5014 C Thomas Dörflinger CDU/CSU ........................ 5015 D Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 5016 D Dr. Ilja Seifert PDS...................................... 5017 D Klaus Holetschek CDU/CSU........................... 5018 C Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5020 D Klaus Holetschek CDU/CSU........................... 5021 B Dieter Dzewas SPD ......................................... 5021 C Manfred Kolbe CDU/CSU .............................. 5023 D Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Andrea Fischer, Bundesministerin BMG......... 5024 D Manfred Kolbe CDU/CSU .............................. 5028 B Karl Diller SPD ............................................... 5030 A Manfred Kolbe CDU/CSU .............................. 5031 A Dr. Ilja Seifert PDS.......................................... 5032 A Eckhart Lewering SPD .................................... 5032 B Detlef Parr F.D.P. ............................................ 5034 A Dr. Ruth Fuchs PDS ........................................ 5036 C Helga Kühn-Mengel SPD................................ 5037 D Wolfgang Zöller CDU/CSU ............................ 5039 C Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 5041 B Dr. Ilja Seifert PDS...................................... 5041 D Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU ................................................................. 5042 C Rudolf Dreßler SPD..................................... 5043 D II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 1999 Dr. Martin Pfaff SPD....................................... 5045 B Jürgen Koppelin F.D.P................................. 5046 B Wolfgang Zöller CDU/CSU ........................ 5047 C Hans Eichel, Bundesminister BMF.................. 5048 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS............................ 5049 D Dr. Angela Merkel CDU/CSU......................... 5052 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5057 D Jürgen Koppelin F.D.P..................................... 5061 A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS................................ 5063 D Hans Georg Wagner SPD ................................ 5065 C Dr. Christa Luft PDS ................................... 5057 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU.................... 5068 A Nächste Sitzung ............................................... 5069 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 5071 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen..................................... 5071 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 1999 4999 (A) (C) (B) (D) 56. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. September 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 1999 5071 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bachmaier, Hermann SPD 17.9.99 Bernhardt, Otto CDU/CSU 17.9.99 Bertl, Hans-Werner SPD 17.9.99 Bläss, Petra PDS 17.9.99 Blank, Renate CDU/CSU 17.9.99 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 17.9.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 17.9.99 Bulmahn, Edelgard SPD 17.9.99 Dr. Däubler-Gmelin, Herta SPD 17.9.99 Dautzenberg, Leo CDU/CSU 17.9.99 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.9.99 Ernstberger, Petra SPD 17.9.99 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 17.9.99 Fritz, Erich G. CDU/CSU 17.9.99 Gebhardt, Fred PDS 17.9.99 Goldmann, Hans-Michael F.D.P. 17.9.99 Grasedieck, Dieter SPD 17.9.99 Gröhe, Hermann CDU/CSU 17.9.99 Dr. Gysi, Gregor PDS 17.9.99 Hartnagel, Anke SPD 17.9.99 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 17.9.99 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 17.9.99 Hovermann, Eike SPD 17.9.99 Jacoby, Peter CDU/CSU 17.9.99 Jelpke, Ulla PDS 17.9.99 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 17.9.99 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 17.9.99 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 17.9.99 * Lennartz, Klaus SPD 17.9.99 Müller (Kiel), Klaus Wolfgang BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.9.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Ost, Friedhelm CDU/CSU 17.9.99 Pützhofen, Dieter CDU/CSU 17.9.99 Rossmanith, Kurt J. CDU/CSU 17.9.99 Rühe, Volker CDU/CSU 17.9.99 Schily, Otto SPD 17.9.99 Schmidt-Zadel, Regina SPD 17.9.99 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 17.9.99 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 17.9.99 Schuhmann (Delitzsch), Richard SPD 17.9.99 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 17.9.99 Schultz (Köln), Volkmar SPD 17.9.99 Dr. Stadler, Max F.D.P. 17.9.99 Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang CDU/CSU 17.9.99 Teuchner, Jella SPD 17.9.99 Dr. Thalheim, Gerald SPD 17.9.99 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 17.9.99 Wiefelspütz, Dieter SPD 17.9.99 Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 17.9.99 Dr. Zöpel, Christoph SPD 17.9.99 ————— *) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versamm- lung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/342 Nr. 1.14Drucksache 14/595 Nr. 2.3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Angela Merkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident!
    Meine Damen und Herren! Wir haben in dieser Woche
    über den Haushalt 2000 debattiert. Herr Eichel, wenn
    das Maß der Erregung ein Maß für die Güte Ihres Haus-
    halts wäre, dann hätten Sie die Chance, gut dabei weg-
    zukommen. Das ist es aber nicht.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Es besteht überhaupt kein Zweifel, daß das Datum

    2000 uns besonders dazu anregen sollte, daß wir uns
    über diesen Haushalt Gedanken machen.


    (Jörg Tauss [SPD]: Fangen Sie einmal an!)


    Lassen wir uns das noch einmal auf der Zunge zergehen:
    456,9 Milliarden DM, das waren die Ausgaben 1998. Im
    Jahre 2000 werden es 478,2 Milliarden DM sein.


    (Peter Dreßen [SPD]: Da haben wir aber etwas hereingenommen, was Sie draußengelassen hatten!)


    Was ich Ihnen zugute halte, ist: Nach Ihren Plänen spa-
    ren Sie im nächsten Jahr im Vergleich zum Jahre 1999
    7,5 Milliarden DM. Herr Eichel, das ist sicherlich kein
    schlechter Schritt. Aber es ist alles andere als eine Hel-
    dentat. Sie steigern sich hier in eine Heldenpose hinein,
    als hätte es Ähnliches in Deutschland noch nie gegeben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Dabei haben Sie, Herr Eichel, mit dem Haushalt 2000
    noch Glück im Unglück. Denn Ihr Vorgänger hat die
    Szene beizeiten verlassen und Ihnen einen aufgeblähten
    Haushalt hinterlassen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich habe mir aus dem Finanzausschuß erzählen las-

    sen, daß Sie den Kolleginnen und Kollegen dort bis
    heute nicht gesagt haben, woraus genau die Deckungs-
    lücke von 30 Milliarden DM besteht, die Sie immer
    wieder in Abrede stellen. Es ist doch völlig unstrittig –
    darüber brauchen Sie sich gar nicht aufzuregen –, daß
    eine solide Finanzpolitik zu einer vernünftigen Politik
    dazugehört.

    Es ist im übrigen auch nicht verwunderlich, Herr
    Eichel, daß die Mehrheit der Bevölkerung – das wissen
    wir genauso wie Sie – das Sparen im Grundsatz für
    richtig hält. Dieser Ansatz, weil er von der Mehrheit der
    Bevölkerung geteilt wird, muß Sie doch zu der Frage
    veranlassen, warum Sie trotz allem, obwohl Sie angeb-
    lich das Richtige tun, Wahl für Wahl verlieren und im-
    mer wieder Niederlagen einkassieren. Was mag der
    Grund für diese Tatsache sein?

    Sie müssen sich einfach einmal fragen, ob denn nun
    Ihre Politik die richtige ist. Hier ist Ihre erste Erklärung:
    Wir „vermitteln“ es nicht richtig, wir haben es noch
    nicht geschafft, wir müssen es den Leuten nur lange ge-
    nug erklären. Ich habe die Vermutung, Herr Eichel und
    Herr Bundeskanzler, daß hinter Ihrem Bild des Wählers
    etwas steht, was dem Wähler in der Bundesrepublik
    Deutschland längst nicht mehr Genüge tut. Dieser
    Wähler ist mündig, nicht dumm und nicht blöd.


    (Zuruf von der SPD: Ja, das hat er letztes Jahr gezeigt!)


    Dieser Wähler läßt sich nicht verschaukeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge ordneten der F.D.P.)

    Die Ursache, daß Sie trotz der grundsätzlichen Zu-

    stimmung zu einer Politik der soliden Haushaltsführung
    Wahlen verlieren, besteht darin, daß Sie unentwegt
    Willkür, Chaos und Wortbruch zur Grundlage Ihrer
    Politik gemacht haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der SPD: Unsinn!)


    Bundesminister Hans Eichel






    (A) (C)



    (B) (D)


    Wir werden doch auch von unseren Wählerinnen und
    Wählern gefragt: Was ist denn nun an diesen Schulden
    dran? Es ist doch vollkommen klar, daß die Zahlen, die
    Sie immer wieder aufgeführt haben, nämlich 1,5 Billio-
    nen DM, der Wahrheit entsprechen.


    (Zurufe von der SPD)

    Aber es ist auch klar – Sie haben erst zu einem ganz
    späten Zeitpunkt damit begonnen, dies in die Debatte
    einzuführen –, wie sich diese verschiedenen Schulden
    zusammensetzen. Hier muß man erst einmal sagen: 1969
    war die Verschuldung bei nahezu Null. Das ist hier
    schon gesagt worden. Sie ist dann auf 308 Milliarden
    DM bis zum Jahre 1982 angewachsen. Es gibt hier übri-
    gens eine Partei im Hause, die das nicht länger mit an-
    sehen konnte. Dann ist die Verschuldung von uns mit
    einem sehr viel langsameren Wachstum der Neuver-
    schuldung – aber immer noch einer Neuverschuldung –
    in eine sehr solide Finanzpolitik weitergeführt worden.

    Herr Eichel, wenn Sie Vertrauen gewinnen wollen,
    dann sagen Sie den Menschen die Wahrheit. Damals gab
    es einen Finanzminister Stoltenberg, an dem Sie sich ein
    Beispiel nehmen können, wie man Steuerreformen
    macht, Unternehmen entlastet und mehr Einnahmen in
    die Kasse bringt.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Zurufe von der SPD)


    Herr Eichel, ich finde bei Ihren Plänen in Ordnung,
    daß Sie in den nächsten Jahren die Neuverschuldung
    herunterfahren wollen. Aber dann sagen Sie doch der
    Redlichkeit halber, daß es auch unter der Regierung von
    Helmut Kohl gelungen ist, von 1982 bis 1989 die Netto-
    neuverschuldung beim Haushalt genau zu halbieren.


    (Jörg Tauss [SPD]: Verdoppelt haben sich die Schulden in dem Zeitraum!)


    Auch das gehört mit zur historischen Wahrheit. Warum
    sagen Sie nicht, daß im Jahre 1989 die Neuverschuldung
    19,7 Milliarden DM betrug, während sie bei Regie-
    rungsübernahme nach der sozialliberalen Koalition noch
    bei 37 Milliarden DM lag? Das ist eine Leistung, die
    man würdigen muß. Sie können sie nachmachen. Bitte
    schön, nur zu!


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Zurufe von der SPD)


    Was mir persönlich wirklich weh tut – auch das muß
    ich ganz klar sagen –, ist die Tatsache, wie Sie mit der
    deutschen Einheit und ihrer Finanzierung umgehen.


    (Zurufe von der SPD: Sie haben die Unwahrheit gesagt!)


    – Da brauchen Sie doch gar nicht zu schreien. Wer hat
    denn gelogen?


    (Jörg Tauss [SPD]: Eine Ihrer Hetzkampagnen!)


    Ich frage Sie einmal in diesem Hause: Wer hat denn ge-
    wußt, wie es in der früheren DDR aussah?


    (Zuruf von der SPD: Alle!)


    Da schaue ich einmal den Kollegen Schulz und noch ein
    paar andere an. Ich würde sagen, daß sie und ich aus der
    früheren DDR einen vergleichsweise guten Überblick
    hatten. Die meisten im Westen hatten darüber keinen
    Überblick.


    (Zurufe von der SPD)

    – Auch jetzt brauchen Sie nicht zu schreien. Es ist so.

    Daraus entstanden doch die legendären Protokollnoti-
    zen im Vertrag zur deutschen Einheit, was man denn
    alles mit dem Vermögen machen und wie man es etwa
    zur Hälfte auf die Länder verteilen werde. Das ist doch
    die Realität. Nun stehen Sie doch dazu!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zurufe von der SPD)


    Wenn man das in der vollen Dimension nicht wissen
    konnte oder nicht gewußt hat, dann, lieber Herr Eichel,
    kann man uns heute nicht vorwerfen, wir wollten das auf
    mehrere Generationen verteilen. Wir haben pro Jahr un-
    gefähr 100 Milliarden DM an Transferleistungen in die
    neuen Bundesländer gebracht. Was hätten Sie denn ma-
    chen wollen, um dies in der gleichen Generation zu be-
    zahlen? Wollten Sie die Mehrwertsteuer um 6 Prozent
    erhöhen, oder welchen Vorschlag hatten Sie? Es ist doch
    absurd, zu glauben, man hätte eine solch gigantische, hi-
    storische Leistung bereits zum gleichen Zeitpunkt be-
    gleichen können. Das ist doch völlig ausgeschlossen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es gab eine lange Debatte, bei der sich die Länder

    auch nicht besonders rühmlich hervorgetan haben,

    (Beifall bei der CDU/CSU)


    nämlich die Debatte um die Einführung des Euro. Ich
    erinnere mich daran, daß es Länder gab – darunter auch
    einige von unserer Seite regierte –, die nicht glauben
    wollten, daß wir die Stabilitätskriterien für den Euro,
    insbesondere was die Nettoneuverschuldung anbelangt,
    einhalten. Es gehört auch zur Redlichkeit, Herr Eichel,
    zu sagen, daß wir es geschafft haben – gegen alle Augu-
    ren –, die Inflationsrate niedrig zu halten und die Netto-
    neuverschuldungsgrenze von 3,0 Prozent einzuhalten.


    (Dr. Konstanze Wegner [SPD]: Tricks und Täuschung! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Aber doch nicht Sie! – Weitere Zurufe von der SPD: Aber wie?)


    – Was heißt hier „Aber wie“?

    (Dr. Uwe-Jens Rössel [PDS]: Die Einführung des Euro war kein Ruhmesblatt!)

    – Daß die PDS glaubt, die Einführung des Euro sei kein
    Ruhmesblatt gewesen, weiß ich. Sie machen nach wie
    vor Wahlkampf gegen den Euro.


    (Dr. Uwe-Jens Rössel [PDS]: Nicht nur wir! – Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Wie die DVU! PDS und DVU!)


    Aber daß Sie, obwohl Sie heute Vertrauen in die euro-
    päischen Institutionen haben, hier einfach sagen, die

    Dr. Angela Merkel






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Kriterien seien quasi nicht erfüllt worden, ist schon ein
    starkes Stück.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wie haben Sie es geschafft?)


    Meine Damen und Herren, die Einführung des Euro
    war eines der besten Stabilitätsprogramme für alle euro-
    päischen Währungen; das werden auch Sie sicherlich ir-
    gendwann einsehen. Wir haben die Kriterien erfüllt und
    damit einen wichtigen Beitrag zu einer soliden Haus-
    halts- und Finanzpolitik für die nächsten Jahre geleistet.
    Auch das gehört zur historischen Wahrheit.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Uwe-Jens Rössel [PDS]: Was wird aus dem Rubel?)


    Ihr Problem ist nicht die Vermittlung. Ihr Problem ist
    die Glaubwürdigkeit Ihrer Regierung, insbesondere die
    des Herrn Bundeskanzlers. Er hat am 4. Oktober 1998 in
    der „Bild am Sonntag“, einer nicht am wenigsten gele-
    senen Zeitung, gesagt: „Ich habe nichts versprochen,
    was ich nicht halten werde. Mein Wort gilt.“ Herr
    Schröder, wir wollen es mit der Ehrlichkeit nicht zu weit
    treiben, aber wir können sagen: Was Sie in diesem
    knappen Jahr schon alles versprochen und nicht gehalten
    haben, das geht wirklich auf keine Kuhhaut.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der SPD: Beispiel!)


    Ich will nur ein Beispiel nennen. Wir haben es uns
    immer wieder im Fernsehen anschauen dürfen – Vilsho-
    fen, Februar 1999 –: „Ich stehe dafür, daß die Rente
    weiter entsprechend der Nettolohnentwicklung angepaßt
    wird. Das tasten wir nicht an“, haben Sie noch hinzu-
    gefügt, damit es besonders glaubwürdig wird. – Herr
    Eichel, Sie werden zugeben, daß damals alle Fakten auf
    dem Tisch lagen. Gestern aber stand der Bundeskanzler
    an dieser Stelle und hat gesagt: Ich würde das so gerne
    tun, wenn ich nur könnte, aber ich kann es nicht.

    Was hat denn stattgefunden zwischen Februar und
    dem gestrigen Tag? Es gibt keine neue Erkenntnis, kein
    neues Faktum. Es gibt nur gebrochene Worte. Verspro-
    chen, gebrochen – das ist Ihr Motto. Deshalb nehmen
    Ihnen die Leute nichts mehr ab.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Eichel, es geht um Wahrhaftigkeit, Redlichkeit

    und Glaubwürdigkeit. Sie sind nun seit wenigen Mona-
    ten Bundesfinanzminister. Vorher waren Sie Minister-
    präsident eines Landes. Hier halten Sie plötzlich Reden,
    die inhaltlich weit von denen entfernt sind, die Sie frü-
    her gehalten haben. Jetzt reden Sie von Bundestreue;
    damals hatten Sie mit dem Bund nichts zu tun. Was ist
    denn das für ein Verfassungs- und Staatsverständnis?
    Wenn nicht alle für alles verantwortlich sind, kann die-
    ser Staat nicht funktionieren. Mit ihrer heutigen Rede
    tragen Sie hierzu bei.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das hat er gerade eben erklärt! Sie haben nicht zugehört!)


    Ich habe schon gemerkt, daß Sie immer dann, wenn
    man vom hessischen Haushalt spricht, unruhig werden.
    Ich kenne ihn nicht so gut wie Sie.


    (Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Er kennt ihn auch nicht!)


    Aber ich habe gehört, daß die Zinsausgaben während Ih-
    rer Regierungszeit um 60 Prozent gestiegen sein sollen.
    Relativ sicher aber weiß ich, daß die Schulden in Nie-
    dersachsen während der Amtszeit von Ministerpräsident
    Schröder von 37 Milliarden DM im Jahr 1990 auf
    65 Milliarden DM in 1998 angewachsen sind.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist dies ein Grund,
    apodiktisch zu sagen, wir hätten von Finanzen keine
    Ahnung? Wir haben die deutsche Einheit gemeistert. Si-
    cher, Sie haben in den Ländern Ihren Beitrag dazu gelei-
    stet,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das wollte ich gerade sagen! Tun Sie doch nicht so!)


    aber ungerne. Sie haben mehrmals erklärt, Sie wollten es
    nicht tun. Ich vermute, durch den Bund-Länder-
    Finanzausgleich sind Sie nicht aus dieser Pflicht entlas-
    sen worden. Sich aber nun hier hinzustellen, über solide
    Haushaltsführung zu reden und zu sagen, wir hätten al-
    les falsch gemacht, ist schon ein starkes Stück.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich sage Ihnen: Glaubwürdigkeit hat auch etwas damit
    zu tun, mit wem man politisch kooperiert und wie man
    auf die Menschen zugeht. Sie müssen sich das schon
    überlegen, wenn sie mit einer Partei wie der PDS, die
    überall in den neuen Bundesländern


    (Dr. Uwe-Jens Rössel [PDS]: Hohe Wählerzustimmung hat!)


    das Geld mit offenen Händen und großen Scheffeln aus-
    gibt, ohne sich darüber Gedanken zu machen, woher es
    kommt, zusammenarbeiten wollen. Wie wollen Sie den
    Menschen in den neuen Bundesländern klarmachen, daß
    das ausgerechnet sie Menschen sind, die eine soziale Fi-
    nanzpolitik betreiben?


    (Dr. Uwe-Jens Rössel [PDS]: Nehmen Sie Wahlentscheidungen zur Kenntnis, Frau Merkel!)


    Für die Bürgerinnen und Bürger paßt das nicht zusam-
    men.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Uwe-Jens Rössel [PDS]: In Mecklenburg gibt es eine klare Mehrheit für Rot und PDS! Sie sind abgewählt worden! Herr Seite ist in Urlaub geschickt worden!)


    – Würden Sie entweder um eine Fragestellung bitten
    oder den Mund halten. Ich weiß sonst nicht, was hier los
    ist, wer hier spricht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Abg. Dr. Uwe-Jens Rössel [PDS] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


    Dr. Angela Merkel






    (A) (C)



    (B) (D)


    – Ich möchte jetzt aber keine Zwischenfrage zulassen,
    Herr Präsident.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD und der F.D.P. – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Klasse!)


    Ich kann Ihnen genau sagen, warum ich keine Frage zu-
    lasse. Ich bin gerade mit den Sozialdemokraten beschäf-
    tigt konkret damit, daß die Sozialdemokraten eine völlig
    widersprüchliche Politik einerseits der Konsolidierung
    und andererseits der Kooperation mit Leuten betreiben,
    die sich über den Haushalt wenig Gedanken machen,


    (Dr. Uwe-Jens Rössel [PDS]: Wen meinen Sie damit?)


    und daß das zu einem massiven Glaubwürdigkeitspro-
    blem führen wird.

    Ich sage Ihnen voraus, daß Sie am Sonntag abend
    wieder erleben werden – die Gefahr besteht –, daß Sie
    zwischen CDU und PDS zerrieben werden, weil Sie in
    den neuen Bundesländern für nichts glaubwürdig gera-
    destehen. Das ist die Konsequenz; so war es in Thürin-
    gen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der SPD: Jetzt bringen Sie mal Ihre Vorschläge! – Dr. Uwe-Jens Rössel [PDS]: Lassen Sie einmal die Wähler entscheiden!)


    Es ist mit Sicherheit so, daß ein solider Haushalt eine
    wichtige Größe in einer modernen, vernünftigen und zu-
    kunftsorientierten Politik ist. Es ist aber mit Sicherheit
    auch so, daß ein solider Haushalt nicht die gesamte
    Politik ist. Wir stehen an der Schwelle zum 21. Jahr-
    hundert.


    (Jörg Tauss [SPD]: Nichts als Geblubber!)

    Wir haben die Frage zu beantworten, wie wir im 21.
    Jahrhundert unter international offenen Bedingungen,
    die wir mit „Globalisierung“ beschreiben, den
    Wohlstand in unserem Land sichern wollen.


    (Zuruf von der SPD: Wo sind denn die Vorschläge?)


    – Warum schreien Sie immer? – Wir haben neue Fragen
    von hohem Interesse miteinander zu diskutieren.

    Herr Eichel, ich sage ihnen folgendes: Ich glaube, daß
    sie im Finanzministerium inzwischen der Meinung sind,
    Sie könnten alle Politikbereiche fast vollständig beherr-
    schen. Man kann Ihnen angesichts der Säumnisse in den
    Ministerien auch nicht verübeln, daß Sie etwas tun. Ih-
    nen unterlaufen dabei aber grobe logische Fehler, mit
    denen Sie in der Zukunft nur ganz schwer werden klar
    kommen können.


    (Zuruf von der SPD: Nennen Sie einmal einen!)


    – Ich nenne Ihnen jetzt einen, aber ich könnte viele nen-
    nen.

    Ein Fehler ist, daß Sie jetzt die Rentenbeiträge für
    die Arbeitslosenhilfeempfänger nach dem ausgezahl-
    ten Arbeitslosenentgeld berechnen, die Krankenversi-

    cherungsbeiträge aber auf 80 Prozent des letzten ver-
    dienten Bruttoentgelds beruhen. Können Sie den Men-
    schen in Deutschland erklären – Ich kann es nicht, viel-
    leicht können Sie es –, warum Sie in dem einen sozialen
    Versicherungssystem so und in dem anderen anders ver-
    fahren? Es ist nur damit zu erklären, daß Frau Fischer in
    einer anderen Partei ist als Herr Riester und daß Sie es
    dem einen aus Koalitionsgründen aufdrücken können
    und dem anderen nicht. So einfach ist die Logik.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich nenne Ihnen einen weiteren Fehler. Das ist die

    Ökosteuer. Wir haben alle miteinander, wahrscheinlich
    sogar parteiübergreifend, in diesem Haus den Grundge-
    danken vertreten – dabei gibt es immer Ausnahmen –,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Weil Sie sie wollen, bekämpfen Sie sie! Soweit zum Thema Widerspruch!)


    den Faktor natürliche Ressourcen zu verteuern und den
    Faktor Arbeit zu entlasten. Das ist ein neuer Gedanke,
    und seine Einführung in die Politik bedarf besonderer
    Sorgfalt.

    Ich sage Ihnen zur Ökosteuer folgendes. Daß sie ge-
    gen die Rentner gerichtet ist, wissen wir. Wir haben ge-
    sagt, okay, das ist ein Sonderopfer. Deshalb hat der Herr
    Bundeskanzler damals gesagt: Wir wollen die Netto-
    lohnbezogenheit der Rente erhalten, weil wir die Rent-
    ner mit der Ökosteuer nicht entlasten. Daß es für die
    neuen Bundesländer besonders schwer ist, ist auch klar;
    denn 0,5 Prozent Entlastung im Rentensystem bedeuten
    bei weniger Lohn und weniger Beiträgen weniger Entla-
    stung bei gleicher Ökosteuerbelastung. Das ist ein fal-
    sches Signal in die falsche Richtung, aber ich will das
    hier nicht vertiefen.

    Daß die Ökosteuer aber auch familienfeindlich ist, hat
    Ihnen Ihre Familienministerin bisher offensichtlich noch
    nicht gesagt. Nehmen wir einmal eine Familie mit drei
    Kindern, in der eine Person erwerbstätig ist. Dann wird
    einer davon entlastet, aber fünf zahlen Ökosteuer.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was ist mit der Steuerentlastung und dem Kindergeld?)


    Die in sich familienfeindliche Ökosteuer frist die Erhö-
    hung des Kindergeldes sofort wieder auf.


    (Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jedes Kind fährt Auto, hat einen extra Kühlschrank, hat ein extra Haus!)


    Nun, meine Damen und Herren, kommt der eigentli-
    che Höhepunkt. Sie müssen sich einmal genau anschau-
    en, wie Sie mit dem Bundeszuschuß für die Renten-
    versicherung herumhantieren, um verschiedene Posten
    verschieben zu können. Seit dem 1. Juni 1999 haben Sie
    statt des bisherigen Bundeszuschusses in Höhe von 7
    Milliarden DM für die zu leistenden Rentenzahlungen
    an die heutigen Rentnerinnen einen Zuschuß von 17
    Milliarden DM für die späteren Zahlungen an die heuti-
    gen Mütter mit kleinen Kindern eingebucht. Dieser

    Dr. Angela Merkel






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    fließt in die Rentenversicherung, obwohl die heute be-
    stehenden Rentenansprüche viel geringer sind.

    Sie senken zwar jetzt die Beiträge, werden aber eines
    Tages nicht das Geld haben, um die dann bestehenden
    Rentenansprüche wirklich bedienen zu können. Damit
    haben Sie mit der Ökosteuer schon den nächsten struktu-
    rellen Fehler gemacht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Zu der schon in sich familienfeindlichen Ökosteuer

    kommt noch hinzu, daß sie dazu benutzt wird, die
    Rentenansprüche für Kindererziehungszeiten tatsäch-
    lich noch zu erhöhen. Das halte ich für einen groben
    Fehler.



Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Kollegin Mer-
kel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten
Metzger?


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Angela Merkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, jetzt nicht.
    Deshalb sage ich Ihnen, meine Damen und Herren:

    Sie verwischen die Grenzen in dem sozialen Sicherungs-
    system. Sie werden an der letzten Stufe Ihrer Ökosteuer-
    reform im Rentensystem einen Bundeszuschuß in Höhe
    von 160 Milliarden DM haben.

    Herr Eichel, bitte beantworten Sie mir einmal – mei-
    netwegen unter vier Augen; was Herr Riester sagt, ist
    relativ egal – eine Frage: Wohin möchten Sie mit dem
    Rentensystem? Möchten Sie bei der leistungsbezogenen
    Rente bleiben? Wollen Sie eine steuerfinanzierte Grund-
    sicherung? Wollen Sie eine beitragsfinanzierte Grundsi-
    cherung? Wir kennen Ihre Richtung nicht. Der Bürger
    kennt sie nicht. Das ist ein ziemlich schwieriger Zustand
    in Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist nicht so, daß wir hierzu keine Vorschläge oder

    Ideen hätten. Ein Mann wie Peter Müller hat im Saar-
    land mit außerordentlich unbequemen Botschaften ge-
    wonnen, nämlich unter anderem mit der Botschaft, daß
    dort der Steinkohlebergbau beendet wird. Herr Eichel, in
    Ihrem Bundesland gibt es keine Steinkohle. Ich erinnere
    mich aber noch sehr genau daran, wie es war, als wir die
    Subventionen für den Steinkohlebergbau gekürzt ha-
    ben. Vorreiter war Herr Scharping mit flammenden Re-
    den gegen jede Subventionskürzung.


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Fischer!)


    Gleich nebenan war Herr Fischer. Beide haben geschrie-
    en, was das Zeug hielt, daß wir die Steinkohlesubven-
    tionen ja nicht in irgendeiner Weise antasten. Sie leben
    heute davon und sind glücklich, daß der Plafond wenig-
    stens einigermaßen abgesenkt wird. Das muß ganz klar
    gesagt werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir haben auch Fehler

    gemacht. Meiner Meinung nach haben wir manche Re-

    form zu spät angefangen. Wir hätten die Steuerreform
    gleich 1994 machen sollen. Ich glaube, das wäre besser
    gewesen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Dann hatten wir auch nicht Oskar Lafontaine die Mög-
    lichkeit gegeben, das zusammen mit Ihnen, Herr Schrö-
    der und allen anderen SPD-Ministerpräsidenten, die
    heute, im Gegensatz zu Lafontaine, noch aktiv politisch
    tätig sind, zu blockieren.


    (Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Lafontaine kommt wieder!)


    Aber dann, meine Damen und Herren, war es 1998.
    Jetzt haben Sie wegen dieser Obstruktionspolitik – Herr
    Schröder würde das „schnöde Parteipolitik“ nennen, die
    dann aber zu einem Wahlerfolg auf tönernen Füßen ge-
    führt hat – die Verantwortung, endlich eine Unterneh-
    menssteuerreform zu machen. Dann war es 1998. Dann
    ist der Finanzminister weggerannt. Dann haben Sie die
    Reform bis zum Jahre 2000 nicht geschafft. Nun stellen
    Sie uns für 2001 etwas in Aussicht. Von 1994 bis 2001
    gehen zwei Jahre auf uns, aber auf Ihre Kappe gehen
    fünf Jahre, in denen die Bundesrepublik Deutschland
    anständige Einnahmen verloren hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es ist mit Sicherheit wichtig, daß wir gemeinsam

    darüber diskutieren, wie wir auf die neuen Herausfor-
    derungen des 21. Jahrhunderts reagieren. Dabei ist
    der Haushalt eine Sache. Die an uns alle gerichtete Fra-
    ge heißt: Wie können wir die Mechanismen der sozialen
    Marktwirtschaft in dieser veränderten Welt durchsetzen,
    in der auf den Finanz- und Wirtschaftsmärkten interna-
    tional agiert wird und die sozialen Ausgleichsmecha-
    nismen national organisiert werden müssen?


    (Jörg Tauss [SPD]: Dann macht Vorschläge!)

    – Ich mache Ihnen einen Vorschlag und sage Ihnen als
    erstes: Ich wäre im Traum nicht darauf gekommen, daß
    der von Rotgrün am zweitstärksten geschröpfte Haushalt
    der Haushalt des Entwicklungsministeriums ist.


    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Eine Schande!)


    Wenn die internationalen Probleme der Zukunft nicht
    mehr die Probleme der klassischen Sicherheitspolitik
    sind, sondern die Probleme von Umweltverschmutzung
    und Überbevölkerung – Sie halten demnächst große
    Veranstaltungen zum Thema „6 Milliarden Menschen
    dieser Erde“ ab –, die Probleme der globalen Erhaltung
    unserer Ressourcen, dann muß ich Sie doch fragen: Was
    reitet Sie, in diesem Einzelplan an vielen Stellen, bei In-
    stitutionen und bei privaten Initiativen, derart zu strei-
    chen? Ich verstehe es nicht, und Sie haben es auch noch
    nicht erklären können.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie wollen private Initiative stärken, Sie wollen das
    Eigenengagement fördern – und Sie treten allen privaten
    Organisationen in diesem Lande, die sich mit Ent-

    Dr. Angela Merkel






    (A) (C)



    (B) (D)


    wicklungs- und Umwelthilfe beschäftigen, vor das
    Schienbein.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen Koppelin [F.D.P.] – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch Unsinn! Das ist doch Demagogie!)


    – Genau so ist es. Unterhalten Sie sich doch mit den ent-
    sprechenden Stellen! Wenn man in der Verantwor-
    tung war, soll man sich bei der Beurteilung seines Nach-
    folgers zunächst ein ganzes Jahr zurückhalten. Das Jahr
    ist fast herum, nun wollen wir mal nicht so scharf agie-
    ren.

    Was ich aber über die internationale Umweltpolitik
    der Bundesrepublik Deutschland höre, spricht nun für
    alles andere als dafür, daß man sich überhaupt für diesen
    Bereich interessiert.


    (Beifall bei der F.D.P. – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was haben Sie uns denn hinterlassen?)


    Herr Trittin interessiert sich für die Abschaltung von
    zwei – am besten noch mehr – nationalen Kernkraftwer-
    ken. Er interessiert sich vielleicht marginal noch für die
    Ökosteuer – aber auch das machen andere für ihn –, und
    ansonsten interessiert ihn das alles überhaupt nicht. So
    hinterläßt man ein fürchterliches Bild, wenn es um Kli-
    maschutz, Naturschutz und Ressourcenschutz in der
    Welt geht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der SPD)


    – Ich kenne meine Schwächen, ich kenne meine Stärken.
    Ich weiß nur, daß Deutschland in diesen Fragen im Pro-
    zeß der internationalen Verhandlungen eine absolut
    wichtige Rolle spielt.


    (Jörg Tauss [SPD]: Kohl und Rio!)

    Alle, die schon einmal dabei waren, wissen, wie wichtig
    es wäre, daß dies auch weiter der Fall ist.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sagen Sie doch einmal etwas zum Konsolidierungsprogramm!)


    Wir brauchen also internationales Engagement.
    Aber natürlich brauchen wir auch nationale Verände-

    rungen. Deshalb zu einem weiteren Punkt, den ich für
    außerordentlich wichtig halte: Wie organisieren wir
    Mehrheiten für Reformen, für Veränderungen in die-
    sem Lande? Ohne Glaubwürdigkeit wird es auf keinen
    Fall gehen. Dafür ist es ganz wichtig, sich noch einmal
    darüber klar zu werden, was wir in diesem Lande unter
    „Gemeinwohl“ verstehen. Herr Bundeskanzler, Sie ste-
    hen für ein Bild, das den Eindruck vermittelt: Der Staat
    bin ich, der Rest sind Partikularinteressen – „schnöde
    Parteipolitik“.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das müssen Sie nun gerade sagen! Ausgerechnet Sie!)


    Herr Bundeskanzler, mit dieser Einstellung werden Sie
    keine Mehrheiten gewinnen.


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Jetzt meinen Sie aber die Zeit von Kanzler Kohl!)


    Es ist bedauerlich, wie Sie auf dem Bauerntag in
    Cottbus aufgetreten sind. Sie haben nur für die Kameras
    gesprochen und sich überhaupt nicht dafür interessiert,
    welche Probleme die einzelnen Bauern – die kleinen aus
    dem Allgäu und die großen aus den neuen Bundeslän-
    dern – haben. Sie wollten einfach nur zeigen, daß Sie
    gegen die sogenannten Partikularinteressen in diesem
    Lande vorgehen. So schafft man – das sage ich Ihnen
    voraus – keinen Interessenausgleich.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Deshalb: Niemand hat behauptet, daß das Gemein-

    wohl die „Summe“ aller Einzelinteressen ist, wie der
    Bundeskanzler gestern unterstellt hat. Das war es noch
    nie, das wird es nie sein. Trotzdem sind die Einzel-
    interessen wichtig. Es wird darauf ankommen – ich sage
    Ihnen zu: wir werden uns beteiligen –,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das klang jetzt aber gerade die ganze Zeit nicht so!)


    in einem vernünftigen Ausgleichsmechanismus nach den
    Maßstäben der Gerechtigkeit eben diesen Ausgleich der
    Interessen im Lande zu finden. Das war der Charme der
    sozialen Marktwirtschaft zu Zeiten Ludwig Erhards, und
    das muß wieder so werden in einer Welt, die offen und
    globalisiert ist. Wir werden uns dieser Herausforderung
    stellen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich sage Ihnen: Weder die Regelung für die 630-

    Mark-Jobs noch die Regelung zur Scheinselbständigkeit
    haben dazu beigetragen, genauso wenig die Verschie-
    bung der Unternehmensteuerreform und die Tatsache,
    daß Sie erst den Mittelstand belastet haben, auch wenn
    Sie jetzt sagen, er werde irgendwann entlastet. Das ko-
    stet uns über Jahre hinweg Arbeitsplätze. All dies waren
    keine sinnvollen Beiträge. Aber ich verspreche Ihnen:
    Sollten Sie sich besinnen,


    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist so arrogant wie nur was!)


    sollten Sie neben all dem Addieren und Subtrahieren
    versuchen, vor den wirklichen Herausforderungen der
    Zukunft zu bestehen, dann werden wir Sie tatkräftig un-
    terstützen, dort wo wir gefragt sind.


    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)