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ID1405608500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/56 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 56. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. September 1999 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2000 (Haushaltsgesetz 2000) (Drucksache 14/1400) ..................................................... 4999 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1999 bis 2003 (Drucksache 14/1401) ................................ 4999 B c) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sanierung des Bundeshaushalts – Haushaltssanierungsgesetz (Drucksache 14/1523) ..................................................... 4999 B Einzelplan 17 Bundesministerium für Familien, Se- nioren, Frauen und Jugend Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ........................................................... 4999 C Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 5003 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5005 A Ina Lenke F.D.P. .......................................... 5006 B Klaus Haupt F.D.P. .......................................... 5007 A Sabine Jünger PDS........................................... 5009 D Hildegard Wester SPD..................................... 5011 B Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 5014 A Hildegard Wester SPD..................................... 5014 C Thomas Dörflinger CDU/CSU ........................ 5015 D Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 5016 D Dr. Ilja Seifert PDS...................................... 5017 D Klaus Holetschek CDU/CSU........................... 5018 C Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5020 D Klaus Holetschek CDU/CSU........................... 5021 B Dieter Dzewas SPD ......................................... 5021 C Manfred Kolbe CDU/CSU .............................. 5023 D Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Andrea Fischer, Bundesministerin BMG......... 5024 D Manfred Kolbe CDU/CSU .............................. 5028 B Karl Diller SPD ............................................... 5030 A Manfred Kolbe CDU/CSU .............................. 5031 A Dr. Ilja Seifert PDS.......................................... 5032 A Eckhart Lewering SPD .................................... 5032 B Detlef Parr F.D.P. ............................................ 5034 A Dr. Ruth Fuchs PDS ........................................ 5036 C Helga Kühn-Mengel SPD................................ 5037 D Wolfgang Zöller CDU/CSU ............................ 5039 C Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 5041 B Dr. Ilja Seifert PDS...................................... 5041 D Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU ................................................................. 5042 C Rudolf Dreßler SPD..................................... 5043 D II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 1999 Dr. Martin Pfaff SPD....................................... 5045 B Jürgen Koppelin F.D.P................................. 5046 B Wolfgang Zöller CDU/CSU ........................ 5047 C Hans Eichel, Bundesminister BMF.................. 5048 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS............................ 5049 D Dr. Angela Merkel CDU/CSU......................... 5052 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5057 D Jürgen Koppelin F.D.P..................................... 5061 A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS................................ 5063 D Hans Georg Wagner SPD ................................ 5065 C Dr. Christa Luft PDS ................................... 5057 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU.................... 5068 A Nächste Sitzung ............................................... 5069 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 5071 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen..................................... 5071 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 1999 4999 (A) (C) (B) (D) 56. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. September 1999 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 1999 5071 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bachmaier, Hermann SPD 17.9.99 Bernhardt, Otto CDU/CSU 17.9.99 Bertl, Hans-Werner SPD 17.9.99 Bläss, Petra PDS 17.9.99 Blank, Renate CDU/CSU 17.9.99 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 17.9.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 17.9.99 Bulmahn, Edelgard SPD 17.9.99 Dr. Däubler-Gmelin, Herta SPD 17.9.99 Dautzenberg, Leo CDU/CSU 17.9.99 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.9.99 Ernstberger, Petra SPD 17.9.99 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 17.9.99 Fritz, Erich G. CDU/CSU 17.9.99 Gebhardt, Fred PDS 17.9.99 Goldmann, Hans-Michael F.D.P. 17.9.99 Grasedieck, Dieter SPD 17.9.99 Gröhe, Hermann CDU/CSU 17.9.99 Dr. Gysi, Gregor PDS 17.9.99 Hartnagel, Anke SPD 17.9.99 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 17.9.99 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 17.9.99 Hovermann, Eike SPD 17.9.99 Jacoby, Peter CDU/CSU 17.9.99 Jelpke, Ulla PDS 17.9.99 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 17.9.99 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 17.9.99 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 17.9.99 * Lennartz, Klaus SPD 17.9.99 Müller (Kiel), Klaus Wolfgang BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.9.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Ost, Friedhelm CDU/CSU 17.9.99 Pützhofen, Dieter CDU/CSU 17.9.99 Rossmanith, Kurt J. CDU/CSU 17.9.99 Rühe, Volker CDU/CSU 17.9.99 Schily, Otto SPD 17.9.99 Schmidt-Zadel, Regina SPD 17.9.99 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 17.9.99 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 17.9.99 Schuhmann (Delitzsch), Richard SPD 17.9.99 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 17.9.99 Schultz (Köln), Volkmar SPD 17.9.99 Dr. Stadler, Max F.D.P. 17.9.99 Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang CDU/CSU 17.9.99 Teuchner, Jella SPD 17.9.99 Dr. Thalheim, Gerald SPD 17.9.99 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 17.9.99 Wiefelspütz, Dieter SPD 17.9.99 Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 17.9.99 Dr. Zöpel, Christoph SPD 17.9.99 ————— *) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versamm- lung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/342 Nr. 1.14Drucksache 14/595 Nr. 2.3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Helga Kühn-Mengel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Im
    Rahmen einer Haushaltsdebatte ist es auch notwendig,
    neue Perspektiven aufzuzeigen. Das Gesetz zur Reform
    der GKV ab dem Jahr 2000 unterstreicht die Bedeutung
    von Prävention, Gesundheitsförderung, Selbsthilfe und
    Patientenschutz; Bereiche, die von der Wissenschaft als
    – zumindest in Deutschland – hoch defizitär beschrieben
    und von der letzten Regierung stiefmütterlich behandelt
    worden sind.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS])


    Der alte § 20 nahm bei der alten Bundesregierung nach
    einer nur sieben Jahre dauernden Existenz im SGB V am
    13. September 1996 ein trauriges Ende. Wir haben die-
    sen Paragraphen reanimiert. Wir schaffen mit diesem
    Gesetz den Einstieg in das bedeutsame Politikfeld der
    Krankheitsverhütung und der Gesundheitssicherung.
    Wir fühlen uns hier im Einklang mit allen namhaften
    Verbänden, mit der Wissenschaft und vor allem mit den
    Patienten und Patientinnen, den Versicherten, die wir
    darin unterstützen wollen, sich im Gesundheitswesen zu
    orientieren und ihre Rechte wahrzunehmen.


    (Beifall bei der SPD)


    Dr. Ruth Fuchs






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Durch die Maßnahmen zur Gesundheitsförderung
    und Prävention werden die Eigenverantwortung und die
    Souveränität der Bürgerinnen und Bürger im Umgang
    mit ihrer Gesundheit gestärkt. Wir haben die gesetzli-
    chen Aufgaben der Krankenkassen um ebendiese Maß-
    nahmen zur Prävention erweitert. Solche Maßnahmen
    werden also künftig wieder im Leistungskatalog der
    Krankenkassen angeboten werden können. Angebote der
    Selbsthilfe mit präventiver oder rehabilitativer Zielset-
    zung werden gefördert. Dies hat unser Gesetz ausdrück-
    lich klargestellt. Wenn wir durch Vorbeugung Krank-
    heiten gar nicht erst entstehen lassen, haben wir mehr
    geleistet, als wenn wir das Gesundheitssystem zum rei-
    nen Reparaturbetrieb für bereits entstandene Krankhei-
    ten verkommen ließen.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS])


    Auch die Experten bestätigen uns seit vielen Jahren, daß
    konsequente Gesundheitsförderung und Prävention nicht
    nur Behandlungskosten senken und Produktivkraft er-
    halten, sondern langfristig auch Berufs- und Erwerbsun-
    fähigkeit vorbeugen und damit die Rentenkassen entla-
    sten.

    Es ist vernünftig, daß durch diesen Gesetzentwurf den
    Kassen Aufgaben der Prävention zuwachsen, zumal die
    Erfahrungen aus den Jahren 1989 bis 1996 gezeigt ha-
    ben, daß sie auf diesem Feld engagiert und effizient ge-
    arbeitet haben. Vielleicht konnten diese Maßnahmen im
    Einzelfall zum Wettbewerb um „gute Risiken“ genutzt
    werden. Der immer wieder als Totschlagsargument ge-
    gen § 20 SGB V herangezogene Bauchtanzkurs oder das
    angeblich mitfinanzierte Indoor-Climbing kann die
    Qualität sinnvoller Maßnahmen nicht diskreditieren.

    Wir betonen deshalb zum einen, daß die Kinder und
    Jugendlichen eine Zielgruppe darstellen, die es beson-
    ders zu berücksichtigen gilt, werden doch bereits in den
    frühen Lebensphasen zahlreiche gesundheitsrelevante
    Einstellungen und Verhaltensweisen geprägt.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS])


    Zum anderen war es uns wichtig, daß die präventiven
    Aufgaben sowohl verhaltens- als auch verhältnispräven-
    tive Maßnahmen umfassen. Mit dieser Akzentuierung
    stellen wir klar, daß die Präventionsangebote nicht nur
    mittelschichtorientiert sind, sondern vor allem jene Be-
    völkerungsgruppen erreichen sollen, die auf Grund psy-
    chosozialer Defizite in ihrer gesundheitlichen Entwick-
    lung in besonderem Maße beeinträchtigt und gefährdet
    sind.


    (Beifall bei der SPD)

    Sehen wir uns nur einen kleinen Ausschnitt aus den

    Morbiditäts- und Risikostatistiken für das Jugendalter
    an! Repräsentative Studien kommen zu dem Ergebnis,
    daß im Durchschnitt etwa 10 bis 12 Prozent der Kinder
    im Grundschulalter an Störungen der Leistungsfähigkeit,
    der Wahrnehmung und des Kontaktes leiden, daß das
    Asthma bronchiale im Spektrum der psychovegetativen
    Beeinträchtigungen auf 5 bis 7 Prozent geschätzt wird,
    daß neben den bekannten Zivilisationskrankheiten

    Süchte eine immer größere Rolle spielen, daß in der
    Gruppe der 12- bis 13jährigen jeder vierte gelegentlich
    oder regelmäßig Wein oder Bier trinkt – Herr Parr, die
    Betrunkenen werden immer jünger –, jeder zehnte
    Schnaps oder Weinbrand, daß 16 Prozent der 12- bis
    17jährigen rauchen und 8 Prozent mit Drogen Kontakt
    hatten. Angesichts dieser Zahlen wird die Notwendigkeit
    präventiver Maßnahmen überdeutlich.


    (Beifall bei der SPD)

    Das Ziel einer verbesserten Prävention verfolgen wir

    zum Beispiel auch dadurch, daß wir im Gesundheitsre-
    formgesetz in § 21 eine erweiterte Gruppenprophylaxe
    bei Jugendlichen zur Verhütung von Zahnerkrankungen
    festschreiben. Wir haben die Gruppenprophylaxe für be-
    sondere Risikogruppen bis zum 16. Lebensjahr erweitert
    – eine klare Verbesserung für unser Gesundheitssystem,
    auch wenn sich dies vielleicht erst in einigen Jahren ko-
    stensparend bemerkbar machen wird.

    Die Spitzenverbände der Krankenkassen werden ent-
    sprechend ihrer Verpflichtung zur Wirksamkeit und
    Wirtschaftlichkeit einen Katalog geeigneter Maßnahmen
    zur Prävention vereinbaren. Dieser Katalog hat sich an
    der jeweiligen Zielgruppe und an dem Versorgungsbe-
    darf der Versicherten zu orientieren. Der Gewinn für die
    Versicherten soll im Mittelpunkt stehen, nicht der Wett-
    bewerb der Krankenkassen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Solche Maßnahmen der Prävention sind jedoch nur
    dann sinnvoll und für die Versicherten zweckmäßig,
    wenn die Leistungen in Kooperation mit den bereits
    vorhandenen Strukturen stattfinden. Hier meine ich ins-
    besondere die Sportverbände, die Bildungseinrichtungen
    und die Landesvereinigungen für Gesundheit.

    Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Krankenkassen
    werden stärker in die betriebliche Gesundheitsförderung
    einbezogen. Im Rahmen dieser Gesundheitsförderung
    können sie Maßnahmen durchführen, die den Arbeits-
    schutz ergänzen; sie sollen auch bei der Verhütung ar-
    beitsbedingter Gesundheitsgefahren mitwirken – ein
    förderlicher Beitrag zur menschengerechten Gestaltung
    der Arbeit.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es ist für uns selbstverständlich, die Qualität der Prä-
    ventionsleistungen zu sichern, zum Beispiel durch aus-
    schließlich nachweisgestützte Interventionen. Das heißt,
    daß mit der Aufgabenzuweisung eine Verpflichtung der
    Krankenkassen zur regelmäßigen Qualitätssicherung
    und Evaluation verbunden wird. Dazu werden die Spit-
    zenverbände der Krankenkassen in Kooperation mit an-
    deren Akteuren der Gesundheitsförderung und unabhän-
    gigem Sachverstand Qualitätskriterien erarbeiten. Dies
    ist sinnvoll, da so dem Gedanken einer evidenzbasierten
    Medizin der wirksamen und notwendigen Prävention
    entsprochen wird, und dies ist für die Bürgerinnen und
    Bürger in doppeltem Sinne interessant: Als Nutzer sind
    sie an einer qualitativ hochwertigen Angebotspalette in-

    Helga Kühn-Mengel






    (A) (C)



    (B) (D)


    teressiert, als Beitragszahler an einer möglichst effi-
    zienten Verwendung der finanziellen Mittel.

    Selbsthilfe – ein weiterer wichtiger Baustein unseres
    Gesundheits- und Sozialsystems – bedeutet eigenver-
    antwortliches und gemeinschaftliches Handeln, bessere
    Bewältigung einer Krankheit, bedeutet Hilfe nicht nur
    für den Kranken, sondern auch für die Menschen in sei-
    ner näheren Umgebung. Darüber hinaus ist es wichtig,
    daß chronisch kranke und behinderte Menschen anders
    eingebunden werden. Sie lehnen es ab, von den Reprä-
    sentanten eines professionellen Versorgungssystems als
    Objekt betrachtet zu werden. Sie stellen die berechtigte
    Forderung, als Experten in eigener Sache bei der Pla-
    nung und Durchführung aller sie betreffenden Maßnah-
    men eingebunden zu werden.


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Wir stärken der Selbsthilfe den Rücken, wir integrieren
    sie in das Gesundheitswesen. Das ist ein wichtiger
    Punkt.

    Patientenrechte und Patientenschutz wurden bereits
    angesprochen. Die Verbesserung auch dieser Rechte
    bzw. dieses Schutzes verfolgt unser Gesundheitsreform-
    projekt 2000. Bisher hat das Recht den Patientinnen und
    Patienten nur dann geholfen, wenn es bereits zu einem
    Behandlungsfehler gekommen war. Unsere Vision rich-
    tet sich darauf, daß die Patientinnen und Patienten von
    vornherein aktiv in den Behandlungsprozeß einbezogen
    werden. Dazu brauchen sie verbesserte Informationen.

    Die im Arztrecht schon seit langem verankerte Pflicht
    des Arztes, seinen Patienten aufzuklären, bevor dieser
    seine Einwilligung zu einer ärztlichen Maßnahme gibt,
    reicht oft nicht aus. Wir stärken diesen Bereich. Dazu
    werden zum Beispiel Einrichtungen der Verbraucher-
    und Patientenberatung gezielt gefördert. Die Kranken-
    kassen erhalten die Möglichkeit, Modellprojekte zu fi-
    nanzieren. Unabhängige Stellen sollen diese Arbeit
    übernehmen. Auch das ist ein wichtiger Punkt in unse-
    rem Reformvorhaben.


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Ich möchte Sie abschließend darauf aufmerksam ma-
    chen, daß sich die Rolle der Patienten und Patientinnen
    in unserer Gesundheitsreform verändert hat. Sie waren
    bisher eher Objekte der Fürsorge. Wir rücken sie wieder
    als Handelnde, als gleichberechtigte Partner in den Mit-
    telpunkt und unternehmen dafür die richtigen Schritte.
    Sie wissen, daß wir an der Erstellung einer Patienten-
    Charta arbeiten. Da sind bereits wichtige Akzente ge-
    setzt worden.

    Die These unbegrenzter Nachfrage im Gesundheits-
    system setzt einen uninformierten Patienten voraus.
    Wenn wir lesen, daß jede zweite der jährlich rund
    100 Millionen Röntgenuntersuchungen nach Aussage
    der Deutschen Röntgengesellschaft überflüssig ist, daß
    nach einem Bericht des BMG mindestens 25 Prozent der
    durchgeführten Eierstock- und Eileiteroperationen ver-
    meidbar wären, wissen wir, worauf es ankommt: Nur
    der gut informierte Patient, die gut informierte Patientin

    ist in der Lage, Eigenverantwortung zu übernehmen und
    die Angebote im System sinnvoller und kostensparender
    zu nutzen.


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Wolfgang Zöller.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Zöller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin!
    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frau Mini-
    sterin hat uns unterschwellig vorgeworfen, wir würden
    auf der Seite der Leistungserbringer stehen. Ich frage
    Sie: Ist es unredlich, sich für berechtigte Belange von
    Krankenschwestern, Ärzten und Pflegepersonal einzu-
    setzen?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wie weit Sie wieder einmal von Ihren Worten ent-

    fernt sind, zeigt sich daran, daß wir mehr auf der Seite
    der Patienten stehen. Wir haben den Antrag eingebracht,
    500 Millionen DM mehr für Demenzkranke auszugeben.
    Mit der Begründung, das sei nicht finanzierbar, wurde er
    im Gesundheitsausschuß mit Ihrer Mehrheit abgelehnt.
    Im gleichen Jahr nehmen Sie aber 400 Millionen DM
    aus der Pflegeversicherung heraus und verbuchen sie bei
    der Bundesanstalt an einer anderen Stelle. Das ist kein
    Einsatz für Patienten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Unverschämtheit!)


    Wir werden, ob Sie es wollen oder nicht, leider dazu
    kommen, daß das Ergebnis Ihrer rotgrünen Gesund-
    heitspolitik sein wird: je reicher, desto gesünder, je är-
    mer, desto kränker.

    Ich will Ihnen das an Beispielen belegen. Ihre Posi-
    tivliste wird zur Zwei-Klassen-Medizin führen. Für
    viele chronische Erkrankungen gibt es nämlich noch
    keine Arzneimittel, die eine ursächliche Therapie er-
    möglichen. Es gibt aber sehr viele Präparate, die den
    Patienten substantiell und subjektiv helfen. Mit Ihrer
    Positivliste grenzen Sie also solche Mittel aus der Lei-
    stungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen aus, und
    die Patienten müssen sie zu 100 Prozent selbst zahlen.
    Ich frage Sie: Ist es patientengerecht, die Zuzahlung um
    1 DM zu senken, aber dafür 30 Prozent der Arzneimittel
    vollständig von den Patienten bezahlen zu lassen?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Auch dies bedeutet wieder: Vermögende Patienten wer-
    den sich bewährte Präparate leisten können; für chro-
    nisch Kranke und ältere Menschen ist es ein Nachteil.

    Die Positivliste ist auch medizinisch der verkehrte
    Ansatz. Es besteht nämlich die Gefahr, daß nach der
    Ausgrenzung von etwa einem Drittel der Verordnungen
    ein Ausweichen auf stärker wirksame Präparate stattfin-
    det. Aber stärker wirksame Präparate haben nun leider
    auch stärkere Nebenwirkungen. Dies kann wiederum
    nicht sinnvoll für Patienten sein.

    Helga Kühn-Mengel






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu Ihrem
    sogenannten „Benchmarking-Modell“ möchte ich fol-
    gendes sagen: Ich verstehe darunter Orientierung am
    Besseren, am Sinnvolleren. Sie verstehen darunter
    scheinbar Orientierung am Billigsten.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das bestätigt auch wieder, daß Sie Gesundheitspolitik
    zur Zeit rein fiskalisch und nicht bedarfsorientiert ge-
    stalten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wie widersprüchlich dieses Modell ist, kann ich Ih-

    nen auch beweisen: In einer Region, in der sehr viele
    Patienten statt stationär ambulant versorgt werden – was
    wir übrigens alle wollen –, fallen automatisch höhere
    Arzneimittelkosten an. Nach Ihrem System werden für
    eine solche Region im kommenden Jahr die Mittel mit
    dem Ergebnis gekürzt, daß man wieder ins Krankenhaus
    einweisen wird. Sie sparen also einige hundert Mark für
    Arzneimittel, geben aber einige tausend Mark mehr für
    Krankenhausaufenthalte aus. Das kann nicht sinnvoll
    sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ein weiteres Beispiel, das die Widersinnigkeit dieses

    Modells belegt: In einer Region mit einer sehr hohen
    Arbeitslosenquote sind auf Grund der großen Zahl von
    Patienten, die von der Zuzahlung befreit sind, die Aus-
    gaben der gesetzlichen Krankenversicherungen für Arz-
    neimittel höher. Aber gerade hier nehmen Sie dann im
    Folgejahr Kürzungen vor. Sie kürzen also bei Arbeitslo-
    sen. Es tut mir leid: Mit sozial hat das nichts zu tun.
    Dieses Gesetz ist wirklich Pfusch.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit Argu-

    menten, die vor zehn Jahren noch Gültigkeit gehabt ha-
    ben mögen, aber heute nicht mehr zutreffen, propagieren
    Sie die Abgabe von Reimportarzneimitteln. Durch Ihre
    Regelung werden die Apotheker verpflichtet, preisgün-
    stige reimportierte Arzneimittel abzugeben.


    (Zuruf von der F.D.P.: Bürokratismus!)

    Nun könnte man sagen: Das ist sinnvoll. Aber die Muß-
    Vorschrift, die Sie jetzt geschaffen haben, bedeutet in
    letzter Konsequenz, daß die Apotheker alle deutschen
    Arzneimittel aus ihrem Regal herausnehmen


    (Zuruf von der F.D.P.: So ist es!)

    und die Versorgung mit reimportierten Arzneimitteln
    sicherstellen konnten.


    (Zuruf von der SPD: Wenn sie doch preiswerter sind!)


    – Wenn Sie auch den nächsten Satz hören, werden Sie
    merken, daß Ihr Zwischenruf nicht sinnvoll war. Wenn
    man nämlich weiß, daß die Arzneimittelpreise im Aus-
    land staatlich reguliert oder sogar staatlich bezuschußt
    werden, weiß man, daß dies ein Vernichtungsprogramm
    für deutsche Arbeitsplätze ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Auch wird der Arzt künftig nicht mehr wissen, wel-
    ches Arzneimittel der Patient wirklich bekommen hat,
    weil der Apotheker ihm ein anderes als das verordnete
    geben kann. Herr Kollege Dreßler, in diesem Fall wäre
    eine prozentuale Zuzahlung die intelligentere und ziel-
    führendere Lösung. Über diese Lösung sollten wir uns
    unterhalten. Sie ist auf jeden Fall besser als eine staatli-
    che Überreglementierung. Apropos Überreglementie-
    rung: Sie gründen jetzt ein neues Institut, das die Zulas-
    sungen der Zulassungsbehörde darauf überprüfen soll,
    ob deren Zulassungen als zugelassen gelten. Es tut mir
    leid, aber ich verstehe nicht, was das mit Entbürokrati-
    sierung zu tun haben soll.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wie konzeptlos und unausgegoren Ihr Gesetz ist,

    sieht man auch an der Regelung für Zahnersatz. Wir
    hatten ein Festzuschußsystem für Zahnersatz einge-
    führt. Das bedeutete, daß der Patient für eine zahntech-
    nische Lösung, zum Beispiel eine Brücke, einen einheit-
    lichen Betrag von seiner Kasse erhielt. Dabei spielte es
    keine Rolle, für welche Versorgungsform er sich ent-
    schied. Sie haben diese Regelung zu Beginn dieses Jah-
    res gekippt und eine prozentuale Bezuschussung einge-
    führt.

    Gestern lese ich, daß der Kollege Dreßler zurück zum
    Festzuschuß will, da dies – so bestätigte Dreßler – sozial
    gerechter ist als ein prozentualer Zuschuß.


    (Rudolf Dreßler [SPD]: Das ist nicht neu! Diese Meinung habe ich schon immer vertreten!)


    Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Re-
    gierung, wissen Sie eigentlich noch, was Sie wollen? Sie
    legen ein Gesetz vor, sagen aber, das andere sei sinn-
    voller. Vielleicht sollte man sich da einigen.

    Lassen Sie mich noch ein weiteres Beispiel Ihrer In-
    konsequenz ansprechen. Ich zitiere aus einer Pressemit-
    teilung des Bundesministeriums für Gesundheit vom
    April diesen Jahres:

    Die Bundesregierung wird die Gebühren für tier-
    ärztliche Leistungen der aktuellen Entwicklung an-
    passen. Die derzeitige Fassung der Gebührenord-
    nung für Tierärzte ist seit dem 1. April 1988 in
    Kraft. In den vergangenen 11 Jahren sind die Pra-
    xiskosten, vor allem auch die Personalkosten, er-
    heblich gestiegen, so daß eine Anpassung überfällig
    war.

    (Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Hochinteres sant!)

    Frau Ministerin, Sie hatten Recht. Nur, die Gebühren-
    ordnung für Zahnärzte ist noch länger nicht mehr ange-
    paßt worden.


    (Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Tierärzte verdienen 100 000 und Zahnärzte 200 000 brutto!)


    Was für Hunde gilt, sollte für Patienten schon längst
    gelten. So kommt es nämlich zu der sehr seltsamen
    Regelung, daß für eine Zahnfüllung bei einem Hund

    Wolfgang Zöller






    (A) (C)



    (B) (D)


    135 DM gezahlt wird, für eine Zahnfüllung bei einem
    Kassenpatienten aber nur 30,75 DM.


    (Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Das ist ein Witz!)


    Meine Befürchtung, daß wir mit dieser Regierung auf
    den Hund kommen, hat sich leider bewahrheitet.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Ich darf noch eine gute Äußerung Ihres Kollegen
    Dreßler zitieren, und zwar:

    Die Tatsache, daß Qualität vor Schnelligkeit geht,
    hätten wir schon früher berücksichtigen sollen.

    Das unterstreiche ich voll. Deshalb mein Vorschlag: Mit
    unserem Gesundheitsgesetz hatten wir 1997 und 1998
    einen Überschuß in der gesetzlichen Krankenversiche-
    rung. Jetzt sagt Frau Fischer, auch 1999 gebe es kein
    Defizit. Wenn dem so ist, dann lassen Sie doch unser
    Reformgesetz so lange wirken, bis wir gemeinsam ein
    sinnvolleres Gesetz mit den Beteiligten erarbeitet haben.
    Wir bieten hierzu unsere Mitarbeit an.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)