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ID1405608300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/56 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 56. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. September 1999 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2000 (Haushaltsgesetz 2000) (Drucksache 14/1400) ..................................................... 4999 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1999 bis 2003 (Drucksache 14/1401) ................................ 4999 B c) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sanierung des Bundeshaushalts – Haushaltssanierungsgesetz (Drucksache 14/1523) ..................................................... 4999 B Einzelplan 17 Bundesministerium für Familien, Se- nioren, Frauen und Jugend Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ........................................................... 4999 C Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 5003 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 5005 A Ina Lenke F.D.P. .......................................... 5006 B Klaus Haupt F.D.P. .......................................... 5007 A Sabine Jünger PDS........................................... 5009 D Hildegard Wester SPD..................................... 5011 B Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 5014 A Hildegard Wester SPD..................................... 5014 C Thomas Dörflinger CDU/CSU ........................ 5015 D Christian Simmert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 5016 D Dr. Ilja Seifert PDS...................................... 5017 D Klaus Holetschek CDU/CSU........................... 5018 C Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5020 D Klaus Holetschek CDU/CSU........................... 5021 B Dieter Dzewas SPD ......................................... 5021 C Manfred Kolbe CDU/CSU .............................. 5023 D Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Andrea Fischer, Bundesministerin BMG......... 5024 D Manfred Kolbe CDU/CSU .............................. 5028 B Karl Diller SPD ............................................... 5030 A Manfred Kolbe CDU/CSU .............................. 5031 A Dr. Ilja Seifert PDS.......................................... 5032 A Eckhart Lewering SPD .................................... 5032 B Detlef Parr F.D.P. ............................................ 5034 A Dr. Ruth Fuchs PDS ........................................ 5036 C Helga Kühn-Mengel SPD................................ 5037 D Wolfgang Zöller CDU/CSU ............................ 5039 C Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 5041 B Dr. Ilja Seifert PDS...................................... 5041 D Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU ................................................................. 5042 C Rudolf Dreßler SPD..................................... 5043 D II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 1999 Dr. Martin Pfaff SPD....................................... 5045 B Jürgen Koppelin F.D.P................................. 5046 B Wolfgang Zöller CDU/CSU ........................ 5047 C Hans Eichel, Bundesminister BMF.................. 5048 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS............................ 5049 D Dr. Angela Merkel CDU/CSU......................... 5052 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5057 D Jürgen Koppelin F.D.P..................................... 5061 A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS................................ 5063 D Hans Georg Wagner SPD ................................ 5065 C Dr. Christa Luft PDS ................................... 5057 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU.................... 5068 A Nächste Sitzung ............................................... 5069 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 5071 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen..................................... 5071 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 1999 4999 (A) (C) (B) (D) 56. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. September 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 56. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. September 1999 5071 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bachmaier, Hermann SPD 17.9.99 Bernhardt, Otto CDU/CSU 17.9.99 Bertl, Hans-Werner SPD 17.9.99 Bläss, Petra PDS 17.9.99 Blank, Renate CDU/CSU 17.9.99 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 17.9.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 17.9.99 Bulmahn, Edelgard SPD 17.9.99 Dr. Däubler-Gmelin, Herta SPD 17.9.99 Dautzenberg, Leo CDU/CSU 17.9.99 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.9.99 Ernstberger, Petra SPD 17.9.99 Friedhoff, Paul K. F.D.P. 17.9.99 Fritz, Erich G. CDU/CSU 17.9.99 Gebhardt, Fred PDS 17.9.99 Goldmann, Hans-Michael F.D.P. 17.9.99 Grasedieck, Dieter SPD 17.9.99 Gröhe, Hermann CDU/CSU 17.9.99 Dr. Gysi, Gregor PDS 17.9.99 Hartnagel, Anke SPD 17.9.99 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 17.9.99 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 17.9.99 Hovermann, Eike SPD 17.9.99 Jacoby, Peter CDU/CSU 17.9.99 Jelpke, Ulla PDS 17.9.99 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 17.9.99 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 17.9.99 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 17.9.99 * Lennartz, Klaus SPD 17.9.99 Müller (Kiel), Klaus Wolfgang BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.9.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Ost, Friedhelm CDU/CSU 17.9.99 Pützhofen, Dieter CDU/CSU 17.9.99 Rossmanith, Kurt J. CDU/CSU 17.9.99 Rühe, Volker CDU/CSU 17.9.99 Schily, Otto SPD 17.9.99 Schmidt-Zadel, Regina SPD 17.9.99 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 17.9.99 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 17.9.99 Schuhmann (Delitzsch), Richard SPD 17.9.99 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 17.9.99 Schultz (Köln), Volkmar SPD 17.9.99 Dr. Stadler, Max F.D.P. 17.9.99 Dr. Frhr. von Stetten, Wolfgang CDU/CSU 17.9.99 Teuchner, Jella SPD 17.9.99 Dr. Thalheim, Gerald SPD 17.9.99 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 17.9.99 Wiefelspütz, Dieter SPD 17.9.99 Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 17.9.99 Dr. Zöpel, Christoph SPD 17.9.99 ————— *) für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versamm- lung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 14/342 Nr. 1.14Drucksache 14/595 Nr. 2.3
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ruth Fuchs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin! Meine
    Damen und Herren! Lieber Kollege Parr, ich bin schon
    der Meinung, daß es zu den Konzeptionen von Herrn
    Schröder Alternativen gibt. Aber Ihre Alternative wäre
    nicht die meine. Das wollte ich einmal feststellen.


    (Beifall bei der PDS)

    Der heute zur Debatte stehende Haushalt des Bun-

    desministeriums für Gesundheit ist unübersehbar von
    der generellen Spar- und Kürzungspolitik der Regie-
    rung Schröder geprägt. Erfreulich ist, daß an den mit
    dem Pflegeversicherungsgesetz auf den Weg gebrachten
    erheblichen Finanzhilfen des Bundes zur Förderung von
    Investitionen in Pflegeeinrichtungen der neuen Länder
    festgehalten werden soll. Das ist für den Bauzustand und
    für die materielle Ausstattung dieser Einrichtungen von
    nicht zu unterschätzender Bedeutung.

    Um so bedauerlicher ist jedoch, daß in diesem Haus-
    halt die Ausgaben für dringend notwendige Verbesse-
    rungen bei den unmittelbaren Betreuungs- und Versor-
    gungsleistungen für pflegebedürftige Menschen weiter
    reduziert werden. Positiv zu nennen ist meines Erach-
    tens, daß die Aufwendungen auf dem Gebiet der Sucht-
    bekämpfung – und hier insbesondere für Modellmaß-
    nahmen – erhöht werden sollen.

    Da aber der Großteil der Leistungen in der Kranken-
    und Pflegeversicherung nicht im Bundeshaushalt, son-
    dern von den entsprechenden Trägern der Sozialversi-
    cherungen bereitgestellt wird, sind die negativen Aus-
    wirkungen von Sparpaket, Rentenplänen und Gesund-
    heitsreform auf die allgemeine Finanzbasis wesentlich
    bedeutsamer als die Kürzungen im Haushalt des Bun-
    desministeriums für Gesundheit. Immerhin führen allein
    das Sparpaket und die Rentenkürzungen zu Einnahme-
    verlusten der Krankenversicherung in Höhe von zirka 3
    Milliarden DM und zu Einnahmeverlusten der Pflege-
    versicherung von etwa 1,6 Milliarden DM. Außerdem
    stehen der Pflegeversicherung durch die Senkung der
    Beiträge von Arbeitslosenhilfebeziehern weitere Ein-
    nahmeverluste in Höhe von 400 Millionen DM jährlich
    ins Haus. Von diesen Entwicklungen müssen schwer-
    wiegende Auswirkungen auf die Lebenssituation von
    älteren, chronisch kranken und behinderten Menschen
    befürchtet werden.

    Völlig unklar ist, wie all dies mit dem einschneiden-
    den Sparkurs im Gesundheitswesen zusammengehen
    soll, den die Regierung mit der Gesundheitsreform 2000
    eingeschlagen hat. Bekanntlich soll die Erschließung
    von Wirtschaftlichkeitsreserven im Gesundheitswesen
    nicht primär der Verbesserung der medizinischen Ver-
    sorgung dienen, sondern eine rigorose Sparpolitik in
    Form von Budgetierung begründen, die die jährliche
    Mittelanhebung lediglich an den Anstieg der Grund-
    lohnsumme bindet.

    Diese Grundentscheidung, die das Gesundheitswesen
    zugleich von der Entwicklung der wirtschaftlichen Lei-
    stungskraft abkoppelt, berücksichtigt in keiner Weise
    den jeweils gegebenen Versorgungsbedarf und die sach-
    lichen Notwendigkeiten dieses Bereiches. Sie ist direkt
    aus dem – zunehmend wirtschaftsliberalen – Gesamt-
    konzept der Regierung abgeleitet und damit in erster Li-

    Detlef Parr






    (A) (C)



    (B) (D)


    nie eine wirtschaftspolitisch determinierte Vorgabe. Da-
    bei setzt die Regierung – inzwischen ebenso einseitig
    wie ihre Amtsvorgänger – auf die Stärkung der Ange-
    botskräfte, um Wirtschaftswachstum und die Senkung
    der Arbeitslosigkeit zu erreichen.

    Folgerichtig heißt die übergreifende Vorgabe für das
    Gesundheitswesen und damit das oberste Ziel dieser Re-
    form: Beitragsstabilität. Allerdings wird von Voraus-
    setzungen ausgegangen, deren Eintreten nach allen Er-
    fahrungen eher unwahrscheinlich ist. Das möchte ich
    begründen:

    Erstens. Weder von der Stärkung der Position der
    Hausärzte noch von integrierten Versorgungsformen
    noch von einer Positivliste, die wir übrigens begrüßen,
    können kurzfristig Einsparungen erwartet werden.

    Zweitens. Rationalisierungsreserven sind bestenfalls
    schrittweise in einem Reformprozeß, der über mehrere
    Jahre angesetzt werden muß, zu erschließen. Hinzu
    kommt, daß es sich im Erfolgsfall um einen gut gesteu-
    erten, durch wirksame Einzelschritte unterlegten Prozeß
    handeln muß, dessen Sinnhaftigkeit zumindest von ei-
    nem großen Teil der Leistungserbringer verstanden und
    vor allen Dingen mitgetragen wird.

    Der jetzt vorgesehene blanke Einsparungsdruck läßt
    erfahrungsgemäß den fragwürdigen Einsatz von Mitteln
    ebenso weiterlaufen wie eine bestehende Unterversor-
    gung – dies alles natürlich auf einem deutlich abge-
    senkten Niveau. Die Verlierer solcher Art von Reformen
    sind stets die sozial Schwächeren und insgesamt all jene,
    die sich am wenigsten wehren können. Soziale Gerech-
    tigkeit und Chancengleichheit in der gesundheitlichen
    Versorgung können auch auf solche Weise erheblich
    untergraben werden. Es kann kaum verwundern, wenn
    ein so wenig durchdachtes und überstürztes Herangehen
    an ein anspruchsvolles Reformvorhaben im Gesund-
    heitswesen von den Leistungserbringern vor allem als
    Druck in Richtung Qualitätsminderung und Rationie-
    rung empfunden wird. Im übrigen treffen die vorgesehe-
    nen Restriktionen vor allem jene Ärzte und andere Lei-
    stungserbringer am härtesten, die ihre Arbeit vorwie-
    gend an den Interessen ihrer Patienten und weniger an
    betriebswirtschaftlichen Überlegungen orientieren.


    (Beifall bei der PDS)

    Vor diesem Hintergrund verstärkt sich verständli-

    cherweise die Sorge, daß die bereits im laufenden Jahr
    akut aufgebrochenen Finanzprobleme der gesetzli-
    chen Krankenversicherung in Ostdeutschland weiter
    zunehmen. Rasche – noch 1999 wirksame – Abhilfe,
    wie sie vor der Sommerpause angekündigt wurde, läßt
    bisher auf sich warten. Vor allem bedarf die prekäre
    Einnahmesituation der ostdeutschen Krankenkassen, be-
    dingt vor allem durch höhere Arbeitslosigkeit und nied-
    rigere Einkommen, dauerhaft stabiler und tragfähiger
    Lösungen. Sie sollten entsprechend ihrer Dringlichkeit
    noch Bestandteil des gegenwärtigen Reformvorhabens
    sein.

    Lassen Sie mich im übrigen an dieser Stelle erneut
    darauf hinweisen, daß die Leistungserbringer in den
    neuen Bundesländern, beispielsweise im ambulanten

    Bereich, nach wie vor nur etwa 75 Prozent der Erlöse ih-
    rer jeweiligen westdeutschen Berufskollegen erzielen.
    Auch diese Gerechtigkeitslücke sollte endlich zielstrebig
    geschlossen werden.


    (Beifall bei der PDS)

    Im Gegensatz zum vorliegenden Reformentwurf der

    Koalition vertreten wir die Auffassung, daß sich Ge-
    sundheitspolitik auch in ihren Prämissen und Zielen kei-
    neswegs in der Übertragung wirtschafts- und finanzpo-
    litischer Strategien auf den Bereich des Gesundheitswe-
    sens erschöpfen darf. Sie verlangt ein eigenständiges
    Gesamtkonzept, welches es ermöglicht, soziale Gerech-
    tigkeit mit hoher fachlicher Qualität und wirtschaftli-
    chem Einsatz der Mittel zu verbinden.


    (Beifall bei der PDS)

    Natürlich ist es richtig – ich glaube, niemand in die-

    sem Haus bestreitet das; egal, von welcher Seite –, daß
    das Gesundheitswesen Strukturreformen braucht, um
    die vorhandenen Wirtschaftlichkeitsreserven zu er-
    schließen. Dies allein genügt aber nicht. Ebenso dring-
    lich ist eine schrittweise Erweiterung seiner Finanzie-
    rungsbasis. Dafür tun Sie aus meiner Sicht nichts oder
    sehr wenig. Die Sachverständigenanhörung hat diesbe-
    züglich deutlich gemacht, daß der Wachstumssektor Ge-
    sundheitswesen Entwicklungsspielräume – mindestens –
    parallel zur Steigerung des Bruttoinlandsproduktes be-
    nötigt.

    Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der PDS)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die zweite
Runde beginnen wir jetzt mit dem Beitrag der Abgeord-
neten Helga Kühn-Mengel.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Helga Kühn-Mengel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Im
    Rahmen einer Haushaltsdebatte ist es auch notwendig,
    neue Perspektiven aufzuzeigen. Das Gesetz zur Reform
    der GKV ab dem Jahr 2000 unterstreicht die Bedeutung
    von Prävention, Gesundheitsförderung, Selbsthilfe und
    Patientenschutz; Bereiche, die von der Wissenschaft als
    – zumindest in Deutschland – hoch defizitär beschrieben
    und von der letzten Regierung stiefmütterlich behandelt
    worden sind.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS])


    Der alte § 20 nahm bei der alten Bundesregierung nach
    einer nur sieben Jahre dauernden Existenz im SGB V am
    13. September 1996 ein trauriges Ende. Wir haben die-
    sen Paragraphen reanimiert. Wir schaffen mit diesem
    Gesetz den Einstieg in das bedeutsame Politikfeld der
    Krankheitsverhütung und der Gesundheitssicherung.
    Wir fühlen uns hier im Einklang mit allen namhaften
    Verbänden, mit der Wissenschaft und vor allem mit den
    Patienten und Patientinnen, den Versicherten, die wir
    darin unterstützen wollen, sich im Gesundheitswesen zu
    orientieren und ihre Rechte wahrzunehmen.


    (Beifall bei der SPD)


    Dr. Ruth Fuchs






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Durch die Maßnahmen zur Gesundheitsförderung
    und Prävention werden die Eigenverantwortung und die
    Souveränität der Bürgerinnen und Bürger im Umgang
    mit ihrer Gesundheit gestärkt. Wir haben die gesetzli-
    chen Aufgaben der Krankenkassen um ebendiese Maß-
    nahmen zur Prävention erweitert. Solche Maßnahmen
    werden also künftig wieder im Leistungskatalog der
    Krankenkassen angeboten werden können. Angebote der
    Selbsthilfe mit präventiver oder rehabilitativer Zielset-
    zung werden gefördert. Dies hat unser Gesetz ausdrück-
    lich klargestellt. Wenn wir durch Vorbeugung Krank-
    heiten gar nicht erst entstehen lassen, haben wir mehr
    geleistet, als wenn wir das Gesundheitssystem zum rei-
    nen Reparaturbetrieb für bereits entstandene Krankhei-
    ten verkommen ließen.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS])


    Auch die Experten bestätigen uns seit vielen Jahren, daß
    konsequente Gesundheitsförderung und Prävention nicht
    nur Behandlungskosten senken und Produktivkraft er-
    halten, sondern langfristig auch Berufs- und Erwerbsun-
    fähigkeit vorbeugen und damit die Rentenkassen entla-
    sten.

    Es ist vernünftig, daß durch diesen Gesetzentwurf den
    Kassen Aufgaben der Prävention zuwachsen, zumal die
    Erfahrungen aus den Jahren 1989 bis 1996 gezeigt ha-
    ben, daß sie auf diesem Feld engagiert und effizient ge-
    arbeitet haben. Vielleicht konnten diese Maßnahmen im
    Einzelfall zum Wettbewerb um „gute Risiken“ genutzt
    werden. Der immer wieder als Totschlagsargument ge-
    gen § 20 SGB V herangezogene Bauchtanzkurs oder das
    angeblich mitfinanzierte Indoor-Climbing kann die
    Qualität sinnvoller Maßnahmen nicht diskreditieren.

    Wir betonen deshalb zum einen, daß die Kinder und
    Jugendlichen eine Zielgruppe darstellen, die es beson-
    ders zu berücksichtigen gilt, werden doch bereits in den
    frühen Lebensphasen zahlreiche gesundheitsrelevante
    Einstellungen und Verhaltensweisen geprägt.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS])


    Zum anderen war es uns wichtig, daß die präventiven
    Aufgaben sowohl verhaltens- als auch verhältnispräven-
    tive Maßnahmen umfassen. Mit dieser Akzentuierung
    stellen wir klar, daß die Präventionsangebote nicht nur
    mittelschichtorientiert sind, sondern vor allem jene Be-
    völkerungsgruppen erreichen sollen, die auf Grund psy-
    chosozialer Defizite in ihrer gesundheitlichen Entwick-
    lung in besonderem Maße beeinträchtigt und gefährdet
    sind.


    (Beifall bei der SPD)

    Sehen wir uns nur einen kleinen Ausschnitt aus den

    Morbiditäts- und Risikostatistiken für das Jugendalter
    an! Repräsentative Studien kommen zu dem Ergebnis,
    daß im Durchschnitt etwa 10 bis 12 Prozent der Kinder
    im Grundschulalter an Störungen der Leistungsfähigkeit,
    der Wahrnehmung und des Kontaktes leiden, daß das
    Asthma bronchiale im Spektrum der psychovegetativen
    Beeinträchtigungen auf 5 bis 7 Prozent geschätzt wird,
    daß neben den bekannten Zivilisationskrankheiten

    Süchte eine immer größere Rolle spielen, daß in der
    Gruppe der 12- bis 13jährigen jeder vierte gelegentlich
    oder regelmäßig Wein oder Bier trinkt – Herr Parr, die
    Betrunkenen werden immer jünger –, jeder zehnte
    Schnaps oder Weinbrand, daß 16 Prozent der 12- bis
    17jährigen rauchen und 8 Prozent mit Drogen Kontakt
    hatten. Angesichts dieser Zahlen wird die Notwendigkeit
    präventiver Maßnahmen überdeutlich.


    (Beifall bei der SPD)

    Das Ziel einer verbesserten Prävention verfolgen wir

    zum Beispiel auch dadurch, daß wir im Gesundheitsre-
    formgesetz in § 21 eine erweiterte Gruppenprophylaxe
    bei Jugendlichen zur Verhütung von Zahnerkrankungen
    festschreiben. Wir haben die Gruppenprophylaxe für be-
    sondere Risikogruppen bis zum 16. Lebensjahr erweitert
    – eine klare Verbesserung für unser Gesundheitssystem,
    auch wenn sich dies vielleicht erst in einigen Jahren ko-
    stensparend bemerkbar machen wird.

    Die Spitzenverbände der Krankenkassen werden ent-
    sprechend ihrer Verpflichtung zur Wirksamkeit und
    Wirtschaftlichkeit einen Katalog geeigneter Maßnahmen
    zur Prävention vereinbaren. Dieser Katalog hat sich an
    der jeweiligen Zielgruppe und an dem Versorgungsbe-
    darf der Versicherten zu orientieren. Der Gewinn für die
    Versicherten soll im Mittelpunkt stehen, nicht der Wett-
    bewerb der Krankenkassen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Solche Maßnahmen der Prävention sind jedoch nur
    dann sinnvoll und für die Versicherten zweckmäßig,
    wenn die Leistungen in Kooperation mit den bereits
    vorhandenen Strukturen stattfinden. Hier meine ich ins-
    besondere die Sportverbände, die Bildungseinrichtungen
    und die Landesvereinigungen für Gesundheit.

    Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Krankenkassen
    werden stärker in die betriebliche Gesundheitsförderung
    einbezogen. Im Rahmen dieser Gesundheitsförderung
    können sie Maßnahmen durchführen, die den Arbeits-
    schutz ergänzen; sie sollen auch bei der Verhütung ar-
    beitsbedingter Gesundheitsgefahren mitwirken – ein
    förderlicher Beitrag zur menschengerechten Gestaltung
    der Arbeit.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es ist für uns selbstverständlich, die Qualität der Prä-
    ventionsleistungen zu sichern, zum Beispiel durch aus-
    schließlich nachweisgestützte Interventionen. Das heißt,
    daß mit der Aufgabenzuweisung eine Verpflichtung der
    Krankenkassen zur regelmäßigen Qualitätssicherung
    und Evaluation verbunden wird. Dazu werden die Spit-
    zenverbände der Krankenkassen in Kooperation mit an-
    deren Akteuren der Gesundheitsförderung und unabhän-
    gigem Sachverstand Qualitätskriterien erarbeiten. Dies
    ist sinnvoll, da so dem Gedanken einer evidenzbasierten
    Medizin der wirksamen und notwendigen Prävention
    entsprochen wird, und dies ist für die Bürgerinnen und
    Bürger in doppeltem Sinne interessant: Als Nutzer sind
    sie an einer qualitativ hochwertigen Angebotspalette in-

    Helga Kühn-Mengel






    (A) (C)



    (B) (D)


    teressiert, als Beitragszahler an einer möglichst effi-
    zienten Verwendung der finanziellen Mittel.

    Selbsthilfe – ein weiterer wichtiger Baustein unseres
    Gesundheits- und Sozialsystems – bedeutet eigenver-
    antwortliches und gemeinschaftliches Handeln, bessere
    Bewältigung einer Krankheit, bedeutet Hilfe nicht nur
    für den Kranken, sondern auch für die Menschen in sei-
    ner näheren Umgebung. Darüber hinaus ist es wichtig,
    daß chronisch kranke und behinderte Menschen anders
    eingebunden werden. Sie lehnen es ab, von den Reprä-
    sentanten eines professionellen Versorgungssystems als
    Objekt betrachtet zu werden. Sie stellen die berechtigte
    Forderung, als Experten in eigener Sache bei der Pla-
    nung und Durchführung aller sie betreffenden Maßnah-
    men eingebunden zu werden.


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Wir stärken der Selbsthilfe den Rücken, wir integrieren
    sie in das Gesundheitswesen. Das ist ein wichtiger
    Punkt.

    Patientenrechte und Patientenschutz wurden bereits
    angesprochen. Die Verbesserung auch dieser Rechte
    bzw. dieses Schutzes verfolgt unser Gesundheitsreform-
    projekt 2000. Bisher hat das Recht den Patientinnen und
    Patienten nur dann geholfen, wenn es bereits zu einem
    Behandlungsfehler gekommen war. Unsere Vision rich-
    tet sich darauf, daß die Patientinnen und Patienten von
    vornherein aktiv in den Behandlungsprozeß einbezogen
    werden. Dazu brauchen sie verbesserte Informationen.

    Die im Arztrecht schon seit langem verankerte Pflicht
    des Arztes, seinen Patienten aufzuklären, bevor dieser
    seine Einwilligung zu einer ärztlichen Maßnahme gibt,
    reicht oft nicht aus. Wir stärken diesen Bereich. Dazu
    werden zum Beispiel Einrichtungen der Verbraucher-
    und Patientenberatung gezielt gefördert. Die Kranken-
    kassen erhalten die Möglichkeit, Modellprojekte zu fi-
    nanzieren. Unabhängige Stellen sollen diese Arbeit
    übernehmen. Auch das ist ein wichtiger Punkt in unse-
    rem Reformvorhaben.


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Ich möchte Sie abschließend darauf aufmerksam ma-
    chen, daß sich die Rolle der Patienten und Patientinnen
    in unserer Gesundheitsreform verändert hat. Sie waren
    bisher eher Objekte der Fürsorge. Wir rücken sie wieder
    als Handelnde, als gleichberechtigte Partner in den Mit-
    telpunkt und unternehmen dafür die richtigen Schritte.
    Sie wissen, daß wir an der Erstellung einer Patienten-
    Charta arbeiten. Da sind bereits wichtige Akzente ge-
    setzt worden.

    Die These unbegrenzter Nachfrage im Gesundheits-
    system setzt einen uninformierten Patienten voraus.
    Wenn wir lesen, daß jede zweite der jährlich rund
    100 Millionen Röntgenuntersuchungen nach Aussage
    der Deutschen Röntgengesellschaft überflüssig ist, daß
    nach einem Bericht des BMG mindestens 25 Prozent der
    durchgeführten Eierstock- und Eileiteroperationen ver-
    meidbar wären, wissen wir, worauf es ankommt: Nur
    der gut informierte Patient, die gut informierte Patientin

    ist in der Lage, Eigenverantwortung zu übernehmen und
    die Angebote im System sinnvoller und kostensparender
    zu nutzen.


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])