Rede von
Friedrich
Merz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Vizepräsidentin!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundes-
finanzminister, Sie bekommen von uns natürlich keinen
Blumenstrauß. Aber ich möchte sagen, daß wir es aus-
drücklich begrüßen, welchen Stil und welche Form Sie
für Ihren ersten Beitrag zu den wichtigen finanzpoliti-
schen Themen gewählt haben.
Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich noch ein-
mal aufgreifen will, was Sie zum Thema der Mehrwert-
steuererhöhung gesagt haben. Ich fand es aufschluß-
reich, daß Sie den Zusammenhang hergestellt und gesagt
haben, daß die Regelungen in bezug auf die 630-Mark-
Beschäftigungsverhältnisse und die Scheinselbständig-
keit eine Mehrwertsteuererhöhung obsolet gemacht hät-
ten, wenn sie früher gekommen wären. Das heißt im
Klartext: Sie haben diese Regelungen vorgenommen,
um die Staatseinnahmen in einer Größenordnung von
etwa 15 bis 16 Milliarden DM zu erhöhen. Das ist ja
aufschlußreich, was Sie in diesem Zusammenhang ge-
sagt haben.
Damit die Tatsachen hinsichtlich der letzten Mehr-
wertsteuererhöhung, die stattgefunden hat, nicht völlig
aus dem Blickfeld geraten, will ich auf den Zusammen-
hang hinweisen, den es tatsächlich gab, als die Mehr-
wertsteuer am 1. April 1998 um 1 Prozentpunkt erhöht
worden ist. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, ist
das im Bundesrat auch mit der Stimme Hessens so be-
schlossen worden. Herr Eichel, diese Mehrwertsteuerer-
höhung stand ausdrücklich im Zusammenhang mit der
Rentenreform,
die am 1. Januar 1999 hätte in Kraft treten sollen.
Wenn Sie konsequent geblieben wären – ich sage Ih-
nen voraus, daß das für Sie eines der schwierigsten
Themen werden wird; Sie werden wieder zu dem Punkt
zurückkehren müssen, an dem wir längst waren; der
Bundeskanzler nickt,
in völlig anderem Zusammenhang –, dann hätten Sie mit
der Mehrheit, die Sie seit dem 27. September haben,
nicht nur die Rentenreform zum 1. Januar 1999 ausset-
zen müssen, sondern hätten auch die Mehrwertsteuerer-
höhung rückgängig machen müssen.
Das war der Zusammenhang, den es mit der Mehrwert-
steuererhöhung zum 1.April 1998 gegeben hat. Sie ist
wesentlich früher in Kraft getreten, als das für die Ren-
tenreform vorgesehen war. Weil zwischen diesen beiden
Terminen die Wahlen lagen, haben Sie die Chance be-
kommen, die Rentenreform nicht umzusetzen, so daß es
bei der Mehrwertsteuererhöhung geblieben ist. Deswe-
gen sage ich voraus: Die Probleme, die Sie an dieser
Stelle bekommen werden – Sie haben vielleicht eben
selbst gemerkt, wie begrenzt die Zustimmung in der
SPD-Bundestagsfraktion war,
als Sie zum Thema Subventionsabbau und anderem ge-
sprochen haben –, können Sie nicht noch einmal mit ei-
ner Mehrwertsteuererhöhung lösen. Auf diesem Weg
werden wir Ihnen nicht folgen.