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ID1403301700

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    Plenarprotokoll 14/33 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 33. Sitzung Berlin, Montag, den 19. April 1999 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Rede des Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse ............................................ 2663 A Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Regierungserklärung des Bundeskanzlers Vollendung der Einheit Deutschlands Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 2668 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU ................. 2674 B Dr. Peter Struck SPD ....................................... 2678 B Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P.......................... 2681 A Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 2683 C Dr. Gregor Gysi PDS ....................................... 2686 C Dr. Manfred Stolpe, Ministerpräsident (Bran- denburg) ........................................................... 2688 A Michael Glos CDU/CSU.................................. 2689 D Sabine Kaspereit SPD ...................................... 2691 C Eberhard Diepgen, Reg. Bürgermeister (Berlin) 2693 B Nächste Sitzung................................................ 2695 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten............ 2696 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Montag, den 19. April 1999 2663 (A) (C) (B) (D) 33. Sitzung Berlin, Montag, den 19. April 1999 Beginn: 12.00 Uhr
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    Reg. Bürgermeister Eberhard Diepgen (Berlin) 2696 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 33. Sitzung. Berlin, Montag, den 19. April 1999 2696 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bachmaier, Hermann SPD 19.4.99 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.4.99 Beer, Angelika BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.4.99 Belle, Meinrad CDU/CSU 19.4.99 Bohl, Friedrich CDU/CSU 19.4.99 Bühler (Bruchsaal), Klaus CDU/CSU 19.4.99* Diller, Karl SPD 19.4.99 Dr. Eid, Ursula BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.4.99 Dr. Fuchs, Ruth PDS 19.4.99 Großmann, Achim SPD 19.4.99 Hagemann, Klaus SPD 19.4.99 Hampel, Manfred SPD 19.4.99 Hasenfratz, Klaus SPD 19.4.99 Hempelmann, Rolf SPD 19.4.99** Ibrügger, Lothar SPD 19.4.99 Dr. Jens, Uwe SPD 19.4.99 Kolbow, Walter SPD 19.4.99 Koschyk, Hartmut CSU/CSU 19.4.99 Kröning, Volker SPD 19.4.99 Lehn, Waltraud SPD 19.4.99 Dr. Lucyga, Christine SPD 19.4.99* Maaß (Wilhelmshaven), Erich CDU/CSU 19.4.99 Mark, Lothar SPD 19.4.99 Metzger, Oswald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.4.99 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Moosbauer, Christoph SPD 19.4.99 Mosdorf, Siegmar SPD 19.4.99 Müller (Berlin), Walter PDS 19.4.99 Neumann (Gotha), Gerhard SPD 19.4.99** Dr. Niese, Rolf SPD 19.4.99 Raidel, Hans CDU/CSU 19.4.99 Rübenkönig, Gerhard SPD 19.4.99 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 19.4.99 Scharping, Rudolf SPD 19.4.99 Scheu, Gerhard CDU/CSU 19.4.99 Schöler, Walter SPD 19.4.99 Schösser, Fritz SPD 19.4.99 Schuhmann (Delitzsch), Richard SPD 19.4.99 Schurer, Ewald SPD 19.4.99 Seidenthal, Bodo SPD 19.4.99 Steen, Antje-Marie SPD 19.4.99 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 19.4.99 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 19.4.99 Titze-Stecher, Uta SPD 19.4.99 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.4.99 Urbaniak, Hans-Eberhard SPD 19.4.99 Vaatz, Arnold CDU/CSU 19.4.99 Wagner, Hans Georg SPD 19.4.99 Dr. Wegner, Konstanze SPD 19.4.99 Weißgerber, Gunter SPD 19.4.99 Willner, Gert CDU/CSU 19.4.99 –––––––– * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Ver-sammlung des Europarates** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rudolf Seiters


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich gebe nun dem
    Regierenden Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diep-
    gen, das Wort.

    Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister

    (Berlin): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen

    und Herren! Knapp 50 Jahre nach der Verabschiedung
    des Grundgesetzes kommt heute der Deutsche Bundes-
    tag zum erstenmal in ordentlicher Sitzung in diesem Ge-
    bäude zusammen. Dieser Tag ist – auch in dieser De-
    batte – gewürdigt worden als historischer Tag, als Mei-
    lenstein für diese Stadt und sicherlich auch als Meilen-
    stein für die gesamte Bundesrepublik Deutschland.

    Sie werden am Ende dieser Debatte – auch wenn sich
    die Begriffe wiederholen – sicher Verständnis dafür ha-
    ben, daß ich Ihnen ein Stück persönliche Empfindung
    wiedergebe. Die Sitzung des frei gewählten gesamtdeut-
    schen Parlaments war und ist für mich und vielleicht für
    viele Berlinerinnen und Berliner die Verwirklichung
    eines politischen Traums.

    Wenn ich von der vorangegangenen Rede ausgehe,
    dann merke ich, wie unterschiedlich Erfahrungen und
    Begrifflichkeiten im zusammenwachsenden Deutschland
    waren. Aber es war für mich ein Traum, der oft als Uto-
    pie und als politische Lebenslüge einer ganzen Gesell-
    schaft diskreditiert wurde. Ich erinnere an die Freiheits-
    kundgebung auf dem Platz vor dem Reichstag. Ich höre
    die Stimme von Ernst Reuter: „Ihr Völker der Welt:
    Schaut auf diese Stadt!“ „Schaut auf diese Stadt“ war
    nicht nur auf Berlin bezogen, sondern das war auf Wün-
    sche zur Unterstützung im Kampf gegen Totalitarismus,
    für Freiheit und für Demokratie bezogen. Das betraf
    deswegen viel mehr als „nur“ Berlin.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wir standen nicht nur deshalb auf dem Platz vor dem
    Reichstag, weil das der große Platz in der Stadt war, auf
    dem Hunderttausende zusammenkommen konnten, son-
    dern wir standen vor dem Gebäude, das Hoffnung und
    Erwartung auf Demokratie und Wiedervereinigung wi-
    derspiegelte.

    Für mich war das alles mit Ziel und Motivation ver-
    bunden. Ziel und Motiv für politisches Handeln liegen
    für mich in all den Erfahrungen, in all dem, was wir in
    der Nachkriegszeit erleben mußten: von den Berichten
    über den Volksaufstand in Ungarn, über den Bau der
    Mauer oder, noch früher – da war ich noch etwas jünger
    –, über den Volksaufstand, der auch in besonderer Wei-
    se von Berlin ausgegangen ist.

    Meine Damen und Herren, ich erinnere auch an die
    vielen Staatsgäste, die ich selbst in einen Flügel dieses
    Gebäudes, den Ostflügel, führen durfte, um ihnen von
    dort aus einen Blick über die Mauer zu ermöglichen und
    all die Sehnsüchte und Hoffnungen zu erläutern. Das ist
    für mich „Reichstag“.

    Eine geschichtliche Entwicklung findet hier heute ei-
    nen, wie ich finde, demonstrativen Abschluß, und oft
    verspottete Hoffnungen werden Wirklichkeit. Deswe-
    gen, meine Damen und Herren, hängen viele Berliner so
    an diesem Reichstag.

    Damit muß ich, glaube ich, zu aktuellen weiteren De-
    batten nichts sagen. Nur, Herr Kollege Struck – er ist
    jetzt nicht da –, gerade das Auf und Ab der Geschichte
    des Reichstags bzw. dessen, was sich an demokratischen
    Entwicklungen in diesem Reichstag vollzogen hat, be-
    weist, daß die Rückkehr in dieses Gebäude ein Sieg der
    Demokratie ist, ein Sieg der Demokratie!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Meine Damen und Herren, das heutige Datum ist
    auch ein Eckpfeiler für die innere Einheit des Landes. Es
    gab hier eine Bestandsaufnahme, die ein Stück weit
    überlagert war von dem, was wir an neuen Erfahrungen,
    an neuer internationaler Verantwortung in den Ausein-
    andersetzungen auf dem Balkan heute mitgestalten müs-
    sen.

    Es gab die Bilanz zu den Fragen der inneren Einheit.
    Diese Bilanz war insgesamt positiv. Die Wiedervereini-
    gung hat sich – das ist in der heutigen Zeit am wichtig-
    sten – in Frieden vollzogen. Es gab keine unüberwindli-
    chen sozialen Eruptionen. Die Demokratisierung und
    vielleicht auch ein Elitewechsel sind im Gegensatz zu
    anderen Staaten gelungen.

    Viele Städte, einst vom Verfall bedroht, sind lie-
    benswert renoviert worden. Die Infrastruktur im Ostteil
    Berlins und im Ostteil Deutschlands ist grundlegend
    modernisiert worden. Die Produktionsstätten – der Bun-
    deskanzler hat darauf hingewiesen – können sich im in-
    ternationalen Vergleich durchaus sehen lassen. Aber
    auch dies ist hier betont worden: Die politischen, gesell-
    schaftlichen und verwaltungsmäßigen Veränderungen,
    der Aufbau einer völlig neuen wirtschaftlichen und ins-
    besondere auch industriellen Basis in den sogenannten
    jungen Bundesländern haben den Menschen Erhebliches

    Sabine Kaspereit






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    abverlangt. Ich bin mir, meine Damen und Herren, ganz
    sicher: Künftige Generationen werden davon mit Be-
    wunderung sprechen. Es wäre schön, wenn ein Stück
    Anerkennung und Respekt auch heute selbstverständli-
    cher Gegenstand der politischen Diskussion wäre. Das
    haben die Menschen verdient.


    (Beifall)

    Ohne Frage: Es gibt weiteren Handlungs- und Ent-

    wicklungsbedarf. Es geht um Arbeitsplätze, um den
    Ausbau von Wissenschaft und Forschung. Es geht um
    Produkte, die im internationalen Markt konkurrenzfähig
    sind. Wichtig ist auch die innere Entwicklung. Aus mei-
    ner Sicht gab es auf dem Weg der letzten Jahre sehr
    viele emotionale Verletzungen und Mißverständnisse.
    Die unterschiedlichen geschichtlichen und gesellschaft-
    lichen Erfahrungen wurden nicht ausreichend für die
    gemeinsame Zukunft genutzt. Die gemeinsame Zukunft,
    das ist der Aufbau im ganzen deutschen, ich benutze den
    Begriff hier: Vaterland – in Ost und West, in Nord und
    Süd. Es ist richtig, daß nicht alles aus dem sogenannten
    Westen zu erhalten und aus dem sogenannten Osten zu
    verändern war. Lernen ist keine Einbahnstraße im zu-
    sammenwachsenden Deutschland und darf auch nicht so
    begriffen werden.


    (Beifall)

    Meine Damen und Herren, bei allen notwendigen

    kritischen Anmerkungen – eine Herausforderung für die
    Zukunft – können die Menschen dieses Landes auf das
    stolz sein, was sie geleistet haben. Diese Leistung gibt
    uns aus meiner Sicht die Gewißheit, den weiteren Weg
    erfolgreich gestalten zu können. Denn die Leistungsfä-
    higkeit der Menschen in Ost und West beweist genau
    dies. Mein Wunsch ist es, daß weniger in den Kategori-
    en von Ost und West gedacht wird, sondern daß über die
    Grenzen einzelner Bundesländer hinweg gemeinsame
    Stärken herausgearbeitet werden. Der Verfassungsauf-
    trag nach gleichwertigen Lebensverhältnissen – übrigens
    nicht nach gleichen Lebensverhältnissen – wird aus-
    drücklich durch regionale Vielfalt ergänzt, das heißt
    durch regionale Schwerpunktsetzung auch in dem, was
    sich Menschen im einzelnen unter Lebensqualität vor-
    stellen.

    Wir können also auf dem aufbauen, was bisher gelei-
    stet worden ist. Die geleistete materielle Hilfe ist Grund-
    lage und Zukunft dabei, insbesondere für die neuen Bun-
    desländer. Diese Länder brauchen die Solidarität. Nur so
    kann sichergestellt werden, daß die bisher erfolgte Hilfe
    nicht nutz- und erfolglos wird. Gleichzeitig darf sich das
    Engagement allerdings nicht im Materiellen erschöpfen.
    Es kommt auf den Umgang miteinander an.

    Richard Schröder hat vor einem Monat in Weimar ge-
    fragt, wann man von einem Gelingen der Einheit spre-
    chen könne. Er nannte zwei Bedingungen: zum einen,
    daß wir mit den Ost-West-Unterschieden ebenso gelas-
    sen umgehen wie mit den Nord-Süd-Unterschieden. Da-
    hinter steckte sicherlich die Erkenntnis, daß in der weite-
    ren Entwicklung dieser Republik die Unterschiede zwi-
    schen Nord und Süd etwas stärker zu beachten sein wer-
    den als bisher sozusagen das eher traditionelle, vor dem
    Hintergrund der gegenwärtigen Entwicklung noch im

    Vordergrund stehende Gefälle zwischen Ost und West.
    Zum anderen wies er darauf hin, daß wir uns so anein-
    ander gewöhnen müssen, daß wir in Umrissen eine ge-
    meinsame Geschichte erzählen könnten, und zwar auch
    eine gemeinsame Geschichte von den zurückliegenden
    50 Jahren. Auch 40 Jahre DDR – nicht nur 40 Jahre
    Bundesrepublik Deutschland – sind ein Stück gemein-
    same Geschichte. Über die Differenzierung 40 Jahre und
    10 Jahre müssen wir intensiv nachdenken. Jedenfalls
    kommt es darauf an, daß diese Zeit als die Geschichte
    des deutschen Volkes insgesamt – in den gegenseitigen
    Abhängigkeiten – begriffen wird. Ich glaube, die Men-
    schen erwarten von uns, an dieser Generationenaufgabe
    zu arbeiten. Der Umzug nach Berlin kann dabei helfen.
    Denn unsere Stadt weitet den Blick auf das Schicksal
    der Menschen östlich der Elbe in besonderer Weise.

    Durch die Wiedervereinigung und den Umzug sind
    die Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland im we-
    sentlichen nicht geändert worden. Dennoch ist der Um-
    zug mehr als ein bloßer Ortswechsel. Der Zusammen-
    bruch des Kommunismus und die fortschreitende Glo-
    balisierung erfordern Weiterungen, die mit dem Namen
    Berlin verbunden sein werden. Das wiedervereinigte
    Deutschland mit seiner Hauptstadt Berlin steht für Ver-
    antwortung und Verläßlichkeit, für strukturelle Reform
    und gesellschaftliche Modernisierung sowie für eine er-
    weiterte Bündnisfähigkeit, und zwar nicht nur in der
    bewährten Form nach Westen, sondern auch nach Osten.

    Berlin war über Jahrzehnte ein Symbol für die geteilte
    Nation. Heute ist es ein Sinnbild für die Überwindung der
    Teilung. Trotz aller Schwierigkeiten und Probleme kön-
    nen wir Berliner und, so meine ich, wir Deutsche ins-
    gesamt stolz darauf sein, daß die Wiedervereinigung der
    Stadt wie auch die Wiedervereinigung insgesamt bisher
    auch im sozialen Frieden gelungen ist. In Berlin wird
    es am ehesten gelingen, die 40 Jahre lang geteilte deut-
    sche Nachkriegsgeschichte zusammenzudenken und den
    Grundstein für die Zukunft zu legen, in der Ost und West
    nur noch geographische Richtungen sind.

    Als Hauptstadt bildet Berlin eine Klammer für unser
    Land. Denn, meine Damen und Herren, nur eine Nation,
    die keine sein will, braucht keine Hauptstadt. Ich habe
    die Sorge vernommen – es gab ja Auseinandersetzungen
    mit dem Thema –, Berlin stehe für Zentralismus. Ich
    glaube, diese Sorge ist unbegründet. Der Föderalismus
    ist in Deutschland tief verwurzelt. Jedoch muß die Auf-
    gabe des Gesamtstaates, muß die Rolle der Nation im
    zusammenwachsenden Europa jetzt, weil der Bundestag
    eben in Berlin tagt, von Berlin aus neu definiert werden.
    Wir müssen Sorge dafür tragen, daß unser in vielem be-
    währte bundesstaatliche System nicht durch Globalisie-
    rung und Partikularisierung einer Erosion zum Opfer
    fällt und daß sich keine Gräben beispielsweise zwischen
    armen und reichen Ländern auftun. Der kooperative
    Föderalismus hat sich in den 50 Jahren bewährt. Aber
    auch künftig werden wir daran erinnern – möglicherwei-
    se erinnern müssen –, daß die Bundesrepublik ein Bun-
    desstaat mit gesamtstaatlichen Verantwortungen und ge-
    samtstaatlicher Identität ist – und kein Staatenbund.


    (Beifall der Abgeordneten Anke Fuchs [Köln] [SPD])


    Reg. Bürgermeister Eberhard Diepgen (Berlin)







    (A) (C)



    (B) (D)


    Das größer gewordene Deutschland erhält mit Berlin
    eine Hauptstadt, die mehr als nur ein Verwaltungssitz
    ist. Berlin ist eine Bühne, eine Arena, ein Labor. Meine
    Damen und Herren, ein Blick aus dem Fenster genügt,
    um zu sehen, daß Sie nicht in eine fertige Stadt gekom-
    men sind. Aber eine Baustelle, eine Werkstatt ist auch
    ein inspirierender Ort für ein Parlament, das immer im
    Leben steht. Dieser Genius loci, der an die historische
    Verantwortung genauso erinnert wie an die Aufgaben
    des Tages, ist das, was wir vermitteln wollen.

    Willy Brandt hat konsequent angemahnt, das Ver-
    sprechen einzuhalten, nach dem Berlin im Falle der
    Wiedervereinigung Hauptstadt werden würde – auch
    weil das „mehr als eine symbolische Form von Solida-
    rität mit dem Osten unserer größer gewordenen Bundes-
    republik“ bedeutet. Wolfgang Schäuble hat in der
    Hauptstadtdebatte im Jahr 1991 in seiner richtungswei-
    senden Rede für Berlin gekämpft und sich danach für
    einen schnellen Umzug an die Spree eingesetzt.

    Er sagte – das will ich hier vor allen Dingen heraus-
    stellen –, es gehe nicht um den „Wettstreit zweier Städ-
    te, nicht um Struktur- und Regionalpolitik, sondern um
    die Zukunft unseres Landes“. Ich kann Ihnen nur sagen:
    Die Geschichte hat beiden Rednern recht gegeben. Ich
    sage heute allen Bewohnerinnen und Bewohnern von
    Bonn Dank für das, was geleistet wurde.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der F.D.P)


    Aber hier ging es eben nicht um eine regionale Ent-
    scheidung.

    Als Hauptstadt – ich wiederhole das – bildet Berlin
    eine Klammer für unser Land. Eine Nation, die keine
    sein will, braucht keine Hauptstadt. Aber wir wollen
    eine Hauptstadt haben und wollen auch eine Nation sein.
    Berlin wird demokratisches Selbstverständnis, demo-

    kratische europäische Zukunft, aber auch ein Stück weit
    Stolz und Würde für das ganze Deutschland darstellen.

    Für uns in Berlin geht ein langgehegter Wunsch in
    Erfüllung. Ich muß daran erinnern: Über Jahrzehnte be-
    kundete das Abgeordnetenhaus von Berlin zu Beginn
    seiner Sitzungen seinen – ich zitiere – „unbeugsamen
    Willen“, daß die Mauer fallen und Deutschland mit sei-
    ner Hauptstadt Berlin wiedervereinigt werden muß.
    Heute sind Einigkeit und Recht und Freiheit im ganzen
    deutschen Vaterland verwirklicht. Das Herz der deut-
    schen Demokratie wird hier im Reichstag schlagen. Da-
    für sind wir dankbar.

    Sie haben Verständnis dafür, wenn ich sage: Wir
    Berliner sind stolz darauf, an dieser Entwicklung ein
    bißchen mitgewirkt zu haben. Ich jedenfalls heiße Sie
    alle herzlich willkommen in dieser Stadt, in der Bundes-
    hauptstadt Berlin. Von diesem Gebäude mögen gute Be-
    schlüsse zum Wohle der Menschen in unserem Land
    ausgehen, Beschlüsse – wie der Bundestagspräsident
    sagte – mit Weisheit und Beschlüsse, die von Glück ge-
    tragen werden.

    Vielen Dank.

    (Beifall im ganzen Hause)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen, wir sind am Ende der ersten Sitzung im
neugestalteten Reichstag. Ich denke, wir können nach
diesen Stunden sagen, daß wir uns hier im Reichstag
auch künftig wohl fühlen und parlamentarisch zu Hause
sein werden.

Die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages fin-
det in Bonn statt. Ich berufe sie auf Mittwoch, den
21. April 1999, 13 Uhr ein.

Die heutige Sitzung ist geschlossen.