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ID1403203800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/32 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 32. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. April 1999 I n h a l t : Eintritt der Abgeordneten Gudrun Roos in den Deutschen Bundestag................................ 2619 A Nachträgliche Glückwünsche zum Geburts- tag der Abgeordneten Carl-Dieter Spran- ger, Dr. Martin Pfaff, Hans-Eberhard Ur- baniak ............................................................. 2619 B Tagesordnungspunkt 1: Eidesleistung des Bundesministers der Finanzen .................................................... 2619 B Präsident Wolfgang Thierse............................. 2619 C Hans Eichel, Bundesminister BMF............ 2619 D Dank an den ausgeschiedenen Bundesminister der Finanzen, Oskar Lafontaine .................... 2619 D Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Regierungserklärung des Bundeskanzlers Aktuelle Lage im Kosovo ......................... 2620 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 2620 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU ................. 2623 D Dr. Peter Struck SPD ....................................... 2627 B Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P.......................... 2629 C Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2632 C Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 2634 D Joseph Fischer, Bundesminister AA.......2638 B, 2641 D Dr. Gregor Gysi PDS................................... 2641 B Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident (Bay- ern)................................................................... 2642 B Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg...... 2645 C Heidi Lippmann PDS................................... 2648 C Karl Lamers CDU/CSU................................... 2649 A Gernot Erler SPD............................................. 2650 D Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 2653 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU.............. 2654 A Dr. Eberhard Brecht SPD ................................ 2654 D Otto Schily, Bundesminister BMI ..........2656 B, 2658 D Hans-Peter Repnik CDU/CSU..................... 2658 B Nächste Sitzung ............................................... 2659 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 2661 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 32. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. April 1999 2619 (A) (C) (B) (D) 32. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. April 1999 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Bundesminister Otto Schily Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 32. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. April 1999 2661 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.4.99 Behrendt, Wolfgang SPD 15.4.99 * Belle, Meinrad CDU/CSU 15.4.99 Bindig, Rudolf SPD 15.4.99 * Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 15.4.99 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 15.4.99 * Dzembritzki, Detlef SPD 15.4.99 Eichhorn, Maria CDU/CSU 15.4.99 Eppelmann, Rainer CDU/CSU 15.4.99 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 15.4.99 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 15.4.99 Haack (Extertal), Karl-Hermann SPD 15.4.99 Hasenfratz, Klaus SPD 15.4.99 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 15.4.99 Hornung, Siegfried CDU/CSU 15.4.99 * Hübner, Carsten PDS 15.4.99 Ibrügger, Lothar SPD 15.4.99 Imhof, Barbara SPD 15.4.99 Irber, Brunhilde SPD 15.4.99 Jaffke, Susanne CDU/CSU 15.4.99 Jelpke, Ulla PDS 15.4.99 Dr. Jens, Uwe SPD 15.4.99 Dr.-Ing. Jork, Rainer CDU/CSU 15.4.99 von Klaeden, Eckart CDU/CSU 15.4.99 Kolbow, Walter SPD 15.4.99 Lehn, Waltraud SPD 15.4.99 Maaß (Wilhelmshaven), Erich CDU/CSU 15.4.99 Manzewski, Dirk SPD 15.4.99 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 15.4.99 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Müller (Berlin), Manfred PDS 15.4.99 Müller (Kirchheim), Elmar CDU/CSU 15.4.99 Neumann (Bramsche), Volker SPD 15.4.99 Nolte, Claudia CDU/CSU 15.4.99 Ostrowski, Christine PDS 15.4.99 Raidel, Hans CDU/CSU 15.4.99 Dr. Ruck, Christian CDU/CSU 15.4.99 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 15.4.99 Schenk, Christina PDS 15.4.99 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 15.4.99 Schloten, Dieter SPD 15.4.99 ** Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 15.4.99 von Schmude, Michael CDU/CSU 15.4.99 Schnieber-Jastram, Birgit CDU/CSU 15.4.99 Schuhmann (Delitzsch), Richard SPD 15.4.99 Dr. Schwarz-Schilling, Christian CDU/CSU 15.4.99 Seiters, Rudolf CDU/CSU 15.4.99 Singhammer, Johannes CDU/CSU 15.4.99 Steen, Antje-Marie SPD 15.4.99 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 15.4.99 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 15.4.99 Vaatz, Arnold CDU/CSU 15.4.99 Wiefelspütz, Dieter SPD 15.4.99 Willner, Gert CDU/CSU 15.4.99 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 15.4.99 Wissmann, Matthias CDU/CSU 15.4.99 Wolf, Aribert CDU/CSU 15.4.99 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 15.4.99 Zapf, Uta SPD 15.4.99 ——————* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-lung des Europarates** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union 2662 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 32. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. April 1999 (A) (C) (B) (D) Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Christian Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsi-
    dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe
    mich noch einmal versichert, daß meine Vorrednerin für
    eine Partei der Regierungskoalition gesprochen hat. Die
    Töne, die sie angeschlagen hat, passen nicht gerade zu
    dem, was ihr Außenminister zu Beginn dieser Debatte in
    eindrucksvollen Worten gesagt hat.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. – Jörg van Essen [F.D.P.]: Jetzt unterstützt die Opposition diese Politik!)


    Wir jedenfalls unterstützen in tatsächlicher und rechtli-
    cher Hinsicht das, was Bundesverteidigungsminister
    Scharping auch zu rechtlichen Fragen dargelegt hat.

    Ich möchte eines unterstreichen: Frau Kollegin Bun-
    tenbach, Ihr Verdikt, die Weltordnung würde auf die
    Zeit vor der Verabschiedung der Charta der Vereinten
    Nationen zurückgeworfen, entbehrt jeder Realität, weil
    die Lückenhaftigkeit dieser Ordnung – sie war schon in
    ihrem Zustandekommen angelegt – bis heute nicht völlig
    beseitigt ist. Ich bin dem Verteidigungsminister sehr
    dankbar, daß er hier einige Fundstellen genannt hat, die
    darauf durchaus bezogen werden können.

    Gehen wir von der uns alle bewegenden Frage, wie
    wir die Menschenrechte dort schützen können, über zur
    Frage, welche Gefahren für den Frieden in Europa, für
    Montenegro, möglicherweise für Albanien und für Ma-
    zedonien von einer uneingedämmten Entwicklung im
    Kosovo à la Milosevic ausgehen. Wir kommen zur Fra-
    ge des europäischen Interesses an der Eindämmung ei-
    nes solchen Konfliktes.

    Die Gefahr der Internationalisierung, die nicht nur
    theoretisch-abstrakt besteht, sondern seit dieser Woche
    mit den Übergriffen auf albanische Dörfer praktisch ge-
    worden ist, haben wir bereits vor einiger Zeit, bei unse-
    ren Diskussionen im letzten Jahr, behandelt. Damals ha-
    ben wir gesagt: Hinsichtlich einer tragfähigen Rechts-
    grundlage kommen wir in die Reichweite des Art. 51 der
    Charta der Vereinten Nationen, den Sie alle gut kennen.
    Es geht dort um das Recht auf kollektive Selbstvertei-
    digung, also um den Schutz vor Aggressionen.

    In diesem Punkt stimmt das europäische Interesse
    durchaus mit dem Interesse der Weltgemeinschaft über-
    ein. Deswegen ist es nicht mehr als konsequent, daß der

    Generalsekretär der Vereinten Nationen der NATO-
    Initiative nicht widersprochen hat, sondern ganz im Ge-
    genteil bereit ist, mit seinen Mitteln und Möglichkeiten
    für eine Vermittlungsaktion zur Verfügung zu stehen.
    Diese Aktion kann nur dann als vermittelnd bezeichnet
    werden, wenn das Recht durchgesetzt wird. Nicht nur
    die Tatsachen, sondern auch das Völkerrecht sprechen in
    diesem Vorgehen der NATO für sich.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Man braucht hier kein schlechtes Gewissen zu haben.
    Das schlechte Gewissen liegt bei Herrn Milosevic. Die
    Schuld für die Toten liegt auch bei Herrn Milosevic.

    Um aber der Gefahr einer stufenweisen Eskalation bis
    hin zu einem Pulverfaß Balkan, das nicht nur in diesem
    Jahrhundert, sondern auch schon in den vergangenen
    Jahrhunderten viele Konflikte in Europa verursacht hat,
    zu entgehen, müssen wir in unserem eigenen Frie-
    densinteresse jetzt handeln. Daß es dabei keine Auto-
    matik des Handelns geben darf gemäß der Vorstellung,
    ein erster Schritt ist getan und im Sinne eines unerbittli-
    chen Ablaufes müßte die Eskalation ad infinitum voran-
    gehen, ist ein anderer Punkt. Die Politik muß nach wie
    vor die Aktivitäten beherrschen und auch die Weisheit
    und Klugheit besitzen, sie zu kanalisieren, wenn sie
    nicht mehr kontrollierbar sind. Diese Frage ist nach
    dem, was wir hören, berücksichtigt. Wir unterstützen die
    Bundesregierung und das Bündnis, die NATO insge-
    samt, in dieser Frage.

    Wir wissen, daß bei allen weiteren Entscheidungen
    der Bundestag noch einmal gehört werden und entschei-
    den muß. Wir werden dann, wenn der Bundestag noch
    einmal gefragt werden muß, in aller Sorgsamkeit und
    mit Bedachtsamkeit autonom entscheiden, welche an-
    gemessenen Möglichkeiten und welchen Rahmen wir
    für unser Handeln im Kosovo sehen.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge ordneten der F.D.P.)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Als
nächster Redner hat der Kollege Eberhard Brecht von
der SPD-Fraktion das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eberhard Brecht


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sehr geehrter Herr
    Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kolle-
    gen! Ich glaube, die erneute Debatte am heutigen Tage
    über das Thema Kosovo ist überfällig. Der Konflikt
    selbst ist so brennend, daß sich das Parlament nicht her-
    aushalten darf. Wir müssen die Exekutive bei diesem
    Prozeß kritisch begleiten. Die Entwicklung der letzten
    Tage und Stunden hat, wie ich denke, gezeigt, wie
    wichtig diese Debatte ist.

    Parallel dazu gibt es auch eine Debatte in der deut-
    schen Bevölkerung, die sehr emotional geführt wird,
    weil sie das eigene Selbstverständnis betrifft. Diese De-
    batte wird an Hand von drei Kriterien geführt: Es ist das
    Kriterium der völkerrechtlichen Legitimation, es ist das

    Annelie Buntenbach






    (A) (C)



    (B) (D)


    Kriterium der Effektivität dessen, was wir tun, und
    schließlich ist es das Kriterium der Moral.

    Zum ersten Kriterium: Ich warne davor, daß wir trotz
    persönlicher Betroffenheit und Emotionalität das Di-
    lemma hinsichtlich der völkerrechtlichen Legitimation
    einfach nicht anerkennen wollen, wie es eben bei Herrn
    Kollegen Schmidt der Fall war. Natürlich gibt es keinen
    seriösen Völkerrechtler, der sagt, diese Legitimation sei
    klar und eindeutig vorhanden. Es gibt sie in der ge-
    wünschten Eindeutigkeit nicht. Wir sind gut beraten,
    wenn wir diese rechtliche Debatte nicht beiseite schie-
    ben und sagen, das sei politikferner Legalismus und die
    Weltgeschichte sei kein Amtsgericht, sondern wir müs-
    sen uns dem Dilemma stellen. Die Debatte am 16. Okto-
    ber letzten Jahres hat ja auch gezeigt, daß die Mehrheit
    der Befürworter eines Einsatzes und seiner Androhung
    dieses Dilemma tatsächlich auch so gesehen hat.

    Als Konsequenz aus diesem Dilemma müssen wir
    uns die Frage stellen, wie wir in Zukunft mit ähnlichen
    Situationen umgehen. Wir sind gut beraten, wenn wir
    die vielen Vorschläge, die von seiten der Politikwissen-
    schaft und von Völkerrechtlern unterbreitet wurden, eine
    humanitäre Intervention völkerrechtlich zu legalisieren,
    auch aufnehmen und endlich in einen internationalen
    Diskussionsprozeß über diese ganz wichtige Frage ein-
    treten.

    Ein zweiter Diskussionsstrang betrifft die Effektivi-
    tät dessen, was wir tun. Auf der einen Seite besteht ein
    hohes Risiko für die Soldaten und das Risiko der Eska-
    lation. Das ist hier heute mehrfach erwähnt worden. Au-
    ßerdem haben die westlichen Staaten einen sehr hohen
    materiellen Aufwand zu erbringen.

    Auf der anderen Seite stehen die Ziele, die wir ei-
    gentlich erreichen wollen. Es ist zu Recht gesagt wor-
    den, diese Ziele sind bisher nicht erreicht worden. Das
    Abkommen von Rambouillet ist nicht unterschrieben,
    und das Töten und Vertreiben geht weiter.

    Umgekehrt muß man aber einmal fragen: Was hätte
    denn passieren sollen? Hätten wir mit Bodentruppen
    einmarschieren sollen oder die Belgrader Luftabwehr
    ignorieren und ein hohes Risiko für die deutschen Sol-
    daten eingehen sollen? Das wäre eine unverantwortliche
    Politik. Ich kann nur davor warnen, mit diesem Tot-
    schlagargument die NATO abstrafen zu wollen.

    Viel wichtiger ist – ich glaube, das ist der wichtigste
    Punkt in der innerdeutschen Diskussion – die Frage der
    moralischen Legitimation. Hier treffen zwei Grunder-
    fahrungen, die die Nachkriegsgenerationen gewonnen
    haben, aufeinander: Die eine besagt, Deutsche sollten
    nie wieder an einem Krieg beteiligt sein. Die andere be-
    sagt, nie wieder wegzuschauen, wenn man an Au-
    schwitz, Majdanek oder an andere Konzentrationslager
    denkt. Ich denke, beide Ansätze sind legitim. Man sollte
    sie sehr ernst nehmen, weil sie aus einer persönlichen
    Betroffenheit herrühren. Aber ich habe wenig Verständ-
    nis dafür, wenn die Gegner der NATO-Luftangriffe,
    Teile der Friedensbewegung in der PDS, die NATO kri-
    tisieren, aber die Vertreibungen und das grauenhafte
    Morden, die durch Milosevic und seine Soldateska ge-
    schehen, nicht einmal erwähnen. Diese Haltung hat der

    Entschließungsantrag der PDS wieder einmal deutlich
    gemacht.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CSU/CDU und des Abg. Günther Friedrich Nolting [F.D.P.])


    Ich kann auch nicht akzeptieren, wenn Herr Kollege
    Gysi hier sagt, die Datenlage sei so schwach. Natürlich
    gibt es auch gefälschte Daten. Natürlich hat auch die
    UCK ein Interesse an gefärbten Informationen.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die NATO auch!)


    Aber die Daten, die als gesichert angenommen werden
    können, reichen aus, um hier klar Position zu beziehen.

    Ich habe auch ein Problem mit der Reise von Herrn
    Gysi nach Belgrad. Man mag darüber schwadronieren,
    ob es sehr sinnvoll ist, als Vertreter einer sehr kleinen
    Oppositionspartei in dieser Situation mit Herrn Milose-
    vic zu reden. Aber ich habe kein Verständnis dafür,
    wenn Herr Gysi nach Belgrad reist und sich dort demon-
    strativ in einer zerstörten Autofabrik filmen läßt. Das
    bedeutet doch nichts anderes, als daß wir die These von
    Milosevic – so ist es auch im serbischen Fernsehen dar-
    gestellt worden – stützen, die NATO führe einen Krieg
    gegen das serbische Volk und gegen seine ökonomi-
    schen und zivilisatorischen Grundlagen. Genau das be-
    absichtigt die NATO nicht.


    (Widerspruch bei der PDS – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut sie aber!)


    Deswegen denke ich, daß uns Herr Gysi hier einen
    schlechten Dienst erwiesen hat.


    (V o r s i t z : Vizepräsidentin Petra Bläss)

    Als jemand, der am 16. Oktober letzten Jahres aus

    grundsätzlichen Erwägungen heraus dem damals noch
    hypothetisch erscheinenden Einsatz der NATO nicht zu-
    gestimmt hat, möchte ich eines noch klarstellen: Ich
    halte nichts von der von Frau Kollegin Buntenbach und
    anderen Abgeordneten geforderten sofortigen Unterbre-
    chung der NATO-Luftangriffe. Genau dies würde dazu
    führen, daß die Vertreibungen weitergehen.


    (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gehen sie jetzt nicht weiter?)


    Genau dies würde wiederum den Druck zurücknehmen,
    den wir auf Milosevic ausüben müssen, um tatsächlich
    zu einer Annahme des Friedensplanes zu gelangen


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich sehe in dem jetzt vorliegenden Fischer-Plan eine

    reale Chance für eine noch in weiter Ferne befindliche
    Befriedung des Kosovo. Es gibt zum einen die Gefahr
    des Kombattantentums der NATO. Mit jedem Tag, an
    dem dieser Krieg weitergeführt wird, mit jeder Bombe,
    die auf eine militärische Einrichtung fällt, und mit jedem
    zerstörten serbischen Panzer werden wir mehr zu Kom-
    battanten der UCK. Unser Ziel ist es nicht, Partei zu er-
    greifen oder die Kriegsziele der einen oder anderen

    Dr. Eberhard Brecht






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Konfliktpartei zu unterstützen; vielmehr haben wir ein
    Interesse an der Wiederherstellung der Menschenrechte,
    am Stopp des Vertreibens und am Ende des Tötens.

    Des weiteren sehe ich, daß Milosevic eine Chance
    hat, ohne Gesichtsverlust diesem Plan zuzustimmen. Die
    UNO ist einbezogen und damit auch Rußland. Schließ-
    lich ist die Frage des Status des Kosovo bewußt offen-
    gelassen worden, um ihn im Rahmen einer Friedenskon-
    ferenz zu klären. Die bisherigen Reaktionen auf den Fi-
    scher-Plan sind nicht so heterogen, als daß man mit ihm
    nicht Hoffnungen verbinden könnte. Ich hoffe, wir
    kommen zu einem guten Ende.

    Die offene Frage des Status ist natürlich ein Risiko.
    Kollege Lamers hat vorhin zu Recht auf einen Umstand
    hingewiesen: Es ist für uns heute sehr schwer, sich vor-
    zustellen, daß die Konfliktparteien, nachdem so viel Blut
    geflossen ist, wieder miteinander leben können und daß
    es wieder ein multiethnisches Miteinander gibt, das Op-
    fern und Tätern ein Zusammenleben ermöglicht. Das ist
    wirklich sehr, sehr schwer vorstellbar, auch nach den Er-
    fahrungen, die wir in Bosnien-Herzegowina gemacht
    haben.

    Unsere Zielstellung darf aber nicht sein, daß wir im
    Prinzip zu einer Atomisierung des Balkan kommen,
    sondern unsere Zielstellung muß sein, Menschenrechte
    und Minderheitenrechte durchzusetzen und nicht neue
    staatliche Einheiten, die möglicherweise zur Ursache für
    neue Instabilitäten werden.

    Ich kann der Bundesregierung und der NATO nur
    wünschen, daß sie mit der neuen Initiative des Bundes-
    außenministers erfolgreich ist. Wir als Parlament sollten
    die Bundesregierung zwar kritisch begleiten, sie auf die-
    sem Weg aber auch ganz ausdrücklich unterstützen.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU])