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Metadaten
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  • date_rangeDatum: 26. März 1999

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    Plenarprotokoll 14/31 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 31. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. März 1999 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von den Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Rainer Funke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Stif- tungsrechts (Drucksache 14/336) ............. 2561 A Hans-Joachim Otto (Frankfurt) F.D.P.............. 2561 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/CSU.................................................... 2562 B Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ ..... 2563 A Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN..................................................... 2564 A Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. ........ 2564 B Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU .............. 2564 C Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD.............. 2564 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. ................. 2565 A Dr. Rita Süssmuth CDU/CSU.......................... 2565 B Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 2567 A Dr. Heinrich Fink PDS..................................... 2568 B Jörg Tauss SPD................................................ 2569 A Hans-Joachim Otto (Frankfurt) F.D.P.......... 2569 D Tagesordnungspunkt 14: Abgabe einer Erklärung der Bundesre- gierung zur aktuellen Lage im Kosovo nach dem Eingreifen der NATO und zu den Ergebnissen der Sondertagung des Europäischen Rates in Berlin Gerhard Schröder, Bundeskanzler ................... 2571 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU ................. 2575 C Dr. Peter Struck SPD....................................... 2579 C Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. ........................ 2581 D Joseph Fischer, Bundesminister AA................ 2583 D Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 2586 D Dr. Norbert Wieczorek SPD............................ 2589 D Ulrich Heinrich F.D.P. .................................... 2594 A Dr. Norbert Wieczorek SPD............................ 2594 C Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident (Bayern) 2595 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 2598 C Dr. Helmut Haussmann F.D.P. ....................... 2599 D Dr. Gerald Thalheim SPD................................ 2601 A Peter Hintze CDU/CSU ................................... 2602 D Günter Verheugen, Staatsminister AA ............ 2604 A Dr. Gerd Müller CDU/CSU............................. 2606 A Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 2607 A Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg...... 2607 D Dr. Gregor Gysi PDS....................................... 2610 A Paul Breuer CDU/CSU.................................... 2610 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg...... 2611 B Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 2611 D Gernot Erler SPD............................................. 2612 D Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 2613 C Nächste Sitzung ............................................... 2614 C II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. März 1999 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten............ 2615 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu dem Ent- wurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Tagesordnungs- punkt 12) Hans Michelbach CDU/CSU ........................... 2615 D Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu dem Entwurf eines Gesetzes über die allgemeine und die reprä- sentative Wahlstatistik bei der Wahl der Abge- ordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Zusatzpunkt 6) Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.... 2616 C Anlage 4 Amtliche Mitteilungen..................................... 2617 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. März 1999 2561 (A) (C) (B) (D) 31. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. März 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    Hans-Christian Ströbele Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. März 1999 2615 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Altmann (Aurich), Gila BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.3.99 Austermann, Dietrich CDU/CSU 26.3.99 Belle, Meinrad CDU/CSU 26.3.99 Dr. Bergmann-Pohl, Sabine CDU/CSU 26.3.99 Bernhardt, Otto CDU/CSU 26.3.99 Bulmahn, Edelgard SPD 26.3.99 Burchardt, Ulla SPD 26.3.99 Buwitt, Dankward CDU/CSU 26.3.99 Carstens (Emstek), Manfred CDU/CSU 26.3.99 Diemers, Renate CDU/CSU 26.3.99 Formanski, Norbert SPD 26.3.99 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 26.3.99 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 26.3.99 Götz, Peter CDU/CSU 26.3.99 Gröhe, Hermann CDU/CSU 26.3.99 Frhr. von Hammerstein, Carl-Detlev CDU/CSU 26.3.99 Hasenfratz, Klaus SPD 26.3.99 Kampeter, Steffen CDU/CSU 26.3.99 Kunik, Konrad SPD 26.3.99 Kutzmutz, Rolf PDS 26.3.99 Lennartz, Klaus SPD 26.3.99 Dr. Lippold (Offenbach), Klaus W. CDU/CSU 26.3.99 Maaß (Wilhelmshaven), Erich CDU/CSU 26.3.99 Meckel, Markus SPD 26.3.99 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 26.3.99 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 26.3.99 Neuhäuser, Rosel PDS 26.3.99 Ostrowski, Christine PDS 26.3.99 Pau, Petra PDS 26.3.99 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 26.3.99 Rauber, Helmut CDU/CSU 26.3.99 Reinhardt, Erika CDU/CSU 26.3.99 Ronsöhr, Heinrich- Wilhelm CDU/CSU 26.3.99 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 26.3.99 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schütze (Berlin), Diethard CDU/CSU 26.3.99 Schuhmann (Delitzsch), Richard SPD 26.3.99 Schulz (Everswinkel), Reinhard SPD 26.3.99 Seiters, Rudolf CDU/CSU 26.3.99 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 26.3.99 Steinbach, Erika CDU/CSU 26.3.99 Streb-Hesse, Rita SPD 26.3.99 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 26.3.99 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.3.99 Dr. Wegner, Konstanze SPD 26.3.99 Willner, Gert CDU/CSU 26.3.99 Wissmann, Matthias CSU/CSU 26.3.99 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Tagesordnungs- punkt 12) (vgl. 30. Sitzung, Seite 2542 A und Seite 2557, Anlage 4) Hans Michelbach (CDU/CSU): Der Entwurf der PDS zur Änderung des Einkommensteuergesetzes geht an dem eigentlichen Ziel von Entschädigungszahlungen grundlegend vorbei. Ziel kann es doch nur sein, den Zwangsarbeitern möglichst schnell und unkompliziert zu helfen. Dies ist um so wichtiger, da viele dieser Geschä- digten bereits ein hohes Alter erreicht haben. Die Frage der Entschädigung sollte daher nicht zu einer reinen steuerrechtlichen Frage degradiert werden, sondern sollte ohne langfristige Steuermaßnahmen den Opfern Abhilfe für das erlittene Unrecht verschaffen. Steuer- rechtliche Aspekte sollte man in anderen Zusammen- hängen erörtern, jedoch nicht im Zusammenhang mit den nationalsozialistischen Grausamkeiten. Wichtig ist daher allein die effiziente Errichtung ei- nes Entschädigungsfonds, der sich auf die humanitären und nicht auf die steuertechnischen Aspekte konzen- triert. Die ehemalige DDR, wie sie als Nachfolgepartei der SED wissen sollten, hat ihren Beitrag dazu übrigens nicht geleistet. Bis heute verweigern ehemalige kommu- nistisch regierte Länder, Schadensausgleich für Unrecht und Vertreibung zu leisten. Die Bundesrepublik Deutschland dagegen war und ist stets bemüht gewesen, durch umfangreiche Entschädigungsregeln das zugefügte 2616 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. März 1999 (A) (C) (B) (D) Unrecht wiedergutzumachen, insofern dies überhaupt möglich ist. Ausdruck dieses Entschädigungswillens ist sehr deutlich in der Erklärung ,,Stiftungsinitiative deutscher Unternehmen“ zu sehen. Es wird ein Zeichen gesetzt, welches als eine unmittelbare gesellschaftliche Ergän- zung der staatlichen Wiedergutmachungspolitik anzuse- hen ist. Bislang erfolgte diese allein aus öffentlichen Steuermitteln. Eine Beteiligung deutscher Firmen an dieser Wiedergutmachungspolitik erfolgte somit bereits indirekt. Schon in der Nachkriegszeit hat die deutsche Wirtschaft aus den erwirtschafteten Erträgen einen ho- hen Steuerbeitrag für die staatliche Wiedergutma- chungspolitik geleistet. Schon bald werden sich deutsche Firmen auch direkt an dieser Wiedergutmachungspolitik beteiligen. We- sentlich ist daher die Unterstützung für die Einrichtung solcher Entschädigungsfonds statt langwieriger Diskus- sionen über eine verfassungsrechtlich bedenkliche Än- derung des deutschen Steuerrechts. Nachdem die Größenordnung der Zahlungen noch nicht feststeht, kann zu den fiskalischen Auswirkungen eigentlich keine Bewertung stattfinden. Einige Firmen haben schon aus Eigeninitiative versucht, den Opfern di- rekt und unmittelbar durch schnelle Zahlungen zu hel- fen. Hier ist insbesondere die Firma Diehl in Nürnberg zu nennen, die unkompliziert, ohne daß eine Rechts- pflicht vorgelegen hätte, an die ehemaligen Zwangsar- beiter Entschädigungsgelder gezahlt hat. Auch sollte man berücksichtigen, daß fast immer auch die Entschei- dungsträger und Eigentümer der Firmen ebenso wie alle anderen den unmenschlichen Zwangsmaßnahmen des totalitären Nazi-Regimes unterworfen waren. Die Errichtung des Entschädigungsfonds ,,Stiftungs- initiative deutscher Unternehmen“ zeigt, deutsche Fir- men scheuen sich nicht, die soziale und moralische Ver- antwortung zu übernehmen. Damit wird der Anerken- nung Deutschlands als freiheitlicher Demokratie ge- dient. Darüber hinaus würde eine Veränderung des Ein- kommensteuerrechts ein falsches Signal für andere Be- reiche aussenden: Das deutsche Recht darf nicht beliebig veränderbar sein. Der sogenannte Betriebsausgabenab- zug ist keine Steuervergünstigung, die einfach gestri- chen werden kann, er beruht vielmehr auf einem Grund- prinzip des Steuerrechts. Betriebsausgaben sind alle Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt worden sind, wozu auch die Entschädigungszahlungen an Zwangsarbeiter gehören. Eine Abzugsbeschränkung für Entschädigungszahlungen würde eine Gesetzesänderung voraussetzen, eine solche wäre verfassungsrechtlich nicht haltbar. Hintergrund dieser Vorschrift (§ 4 Abs. 5 EStG) ist, daß die Durchbrechung des im Steuerrecht geltenden Nettoprinzips ausnahmsweise auch gerecht- fertigt ist bei Aufwendungen mit Bezug zu einem recht- lich oder moralisch verwerflichen Verhalten. Bei den Leistungen an die NS-Zwangsarbeiter han- delt es sich um Wiedergutmachungsleistungen, die einen entstandenen Schaden ausgleichen sollen. Sie stellen somit Schadensersatzleistungen dar, da ihr Rechtsgrund in der beruflichen Sphäre der Banken liegt. Auf das Ver- schulden kommt es bei Schadensersatzleistungen nicht an; ansonsten dürften auch Leistungen für ärztliche Kunstfehler z.B. nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sein. Diese Steuerdebatte trägt zynische Züge gegenüber den Opfern der NS-Schreckensherrschaft. Die PDS schießt hiermit gerade als Nachfolgepartei der SED ein schwerwiegendes Eigentor. Die CDU/CSU-Fraktion dankt den Unternehmen für ihre Bereitschaft zur Mit- wirkung an der Einrichtung eines Entschädigungsfonds ohne eine Rechtspflicht. Damit wird die humanitäre Verpflichtung und Verantwortung wahrgenommen. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zu dem Entwurf eines Gesetzes über die allge- meine und die repräsentative Wahlstatistik bei der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutsch- land (Zusatzpunkt 6) (vgl. 30. Sitzung, Seite 2544 B und Seite 2557, Anlage 6) Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So- wohl 1994 als auch 1998 mußten die Bürgerinnen und Bürger nach den Bundestagswahlen auf eine Auswer- tung und eine umfassende Analyse des Wahlverhaltens nach Alter und Geschlecht verzichten. Der 12. Bundes- tag hatte Sonderauszählungen ausgesetzt, und der ge- ballte Sachverstand der deutschen Wahlforschung konnte die dadurch entstandene Erkenntnislücke nicht schließen. Wir wollen unter strenger Wahrung des Da- tenschutzes die amtliche Statistik wieder einführen. Sie ist nach einhelliger Auffassung von Experten, Wissen- schaftlern und Meinungsforschern unverzichtbar. Ich darf in diesem Zusammenhang übrigens an Entschlie- ßungen des Bundesrates erinnern: Die Landesregierun- gen haben uns schon 1994 und 1998 gedrängt, hier tätig zu werden. Bei Wahlen artikulieren sich die Bürgerinnen und Bürger. Das Ergebnis müssen wir formal hinnehmen: Darum sitzen wir hier in diesem wunderbaren Saal in dieser Zusammensetzung. Wir müssen uns bei unserer Arbeit aber auch im klaren sein, was hinter den Wahler- gebnissen steckt, wie die Parteipräferenzen sind, z.B. von jungen Menschen. Hier können wir Hinweise zur Nei- gung von Jungwählern zu Extremisten in bestimmten Wählergruppen erhalten. Die Meinungsforschung liefert uns nur ein ungenaues Bild. Sie erhebt nicht die tatsäch- lich abgegebenen Stimmen. Als Bürgerrechtspartei nehmen Bündnis 90/Die Grü- nen die datenschutzrechtlichen Einwände sehr, sehr ernst. Wir waren noch nie Freunde der staatlichen Da- tensammelwut. Die Anlage von staatlichen Daten- sammlungen und überflüssigen Datenbeständen haben wir immer abgelehnt. Wir werden das auch in Zukunft ablehnen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. März 1999 2617 (A) (C) (B) (D) Bei der Wahlstatistik handelt es sich jedoch nicht um eine flächendeckende Abfrage wie bei einer Volkszäh- lung, sondern um eine sorgfältig erhobene Stichprobe. Hier hat es seit 1953 keine Probleme gegeben, und wir erwarten zukünftig auch keine. Ganz klar sei aber hier gesagt: Wir haben in das Gesetz strenge Sicherungen eingebaut, die es in den alten gesetzlichen Regelungen nicht gab. Zusätzlich haben wir mit der Mindestgröße der Wahlbezirke von 400 Wahlberechtigten auch eine hin- reichende Sperre gegen die Aushebelung des Wahlge- heimnisses. Weniger wäre problematisch. Eine größere Zahl – etwa 500 – wäre datenschutzrechtlich wün- schenswert. Für die Statistik wäre das allerdings pro- blematisch, da dann kleine Gemeinden, und ländliche Gebiete nicht berücksichtigt werden könnten. Dem Schutz des Wahlgeheimnisses dient auch die gesetzliche Festschreibung von zehn Geburtsjahrgangs- gruppen mit jeweils drei Jahrgängen. Weniger Gruppen lassen sich nicht bilden, da wir sonst beispielsweise nichts über das Wahlverhalten junger Erwachsene von 18 bis 21 Jahren in Erfahrung bringen. Bei diesem Gesetzentwurf haben wir sowohl die Be- dürfnisse der Wahlstatistik berücksichtigt als auch die des Datenschutzes. Wir haben also ein vernünftiges Ge- setz zustande gebracht, das sicherlich die begeisterte Zu- stimmung des gesamten hohen Hauses finden wird. Anlage 4 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 736. Sitzung am 19. März 1999 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen, bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 Grundgesetz nicht zu stellen: – Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform – Gesetz zur Änderung von Zuständigkeiten nach demSorgerechtsübereinkommens-Ausführungsgesetz – Gesetz zur Öffnung der Sozial- und Steuerverwaltung für denEuro (Zweites Euro-Einführungsgesetz) – Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäfti-gungsverhältnisse – Gesetz zur Änderung der Berücksichtigung von Entlassungs-entschädigungen im Arbeitsförderungsrecht (Entlassungsent-schädigungs-Änderungsgesetz – EEÄndG) – Gesetz zu dem Abkommen vom 18. August 1998 zwischender Regierung der Bundesrepublik Deutschland, den Ver-einten Nationen und dem Sekretariat des Übereinkom-mens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wü-stenbildung über den Sitz des Ständigen Sekretariats desÜbereinkommens – Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat fol- gende Entschließung gefaßt: 1. Der Bundesrat begrüßt das vorliegende Steuerentlastungsge-setz 1999/2000/2002, das insbesondere darauf ausgerichtetist, Wachstum und Beschäftigung zu verbessern sowie Ar-beitnehmer/innen und Familien spürbar zu entlasten. Der Bundesrat stellt fest, daß in dem nun vom DeutschenBundestag beschlossenen Gesetzentwurf wesentliche steuerli-che Belange der mittelständischen Unternehmen eine ange-messene Berücksichtigung gefunden haben. Der Bundesratverweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Bei-behaltung der Teilwertabschreibung, des Verlustrücktragesund der Ansparabschreibung sowie auf die Freibetragsrege-lung bei Veräußerungsgewinnen. Der Bundesrat erwartet, daß die Reform der Unternehmens-besteuerung ab dem Jahr 2000 umgesetzt wird. 2. Der Bundesrat weist – wie schon gegenüber der alten Bundes-regierung – auf den Ausgleichsanspruch der Länder aus derNeuregelung des Familienleistungsausgleichs hin, wonach derBund einen Anteil von 74 vom Hundert und die Länder einenAnteil von 26 vom Hundert der Lasten aus der Berücksichti-gung von Kindern im Einkommensteuerrecht zu tragen haben.Allein aus der Leistungsverbesserung beim Kindergeld abdem Jahr 1999 haben die Länder einen Anspruch von rund1,8 Mrd. DM. Zur Herstellung des vorgesehenen Lasten-teilungsverhältnisses haben die Länder darüber hinausAnsprüche von rund 2,4 Mrd. DM für das Jahr 1999 und vonrund 5,7 Mrd. DM für die Jahre 1996 bis 1998. Insgesamtbeläuft sich der Anspruch der Länder daher auf rund10 Mrd. DM. Die Länder halten daher ihre Forderung aufrecht, daß derBund der im Grundgesetz festgelegten Ausgleichspflicht ge-genüber den Ländern und ihren Gemeinden nachkommt. Die Fraktion der PDS hat mit Schreiben vom 18. März 1999 ihren Antrag „Verlängerung der Pachtver- träge für ehemals volkseigene Flächen“ – Drucksache 14/291 – zurückgezogen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Innenausschuß – Unterrichtung durch die Bundesregierung Umfassender Bericht über bisherige Wiedergutma-chungsleistungen deutscher Unternehmen – Drucksachen 13/4787, 14/272 Nr. 6 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den Stand der Ab-wicklung des Fonds für Wiedergutmachungsleistungenan jüdische Verfolgte – Drucksachen 13/8684, 14/272 Nr. 7 – Ausschuß für Wirtschaft und Technologie – Fünfter Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Zu-kunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft –Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“ zum Thema Verbraucherschutz in der Informationsgesellschaft – Drucksachen 13/11003, 14/272 Nr. 81 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Anwendung des Subsidiaritätsprinzipsim Jahr 1997 („Subsidiaritätsbericht 1997“) – Drucksachen 13/11074, 14/272 Nr. 82 – Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zum Stand der Planungen für umweltfreundli-che Ansätze bei den Bauten des Bundes in Berlin – Drucksachen 13/11211, 14/69 Nr. 1.3 – Ausschuß für Angelegenheiten der neuen Länder – Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand derDeutschen Einheit 1998 – Drucksachen 13/10823, 14/272 Nr. 172 – 2618 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. März 1999 (A) (C) (B) (D) – Unterrichtung durch die Bundesregierung Perspektivbericht der Bundesregierung „Vorrang fürAufbau Ost“ – Drucksachen 13/11073, 14/272 Nr. 173 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 14/272 Nr. 2 Innenausschuß Drucksache 14/272 Nr. 10Drucksache 14/272 Nr. 11Drucksache 14/272 Nr. 12Drucksache 14/342 Nr. 1.1Drucksache 14/342 Nr. 2.43 Rechtsausschuß Drucksache 14/272 Nr. 22Drucksache 14/309 Nr. 2.3Drucksache 14/309 Nr. 2.40Drucksache 14/488 Nr. 2.14 Finanzausschuß Drucksache 14/342 Nr. 2.19Drucksache 14/488 Nr. 2.22Drucksache 14/488 Nr. 2.35Drucksache 14/488 Nr. 2.41 Ausschuß für Wirtschaft und Technologie Drucksache 14/342 Nr. 1.7Drucksache 14/342 Nr. 2.1Drucksache 14/342 Nr. 2.2Drucksache 14/342 Nr. 2.4Drucksache 14/342 Nr. 2.8Drucksache 14/342 Nr. 2.14Drucksache 14/342 Nr. 2.15Drucksache 14/342 Nr. 2.30Drucksache 14/342 Nr. 2.31Drucksache 14/342 Nr. 2.52Drucksache 14/342 Nr. 2.56Drucksache 14/342 Nr. 2.57 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 14/272 Nr. 103Drucksache 14/272 Nr. 104Drucksache 14/272 Nr. 105 Drucksache 14/272 Nr. 108Drucksache 14/272 Nr. 109Drucksache 14/272 Nr. 1.10Drucksache 14/309 Nr. 2.23Drucksache 14/309 Nr. 2.27Drucksache 14/309 Nr. 2.33Drucksache 14/309 Nr. 2.34Drucksache 14/309 Nr. 2.56Drucksache 14/309 Nr. 2.59Drucksache 14/309 Nr. 2.64Drucksache 14/309 Nr. 2.67Drucksache 14/309 Nr. 2.68Drucksache 14/342 Nr. 2.7Drucksache 14/342 Nr. 2.10Drucksache 14/342 Nr. 2.11Drucksache 14/342 Nr. 2.13Drucksache 14/342 Nr. 2.26Drucksache 14/342 Nr. 2.27Drucksache 14/342 Nr. 2.28Drucksache 14/342 Nr. 2.29Drucksache 14/342 Nr. 2.32Drucksache 14/342 Nr. 2.33Drucksache 14/342 Nr. 2.35Drucksache 14/342 Nr. 2.44Drucksache 14/342 Nr. 2.46Drucksache 14/342 Nr. 2.47Drucksache 14/342 Nr. 2.48Drucksache 14/342 Nr. 2.49Drucksache 14/342 Nr. 2.51Drucksache 14/342 Nr. 2.53Drucksache 14/342 Nr. 2.55Drucksache 14/431 Nr. 2.4Drucksache 14/488 Nr. 2.28 Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Drucksache 14/272 Nr. 147Drucksache 14/272 Nr. 150Drucksache 14/272 Nr. 155Drucksache 14/272 Nr. 158Drucksache 14/309 Nr. 1.3Drucksache 14/309 Nr. 2.48 Ausschuß für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 14/74 Nr. 2.21Drucksache 14/74 Nr. 2.38 Ausschuß für Kultur und Medien Drucksache 14/74 Nr. 1.19Drucksache 14/74 Nr. 2.101Drucksache 14/272 Nr. 215 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Uni-on Drucksache 14/309 Nr. 2.63 Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Es spricht jetzt der
    Bundesminister der Verteidigung, Rudolf Scharping.

    Rudolf Scharping, Bundesminister der Verteidi-
    gung: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    ist richtig, daß wir im Zusammenhang mit Europa auch
    über das Kosovo reden. Denn was wir in Europa, zu-
    nächst in seinem westlichen Teil, als ein einzigartiges
    Modell an Zivilisation und Friedenssicherung durch In-
    tegration zu schätzen gelernt haben, ist ja Ergebnis
    schwerer Prüfungen. Manches für die Zukunft erwächst
    offenbar nur aus solchen schweren Prüfungen.

    Die Bundesregierung ist davon überzeugt, daß wir
    den Idealen der europäischen Aufklärung, des europäi-
    schen Humanismus ins Gesicht schlagen würden, wenn
    wir nach der Methode verfahren würden, die uns gestern
    anempfohlen wurde. Diese Methode lautet: Wenn zehn
    Menschen zu ertrinken drohen und ich nur einen retten
    kann, lasse ich es lieber ganz bleiben; dann sind jeden-
    falls alle gleichbehandelt. – Diese zynische Argumenta-
    tion nimmt nicht zur Kenntnis, daß man einerseits für
    Menschenrechte, für Freiheit und für Demokratie mit
    einem durchaus weltweiten, nämlich universellen An-
    spruch eintritt und andererseits weiß, welche begrenzten
    Handlungsmöglichkeiten man hat, gerade militärisch.
    Wer aus diesem Dilemma den Schluß zieht, seine Ver-
    antwortung überhaupt nicht mehr wahrzunehmen, seine
    Handlungsmöglichkeiten überhaupt nicht mehr einzu-
    setzen, der handelt, Herr Kollege Gysi, in meinen Augen
    völlig verantwortungslos.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich weiß nicht, wie es anderen Mitgliedern in diesem
    Hause geht, aber ich erinnere mich sehr gut an Erfah-
    rungen, die im Jahre 1968 begonnen haben. Das ist übri-
    gens ein Umstand, den Sie gestern wohlweislich ver-
    schwiegen haben: diese eigenartige Form des sozialisti-
    schen Internationalismus, die es da gegeben hat.


    (Zuruf von der PDS: Auf der Schiene bewegen Sie sich!)


    Vor diesem Hintergrund sage ich Ihnen: Wenn man sich
    an das Gefühl der Ohnmacht bei der Besetzung der
    Tschechoslowakei, an das Gefühl der Ohnmacht bei der
    Unterdrückung der Charta 77, an das Gefühl der Ohn-
    macht bei der Verhängung des Kriegsrechtes in Polen
    erinnert und das mit seinen ganz persönlichen Erinne-
    rungen verknüpft – ich jedenfalls tue das –, muß man
    sagen: Nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation ist
    für meine Begriffe das Gefühl des Skrupels und der Be-
    sorgnis angesichts der Handlungszwänge, in denen wir
    stehen, wesentlich besser zu tragen als dieses Gefühl der
    völlig hilflosen und wirklich verfluchten Ohnmacht, den
    Menschen nicht helfen zu können, denen die ganze
    Sympathie und die ganze politische Unterstützung galt.

    Daß wir nach dem Ende des Ost-West-Konflikts in
    Europa in der Lage sind, unsere Werte und unsere Ideale
    nicht nur zu reklamieren, sondern mehr für sie zu tun als
    in den Zeiten davor, finde ich, ist auch ein Teil der Ver-
    antwortung, die mit dem Kosovo verbunden ist. Deshalb
    sage ich, daß angesichts der Realitäten, die sich dort
    entwickelt haben, angesichts des monatelangen Bemü-
    hens um eine politisch vereinbarte Verhandlungslösung
    und angesichts der grauenhaften Umstände, die dort
    mittlerweile herrschen, auch das problembeladene Tun

    immer noch besser ist als jedes Nichtstun. Dieses
    Nichtstun, daß ist der Winkel, in den sich nur die Men-
    schen zurückziehen können, die am Ende aus ihrem Ge-
    fühl für Menschen keine praktischen Konsequenzen
    mehr zu ziehen bereit sind.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Da droht das humane Ideal zur Phrase zu verkommen.
    Die jugoslawische Armee hat im Kosovo – entge-

    gen allen internationalen Vereinbarungen – mittler-
    weile 40 000 Soldaten zusammengezogen. Sie hat über
    300 Panzer, über 700 Gefechtsfahrzeuge und über
    700 Artilleriegeschütze im Kosovo zusammengezogen.
    Warum?


    (Zuruf des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Wenn es wirklich darum ginge, im Kosovo Terrorismus
    zu bekämpfen – wie das reklamiert wird –, wenn es
    wirklich darum ginge, nur die staatliche Integrität Jugo-
    slawiens zu sichern, dann hätte die Regierung Milosevic
    in allen europäischen Staaten einen Partner. Es geht ihr
    aber um etwas anderes.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sollten wir das alles – die großserbische Obsession,
    die gegen Slowenien, in der Krajina und in Bosnien-
    Herzegowina vorging, die immer wieder Menschen das
    Leben gekostet hat und unschuldige, nur nach Unabhän-
    gigkeit oder wenigstens Autonomie strebende Bevölke-
    rungsgruppen mit Mord und mit Krieg überzogen hat –
    vergessen? Sollen wir wirklich alle diese Erfahrungen
    vergessen? Sollen wir die hilflose Situation der Solda-
    ten, die im Auftrag der Vereinten Nationen vor Ort wa-
    ren, angekettet waren und am Ende bei dem Massaker in
    Srebrenica zuschauen mußten, vergessen? Sollen wir das
    alles vergessen?

    Wir müssen heute mit einem Völkerrecht umgehen,
    das ich nicht gering schätzen will. Ich weiß, welchen
    Mißverständnissen man sich aussetzt, wenn man das in
    diesem Zusammenhang diskutiert. Diesen Punkt habe
    ich schon am 16. Oktober des letzten Jahres im Deut-
    schen Bundestag einmal angeschnitten. Aber ist es
    wirklich zu rechtfertigen, an den Weltsicherheitsrat
    gebunden zu sein, wenn sich dort drei von fünfzehn Na-
    tionen – Rußland, China und Namibia – gegen das Vor-
    gehen der NATO und der westlichen Staatengemein-
    schaft ausgesprochen haben und von den zwölf anderen
    zwei mindestens Verständnis und die übrigen Unterstüt-
    zung bekundet haben? Können wir es uns auf Dauer lei-
    sten, daß die Weltgemeinschaft mit dem aus der Rolle
    der Atommächte begründeten Vetorecht lebt und daß
    damit die Durchsetzung von Recht aus Gründen, wie sie
    zum Beispiel die Volksrepublik China hatte, verhindert
    wird – die Souveränität Mazedoniens und seine Politik
    mißachtend, das UNPREDEP-Mandat beendend, den
    Staat einem großen Risiko aussetzend usw.? Ist es zu
    rechtfertigen, daß eine solch große Macht wie China

    Bundesminister Rudolf Scharping






    (A) (C)



    (B) (D)


    wegen ihrer Belange – oder was sie dafür hält – in Tibet
    glaubt, sie müsse auf der ganzen Welt ethnisch begrün-
    deten Völkermord einfach deshalb akzeptieren, weil er
    in innerstaatlichen Grenzen stattfindet?

    Was im Kosovo geschieht, ist eine Prüfung. Zunächst
    ist es für die Menschen eine fürchterliche, eine schreck-
    liche, eine unmenschliche Prüfung. Es ist aber auch eine
    Prüfung für uns, für unser politisches Gewissen, für un-
    sere Fähigkeit, aus beanspruchter Moral praktische Kon-
    sequenzen zu ziehen, und auch für unsere Fähigkeit, die
    Grenzen militärischer Handlungsmöglichkeiten sehr ge-
    nau zu kennen. Es wäre auch gegenüber den eingesetz-
    ten Soldaten ganz und gar unverantwortlich, zu glauben,
    daß Frieden schon aus der Beendigung von Mord und
    Gewalt entstünde. Das ist der erste Schritt auf einem
    langen Weg. Europa hat aber neben dem, was wir alle
    gemeinsam tun, um das Morden zu beenden, noch eine
    andere Verpflichtung, nämlich die ökonomischen, die
    sozialen und die kulturellen Grundlagen für einen Frie-
    densprozeß auf dem Balkan zu schaffen – genau so,
    wie wir es im Westen Europas nach den verheerenden
    Erfahrungen von Faschismus und Zweitem Weltkrieg
    begonnen haben.


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich füge hinzu: Man muß in der Geschichte Deutsch-
    lands schon sehr weit zurückdenken, um einen Punkt zu
    finden, an dem Deutschland in den Jahrhunderten vor
    dem Entstehen der Bundesrepublik einmal in Einklang
    mit der westlichen Zivilisation und in Einklang mit den
    humanistischen und demokratischen Idealen gehandelt
    hätte. Das tun wir seit 1949, seit der Verabschiedung des
    Grundgesetzes, das bald 50 Jahre alt sein wird. Was für
    einen Sinn sollte es machen, diese freiheitliche Ver-
    fassung als stabiles Fundament von Demokratie und
    Rechtsstaatlichkeit zu preisen, wenn wir den Anspruch
    aus dem ersten Artikel des Grundgesetzes, die Würde
    des Menschen zu schützen, auf uns selbst – und hier bei
    uns möglicherweise auf die Inhaber eines deutschen
    Passes – beschränken wollten? Das war nicht das Ideal
    der Mütter und Väter unserer Verfassung.

    Deshalb sage ich: Es darf unbeschadet aller militäri-
    scher Maßnahmen und der notwendigen Diskussion über
    die damit zusammenhängenden Einzelheiten sowie der
    Skrupel, die hoffentlich immer mit militärischen Maß-
    nahmen verbunden sind, auch kein Zweifel daran be-
    stehen, daß wir aus unseren eigenen Erfahrungen Kon-
    sequenzen ziehen, zwar mit Standfestigkeit und mit
    Klarheit, und uns nicht von dem Weg abbringen lassen,
    der für Deutschland in Europa Aussöhnung, Freund-
    schaft, Frieden und Wohlstand gebracht hat. Wenn man
    das alles genießen will, dann hat man auch die ver-
    dammte Pflicht und Schuldigkeit, im Rahmen seiner
    Handlungsmöglichkeiten wenigstens denen in der un-
    mittelbaren Nachbarschaft zu helfen, wenn man es
    schon weltweit nicht kann.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Lassen Sie mich zum Abschluß noch etwas zu den
    Detaildiskussionen der letzten Tage sagen, die mich er-

    staunt haben. Die Menschen, die jetzt als Soldaten im
    Kosovo eingesetzt werden, brauchen zweierlei: Sie
    brauchen eine eigene innere Überzeugung, um dem, was
    sie dort tun, Sinn zu geben. Das ist Gott sei Dank so. Es
    ist ein großes Glück für die Bundesrepublik Deutsch-
    land, daß sie zum erstenmal eine Armee hat, die demo-
    kratisch und gesellschaftlich fest verankert ist.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P)


    Aber unsere Soldaten und ihre Familien brauchen noch
    etwas anderes, nämlich Rückhalt im Parlament und in
    der Öffentlichkeit. Dieser Rückhalt könnte durch De-
    batten geschmälert werden, die dafür nicht gut sind, die
    allenfalls gut für die eine oder andere Schlagzeile oder
    die eine oder andere kurzatmige Nachricht sind.

    Ich muß den Kollegen von der CDU/CSU sagen: Ich
    war erschrocken, als mein Vorgänger


    (Zurufe von der CDU/CSU: Na! Na!)

    am vergangenen Freitag ein Interview gab,


    (Paul Breuer [CDU/CSU]: Er hat drei Interviews gegeben!)


    das am darauffolgenden Samstag, Herr Kollege Breuer,
    erschien, genau an dem Tag, als der Abzug der OSZE-
    Beobachter aus dem Kosovo begann – der Abzug
    wurde wegen der Gefahren notwendig; die Menschen
    schwebten in einer immer größer werdenden Gefahr; sie
    wurden beispielsweise beschossen –, und darin über den
    Abzug der Soldaten redete, die zum Schutz der OSZE-
    Beobachter dort sind


    (Paul Breuer [CDU/CSU]: Das hat er nicht gesagt!)


    – ich beziehe mich auf das Interview in den „Lübecker
    Nachrichten“; ich habe es bei mir –, also zu einem Zeit-
    punkt, als der Abzug der Beobachter noch nicht einmal
    begonnen hatte, geschweige denn abgeschlossen war.


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Richtig!)

    Das kann man nicht machen. Das ist nicht verantwort-
    bar.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.)


    Wir müssen auch keine Diskussionen über Themen
    führen, die wirklich keine Themen sind. Wenn jemand
    beginnt, Befürchtungen auszuräumen, die er selbst in die
    Welt gesetzt hat, dann ist das sein höchst privates Anlie-
    gen. Das soll er dann auch tun. Aber die Wirkung sol-
    cher geäußerten Befürchtungen auf die Öffentlichkeit
    und auf die eingesetzten Soldaten und ihre Familien
    sollten doch vorher sorgfältig bedacht werden.

    Ich habe in diesem Hause einige Male dafür gewor-
    ben, daß es einen außen- und sicherheitspolitischen
    Konsens in Deutschland gibt. Ich halte ihn aus vielen
    Gründen für wertvoll. Er bewährt sich unter anderem in
    der jetzigen Situation. Für Deutschland ist dies eine Prü-
    fung und zugleich mit Blick auf seine Geschichte eine
    gute Erfahrung, daß es sich zum erstenmal in einer so
    schwierigen Situation in völliger Übereinstimmung mit

    Bundesminister Rudolf Scharping






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Europa und mit den westlichen Demokratien befindet.
    Es sollte uns allen bewußt bleiben: Wenn diese schwie-
    rige Zeit vorbei ist – hoffentlich bald; es liegt an Milo-
    sevic –, dann müssen Voraussetzungen für eine andere
    Zeit geschaffen werden, die den Menschen eine größere
    Hoffnung vermittelt und die anknüpft an die Erfahrun-
    gen, die wir in den letzten Jahrzehnten Gott sei Dank
    sammeln konnten.

    Vielen Dank.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zu einer Kurzinter-
vention erteile ich dem Kollegen Dr. Gregor Gysi das
Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Bundesverteidigungs-
    minister, Sie haben mich unter anderem dafür kritisiert,
    daß ich gestern nicht auf den Einmarsch in die CSSR
    und auch nicht auf das Kriegsrecht in Polen eingegangen
    bin. Es gab für mich zumindest gestern dafür auch kei-
    nen Grund. Aber ich will das gerne tun.

    Der Einmarsch der damaligen Sowjetunion und der
    anderen Länder des Warschauer Pakts mit Ausnahme
    von Rumänien in die CSSR war ein klarer Verstoß
    gegen das Völkerrecht. Er war nach meiner tiefsten
    Überzeugung übrigens auch völlig antisozialistisch und
    deshalb scharf zu verurteilen.


    (Lachen bei der SPD)

    – Ich will Ihnen das gerne erläutern: Ich war damals
    Student an der Humboldt-Universität und habe wegen
    meiner Äußerungen zu diesem Einmarsch mein einziges
    Parteiverfahren bekommen. Interessant an der Begrün-
    dung der Strafe war, daß es hieß, ich stellte das formale
    Völkerrecht über die notwendige Sicherung der soziali-
    stischen Errungenschaften in der CSSR. Aus dieser Er-
    fahrung heraus – das ist mir danach noch ganz häufig in
    der DDR begegnet – bin ich gegen das Argument be-
    sonders empfindlich, in Situationen, in denen es um
    andere Zwecke geht, Recht als formal zu bezeichnen.

    Als Sie die Beispiele CSSR und Polen nannten, hät-
    ten Sie auch noch auf Afghanistan hinweisen können,
    wo der Einmarsch der Sowjetunion genauso völker-
    rechtswidrig und indiskutabel war und Folgen gezeitigt
    hat, mit denen wir noch heute in Afghanistan zu tun
    haben.

    Sie haben gesagt, Sie hätten darunter gelitten, daß der
    Westen damals ohnmächtig war und nicht helfen konnte.
    Meine Kritik ist – lassen Sie mich das deutlich sagen,
    denn es geht mir nahe –: Das Gegenteil von Ohnmacht,
    Herr Bundesverteidigungsminister, können doch nicht
    Bomben sein. Morden beendet man doch nicht, indem
    man selbst mit Bomben völlig ungezielt tötet. Ich emp-
    finde also die Antwort als falsch, nicht die Analyse der
    Situation. Bei ihr mag es auch gewisse Differenzen
    geben, die aber nicht sehr dramatisch sind. Ich sehe bei
    Ihnen keine politische Lösung. Das kritisiere ich, und
    darum streite ich.

    Sie haben gesagt, daß im Weltsicherheitsrat nur drei
    Länder, nämlich China, Rußland und Namibia, dagegen
    gestimmt hätten, und hinzugefügt, es könne nicht ange-
    hen, daß diese drei Länder eine bestimmte Entscheidung
    verhinderten, auch wenn das Völkerrecht – das Veto-
    recht von Rußland und China – dies ausdrücklich er-
    laubt. Sie wissen ganz genau, daß es Hunderte von Be-
    schlüssen im Sicherheitsrat gegeben hat, die mehrheits-
    fähig waren und daran gescheitert sind, daß die USA
    von ihrem Vetorecht Gebrauch gemacht haben. Aus ver-
    schiedensten Gründen ist das nun einmal so in der
    UN-Charta festgelegt worden.

    Wenn man das überwinden und demokratischer ge-
    stalten will, wenn man dadurch auch zu einer anderen
    Friedensordnung kommen will, dann ist dagegen nichts
    zu sagen. Nur, wir haben es nicht wirklich überwunden,
    wir haben keine neue Friedensordnung. Wir schaffen die
    alte Ordnung ab und setzen keine neue Ordnung an die
    Stelle, sondern nur das Recht der militärischen Macht
    und des Geldes. Das werden sich noch ganz andere in
    ganz anderen Situationen herausnehmen. Davor wird
    man doch wenigstens warnen dürfen. Darum ging es
    mir, weil ich glaube, daß hinterher diese Welt eine ande-
    re sein wird, als sie es vorher war. Ich glaube nicht an
    den Krieg als Mittel der Politik.


    (Beifall bei der PDS)