Rede von
Dr. h.c.
Wolfgang
Thierse
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Bundespräsi-
dent! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesratspräsident!
Frau Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Wir geden-
ken heute, am Tag der Befreiung des Konzentrations-
und Vernichtungslagers Auschwitz vor 54 Jahren, aller
Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Der
27. Januar ist unser nationaler Gedenktag. Sie, sehr ver-
ehrter Herr Bundespräsident, haben ihn 1996 prokla-
miert und damals betont, daß gerade dieses Gedenken
nicht in Ritualen erstarren darf.
Der 27. Januar ist für uns Deutsche Anlaß, öffentlich,
aber auch jeweils persönlich zurückzublicken auf eine
Phase unserer jüngeren Geschichte, auf ein Geschehen,
das noch immer alle Vorstellungskraft sprengt. Gerade
deshalb ist es unverzichtbar, im Erinnern zugleich die
Aufgaben der Gegenwart und Zukunft ins Auge zu fas-
sen. Theodor W. Adornos bekannte Feststellung, die er-
ste Aufgabe an jede Erziehung sei, dafür Sorge zu tra-
gen, daß sich Auschwitz niemals wiederholen könne,
richtet sich in der Bürgergesellschaft an jeden einzelnen
von uns. Deshalb ist dieser Gedenktag eine nachdrückli-
che Forderung zur Wachsamkeit. Die Erinnerung an das
millionenfache Leid, das die nationalsozialistische Ge-
waltherrschaft mit ihrem menschenverachtenden Ras-
senwahn über Europa und andere Teile der Welt ge-
bracht hat, verlangt, schon den Anfängen jeder Wieder-
holungsgefahr entgegenzutreten.
Um das gemeinsame Erinnern an das Geschehene hat
es in den vergangenen Wochen und Monaten in der
deutschen Öffentlichkeit eine intensive Debatte gege-
ben. Ich will auf die Art und Weise dieser Auseinander-
setzungen nicht eingehen, insbesondere nicht über Stil-
fragen urteilen. Wichtiger und zukunftsweisender ist die
Feststellung, daß diese Debatte notwendig und nützlich
ist. Wenn ich sie richtig wahrgenommen habe, hat diese
Debatte deutlich gemacht, daß wir derzeit in Politik und
Gesellschaft in einem Generationswechsel stehen. Vie-
les von dem, was zuletzt kontrovers erörtert wurde,
hängt wohl zusammen mit dem Aufeinandertreffen un-
terschiedlicher Erfahrungen und Sichtweisen. Zu der
Generation derer, die die Schrecken des Nationalsozia-
lismus aus eigenem Erleben, aus schlimmsten Erfahrun-
gen kennen, und der Generation der Töchter und Söhne
der Opfer und der Täter treten die Jüngeren, denen das
ganze Ausmaß des Grauens, die Mechanismen der Aus-
grenzung, die menschenverachtende Brutalität der Täter,
die Ignoranz und Gleichgültigkeit der Masse und vor
allem das unermeßliche Leid der Opfer nur über histori-
sches, also vermitteltes Wissen zugänglich gemacht
werden können. Die Frage dieser Vermittlung müssen
wir deshalb über fünf Jahrzehnte nach der Befreiung von
Auschwitz neu diskutieren. Die genannte Debatte hat
gezeigt, daß veränderte und erweiterte Zugänge zum
Geschehenen notwendig sind. Wir brauchen den gesell-
schaftlichen Diskurs über das richtige Maß, die ange-
messenen Formen des Erinnerns, wie Sie, sehr geehrter
Herr Bundespräsident, in Ihrer Rede am 9. November
letzten Jahres in Berlin festgestellt haben.
Das richtige Maß, die angemessene Form zu finden
verlangt nach einer Prüfung in zweierlei Richtung: Was
ist dem entsetzlich Geschehenen angemessen? Was ist
für Gegenwart und Zukunft richtig? Ein Zuviel kann
problematisch sein, ein Zuwenig erst recht. „Darf man
nicht wissen wollen?“ – So hat Thomas Mann gefragt
und nach 1945 mit einem entschiedenen Nein geant-
wortet. Dieses Nein gilt bis heute für alle Demokraten
und – so hoffe ich – mit gleicher Entschiedenheit. Hal-
ten wir daran fest: Verpflichtende Erinnerung, Gedenken
der Leiden der Opfer, Übernahme der geschichtlichen
Verantwortung – das war das moralische Fundament,
das gehörte zur Raison d'être der neubegründeten deut-
schen Demokratie, der Bundesrepublik Deutschland. Es
gibt keine kollektive Schuld, gewiß; aber das heißt nicht,
daß die Katastrophe von 1933 bis 1945 im kollektiven
1194 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – Bonn, Mittwoch, den 27. Januar 1999
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Gedächtnis der Deutschen je getilgt werden dürfte. In
ihm muß vielmehr unser fester Wille aufbewahrt sein,
nie wieder eine solche schreckliche Diktatur, in welcher
Form auch immer, zuzulassen.
Es ist deswegen die Aufgabe der jetzigen wie der
künftigen Generationen, durch die Übernahme der poli-
tischen Haftung Verantwortung für die Vergangenheit
zu übernehmen und das Bewußtsein für die von einem
deutschen Staat begangenen Unmenschlichkeiten wach-
zuhalten. Die Sorge um die Erinnerung darf deswegen
keine lästige Trauer sein und schon gar nicht in formel-
ler Ritualisierung erstarren, sowenig Erinnerung gänz-
lich ohne Riten auskommt.
Gerade wegen dieser gemeinsamen Grundüberzeu-
gung gilt es, uns in Gesellschaft und Politik über die Art
und Weise des Erinnerns und Gedenkens immer neu zu
verständigen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf
zwei problematische Erfahrungen hinweisen. Zum
einen: Historische Aufklärung soll und kann politisches
Bewußtsein schaffen und das Geschehene in Erinnerung
rufen. Daß sie auch zur Trauer um die Toten, zu Em-
pathie mit den Opfern führt, dessen können wir nicht
mehr so sicher sein. Zur Dialektik der Aufklärung – das
wissen wir inzwischen – gehört eben auch, daß sie als
einseitige, gar bloß rationale ihr Gegenteil bewirken
kann, nämlich die Kälte der Verdrängung. Insofern darf
gerade in der Annäherung an die nationalsozialistischen
Verbrechen nicht versäumt werden, das Entsetzliche so
zu vermitteln, daß es auch mit dem Herzen erfahren und
begriffen wird. Insofern auch ist Gedenken immer mehr
als aufgeklärtes Wissen, sosehr dieses Gedenken immer
auch und neu des Anstoßes durch historische, bestimmte
Erinnerung bedarf.
Zugleich aber gilt es, den jungen Menschen histori-
sches Wissen und emotionale Betroffenheit so zu ver-
mitteln, daß sie eine Beziehung zur Gegenwart, also ge-
genwärtige moralische Sensibilität und politische Ver-
antwortung ermöglichen. Betroffenheit, die bloß ratlos
macht, Wissen, das folgenlos bleibt, solcherart Ergeb-
nisse von Erinnerungsarbeit sind nicht menschengemäß
und gesellschaftlich folgenlos. Die Gefährdungen der
Demokratie, die Mechanismen von Stigmatisierung und
Ausgrenzung, die Ursachen, Erscheinungsformen und
Wirkungen von Intoleranz und Rassenwahn zu begreifen
und mit diesem Wissen und Empfinden die Gegenwart
zu beobachten und in ihr zu handeln, darum geht es.
Was damals Juden, Sinti und Roma, Behinderte, Homo-
sexuelle, politische Gegner waren, das können heute an-
dere Personen und Gruppen sein, die durch Stigmatisie-
rungsprozesse ausgegrenzt werden.
Eine zweite problematische Erfahrung bringe ich aus
der DDR mit: Gedenken darf niemals verordnetes, gar
zwanghaftes Erinnern sein. Dies hat der staatlich ange-
ordnete Antifaschismus uns nachdrücklich vor Augen
geführt. Aus einem ehedem authentischen und glaub-
würdigen Antifaschismus wurde ein ideologisches Herr-
schaftsinstrument zur moralischen Legitimierung der
SED-Diktatur. So wurden Gedenken und Erinnerung an
die nationalsozialistischen Verbrechen von vielen – ge-
wiß nicht von allen in der DDR – zunehmend als auto-
ritär und formelhaft empfunden und waren von proble-
matischer Wirkung. Die Erfolge der Rechtsextremisten
gerade in ostdeutschen Ländern sind auch ein spätes
Echo solch unfreier Erinnerung.
Wenn wir diese widersprüchlichen Erfahrungen ernst
nehmen, dann können wir mit aufmerksamer Gelassen-
heit feststellen: Jede Generation hat das Recht und steht
vor der Herausforderung, ihre eigene Form des Geden-
kens zu entwickeln. Sie muß sich dem Geschehen auf
ihre Art und Weise stellen, ihren eigenen Zugang suchen
und finden. Nur so halten wir unser kollektives Ge-
dächtnis in einer Weise lebendig, die für Jüngere und
Ältere, für Angehörige der Erlebnisgeneration wie ihre
Kinder und Kindeskinder einen gemeinsamen Horizont
des Verstehens und zugleich eine Basis des Gesprächs
über das Geschehene bietet.
Ich halte es im übrigen für ein Zeichen der Stärke un-
serer Demokratie, daß wir über diese Fragen gegenwär-
tig so intensiv debattieren. Es ist ein Stück Selbstaufklä-
rung der Gesellschaft, wenn sie öffentlich darüber dis-
kutiert, wie sie mit der Vergangenheit, mit der Erinne-
rung an die Zeiten der Inhumanität und Menschenver-
achtung, der Diskriminierung und des Genozids umge-
hen kann und will. Gerade deswegen ist die Kontroverse
um ein Holocaust-Denkmal in Berlin von solchem Ge-
wicht, und gerade deshalb gehört diese Debatte auch in
unser Parlament. Der Deutsche Bundestag wird sich in
den nächsten Wochen und Monaten diesem Thema auf
verantwortliche Weise widmen und hoffentlich zu einer
tragfähigen und überzeugenden Entscheidung kommen.
Meine Damen und Herren, neue Ansätze des Erin-
nerns – das bedeutet auch andere Formen des Geden-
kens im Deutschen Bundestag. Wir hören nun drei Stük-
ke aus dem „Requiem für einen polnischen Jungen“ –
einem Werk, das der Heidelberger Komponist Dietrich
Lohff nach Texten von Opfern der Nationalsozialisten
verfaßt hat.
Die Kunst ist ein wichtiges Medium der Erinnerung,
ein anderes ist die Sprache. Sie, sehr geehrter Herr
Bundespräsident, haben das öffentliche Wort stets in
ganz besonders unverwechselbarer Weise zu nutzen
gewußt: zu kritischen und differenzierten Stellung-
nahmen, aber ebenso zu Aussagen, die verbinden und
Gemeinschaft schaffen, Worte, in denen die gemein-
samen Aufgaben, Ziele und Überzeugungen unserer
parlamentarischen Demokratie zum Ausdruck kom-
men. Diese Übereinstimmung deutlich zu machen ist
an keinem Tag wichtiger als an unserem Gedenktag für
die Opfer des Nationalsozialismus. Ich möchte Sie
deshalb bitten, nach dem Requiem das Wort zu ergrei-
fen und zu uns zu sprechen.
Präsident Wolfgang Thierse
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – Bonn, Mittwoch, den 27. Januar 1999 1195
(C)
(D)
Bundespräsident Dr. Roman Herzog: Herr Präsi-
dent! Exzellenzen! Meine Damen und Herren! Was
Menschen anderen Menschen an Leid und Grausamkei-
ten zufügen können, das ist tief in das individuelle wie
in das gemeinschaftliche Gedächtnis der Deutschen ein-
gebrannt. Der heutige Tag, der auf die Befreiung von
Auschwitz hinweist, ist bleibende Erinnerung daran.
Aber die vergangenen Monate haben doch auch wie-
der gezeigt, daß wir – worauf ich oft genug hingewiesen
habe – die bleibende Form dieses Erinnerns noch nicht
gefunden haben. Wieder ist eine Debatte darüber ent-
standen, in welcher Form wir uns redlich an die Verbre-
chen des Nationalsozialismus erinnern sollten, ja sogar
auch wieder darüber, ob es – fünfzig Jahre nach dem
Ende des Grauens – überhaupt noch notwendig sei, daß
wir uns immer wieder von neuem selbst mit diesem Teil
unserer Geschichte konfrontieren.
Ich werde sogleich noch ein paar Worte zu den ernst-
hafteren Teilen der Diskussion sagen. Vorweg aber das
eine: Wer je den Gedanken an ein Ende des Erinnerns
erwogen hat, der sollte davon so schnell wie möglich
ablassen. Das hat noch nicht einmal etwas mit National-
sozialismus und Holocaust zu tun, sondern es ergibt sich
aus zwei ganz einfachen, fast möchte ich sagen: banalen
Erfahrungen.
Ohne gründliches Wissen um seine Geschichte kann
auf die Dauer kein Volk bestehen. Das war in den
jüngstvergangenen Jahrzehnten zwar nicht immer völlig
unbestritten; aber diese Zeit ist, wenn ich recht sehe,
vorbei. So frei und so souverän ist überhaupt kein Volk,
daß es ohne Wissen um seine Vergangenheit bestehen
könnte.
Wenn ein Volk aber versucht, in und mit seiner Ge-
schichte zu leben, dann ist es sehr gut beraten, in und
mit seiner ganzen Geschichte und nicht nur mit ihren
guten und erfreulichen Teilen zu leben. Ich habe es
schon des öfteren gesagt und wiederhole es hier bewußt:
Für mich ist jeder Versuch, die Verbrechen des Natio-
nalsozialismus aus der geschichtlichen Erinnerung aus-
zublenden, letztlich nur eine besondere Form intellektu-
eller Feigheit, und Feigheit ist das letzte, was ich von
meinem Volk erleben möchte. Das hat für mich auch
nichts damit zu tun, ob uns andere immer wieder an un-
sere Geschichte erinnern, ja nicht einmal damit, aus
welchen Gründen und mit welcher Absicht sie das tun.
Unserer Geschichte haben wir uns ohne Rücksicht dar-
auf zu stellen, was andere aus ihr machen, und übrigens
auch ohne Rücksicht darauf, was andere aus ihrer eige-
nen Geschichte machen. Aufrechnungen und Hinweise
auf die Defizite anderer lenken nur von der Sache ab.
Wenn ich mich unserer Geschichte zu stellen versuche,
versuche ich das nicht in Schande, sondern ich versuche
es in Würde und mit Redlichkeit.
Aber – der Bundestagspräsident sagte es bereits – wir
leben in einer Zeit des Generationswechsels, in einer
Zeit des Übergangs von der Erinnerung an Erlebtes zur
Erinnerung an Mitgeteiltes. In einer solchen Zeit ist es
unerläßlich, daß man sich der Formen des Erinnerns
noch einmal in allem Ernst vergewissert. Deshalb war es
gut, daß die Debatte stattgefunden hat, die sich mit den
Namen Bubis und Walser verbindet. Es ist ohnehin im-
mer gut, wenn sich Positionen klären und wenn nicht
unausgesprochen bleibt, was viele Menschen – so oder
so – denken. Aber diese Debatte hat auch viele Gedan-
ken zutage gefördert, die wir in ihrer Bedeutung erst
richtig erkennen werden, wenn sich der unvermeidliche
Pulverdampf verzogen haben wird.
Ich will aber auch sagen, was mich an dieser De-
batte gestört hat. Martin Walsers Rede – man mag zu
ihr stehen, wie man will; jedenfalls hat sie nicht für das
Vergessen plädiert – hat eine wichtige Auseinanderset-
zung in unserer Öffentlichkeit provoziert und sollte das
wohl auch. Diese Auseinandersetzung hat in der Tat
auch stattgefunden, teils in bemerkenswerten Diskussi-
onsbeiträgen von dritter Seite, teils in dem faszinieren-
den, glücklicherweise dokumentierten Streitgespräch
zwischen den beiden Hauptkontrahenten. Daneben aber
gab es gewissermaßen business as usual: Schon nach
kurzer Zeit fielen Teile der allgemeinen Debatte wieder
in die alten Muster gegenseitiger Beschuldigung zu-
rück – als stünden hier die ewigen Verdränger oder gar
Leugner und dort die ewigen Beschuldiger, ja Selbst-
beschuldiger. Solche Art der Auseinandersetzung ist
unsinnig und fruchtlos. Der Holocaust ist das aller-
letzte, was wir solchen primitiven Denkschablonen
oder, sagen wir es deutlich: der political correctness
überlassen dürfen.
Ich möchte nicht mißverstanden werden. Was ich hier
kritisiere, lag nicht an Ignatz Bubis. Ignatz Bubis legt
natürlich immer wieder den Finger in Wunden, die weh
tun, und löst damit auch manche heftige Reaktion aus.
Aber er hat den Schrecken der Lager am eigenen Leibe
erlebt, und er hat seine Angehörigen dort verloren. Er
hat also jedes Recht, in Fragen unserer Geschichte emp-
findlich, ja auch einmal leidenschaftlich zu reagieren.
Dennoch: Ich habe mehr als einmal erlebt, wie gerade er
im Ausland für das heutige Deutschland eintritt und wie
er auch Ansprüche, die er für ungerecht hält, mit aller
Entschiedenheit zurückweist. Viel zu wenige bei uns
wissen um die Angriffe, denen er auch dieserhalb ausge-
setzt ist. Ich sage es geradeheraus: Ignatz Bubis ist ein
deutscher Patriot.
Aber ich will hier nicht über Personen reden, sondern
über die hinter uns liegende Debatte. An ihr hat mich
noch etwas ganz anderes nachdenklich gestimmt. Wie-
der einmal hat sie sich fast ausschließlich unter Vätern
und Großvätern, unter Müttern und Großmüttern abge-
spielt, und das, obwohl wir doch wissen, wie ernsthaft
sich große Teile unserer Jugend gerade auch mit den
Schattenseiten unserer Vergangenheit beschäftigen. Es
ist ja nur die eine Seite der Realität, wenn immer wieder
darauf hingewiesen wird, daß vielleicht ein Viertel die-
ser Jugend von den damaligen Verbrechen nichts weiß.
Andersherum gelesen bedeutet das doch, daß dann drei
Viertel sehr wohl Bescheid wissen. Ich möchte von hier
aus gerade jenen Opfern der NS-Zeit meinen Dank sa-
gen, die weder Mühe noch Aufwand, noch Schmerz
scheuen, um ihre Geschichte und ihre Erlebnisse in Ge-
sprächen mit jungen Menschen weiterzugeben, solange
es Alter und Gesundheit eben zulassen.
1196 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – Bonn, Mittwoch, den 27. Januar 1999
(C)
Dennoch bleibt es wahr: Auch in der jüngsten De-
batte haben sich die jungen Menschen kaum hörbar ge-
macht. Ich frage mich, woran das liegt, denn, wie ge-
sagt, an fehlendem Wissen und fehlendem Interesse
kann es nach allem, was ich weiß und beobachte, nicht
liegen. Ich stelle nur eine Frage: Liegt es vielleicht dar-
an, daß die ältere Generation – was ihr gewiß niemand
verübeln kann – wieder einmal über ihre eigenen Ver-
wicklungen und Verkrampfungen diskutiert hat, nicht
aber darüber, was das alles für die jungen Menschen be-
deutet und welche Konsequenzen diese aus der Ge-
schichte ziehen sollen? Liegt es vielleicht sogar daran,
daß diese Jugend längst dabei ist, ihr eigenes Verhältnis
zu dieser Geschichte zu gewinnen, ohne daß das schon
in greifbaren Formeln seinen Ausdruck gefunden hätte?
Wie auch immer: Wenn es so wäre, dann hätten wir
darauf mehr zu achten als auf „richtiges“ Reden in der
Eltern- und Großelterngeneration. Denn wie die jungen
Menschen, die die Zukunft unseres Volkes bestimmen
werden, über die Frage denken, ist heute schon ungleich
wichtiger als alle Auseinandersetzungen und Begriffs-
klärungen zwischen denen, die sich damit nunmehr seit
über 50 Jahren befassen.
Es geht heute ja nicht mehr so sehr um die Frage, ob,
sondern es geht um die Frage, in welcher Weise wir uns
erinnern sollen. Die besondere Bedeutung, die diese
Fragestellung heute bekommt, entsteht dadurch, daß in-
zwischen die weit überwiegende Mehrheit der Deut-
schen den Nationalsozialismus und seine Verbrechen
gar nicht mehr aus eigener Anschauung kennt. Neue
Generationen sind herangewachsen, so daß Erinnerung,
selbst in der jetzigen Elterngeneration, nur mehr eine
vermittelte, keine eigene mehr sein kann. Deshalb fehlt
der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus
heute die zusätzliche Aufladung durch einen Generatio-
nenkonflikt wie in den 60er Jahren. Es fehlt ihr auch das
Tribunalartige, das sie lange Zeit, vielleicht unvermeid-
licherweise, bestimmt hat.
Meine Damen und Herren, das hat Folgen: Niemand
aus der jetzt in die Verantwortung hineinwachsenden
Kinder- und Enkelgeneration kann beispielsweise aus
der deutschen Vergangenheit heraustreten, indem er die
Pose moralischer Überlegenheit annimmt. Niemand
kann sich im nachhinein auf die Seite der Opfer oder der
Widerstandskämpfer phantasieren und politische Gegner
auf die Seite der Täter stellen. Der Nationalsozialismus
– wir mögen das wollen oder nicht – ist unser gemein-
sames, schreckliches Erbe.
Aber: Mit dem Verschwinden der Generation, aus der
viele durch persönliche Schuld, durch Mitläufertum oder
einfach durch Wegschauen in das Verbrechen verstrickt
waren, wird auch ein neues Hinsehen möglich. Das kann
doch auch eine große Hoffnung sein.
Eine Gefahr könnte freilich darin liegen, daß die Er-
innerung einfach ausbleibt, daß neue Generationen – wir
sprachen bereits darüber – einfach sagen, das alles gehe
sie nichts mehr an, und sie wollten deswegen auch
nichts mehr davon wissen. Ich sage hier mit allem
Nachdruck: Ich halte diese Gefahr für sehr gering. Aus
eigener Erfahrung weiß ich, wie gesagt, daß die Kennt-
nisse über den Nationalsozialismus bei unseren Jugend-
lichen und jungen Erwachsenen beachtlich sind, vor al-
lem aber, daß das Interesse, sich weiterhin damit zu be-
schäftigen, groß ist. Es sind eher einige der Älteren, der
60- bis 70jährigen, die ihre Verdrängungswünsche auf
die Jugend projizieren oder sie ihr sogar einreden wol-
len. Das macht mir Mut zu sagen: Ich sehe eher die
Chancen.
Die jüngeren Leute kennen – ich nenne nur ein paar
Beispiele – die Tagebücher von Anne Frank, das Hitler-
Buch von Sebastian Haffner, die Tagebücher von Viktor
Klemperer, sie haben die Holocaust-Serie und „Schind-
lers Liste“ gesehen, sie fahren an die Orte des Schrek-
kens, sie pflegen Gedenkstätten und Gräber, sie arbeiten
an Dokumentationsprojekten ihrer Schulen mit, und sie
sehen sich auch die historischen Sendungen im Fernse-
hen an. Kein anderes Thema hat beim Schülerwettbe-
werb zur deutschen Geschichte so viele Einsendungen
gehabt wie die Ausschreibungen zum Thema „Alltag im
Nationalsozialismus“. Keine Frage: Unsere jungen
Leute diskutieren und forschen, sie fragen, sie schauen
hin.
Darin liegt die Chance, die Erinnerung wachzuhalten.
Dazu gehört es dann aber, daß die jüngeren Generatio-
nen nicht nur passive Zuhörer der alten bleiben. Ich
möchte direkt an diese Jüngeren appellieren, meine Da-
men und Herren: Wir brauchen Sie auch als aktive Dis-
kussionsteilnehmer. Wir brauchen Ihre Fragen, die
wahrscheinlich ganz anders sind als die unseren, wir
brauchen Ihre Sichtweisen, Ihre Art der Auseinanderset-
zung, Ihr Interesse. Und Sie sollten sich in die Diskus-
sionen einmischen. Ich sage es direkt: Brechen Sie mit
Ihrer Art zu fragen die alten Denkmuster und die alten
Sprachspiele auf! Wenn das gelingt, dann hat die Erin-
nerung eine Zukunft.
Zur Zukunft der Erinnerung gehört aber noch mehr.
Zunächst: Wir brauchen Orte der Erinnerung. Dabei
denke ich nicht allein an ein zentrales Mahnmal. Dar-
über soll und wird der Deutsche Bundestag entscheiden.
Ich bin froh, daß es eine lange, über weite Strecken au-
ßerordentlich ernsthafte und fruchtbringende Debatte
über das Mahnmal gegeben hat. Es muß aber jetzt bald
eine tragfähige Entscheidung getroffen werden.
Eines möchte ich aber hinzufügen: Wir Deutschen
müssen dieses Mahnmal um unserer selbst willen bauen.
Wir bauen es nicht für das Ausland, wir bauen es nicht
als Demonstration dauernder Schuld. Wir bauen es auch
nicht in wohlfeiler, letztlich aber unehrlicher Identifika-
tion mit den Opfern. Es muß das werden, was sein Name
sagt: gewiß eine bleibende Erinnerung an die Verbre-
chen, vor allem aber ein Gedenken an die Opfer und an
ihr Leid sowie ein Mahnmal für die jeweils Lebenden.
Wir sollten, über das ganze Land verbreitet, noch
mehr Orte der konkreten, historischen Erinnerung ha-
ben. Der Nationalsozialismus hat eben nicht nur in Ber-
lin stattgefunden, in Nürnberg oder in München. Überall
hat es Szenen des Schreckens gegeben. Überall gab es
Schulen, aus denen die jüdischen Kinder entfernt wur-
den. Überall gab es Geschäfte, die den Besitzern weg-
gnommen wurden. Überall hatte die SA ihre Verhör-
Bundespräsident Dr. Roman Herzog
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – Bonn, Mittwoch, den 27. Januar 1999 1197
(C)
(D)
keller. Überall gab es Sammelstellen für die Transporte.
Wer sich nur ein wenig damit beschäftigt, der kann her-
ausfinden, wie sich das Verbrechen in das Land hinein-
gefressen hat, wie sich das Verbrechen ganz in seiner
nächsten Umgebung abgespielt hat.
Auch hier geht es nicht um deutsche Selbstbezichti-
gung. Durch die konkrete Erinnerung an konkreten Or-
ten wird die den späteren Generationen fremder werden-
de Geschichte als tatsächliche Realität greifbar. Die
Menschen sollen es wissen: Das alles hat sich nicht ir-
gendwo in einer grauen Vorzeit abgespielt, sondern hier,
in Deutschland, in meiner Stadt, in einer Zeit, in der es
schon Autos, Telefone und Radios gab, unter Menschen,
die nicht sehr viel anders lebten als wir. Die Topogra-
phie des Terrors läßt sich im alltäglichen Leben der Welt
finden.
Auch in der regionalen Aufarbeitung, in der konkre-
ten Suche nach Zeugnissen und Orten liegt übrigens eine
Chance für die schulische Beschäftigung mit dem Na-
tionalsozialismus. Die Schule hat ihre besonderen Chan-
cen. Sie hat aber auch ihre Probleme; denn der National-
sozialismus ist kein Unterrichtsgegenstand wie alle an-
deren und auch kein beliebiges Objekt der Zeitge-
schichte. Es geht ja nicht nur um die Vermittlung histo-
rischer Fakten. Wer sich dieser Geschichte stellt, der
wird als moralisches Subjekt selbst in Frage gestellt, der
muß sich doch einfach fragen: Wieso haben die Täter so
gehandelt, wieso die Mitläufer? Wieso konnten sie sich
nicht in ihre Opfer hineinfühlen? Wie funktioniert Ver-
führung? Wie funktioniert Massensuggestion? Er wird
auch um die Frage nicht herumkommen: Bin ich sicher,
daß ich nicht mitgemacht hätte? Wäre nicht auch ich nur
Zuschauer geblieben? Hätte nicht auch ich so furchtbare
Angst gehabt, daß ich eben nicht widerstanden hätte?
Die Beschäftigung mit dieser Zeit geht deshalb not-
wendigerweise mit der Erziehung zu Gewissensbildung
und Verantwortung einher. Dabei ist es für die Lehrer
und Erzieher gewiß schwierig, die rechte Balance zu
halten. Der Nationalsozialismus darf nicht nur als abge-
schlossener Lehrstoff einer endgültig vergangenen Ge-
schichte behandelt werden. Andererseits darf er aber
auch nicht durch platte und leichtfertige Aktualisierun-
gen zur Moraldidaktik herhalten müssen. Das würde nur
ein einzigartiges Verbrechen relativieren.
Lernziel – wenn man das überhaupt so nennen kann –
wäre nicht nur eine möglichst genaue Kenntnis dessen,
was im Dritten Reich geschehen ist, sondern auch so et-
was wie eine Einübung in Empathie, in das Sichhinein-
versetzen, das Hineinfühlen, und übrigens auch in Miß-
trauen gegen die großen Vereinfacher. Kenntnis der
Verbrechen und Gedenken an die Leiden sind zwei sehr
verschiedene Dinge. Aber wir brauchen beides, damit
die daraus erwachsenden Lehren tatsächlich in den Köp-
fen und Herzen ankommen. Das sind wirklich an-
spruchsvolle Ziele; aber mit weniger dürfen wir uns
nicht zufriedengeben.
Natürlich hat der Schulunterricht seine besonderen
Schwierigkeiten. Wie prinzipiell jeder Unterrichtsinhalt
auf den Widerwillen der Schüler stoßen kann – zum
Beispiel weil es eine nicht geliebte Schule ist, die ihn
vermittelt –, so kann die Ablehnung auch in diesem Fall
zu besonders fatalen Blockaden und Verweigerungshal-
tungen führen. Um der wichtigen Sache willen – und
nicht, um das Thema herunterzuspielen – muß hier des-
halb sehr sorgfältig – ich sage bewußt auch: sehr wohl-
überlegt – vorgegangen werden. Und vor allem: Die
Schule darf von der Gesellschaft gerade jetzt nicht allein
gelassen werden, nur weil es mehr als je zuvor um die
nachfolgenden Generationen geht.
Lassen Sie uns die Lerninhalte und die Lehrmethoden
sehr genau, sehr öffentlich und vor allem sehr zielorien-
tiert diskutieren! Auch das ist eine Aufgabe, die noch
vor uns steht. Denn daß es jetzt um die jungen Men-
schen in unserem Land geht, das müßte eigentlich vor
aller Augen sein. Darauf sollten wir uns endlich einstel-
len. Hier gibt es Dinge zu bedenken, die bisher nicht so
eindeutig waren.
Die große Mehrheit der heute lebenden Deutschen ist
nicht schuld an Auschwitz. Aber natürlich: Auch sie ist
in besonderem Maße verantwortlich dafür, daß sich so
etwas wie Holocaust und Auschwitz nicht und niemals
wiederholt. Die Mehrheit der heutigen Deutschen ist
auch nicht schuld an Selektion, Vertreibung und Völ-
kermord. Aber sie muß ihre besondere Verantwortung
dafür fühlen, daß da in der Welt, wo wir auch nur ein
wenig mitzureden haben, kein Platz mehr für diese Art
von Verbrechen sein darf.
Es trifft zu: Unser Erbe heißt Verantwortung. Aber
selbst diese Verantwortung bezieht sich, was die nach-
folgenden Generationen betrifft, nicht auf die Vergan-
genheit, sondern auf die Zukunft. Es gibt – um nur ein
Beispiel dafür zu nennen – eine falsche Einschätzung
des Nationalsozialismus, die gleichzeitig eine gefährli-
che Verharmlosung darstellt. Ich meine, wir sind heute
zu leicht geneigt, zu glauben, schon am Anfang, 1933,
hätte jeder sehen können, wohin das alles führen mußte.
Darüber kann man ja reden. Viele haben es ja damals
auch gesehen. Aber damit wird zugleich suggeriert, wir
seien heute intellektuell und moralisch gegen eine solche
Blindheit gefeit. Und das stimmt eben nicht. Das eine ist
eine historische Täuschung, das andere eine fromme Il-
lusion. Wenn wir den Anfängen wehren wollen, müssen
wir also unablässig wachsam sein.
Das gilt vor allem für den Antisemitismus. Der mag
in Deutschland gegenwärtig nicht größer sein als in an-
deren Ländern. Aber wenn bei uns noch immer jüdische
Gräber geschändet werden, muß uns das mehr in Empö-
rung und Gegenwehr versetzen als andere. Bei uns dür-
fen Antisemiten keinen Fußbreit Raum bekommen.
Aufmerksam sein müssen wir auch auf unseren
Sprachgebrauch. Schon antijüdische Redensarten und
Witze haben bei uns keinen Platz mehr. Manche Wörter
und Ausdrücke sind einfach – man mag es drehen und
wenden, wie man will – so beschmutzt, daß wir sie nie
mehr unbefangen in den Mund werden nehmen können.
Denken Sie nur an den Begriff „Selektion“ oder an ver-
gleichbare Begriffe.
Aufmerksam sein müssen wir auf alle Anzeichen von
Aussonderung, von Diskriminierung anderer wegen der
Herkunft, des Glaubens oder aus welchem Grund auch
Bundespräsident Dr. Roman Herzog
1198 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – Bonn, Mittwoch, den 27. Januar 1999
(C)
immer. Ich will an dieser Stelle ausdrücklich hinzufü-
gen: Da, wo es um berechtigte Ansprüche auf Entschä-
digung oder Wiedergutmachung geht, muß dafür gesorgt
werden, daß die Opfer bekommen, was ihnen zusteht.
Auch das hat nichts mit Instrumentalisierung oder mit
sogenannter ewiger Aufrechnung zu tun, sondern einzig
und allein mit Recht und Gerechtigkeit.
Eines ist klar: Auschwitz hat unser Bild vom Men-
schen verfinstert. Was einmal historische Wirklichkeit
war, gehört für immer zu den furchtbaren Möglichkeiten
des Menschen, deren Wiederholung – in welcher Form
auch immer – nicht ausgeschlossen werden kann. Die
Dämme und Sicherungen müssen also immer wieder
aufs neue gebaut werden.
Ivo Andric hat in seinem Roman „Die Brücke über
die Drina“ in ganz anderem Zusammenhang das folgen-
de geschrieben – ich zitiere –:
Die Menschen zerfielen in Verfolgte und Verfolger.
Jenes hungrige Tier, das im Menschen lebt und sich
nicht zeigen darf, solange nicht die Dämme der
guten Sitten und der Gesetze entfernt werden, war
jetzt befreit. Nun war das Zeichen gegeben, die
Dämme waren weggeräumt. Wie oft in der
menschlichen Geschichte waren Gewalt und Raub,
ja auch Mord, stillschweigend zugelassen unter der
Bedingung, daß sie im Namen höherer Interessen,
unter festgelegten Losungen und gegen eine be-
grenzte Zahl von Menschen eines bestimmten Na-
mens oder einer bestimmten Überzeugung verübt
wurden. Wer damals mit reiner Seele und offenen
Auges lebte, konnte sehen, wie sich eine ganze Ge-
sellschaft in einem Tage verwandelte.
Dieser Text handelt vom Jahr 1914. Wer ihn heute
liest, erkennt, daß „die Dämme der guten Sitten und der
Gesetze“ überall und jederzeit nur dann Bestand haben,
wenn sie ständig erneuert und gepflegt werden.
Im Laufe der letzten 50 Jahre hat sich in Deutsch-
land eine Gesellschaft entwickelt, in der es vieles
gibt, von dem man am Anfang nicht einmal zu träu-
men wagte. Wir haben ganz gewiß nicht die beste al-
ler denkbaren Welten. Aber wir haben einen Fundus
an Toleranz und Freiheit, an Demokratie und Rechts-
staatlichkeit, an Möglichkeiten zur individuellen Ent-
faltung, an sozialer Sicherheit, an Presse- und Mei-
nungsfreiheit erreicht, von dem wir alle profitieren
und über den wir uns alle freuen können. Jeder ein-
zelne dieser Aspekte unseres Gemeinwesens ist auch
eine Antithese zu dem, was der Nationalsozialismus
verkündet hat.
So ist Deutschland heute, und so kennt und respek-
tiert man es in der Welt. An der Verteidigung der Ge-
rechtigkeit, an der Stärke des Rechts, am Wert der Frei-
heit und am Schutz der Schwachen kann man heute
Deutschland erkennen. Das höre ich in vielen Ländern
der Welt, die ich besuche, und das ist nicht nur eine
politische Höflichkeitsfloskel. So soll es auch bleiben.
Natürlich müssen wir auch in diesen Fragen den Blick
nach vorn richten. Ein Grund zum Ausblenden der Ver-
gangenheit ist das aber nicht. Dazu geben uns die Opfer
das Recht nicht, und dazu gibt uns vor allem unsere
Verantwortung für die Zukunft des Menschen kein
Recht.
Musikalische Gestaltung:
Bonner Kammerchor, Kammerorchester
Leitung: Peter Henn
Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn
53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44
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Bundespräsident Dr. Roman Herzog
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – Bonn, Mittwoch, den 27. Januar 1999 1193
(C)
(D)
Tag des Gedenkens
an die Opfer des Nationalsozialismus
Gedenkstunde des Deutschen Bundestages
Bonn, Mittwoch, den 27. Januar 1999
Beginn: 11.01 Uhr