Rede von
Dr.
Winfried
Wolf
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Frau Kollegin Faße, ich
bin nicht Fachfrau oder Fachmann, wie Sie es auf die-
sem Gebiet sind. Das wissen Sie auch. Mir ist bekannt,
was Sie gesagt haben. Ich habe aus der Fachzeitschrift
genau zitiert, in deren Kritik beides formuliert wird:
Durch die Art der Ausschreibung wären neue zeitverzö-
gernde Faktoren hineingekommen, so daß es – jedenfalls
bisher – wiederum keine Sicherheit gebe, ob es zu dieser
Anschaffung komme. Nach Ihrem Antrag müßte es dazu
kommen.
Werte Kolleginnen und Kollegen, zu Recht wird in
der Debatte zum „Pallas“-Unglück darauf verwiesen,
daß dieses relativ kleine Schiff mit seinen geringen Öl-
mengen bereits zum Tod von mehr als 10 000 Seevögeln
und zu erheblichen Schäden in den betroffenen Küsten-
regionen geführt hat. Bei der auch nach Annahme des
Antrags von SPD und Bündnisgrünen weiterhin gelten-
den Gesetzeslage sind jederzeit weit folgenreichere Un-
fälle – dann wirkliche Katastrophen – durch größere
Schiffe, zum Beispiel durch einen Öltanker, möglich.
In jedem Fall erleben wir eine kontinuierlich wach-
sende Verschmutzung der Meere. Daher sollten wir
uns einig sein, daß hier auch einige grundsätzliche Fra-
gen an- und Forderungen ausgesprochen werden müs-
sen. Ich nenne zum Schluß nur drei.
Erstens. Es muß ein Konzept gegen den weniger
spektakulären, schleichenden Tod der Nordsee durch die
legale und illegale Einleitung von jährlich mehr als
80 000 Tonnen Öl durch Schiffe und Ölplattformen ent-
wickelt werden. Wer für die Entsorgung direkt bezahlen
muß, wird angesichts der Konkurrenz und des Kosten-
drucks immer versucht sein, illegal zu verklappen.
Zweitens. Es muß durch internationale Vereinbarun-
gen darangegangen werden, bei Antriebs- und Schmier-
stoffen in wachsendem Maß weniger belastende Stoffe
zu verwenden, also auf Schiffen wieder Diesel statt
Schweröl und auf Ölplattformen Schmierstoffe auf Was-
serbasis. Letztere werden bei einigen norwegischen Un-
ternehmen bereits eingesetzt, ohne daß die Bohrköpfe
dabei beschädigt werden.
Drittens. Sie wissen, daß wir als PDS Deregulierung
und Liberalisierung für grundsätzlich falsch halten, was
nicht heißt, daß wir umgekehrt Staatszentralismus für
sinnvoll halten.
Die Mehrheit des Hauses wird uns hier nicht folgen;
insbesondere Konservative und Liberale lassen sich
höchstens in Intervallen von einem halben Jahrhundert
davon überzeugen, wie zerstörerisch diese Entwicklung
sein kann; ich denke beispielsweise an das „Ahlener
Programm“ der CDU.
Gleichwohl sollte unabhängig von der grundsätzli-
chen Frage das „Pallas“-Unglück Anlaß zu der Aussage
sein, daß Deregulierung im Bereich der Sicherheit –
hier konkret beim Küstenschutz, zum Beispiel bei den
Lotsen, bei der Vorhaltung ausreichender Schleppkapa-
zitäten – für Mensch und Natur tödlich ist. Sie kommt
uns heute im übrigen auch schon meßbar teuer. Das
„Pallas“-Unglück kostet die Steuerzahlenden gut 11
Millionen DM;
die Versicherung wird maximal 3,3 Millionen DM bei-
steuern. Nicht reden will ich von den Kosten für
Mensch und Natur, die sich in vielen Fällen erst nach
langer Zeit bemerkbar machen und aufaddieren. Hier
könnte ein Konsens oder zumindest eine breite Mehrheit
im Bundestag hergestellt werden: keine Deregulierung
von Sicherheit.
Danke schön.