Rede von
Ekin
Deligöz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr
Zeitlmann, auch ich komme aus Bayern. Zu meinem
größten Bedauern muß ich leider feststellen, daß den
schwächer strukturierten Gebieten Bayerns entgangen zu
sein scheint, daß das türkische Staatsrecht immer noch
in der Türkei abgestimmt wird und nicht in Deutschland.
Wir sind hier im Deutschen Bundestag, und wir machen
hier die deutschen Gesetze und nicht die in der Türkei.
Daher verstehe ich nicht, daß Sie ausgerechnet das als
Beispiel anführen.
Zu Ihrem Spruch, die Staatsbürgerschaft stehe am
Ende der Integration, möchte ich anmerken, daß Ihnen
da etwas entgangen zu sein scheint. Die doppelte
Staatsbürgerschaft kann nur der Anfang der Integra-
tion in Deutschland sein, in der Situation, wie wir sie zur
Zeit vorfinden. Die doppelte Staatsbürgerschaft kann nur
eine Brücke zur Integration sein. Diese Brücke brauchen
die Menschen.
– Es gibt durchaus Menschen, die solche Brücken nicht
brauchen. Ich habe nur den deutschen Paß, und mir ge-
nügt das auch. Aber es gibt nun einmal Menschen, die
auch andere Gefühle und Bindungen haben, die wir be-
achten müssen. Zum guten Ton der Politik gehört auch
die Art und Weise, wie man auf die Gefühle der Men-
schen eingeht und nicht nur auf irgendwelche statisti-
schen Zahlen.
Ihren Spruch, Deutschland sei kein Zuwanderungs-
land, verstehe ich nicht. Ich habe bereits im Wahlkampf
nicht verstanden, warum Sie sich mit solchen Sachen
aufhalten. Es geht nun einmal um eine Tatsache. Sie
müssen sich nur die Zahlen ansehen, um zu erkennen,
daß Deutschland längst ein Zuwanderungsland ist. Wir
können uns noch einmal fünf Stunden darüber unterhal-
ten. Das würde uns alle nicht weiterbringen. Wichtig
aber ist nicht, was Sie sagen, sondern wichtig ist, was de
facto stattfindet und wie wir mit diesen Tatsachen um-
gehen.
Ich komme zu Ihren Bedenken bezüglich der Loyali-
tät. Ich denke, es ist nicht wichtig, loyal zu irgendeinem
Land zu sein. Wenn es darauf ankommt, dann steht im
Vordergrund die Loyalität zu einer Verfassung. Ich kann
Ihnen zusichern, daß die Migrantinnen und Migranten,
die hier in Deutschland aufwachsen und hier leben, diese
Loyalität längst zeigen und auch vorweisen, nämlich die
Loyalität zu unserer demokratischen Verfassung.
Auf Grund dessen kann es passieren, daß so ein
Mensch wie ich heute hier an diesem Mikrofon stehen
und reden kann. Anders würde es nämlich gar nicht ge-
hen.