Rede von
Dr. h.c.
Wolfgang
Thierse
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und
Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Eine beispiellose, in ihren Ausmaßen und Wirkungen
unvorstellbare Naturkatastrophe hat in der vergange-
nen Woche die vier mittelamerikanischen Staaten El
Salvador, Honduras, Guatemala und Nicaragua ge-
troffen. Die von einem Tropensturm ausgelösten Über-
schwemmungen, Erdrutsche und Schlammlawinen ha-
ben in diesen Ländern einen großen Teil der Ernten,
Nahrungsmittelvorräte und darüber hinaus fast die ge-
samte Infrastruktur vernichtet. In letzten Meldungen ist
von rund 12 000 Toten und 13 000 vermißten Personen
die Rede. 3 Millionen Menschen sind obdachlos und le-
ben unter freiem Himmel. Hunger und Seuchen bedro-
hen unmittelbar nach der Katastrophe die Überlebenden.
Die Zerstörung der Verkehrswege hat zur Folge, daß
Hilfslieferungen, die die internationale Staatengemein-
schaft und die Hilfsorganisationen leisten, nur mühsam
und verspätet zu den bedrohten Menschen geschafft
werden können. Die am stärksten betroffenen Länder
sind von der Katastrophe um mehrere Jahrzehnte in ihrer
Entwicklung zurückgeworfen worden.
Ich möchte an dieser Stelle an die Hilfs- und Spen-
denbereitschaft der deutschen Bevölkerung appellieren,
die notleidenden, von Hunger und Seuchen bedrohten
Menschen in den mittelamerikanischen Staaten weiter-
hin zu unterstützen. Vergegenwärtigen wir uns die dort
herrschende Not, so werden manche unserer Sorgen und
Probleme – sosehr sie uns auch im Einzelfall drücken –
ziemlich klein. Eine zusammenwachsende Welt macht
uns bewußt, daß Not und Elend, auch wenn sie weit von
unserer Haustür entfernt sind, uns nicht gleichgültig las-
sen dürfen.
Ich möchte die in Mittelamerika leidenden Menschen
unserer Hilfsbereitschaft versichern. Den Parlamenten
der betroffenen Staaten, den Verletzten, Erkrankten und
Hinterbliebenen drücke ich im Namen des Deutschen
Bundestages unser tiefempfundenes Mitgefühl aus. –
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der vorletzten
Woche ist unser ehemaliger Kollege und Vizepräsident
Heinz Westphal verstorben. Wir werden seiner in ei-
nem Staatsakt am 19. November 1998 gedenken. Die
Einladung geht Ihnen gesondert zu.
Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 1 und 2 auf:
Regierungserklärung des Bundeskanzlers mit
anschließender Aussprache
Beratung des Antrags der Bundesregierung Deut-
sche Beteiligung an der NATO-Luftüberwa-
chungsoperation über dem Kosovo
– Drucksache 14/16 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuß
Rechtsausschuß
Verteidigungsausschuß
Haushaltsausschuß
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die
heutige Generaldebatte im Anschluß an die Regierungs-
erklärung mit den Themenbereichen Europa, Außen-
und Sicherheitspolitik sowie Entwicklungspolitik und
Menschenrechte bis 16 Uhr dauern. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
Herr Bundeskanzler Gerhard Schröder.