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    Plenarprotokoll 13/240 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 240. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1998 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Eisenbahnunglücks in Eschede 22105 A Erweiterung der Tagesordnung 22105 D Begrüßung des Präsidenten der Nationalversammlung der Republik Burundi, Herrn Léone Ngendakumana, und seiner Delegation 22132 B Tagesordnungspunkt 1: Antrag der Bundesregierung Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien über den 19. Juni 1998 hinaus (SFOR-Folgeoperation) (Drucksache 13/10977) 22106 A Tagesordnungspunkt 2: Schlußbericht der Enquete-Kommission „Überwindung der Folgen der SEDDiktatur im Prozeß der deutschen Einheit" (Drucksache 13/11000) . . . . 22106 B Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 22106 B Vera Lengsfeld CDU/CSU 22106 D Siegfried Vergin SPD 22109 D Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22112 B Dr. Rainer Ortleb F.D.P 22113 D Dr. Ludwig Elm PDS 22115 B Rainer Eppelmann CDU/CSU 22116 C Stephan Hilsberg SPD 22116 D Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22121 D Reinhold Hiller (Lübeck) SPD 22123 A Harmut Koschyk CDU/CSU 22124 A Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 22125 C Tilo Braune SPD 22125 D Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 22115 B Zusatztagesordnungspunkt 1: Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. Wahl von Mitgliedern in den Stiftungsrat der „Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur" (Drucksache 13/10978) 22127 A Tagesordnungspunkt 3: Menschenrechtsdebatte a) Große Anfrage der Fraktionen CDU/ CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. Umsetzung des Schlußdokuments der 2. Menschenrechtsweltkonferenz „Wiener Erklärung und Aktionsprogramm" vom Juni 1993 (Drucksachen 13/8254, 13/9595) . . . 22127 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Regina SchmidtZadel, Rudolf Bindig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD zu der Großen Anfrage der Abge- ordneten Regina Schmidt-Zadel, Brigitte Adler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Beschneidung von Mädchen und Frauen - Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungsländern und Industrieländern - zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Amke Dietert-Scheuer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Genitalverstümmelungen ächten, Mädchen und Frauen schützen (Drucksachen 13/6937, 13/8281, 13/9401, 13/9335, 13/10682) 22127 B c) Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung 4. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen (Drucksachen 13/8861, 13/10688) 22127 C d) Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen (Drucksachen 13/6400, 13/9056) . 22127C e) Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD Unterstützung der weltweiten Bemühungen um die Abschaffung der Todesstrafe (Drucksachen 13/6060, 13/9055) 22127 D f) Antrag der Abgeordneten Waltraud Schoppe, Rita Grießhaber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Durchsetzung des Fakultativprotokolls zum „Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau" (Frauendiskriminierungskonvention) (Drucksache 13/ 10068) 22127 D g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen), Dr. Edith Niehuis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Frauenrechte weltweit stärken - Reform des auswärtigen Dienstes (Drucksachen 13/3151, 13/7210) 22128 A h) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Gruppe der PDS Amt eines/einer Menschenrechtsbeauftragten des Deutschen Bundestages und Einrichtung eines beratenden Gremiums „Rat für Menschenrechte" (Drucksachen 13/4749, 13/7547) . . . 22128 A i) Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Brigitte Adler, Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Umsetzung der Aktionsplattform von Peking - Frauenpolitik der Vereinten Nationen stärken (Drucksachen 13/7070, 13/10061) . . . . . . . . . . 22128 B j) Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Errichtung eines Menschenrechtsinstituts (Drucksache 13/10882) 22128 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. Einrichtung eines Deutschen Koordinierungsrats für Menschenrechte (Drucksache 13/10975) 22128 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. Verstärkung deutscher Beiträge zur Konfliktverhütung und Friedenserhaltung in Afrika (Drucksache 13/10980) 22128 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. Freilassung aller politischen Häftlinge und Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse in Nigeria (Drucksache 13/10979) 22128 C Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 22128 C Rudolf Bindig SPD 22130 B Amke Dietert-Scheuer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22132 C Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. 22134 C Steffen Tippach PDS 22136 A Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . 22137 B Ilse Falk CDU/CSU 22140 C Heide Mattischeck SPD 22142 C Heinrich Lummer CDU/CSU 22144 A Volker Neumann (Bramsche) SPD . . 22144 D Hanna Wolf (München) SPD 22146 A Volker Neumann (Bramsche) SPD . . 22147 C Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu den Auswirkungen der Brenner-Blockade auf den deutschen und europäischen Transitverkehr 22149 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22150 A Claus-Peter Grotz CDU/CSU 22151 A Angelika Graf (Rosenheim) SPD . . . 22151 D Horst Friedrich F.D.P. 22152 D Dr. Winfried Wolf PDS 22154 A Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär BMV 22155 A Karin Rehbock-Zureich SPD 22157 B Dr. Dionys Jobst CDU/CSU 22158 C Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22159 C Renate Blank CDU/CSU 22160 C Jutta Müller (Völklingen) SPD 22161 C Georg Brunnhuber CDU/CSU 22162 C Elke Ferner SPD 22164 A Tagesordnungspunkt 4: Fragestunde (Drucksachen 13/10938 vom 12. Juni 1998 und 13/10954 vom 17. Juni 1998) 22165 A Differenzen zwischen dem Bundesminister des Auswärtigen und dem Bundesminister der Verteidigung betr. die Notwendigkeit eines UNO-Mandats für einen möglichen militärischen Einsatz der NATO im Kosovo Dringl Anfr 1 Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antw StMin Helmut Schäfer AA . . . . 22165 A ZusFr Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22165 B Vorbehalt der Notwendigkeit eines Parlamentsbeschlusses vor einer deutschen Beteiligung an einem Militäreinsatz der NATO seitens des Bundesministers der Verteidigung gegenüber den NATO-Verteidigungsministern vor Zustimmung zu den Manövern über Albanien und Mazedonien Dringl Anfr 2 Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antw PStSekr Bernd Wilz BMVg . . . . 22165 D ZusFr Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22166 A Neuakzentuierung deutscher Europapolitik MdlAnfr 8 Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antw StMin Bernd Schmidbauer BK . . 22167 A ZusFr Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22167 A Kontrolle thailändischer Wirtschaftsmanager auf dem Frankfurter Flughafen durch Beamte des BGS MdlAnfr 15, 16 Jürgen Koppelin F.D.P. Antw PStSekr Manfred Carstens BMI . . 22167 D, 22168 B ZusFr Jürgen Koppelin F.D.P. . . 22168 A, 22168 B Nächste Sitzung 22169 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 22171* A Anlage 2 Entsorgung der abgebrannten Brennelemente des Atomkraftwerks Biblis; Rücknahmeverpflichtungen insbesondere in bezug auf die Wiederaufbereitungsanlagen in Sellafield und La Hague MdlAnfr 5, 6 - Drs 13/10938 - Klaus Hagemann SPD SchrAntw PStSekr Ulrich Klinkert BMU . 22171* B Anlage 3 Brief des Bundeskanzlers und des französischen Staatspräsidenten im Vorfeld des Europäischen Rates in Cardiff MdlAnfr 7 - Drs 13/10938 - Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN SchrAntw StMin Bernd Schmidbauer BK 22171* C Anlage 4 Politisches Konzept zur Lösung des Kosovo-Problems; NATO-Einsatz ohne ein UN- Mandat MdlAnfr 9, 10 - Drs 13/10938 - Gernot Erler SPD SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA . . . 22171* D Anlage 5 Erlaß einer Verordnung über „Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten"; Regelung der Rentenversicherungsleistungen für Arbeitnehmer MdlAnfr 11 - Drs 13/10938 -Hans Büttner (Ingolstadt) SPD SchrAntw PStSekr Horst Günther BMA . 22171* C Anlage 6 Zusätzlicher Kostenaufwand für kleine und mittlere Unternehmen durch die Unfallverhütungsvorschriften betr. Betriebsarzt und Arbeitssicherheit MdlAnfr 12, 13 - Drs 13/10938 - Dr. Egon Jüttner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Horst Günther BMA . 22171* D Anlage 7 Anzahl der Beförderungen im Bereich der obersten Bundesbehörden im Zeitraum 1. Januar bis 31. Mai 1998 im Vergleich zum Vorjahr MdlAnfr 14 - Drs 13/10938 - Hans Büttner (Ingolstadt) SPD SchrAntw PStSekr Manfred Carstens BMI 22173* B Anlage 8 Einheitliche Verwaltungspraxis bei der Bearbeitung der Anträge nach dem Vertriebenenzuwendungsgesetz hinsichtlich der Ausschlußgründe „Erhalt von Bodenreformland" sowie „Unterbrechung des Wohnsitzes in der DDR" MdlAnfr 19, 20 - Drs 13/10938 - Gisela Schröter SPD SchrAntw PStSekr'in Irmgard Karwatzki BMF 22173* C Anlage 9 Arbeitsverträge für Zivilbeschäftigte bei militärischen Einrichtungen auf fremdem Boden, insbesondere beim Truppenübungsplatz Vogelsang für Belgier MdLAnfr 21, 22 - Drs 13/10938 -Helga Kühn-Mengel SPD SchrAntw PStSekr'in Irmgard Karwatzki BMF 22174* A 240. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 17. Juni 1998 Beginn: 13.00 Uhr (Die Abgeordneten erheben sich)
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 17. 6. 98 Heyne, Kristin BÜNDNIS 17. 6. 98 90/DIE GRÜNEN Hoffmann (Chemnitz), SPD 17. 6. 98 Jelena Hovermann, Eike SPD 17. 6. 98 Kolbe, Manfred CDU/CSU 17. 6. 98 Kramp-Karrenbauer, CDU/CSU 17. 6. 98 Annegret Krautscheid, Andreas CDU/CSU 17. 6. 98 Kriedner, Arnulf CDU/CSU 17. 6. 98 Dr. Graf Lambsdorff, F.D.P. 17. 6. 98 Otto Leidinger, Robert SPD 17. 6. 98 Meckel, Markus SPD 17. 6. 98 Probst, Simone BÜNDNIS 17. 6. 98 90/DIE GRÜNEN Regenspurger, Otto CDU/CSU 17. 6. 98 Rennebach, Renate SPD 17. 6. 98 Rübenkönig, Gerhard SPD 17. 6. 98 Rupprecht, Marlene SPD 17. 6. 98 Schenk, Christina PDS 17. 6. 98 Schlee, Dietmar CDU/CSU 17. 6. 98 Singer, Johannes SPD 17. 6. 98 Verheugen, Günter SPD 17. 6. 98 Welt, Jochen SPD 17. 6. 98 Wester, Hildegard SPD 17. 6. 98 Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ulrich Klinkert auf die Fragen des Abgeordneten Klaus Hagemann (SPD) (Drucksache 13/10938 Fragen 5 und 6): Wohin wurden bislang die abgebrannten Brennelemente des Atomkraftwerkes Biblis jeweils verbracht, und wohin sollen sie in Zukunft gemäß Entsorgungsvorsorgenachweis verbracht werden? Welche Rücknahmeverpflichtungen bestehen hierbei insbesondere in bezug auf die Wiederaufbereitungsanlagen in Sellafield und La Hague? Zu Frage 5: Abgebrannte Brennelemente des Kernkraftwerkes Biblis wurden bisher zur Wiederaufarbeitung zur Anlagen zum Stenographischen Bericht COGEMA in La Hague/Frankreich und zur BNFL in Sellafield/Großbritannien verbraucht. Gemäß der vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Stichtag 31. Dezember 1997 durchgeführter Entsorgungsumfrage sollen Brennelemente des Kernkraftwerkes Biblis in Zukunft zur Wiederaufbereitung zur COGEMA und zur BNFL sowie zur Zwischenlagerung in die deutschen Zwischenlager Ahaus und Gorleben verbracht werden. Zu Frage 6: Die bei der Wiederaufbereitung anfallenden radioaktiven Abfälle sind in die Bundesrepublik Deutschland vertragsgemäß zurückzuführen. Die Bundesregierung hat sich in einem völkerrechtlich verbindlichen Notenwechsel verpflichtet, der Rückführung der Abfälle keine Hindernisse in den Weg zu legen. Anlage 3 Antwort des Staatsministers Bernd Schmidbauer auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 13/10938 Frage 7): Spiegelt der Brief des Bundeskanzlers und des Präsidenten der Französischen Republik im Vorfeld des Europäischen Rates in Cardiff insofern eine Wende der deutschen Europapolitik wider, als einerseits die Bundesregierung die bisherige europäische Integration für schon zu weitgehend erachtet, andererseits jetzt von der Bundesregierung die belgisch-französisch-italienische Position für eine - im Hinblick auf die Erweiterung der Europäischen Union - notwendige baldige Reform der europäischen Institutionen unterstützt wird? Nein. Anlage 4 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Fragen des Abgeordneten Gernot Erler (SPD) (Drucksache 13/10938 Fragen 9 und 10). Welches politische Konzept zur Lösung des Kosovo-Problems verfolgt derzeit die Bundesregierung und zwar sowohl gegenüber der Regierung in Belgrad wie gegenüber den Repräsentanten der Kosovo-Albaner in Prischtina? Hält die Bundesregierung einen NATO-Einsatz im Kosovo auch ohne ein Mandat der Vereinten Nationen für politisch sinnvoll, und auf welche Rechtsgrundlage könnte sich ein solcher NATO-Einsatz ohne VN-Mandat berufen? Zu Frage 9: Die Lage im Kosovo hat sich in den letzten Wochen dramatisch zugespitzt. Unter Beteiligung regulärer Einheiten der VJ versuchen die serbischen Sicherheitskräfte eine „Pufferzone" an der Grenze zu Albanien zu schaffen und schrecken dabei nicht vor exzessiver Gewalt gegen die Zivilbevölkerung zurück. Belgrad treibt damit die Kosovo-Albaner zunehmend in die Hände der radikalen Kräfte und fördert das Entstehen einer organisierten Guerillabewegung. Es geht für uns deshalb darum, alles zu unternehmen, eine friedliche Lösung des Kosovo-Konfliktes herbeizuführen und die Stabilität und Sicherheit der Nachbarländer, insbesondere Albaniens und Mazedoniens, zu sichern und zu stärken. Oberstes Ziel bleibt für uns und die übrigen Staaten der Kontaktgruppe eine Verhandlungslösung. Die Kontaktgruppe hat am 12. Juni durch Forderungen gegenüber Belgrad den politischen Rahmen hierfür abgesteckt. Der Europäische Rat hat am 15. Juni in Cardiff diese Forderungen bestätigt: - Ende der Aktionen gegen Zivilisten und Rückzug der Sicherheitskräfte; - Internationale Beobachtung, die die Einhaltung des Verzichts auf Gewalt gewährleisten soll; - Rückkehrmöglichkeiten für die Flüchtlinge und freier Zugang für Hilfsorganisationen; - Zügige Fortschritte im Dialog mit der Führung der Kosovo-Albaner. Die von Präsident Milosevic nach seinem Gespräch mit Präsident Jelzin gemachten Zusagen sind ein erster Schritt in die richtige Richtung. Nun müssen den Worten aber auch Taten folgen. Wir werden genau beobachten müssen, wie die Zusagen umgesetzt werden. Beide Seiten müssen einem kontinuierlichen Dialog mit internationaler Beteiligung zustimmen, um vertrauensbildende Maßnahmen zu diskutieren und eine politische Lösung für die Probleme des Kosovo zu finden. Hierbei muß es einen klaren Zeitplan für rasche Fortschritte geben. Ein politischer Dialog wird aber auch nicht in Gang kommen, wenn weiterhin von Mitgliedern der albanischen Gemeinschaft Gewaltakte verübt werden. Wir erwarten daher von der kosovo-albanischen Führung, daß sie ihre Ablehnung von Gewalt und terroristischen Aktionen unmißverständlich deutlich macht. Es muß eine Statusregelung gefunden werden, die sowohl die territoriale Integrität der Bundesrepublik Jugoslawien respektiert als auch die berechtigten Anliegen der Kosovo-Albaner statusrechtlich absichert. Die Menschen- und Bürgerrechte aller Einwohner des Kosovos müssen gewahrt werden. Zu Frage 10: Die Bundesregierung unterstützt die britischen Bemühungen zur Erreichung eines Mandates des VN- Sicherheitsrates. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Horst Günther auf die Frage des Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD) (Drucksache 13/10938 Frage 11): Hat die Bundesregierung inzwischen von ihrer Ermächtigung gemäß § 9 Abs. 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch Gebrauch gemacht und eine Verordnung über „Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten" erlassen und dabei auch Leistungen für Arbeitnehmer entsprechend § 31 Abs. 1 Nr. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Rentenversicherung) geregelt, und wenn nein, warum nicht? Die neu erlassene Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vom 31. Oktober 1997 enthält in § 3 die Regelungen über „Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten" . § 9 Abs. 6 Nr. 1 SGB VII als Ermächtigungsnorm für diese Vorschrift ist die inhaltlich identische Nachfolgevorschrift des § 551 Abs. 4 Nr. 4 Reichsversicherungsordnung. Dementsprechend enthielten auch die Vorgänger-Verordnungen der geltenden Berufskrankheiten-Verordnung stets diese sog. § 3-Leistungen. Die Vorschrift hat grundsätzlich eine präventive Zielrichtung, nämlich die Vermeidung von Gesundheitsschäden vor Eintritt des Versicherungsfalls „Berufskrankheit". Sie ist nicht anwendbar, wenn eine Erkrankung droht, die nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen ist. Die Unfallversicherungsträger sind durch § 3 BKV verpflichtet, „mit allen geeigneten Mitteln" der Gefahr des Entstehens, des Wiederauflebens oder der Verschlimmerung einer Berufskrankheit entgegenzuwirken. Ihnen steht hierbei nach Rechtsprechung und langjähriger Praxis ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Zu den Leistungen in diesem Zusammenhang zählen selbstverständlich auch alle medizinischen Maßnahmen nach den §§ 26 ff. SGB VII - nämlich vorbeugende ambulante und stationäre Heilbehandlung einschließlich z. B. heilklimatischer Kuraufenthalte. Die von Ihnen angesprochenen „stationären medizinischen Leistungen nach § 31 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch zur Sicherung der Erwerbsfähigkeit für Versicherte, die eine besonders gesundheitsgefährdende, ihre Erwerbsfähigkeit ungünstig beeinflussende Beschäftigung ausüben", sind nach altem wie nach neuem Recht von der Berufskrankheiten-Verordnung erfaßt. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Horst Günther auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) (Drucksache 13/10938 Fragen 12 und 13): Ist der Bundesregierung bekannt, welche kostenmäßigen Auswirkungen die Unfallverhütungsvorschrift 123 der Berufsgenossenschaften (VBG 123) hinsichtlich der Inanspruchnahme eines Betriebsarztes auf kleine und mittlere Unternehmen hat, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um eine Entlastung für diese Unternehmen zu erreichen? Ist der Bundesregierung bekannt, daß Kleinunternehmer und Freiberufliche nach VBG 122 an Kursen für Arbeitssicherheit teilnehmen müssen und dadurch mit einem zusätzlichen Kostenaufwand belastet werden? Zu Frage 12: Die Kosten aus der Inanspruchnahme eines Betriebsarztes aufgrund der Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte" (VBG 123) hängen davon ab, welches Betreuungsmodell gewählt wird und welches Preis-Leistungsverhältnis sich aus den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen ergibt. Dies hängt von der Ausgestaltung des jeweiligen Einzelfalles ab. Allgemeine Aussagen zu kostenmäßigen Auswirkungen sind daher nicht möglich. Das vorausschauende Einbringen von Sicherheits- und Gesundheitsschutzaspekten als selbstverständlicher Bestandteil in die betrieblichen Abläufe ist jedenfalls immer billiger und für den Arbeitgeber wirtschaftlicher als eine spätere „Reparatur" bereits entstandener Gesundheitsschäden. Zu Frage 13: Es trifft nicht zu, „daß Kleinunternehmer und Freiberufler nach der Unfallverhütungsvorschrift ,Fachkräfte für Arbeitssicherheit' (VBG 122) an Kursen für Arbeitssicherheit teilnehmen müssen". Einige Unfallversicherungsträger bieten als Alternative zur Regelbetreuung das sogenannte „Unternehmermodell" an. Bei diesem Modell hat der Unternehmer die Möglichkeit, in Seminarveranstaltungen einschlägige Arbeitsschutzkenntnisse selbst zu erwerben. Macht er hiervon Gebrauch, kann die im Rahmen der Regelbetreuung vorgesehene Einsatzzeit auf die Hälfte reduziert werden, bzw. muß eine sicherheitstechnische Beratung nur noch im Bedarfsfall in Anspruch genommen werden. Selbstverständlich kann der Unternehmer auch auf andere Betreuungsformen zurückgreifen. Er kann beispielsweise einen eigenen Mitarbeiter zur Fachkraft ausbilden lassen, einen externen sicherheitstechnischen Dienst beauftragen oder sich einem berufsgenossenschaftlichen Dienst anschließen. Denkbar ist auch die Bildung sogenannter ,,pools" von kleineren Betrieben, die über gemeinsame Betreuungsverträge häufig günstigere Konditionen für eine Betreuung erhalten. Welche Alternative der Unternehmer unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten auswählt, liegt allein in seiner Entscheidung. Die kostensenkenden Möglichkeiten sind sicherlich häufig noch nicht ausgeschöpft. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Manfred Carstens auf die Frage des Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD) (Drucksache 13/10938 Frage 14): Wie viele Beförderungen wurden im Bereich der obersten Bundesbehörden - aufgeschlüsselt nach den einzelnen Ressorts - im Zeitraum zwischen 1. Januar 1998 und 31. Mai 1998 vorgenommen, und wie hoch waren die Vergleichszahlen - aufgeschlüsselt nach den einzelnen Ressorts - im Vergleichszeitraum des Jahres 1997? Die von Ihnen erbetenen Zahlen werden in den üblichen Statistiken nicht erfaßt. Das Bundesministerium der Finanzen führt jedoch auf Bitten des Haushaltsausschusses eine Erhebung über die Beförderungen/Höhergruppierungen bei den obersten Bundesbehörden (alle Besoldungs- und Vergütungsgruppen) in 1998 durch. Der Bericht wird im Laufe des Monats Juni 1998 dem Haushaltsausschuß zugeleitet. Ich bitte um Verständnis, daß ich wegen des damit verbundenen erheblichen Aufwandes von einer gesonderten Umfrage abgesehen habe. Ich werde Ihnen jedoch unverzüglich einen Abdruck des für den Haushaltsausschuß erarbeiteten Berichts zuleiten. Anlage 8 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die Fragen der Abgeordneten Gisela Schröter (SPD) (Drucksache 13/10938 Fragen 19 und 20): Wird die Bundesregierung im Nachgang zum Schreiben der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesministerium der Finanzen, Irmgard Karwatzki, vom 4. Mai 1998 an die zuständigen Minister der neuen Länder Initiativen ergreifen, um eine einheitliche Verwaltungspraxis bei der Bearbeitung der Anträge nach dem Vertriebenenzuwendungsgesetz hinsichtlich der Ausschlußgründe „Erhalt von Bodenreformland" sowie „Unterbrechung des Wohnsitzes in der DDR" sicherzustellen, und wenn ja, welche? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die notwendige einheitliche Verwaltungspraxis einer gesetzlichen Präzisierung der Auslegungsspielräume hinsichtlich der genannten Ausschlußgründe bedarf, und wie begründet sie ihre Auffassung? Zu Frage 19: Auf Initiative des Bundesministeriums der Finanzen haben sich die Vertreter der neuen Bundesländer, denen die Durchführung des Vertriebenenzuwendungsgesetzes obliegt, bei einer Besprechung in Berlin am 10. Juni 1998 auf der Grundlage meines Schreibens vom 4. Mai 1998 auf eine einheitliche Verwaltungspraxis geeinigt. Diese Verwaltungspraxis wird derzeit präzisiert. Die Bundesregierung betrachtet damit die Angelegenheit für erledigt. Zu Frage 20: Die Bundesregierung teilt diese Auffassung nicht. Eine einheitliche Verwaltungspraxis ist gewährleistet. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die Fragen der Abgeordneten Helga Kühn-Mengel (SPD) (Drucksache 13/10938 Fragen 21 und 22): Ist die Bundesregierung bereit, sich im Rahmen einer nach § 82 des NATO-Truppenstatuts vorgesehenen Überprüfung desStatus der Beschäftigten dafür einzusetzen, daß Arbeitsverträge für Zivilbeschäftigte bei militärischen Einrichtungen auf fremdem Boden (z. B. Vogelsang) grundsätzlich nur unter dem Recht des jeweiligen Aufnahmestaates abgeschlossen werden können? Trifft es zu, daß beispielsweise beim Truppenübungsplatz Vogelsang durch sog. Belgische Verträge Beschäftigte zu Lasten des deutschen Fiskus Vergünstigungen im Bereich der Mehrwert- und Mineralölsteuer sowie durch bis zu 30 % günstigere Einkaufsmöglichkeiten erhalten und möglicherweise so zu Lasten des deutschen Fiskus ein Anreiz geschaffen wird, das deutsche Tarifrecht zu verlassen und Arbeitsverträge nach belgischem Recht mit deutlich schlechterem sozialen Schutzniveau zu akzeptieren, und sieht die Bundesregierung insoweit Handlungsbedarf? Zu Frage 21: Für die bei den Streitkräften der Entsendestaaten beschäftigten örtlichen Arbeitskräfte gilt nach Artikel IX Absatz 4 NATO-Truppenstatut ausdrücklich, daß sich die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere die Löhne und Gehälter, die Zuschläge und die Arbeitsschutzbedingungen nach dem Recht des Aufenthaltsstaates bestimmen. Nur bei Vorliegen bestimmter, enger Voraussetzungen können die Streitkräfte der Entsendestaaten als sogenanntes ziviles Gefolge auch Zivilpersonen im Sinne von Artikel I Absatz 1 b des NATO-Truppenstatuts beschäftigen, die einen besonderen Status genießen und für die in der Regel das Recht des jeweiligen Entsendestaates gilt. Die Regierungen der Unterzeichnerstaaten des NATO-Truppenstatuts streben keine Revision des NATO-Truppenstatuts an. Zu Frage 22: Davon ausgehend, daß eine Revision des NATO- Truppenstatuts nicht anzustreben ist, sind Lieferungen und sonstige Leistungen nur an in der Bundesrepublik Deutschland stationierte ausländische Truppen oder deren ziviles Gefolge unter bestimmten Voraussetzungen abgabenbegünstigt. Alle übrigen Personen sind nicht berechtigt, Lieferungen und sonstige Leistungen abgabenbegünstigt zu empfangen. Danach besteht für diesen Personenkreis kein Anreiz Arbeitsverträge nach belgischem Recht zu schließen. Darüber hinaus wirkt die Bundesregierung darauf hin, daß die Vergünstigungen nach dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut (ZA-NTS) nur von den dazu berechtigten Personen in Anspruch genommen werden.
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    Rede von Amke Dietert-Scheuer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben es schon erwähnt: In diesem Jahr jährt sich die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zum 50. Mal. Die Instrumente des internationalen und auch des regionalen Menschenrechtsschutzes wurden seitdem beständig erweitert, konkretisiert und in vielen Fällen durch Überwachungsmechanismen auch wirksamer gemacht. In dieser Weiterentwicklung des Menschenrechtsschutzes hat auch die Bundesregierung immer eine aktive Rolle eingenommen. Hervorzuheben ist hier insbesondere das Engagement von Gerhart Baum als deutschem Vertreter bei der UN-Menschenrechtskommission.
    Aktuell wird die Debatte um die Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofes für Menschenrechte geführt. Auch in diesem Punkt - ich betone das ausdrücklich - begrüße ich die Position von Bundesaußenminister Kinkel. Er fordert - wie es auch im Unterausschuß für Menschenrechte allgemeiner Konsens ist - einen Strafgerichtshof, der politisch unabhängig ist und eigenständig Ermittlungen aufnehmen kann.
    Aber wenn es nicht mehr um die Verabschiedung von Konventionen, sondern um ihre konkrete Durchsetzung geht, sieht es mit der Menschenrechtspolitik der Bundesregierung anders aus. Im 4. Menschenrechtsbericht - wie auch in den vorangegangenen Berichten - werden zwar zahlreiche Beispiele aufgeführt, wo Menschenrechtsverletzungen gegenüber den dafür verantwortlichen Regierungen angesprochen werden - ein Konzept für eine umfassende und wirksame Menschenrechtspolitik ist aber nicht zu erkennen.
    Ein aktives Eintreten für die Umsetzung vorhandener Mechanismen - wir haben es zum Beispiel im

    Amke Dietert-Scheuer
    Falle der Türkei immer wieder gefordert - wird von der Bundesregierung verweigert. Wir müssen immer wieder feststellen: Das Eintreten der Bundesregierung gegen Menschenrechtsverletzungen wird von politischen Verbundenheiten sowie von wirtschaftlichen und strategischen Interessen abhängig gemacht. Wenn wirtschaftliche Nachteile befürchtet werden, tritt der Einsatz für Menschenrechte zurück, egal, ob es sich um China, Nigeria oder andere Länder handelt. Gleiches gilt für den Rüstungsexport. Seit Jahren fordert Amnesty International, hier zumindest eine Menschenrechtsklausel einzuführen. Die Bundesregierung lehnt dies ab.
    Wenn die Wahrung von Menschenrechten nicht konsequent und unparteiisch eingefordert wird, verliert sie insgesamt an Glaubwürdigkeit und Durchsetzungsfähigkeit. Darauf weist auch unser gemeinsamer Antrag zur Ächtung der Todesstrafe hin. Solange zur Todesstrafe in den USA geschwiegen wird, wird man auch eine Änderung der diesbezüglichen Politik in China oder im Iran nicht durchsetzen können.
    Zu einer effektiven Menschenrechtspolitik gehört auch die Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte. In ihrer Antwort auf unsere gemeinsame Große Anfrage erklärt die Bundesregierung, sie räume diesen Rechten eine hohe Priorität ein. Konsequenzen in der konkreten Politik sind aber nicht feststellbar.
    Auf der Weltmenschenrechtskonferenz in Wien wurde das Recht auf Entwicklung als Menschenrecht anerkannt. Die Industriestaaten, auch die Bundesrepublik, waren allerdings sehr darauf bedacht, dieses Recht als Anspruch der Menschen gegen ihren eigenen Staat zu interpretieren, nicht aber als ein Recht auf Entwicklungshilfe. Sicherlich: Oft sind die Regierungen in Staaten des Südens durch Korruption und Mißwirtschaft selbst für die Verarmung ihrer Bevölkerung mit verantwortlich. Aber auch die Industriestaaten des Nordens dürfen sich von ihrer Verantwortung für die sozialen Rechte aller Menschen nicht zurückziehen.
    Die Selbstverpflichtung der Industriestaaten, 0,7 Prozent ihres Bruttosozialproduktes für Entwicklungshilfe bereitzustellen, wird nicht eingehalten, auch nicht von der Bundesregierung. Der Entwicklungshilfeanteil im Bundeshaushalt ist von 0,42 Prozent im Jahre 1990 auf den heutigen Tiefststand von 0,29 Prozent gesunken. Noch trauriger sieht die Bilanz bei den besonders wichtigen Projekten zur selbsthilfeorientierten Armutsbekämpfung aus. Auf sie entfallen nur 15 Prozent des ohnehin schon bescheidenen Entwicklungshilfebudgets. Gerade diese Ansätze wären aber besonders wichtig für die Förderung sowohl der sozialen als auch der politischen Menschenrechte.
    Die Menschenrechtslage im Empfängerland ist auch in unserer Politik ein Kriterium für die Vergabe von Entwicklungshilfe. Den größten Anteil an deutscher Entwicklungshilfe erhalten jedoch Staaten, in denen die Menschenrechte in gravierender Weise verletzt werden: Ägypten, Türkei, Indien, Indonesien und China. Man kann sich da des Eindrucks nicht erwehren, daß es eher um politische und wirtschaftliche Interessen als um den Einsatz für Menschenrechte geht.
    Fazit: So begrüßenswert die Bemühungen der Bundesregierung auf der Ebene der internationalen Organisationen sind, so ernüchternd ist ihr konkretes Handeln.
    Das gilt ebenso für die Menschenrechte von Frauen, die einen wesentlichen Teil unserer heutigen Debatte ausmachen. Der Hervorhebung der notwendigen Verbesserung der Menschenrechtssituation von Frauen in allen Politikfeldern steht die politische Praxis der Bundesregierung kraß entgegen. Im März dieses Jahres haben in New York die Verhandlungen über das Fakultativprotokoll zur UN-Konvention zur Abschaffung der Diskriminierung von Frauen stattgefunden. Die Delegation der Bundesrepublik vertrat in diesen Verhandlungen eine äußerst konservative und restriktive Haltung, auch im Vergleich zu den anderen EU-Delegationen. Sie ist offensichtlich bemüht, das Beschwerderecht bei Verstößen gegen die Konvention so eng wie möglich zu fassen.

    (Hanna Wolf [München] [SPD]: Das ist ein Skandal!)

    Die Genitalverstümmelung an Frauen ist ein Thema, mit dem sich unsere Fraktion in dieser Legislaturperiode intensiv beschäftigt hat. Wir begrüßen es daher ganz besonders, daß wir uns hier auf einen interfraktionellen Antrag einigen konnten, der erhebliche Fortschritte bringt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Darin wird Genitalverstümmelung klar als Menschenrechtsverletzung und als Verstoß gegen die gesetzlich geschützte körperliche Unversehrtheit benannt. Die Bundesregierung wird aufgefordert, Projekte zu unterstützen, die gegen die Genitalverstümmelung kämpfen, sowie Beratungs- und Hilfsangebote für betroffene Frauen bereitzustellen - sowohl in den Ländern, in denen Genitalverstümmelung praktiziert wird, als auch für Frauen, die bei uns leben. Ein positiver Schritt ist die Aufforderung, im Asyl- und Ausländerrecht drohende Genitalverstümmelungen zu berücksichtigen und betroffenen Frauen und Mädchen Schutz zu gewähren, auch wenn wir uns hier eine präzisere rechtliche Festlegung gewünscht hätten. Immerhin ist es aber zu diesem wesentlichen Schritt gekommen.
    Damit komme ich zu dem Punkt, der in der Menschenrechtsbilanz der Bundesregierung weitgehend fehlt, zu der Verwirklichung der Menschenrechte in Deutschland, also in unserem Land.

    (Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Frau Kollegin, wo leben Sie eigentlich?)

    Während die Bundesregierung in ihren Erklärungen der Durchsetzung der Menschenrechte von Frauen höchste Priorität einräumt, sieht es in der Praxis anders aus. Auf internationaler Ebene wird der Schutz von Frauen hochgehalten. Wenn sie aber Schutz bei uns suchen, heißt es, frauenspezifische Verfolgung sei dann keine politische oder gezielte Verfolgung,

    Amke Dietert-Scheuer
    wenn alle Frauen in dem betreffenden Land diese Unterdrückung hinnehmen müßten.
    Die menschenverachtende Praxis in der Asylpolitik betrifft allerdings nicht nur Frauen. Es mutet geradezu zynisch an, wenn sich die Bundesregierung in ihrem 4. Menschenrechtsbericht rühmt, einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Unversehrtheit des Lebens politisch Verfolgter geleistet zu haben. Sicherlich, die Bundesregierung hat es zwar ermöglicht, daß viele Flüchtlinge aufgenommen wurden. Sie ist aber federführend daran beteiligt, die Grenzen der EU für Flüchtlinge immer unüberwindbarer zu gestalten.
    Die Rechtsprechung in der Bundesrepublik verweigert den Schutz von Menschen vor Folter und bei Gefahr für Leib und Leben für den Fall, daß diese Gefahr nicht vom Staat ausgeht. Das betrifft, wie bereits gesagt, die geschlechtsspezifische Verfolgung von Frauen, aber auch andere politische Flüchtlinge bzw. Flüchtlinge vor Bürgerkriegssituationen. Wir können hier die Rechtsprechung nicht korrigieren. Dringend notwendig ist aber eine gesetzliche Klarstellung, die den umfassenden Schutz aller verfolgten und an Leib und Leben bedrohten Menschen garantiert.
    Abgesehen von dieser rechtlichen Fragestellung haben die Bundesregierung und die Länder keine Hemmungen, Menschen trotz drohender Folter abzuschieben. Kürzlich ist wieder bekanntgeworden, daß ein kurdischer Flüchtling nach seiner Abschiebung in die Türkei schwer gefoltert wurde. Konsequenzen werden daraus nicht gezogen. Angeblich handele es sich um einen Einzelfall. Wir haben im vergangenen Jahr eine ganze Liste solcher angeblicher Einzelfälle dokumentiert. Alle diese Informationen werden in zynischer Weise weggewischt, um Abschiebungen weiter praktizieren zu können.
    Mit ihrer Hetzkampagne gegen Flüchtlinge und Ausländer zu Wahlkampfzwecken trägt die Bundesregierung bzw. tragen bestimmte einzelne Mitglieder der Bundesregierung zum erneuten Anstieg fremdenfeindlicher Gewalttaten bei.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    In der Antwort auf die Große Anfrage zur Umsetzung der Wiener Erklärung wird diese Problematik in unzulässiger Weise verharmlost.
    Einen absoluten Tiefpunkt hat der Umgang mit Menschenrechten im Rahmen der aktuellen Pläne zur Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes erreicht. Damit wird hier lebenden Menschen, die oft aus guten Gründen nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können, praktisch das Existenzrecht entzogen.

    (Cornelia Schmalz-Jacobsen [F.D.P.]: Das stimmt ja nun nicht!)

    Menschenrechtspolitik fängt im eigenen Land an. Nur so ist sie glaubwürdig und damit ein Element effizienter internationaler Menschenrechtspolitik.
    Diese Sätze gehören inzwischen zum Standardrepertoire der Menschenrechtsberichte der Bundesregierung. An deren Umsetzung fehlt es aber leider nach wie vor.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich gebe der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte ist eine Bilanz der Menschenrechtsarbeit des Deutschen Bundestages der vergangenen vier Jahre am Ende dieser Legislaturperiode. Wir haben mit der Bundesregierung nicht nur einen intensiven Dialog geführt, sondern durch eine Fülle eigener Initiativen immer wieder dem wachsenden Interesse vor allen Dingen seitens der jungen Generation, aber auch seitens vieler engagierter Bürger der Bundesrepublik Deutschland an Menschenrechtsfragen Rechnung getragen. Ich muß feststellen, daß das Interesse des Deutschen Bundestages an diesen Fragen bedauerlicherweise zu gering ausgefallen ist.
    Die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage aller Fraktionen dieses Hauses zum Thema „Umsetzung des Schlußdokuments der 2. Menschenrechtsweltkonferenz 'Wiener Erklärung und Aktionsprogramm' vom Juni 1993" macht deutlich, daß die Menschenrechtsarbeit auch in der Bundesregierung einen deutlich höheren Stellenwert gefunden hat. Es hat eine Entwicklung der Integration der Menschenrechtspolitik nicht nur in die Außenpolitik, sondern auch in die Entwicklungspolitik stattgefunden, die wir nur begrüßen können. Zu fordern ist jedoch, daß die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung auch mit anderen Ressorts - hier nenne ich speziell das Innenministerium - verbessert wird. Allerdings halte ich, Frau Kollegin Dietert-Scheuer, die Ausführungen, die Sie gerade gemacht haben, für überzogen und ziemlich daneben, was die Menschenrechtslage in der Bundesrepublik Deutschland anbelangt.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Einen weiteren Wunsch habe ich an die Bundesregierung: Es geht mir für die nächste Legislaturperiode um eine intensivere Abstimmung mit Fragen des Außenhandels. Auch dieses Instrument kann zur Durchsetzung von Zielen eingesetzt werden; denn wir haben festgestellt, daß wir zwar eine Fülle von Instrumenten gerade auf der internationalen Ebene, im Bereich der Vereinten Nationen entwickelt haben, uns dann aber gegenüber bestimmten Ländern doch wieder die Hände gebunden sind.
    Als Beispiel hierfür nenne ich Nigeria. Über viele Jahre haben wir uns auch in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages überlegt, wie wir den Diktator - ich glaube, man kann ihn auch als Schlächter bezeichnen - Abacha dazu bringen können, Menschenrechte in seinem Land besser zu beachten. Durch seinen plötzlichen Tod ist dort eine Veränderung möglich geworden. Wir werden heute ja auch

    Dr. Irmgard Schwaetzer
    einen Antrag verabschieden, der nicht nur die Freilassung von General Obasanjo begrüßt, sondern auch die Freilassung des Wahlsiegers von 1993, Herrn Abiola, fordert. Hier ist noch einiges zu tun.
    Lassen Sie mich noch etwas zum Instrumentarium sagen: Die Wiener Menschenrechtserklärung von 1993 ist nach der Erklärung, deren 50jährige Wiederkehr wir in diesem Jahr feiern, das wichtigste Dokument, weil sie, auch was ihr Aktionsprogramm angeht, von allen Staaten anerkannt und bis heute von keinem Staat außer Kraft gesetzt worden ist. Sie ist die Berufungsgrundlage für alle Staaten, die sich in Sachen Menschenrechte anderen Staaten gegenüber engagieren. Nicht nur ist in der Erklärung von 1993 die Universalität der Geltung der Menschenrechte festgeschrieben worden, um deren Anerkennung wir allerdings immer wieder kämpfen müssen, sondern es ist auch festgeschrieben worden, daß es sich bei der Verletzung von Menschenrechten nicht um innere Angelegenheiten handelt. Dieser Punkt wird immer wieder diskutiert, derzeit wieder im Hinblick auf den Kosovo. In diesem Zusammenhang muß ich uns alle aber daran erinnern, daß wir uns auch in Fragen der Wahrnehmung von Menschenrechtsverletzungen - auch wenn es noch so schwerfällt - immer an unsere eigenen rechtsstaatlichen Grundlagen halten müssen.
    Zurück zum Instrumentarium: Mit der Wiener Erklärung ist nicht nur das Amt des Hochkommissars eingeführt worden, der allerdings immer noch ein etwas kümmerliches Dasein im System der Vereinten Nationen führt und besser ausgestattet werden muß, es ist auch das Amt der Sonderberichterstatterin für Frauenfragen eingeführt worden. Dies sehe ich als einen Durchbruch der vergangenen Jahre an, ist uns doch viel zu lange vorgehalten worden, es gebe keine frauenspezifischen Menschenrechtsverletzungen. Dies ist glücklicherweise überwunden, und auf dem Weg der Beachtung frauenspezifischer Rechte müssen wir weitergehen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Im Bereich der Abkommen ist noch einiges zu tun. Es gibt noch kein UN-Abkommen gegen Folter und andere grausame und unmenschliche Strafen. Das Abkommen innerhalb der Europäischen Union kann und muß hier sicherlich Beispiel sein. Aber die Tatsache, daß Folter und Todesstrafe weltweit massiv zugenommen haben, wir aber im Bereich der Vereinten Nationen noch kein Instrument in Form eines Abkommens haben, um dagegen vorzugehen, macht deutlich, wo wichtige Bereiche zukünftiger Arbeit liegen.
    Wir haben einen interfraktionellen Antrag zur Abschaffung der Todesstrafe verabschiedet. Ich begrüße an dieser Stelle, daß mit der Aufnahme in den Europarat viele osteuropäische Länder nicht nur ein Moratorium für die Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe zugesagt haben und einhalten, sondern auch beginnen, ihre Gesetze zu ändern. Hier wird innerhalb des Europarates Nachdruck nötig sein.
    Wir werden allerdings auch - hierzu fordere ich die Bundesregierung ausdrücklich auf, aber auch uns selber in der Auseinandersetzung mit Kollegen des Kongresses der Vereinigten Staaten - das Bewußtsein dafür schärfen müssen, daß Todesstrafe eine erniedrigende Strafe ist, die in einem demokratischen Rechtsstaat keine Berechtigung findet.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Die Zunahme der Zahl der Vollstreckungen der Todesstrafe in den Vereinigten Staaten ist für uns nicht akzeptabel. Vor allen Dingen ist nicht akzeptabel, daß diese bereits an Kindern vollstreckt wird. Wir müssen einer alten traditionellen Demokratie wie den Vereinigten Staaten, die weltweit eine Signalfunktion innehaben, versuchen zuzureden, von dieser Praxis abzuweichen.
    Der Völkermord in Ruanda und der Krieg in Bosnien haben uns klargemacht, daß Strafgerichtshöfe und die Aufarbeitung der Verbrechen eine wichtige Voraussetzung dafür sind, daß innerer Frieden auch nach Bürgerkriegen wachsen kann. Deswegen ist die Bundesregierung in ihrem Bemühen zu unterstützen, die Verhandlungen über einen internationalen Strafgerichtshof fortzuführen und auf einen glücklichen Abschluß hinzuwirken. Dabei ist es meines Erachtens wichtig, daß dieser Strafgerichtshof überhaupt zustande kommt. Erst in zweiter Linie wäre mir wichtig, daß er ein möglichst breites Spektrum von Verbrechen behandelt. Ich denke, daß Bosnien hier beispielgebend sein könnte.
    Noch ein letztes Wort zu frauenspezifischen Menschenrechtsverletzungen - die Redezeit ist bereits abgelaufen -: Wir haben einen interfraktionellen Antrag gegen die Beschneidung von Frauen verabschiedet. Ich denke, daß wir auch innenpolitisch gefordert sind, klarzumachen, daß es sich hierbei um einen strafrechtlich relevanten Tatbestand handelt; denn es ist nicht nur eine Menschenrechtsverletzung, sondern eine schwere Körperverletzung.
    Wir sollten aber vor allen Dingen international darauf hinwirken, daß die Staaten ihre Verpflichtung aus der Pekinger Erklärung ernst nehmen und nicht nur Beschneidungen verbieten, sondern Beschneider auch innerstaatlich verfolgen. Dies hat nichts mit Tradition zu tun. Es geht vielmehr darum, die Universalität von Menschenrechten einzufordern.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, daß wir zu dem Thema „Glaubwürdigkeit in der Menschenrechtspolitik" in der vergangenen Legislaturperiode wichtige Diskussionen geführt haben. Ich hoffe, daß wir auf diesem Weg in der nächsten weitermachen können.
    Danke schön.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)