Rede von
Christian
Schmidt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte - der Bitte des Kollegen Verheugen entsprechend - der Bundesregierung, die erschöpfend zur Vorgeschichte Stellung genommen hat, zur Seite treten und aus dem Beschluß des Europäischen Rates vom 15. September 1997, Ziffer 5, 4. Spiegelstrich, zitieren:
Bilaterale ministerielle Kontakte zwischen der Europäischen Union und Belarus werden grundsätzlich nur über den Vorsitz oder die Troika geknüpft.
Herr Verheugen, hier haben Sie Ihr Zitat.
Das ist hier nun gerade nicht passiert, es sei denn, Sie sagen: Er ist Ministerpräsident und kein Minister, deswegen gilt es für ihn nicht. Na gut, ich würde sagen: Ostern war bei der SPD so, daß Herr Schröder die faulen Eier gelegt hat, auf denen die SPD-Fraktion jetzt tanzen muß.
Aber auch Ihr Parforceritt, Herr Verheugen, wird nicht davon ablenken können, daß dieses Treffen schädlich war, das vom Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda in Minsk natürlich ausgeschlachtet worden ist. Ich habe am Samstag anläßlich eines Zusammentreffens in Österreich mit den Vertretern der Opposition gesprochen. Die haben sich bitter über die Propaganda beklagt, die dieser Besuch ausgelöst hat, und haben sich ausdrücklich beim Bundestag für die Beschlußlage bedankt, die wir herbeigeführt haben. Sie haben an die EU appelliert, das aufrechtzuerhalten, was gerade von der
Christian Schmidt
Bundesregierung sehr deutlich und klar dargestellt worden ist.
Nun komme ich zu der Frage: Wenn das an alle Staatskanzleien ging - so habe ich den Herrn Staatsminister verstanden -, also an die Posteingangsstellen aller 16 deutschen Bundesländer, muß man fragen, wie es denn die anderen damit gehalten haben. Ist Herr Schröder etwa von der Ministerpräsidentenkonferenz beauftragt worden? Nein, ich kann Ihnen eine interessante Mitteilung machen: Es gab natürlich auch andere Staatskanzleien, bei denen angefragt worden ist. Es gibt einen Ministerpräsidenten, der besonders dafür bekannt ist, daß er sich nachhaltig für wirtschaftliche Entwicklungen in seinem Bundesland einsetzt, der übrigens auch sehr viel bessere Wirtschaftsdaten aufweisen kann als das Bundesland Niedersachsen, der im Verhältnis zu der miesen Bilanz, die Herr Schröder in Niedersachsen aufbieten kann, sowohl bei den Arbeitslosenzahlen als auch beim Wirtschaftswachstum weitaus besser - golden, glänzend - dasteht; das ist der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber.
Edmund Stoiber hat auch eine Anfrage erhalten, ob er sich mit Herrn Lukaschenko treffen möge.
- Hören Sie es sich an. Es kann gut sein, daß Sie sich einige Dinge sowohl heute als auch in den nächsten Auseinandersetzungen noch einmal anhören müssen.
Nach Beratung hat sich der bayerische Ministerpräsident entschieden, den Kontakt mit Herrn Lukaschenko nicht zu suchen.
Er hat sich entschieden, Herrn Lukaschenko einen Korb zu geben, weil er sich in seiner staatspolitischen Verantwortung an die Beschlußlage der Europäischen Union und an die Ratschläge der Bundesregierung gebunden gesehen hat. Genau dies vermissen wir bei Herrn Schröder und haben wir vermißt.
Der Kollege von der wackelnden Magdeburger Front hat gesagt, es wäre Zeitverschwendung, sich heute mit diesem Thema auseinanderzusetzen, weil es Wahlkampf wäre. Lieber Kollege von der PDS, hier haben Sie etwas verwechselt: Die Wahlveranstaltung fand in Niedersachsen statt. Die Wahlveranstaltung fand im Gästehaus der niedersächsischen Regierung statt. Ich kann mir schon die Gedankengänge vorstellen. Da sagt ein Hemdsärmeliger: „Was soll es denn? Ich zeige es mal, ich bin der große Macher. Weg mit solchen Bedenken! Wir machen das einfach und zeigen, welch große Maxe wir sind."
Wer aber die Nase so hoch trägt und für Informationen und grundlegende Kenntnisse in der Außenpolitik sowie für notwendige gemeinsame Verhaltens-
weisen nicht zugänglich ist, dem kann es passieren, daß er stolpert. Gerade das ist passiert.
Wenn es ein Einzelfall wäre, wenn es eigentlich ein prinzipienfester Mann wäre, der nicht wankt und seinen Weg gerade geht, gut, dann müßte man in der Tat vielleicht nicht so ausführlich darüber reden. Aber nachdem sich zwischenzeitlich auch seine Ehefrau, Frau Schröder-Köpf, in die Außenpolitik eingeschaltet hat und sich bemüßigt fühlt, sich über die Türkeipolitik zu äußern, über einen Sachverhalt,
zu dem ich angesichts der gegenwärtig sehr aufgeheizten emotionalen Argumentation und der Beschimpfungen, die von türkischer Seite kommen, jedem empfehlen würde, die Ruhe zu bewahren, aber auch deutlich zu machen, daß es auch hier um die Vertretung und Wahrung einer gemeinsamen deutschen Position geht, muß darüber gesprochen werden.
Zwischenzeitlich gibt es wohl noch eine Reihe weiterer solcher Überlegungen in bezug auf Wahlkampfreisen, die von Herrn Schröder geplant sind. Auch das, was in Paris an Äußerungen gefallen ist, ist nach unserer Meinung auch nicht gerade besonders klug gewesen. Wir können nur eines feststellen: Hier ist einer auf ein hohes niedersächsisches Roß gestiegen, und von diesem ist er heruntergefallen. Das ist alles andere als ein Ausweis verantwortungsvoller Politik. Dieser Mann ist in seinen außenpolitischen Eskapaden ein Risiko.