Rede:
ID1320401200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. jetzt: 1
    5. die: 1
    6. Kollegin: 1
    7. Christina: 1
    8. Schenk.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/204 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 204. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. November 1997 Inhalt: Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde, für die Aktuelle Stunde sowie der Vereinbarung über die Befragung der Bundesregierung in der Sitzungswoche ab 24. November 1997 18431 A Erweiterung der Tagesordnung 18494 C Tagesordnungspunkt 17: a) - Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten (Drucksachen 13/7163, 13/8586, 13/8989, 13/ 9062) - Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes der Gesellschaft vor gefährlichen Straftätern (Drucksachen 13/ 7559, 13/8989, 13/9062) - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. Uwe-Jens Heuer und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines .. Strafrechtsänderungsgesetzes - Sicherungsverwahrung (Drucksachen 13/2859,13/8989, 13/9062) . . 18431 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtausschusses - zu dem Antrag der Abgeordneten Gerald Häfner, Halo Saibold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Maßnahmen zur wirksameren Verfolgung der sexuellen Ausbeutung von Kindern durch Deutsche im Ausland - zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Rita Grießhaber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt verbessern - zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen), Dr. Jürgen Meyer (Ulm), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: 30-PunkteProgramm: Gesamtkonzept zum Schutz unserer Kinder vor sexueller Gewalt - zu dem Antrag der Abgeordneten Christina Schenk, Heidemarie Lüth, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Zur Prävention sexualisierter Gewalt an Kindern (Drucksachen 13/5139, 13/7087, 13/ 7092, 13/7166, 13/8989, 13/9062) . . 18431 C c) - Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (Drucksachen 13/7164, 13/8587, 13/8991, 13/9064) - Zweite und dritte Beratung des von Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bereinigung des Strafgesetzbuches und zur Reform der Strafvorschriften gegen Kinderhandel (Drucksachen 13/6038, 13/ 8991, 13/9064) - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - 174 c StGB (Drucksachen 13/8267, 13/8991, 13/9064) - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes - 174 c und 174 d StGB (Drucksachen 13/8548, 13/8991, 13/9064) - Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (Drucksachen 13/ 2203,13/8991,13/9064) - Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - Totengedenkstättenschutz (Drucksachen 13/3468, 13/8991, 13/ 9064) 18432 C d) Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zur Frage gesetzgeberischen Handlungsbedarfs bei Schutz vor sexuellem Mißbrauch in Abhängigkeits- und Therapieverhältnissen - zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Entkriminalisierung des Ladendiebstahls, Schwarzfahrens und der Fahrerflucht bei Sachbeschädigung (Drucksachen 12/8336, 13/725 Nr. 42, 13/2005, 13/8991, 13/9064) 18432 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Gerald Häfner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reform des Straf- und des Sanktionenrechts (Drucksache 13/8957) 18432 D in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 17 e: - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung (Gesetz zum Schutz von Zeugen bei Vernehmungen im Strafverfahren; Zeugenschutzgesetz) (Drucksachen 13/7165, 13/8990, 13/ 9063) - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Jürgen Meyer (Ulm), Dr. Eckart Pick, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung von Deliktopfern und zum Einsatz von Videogeräten bei Zeugenvernehmungen in der Hauptverhandlung (Drucksachen 13/3128, 13/ 8990, 13/9063) - Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung (Gesetz zum Schutz kindlicher Zeugen) (Drucksachen 13/ 4983, 13/8990, 13/9063) 18432 D Norbert Geis CDU/CSU 18433 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 18435 C, 18455 B Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 18436 B Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18439 A Jörg van Essen F.D.P. 18440 C Christina Schenk PDS 18442 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 18444 B Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 18444 D Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD . . . 18446 D, 18451B, 18458 D Hanna Wolf (München) SPD . 18447 B, 18458 A Erika Simm SPD 18448 B Franz Peter Basten CDU/CSU 18450 D Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18453 A Dr. Ulrich Goll, Minister (Baden-Württemberg) 18454 B Hermann Leeb, Staatsminister (Bayern) 18457 A Norbert Geis CDU/CSU 18458 C Anni Brandt-Elsweier SPD 18459 A Maria Eichhorn CDU/CSU 18460 D Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 18462 A Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Drucksachen 13/8012, 13/8653, 13/8794, 13/ 8994) 18465 D Heinz Schemken CDU/CSU 18466 A Adolf Ostertag SPD 18467 B Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18468 D Dr. Gisela Babel F.D.P 18469 D Dr. Heidi Knake-Werner PDS 18470 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 18471 B Namentliche Abstimmung 18472 D Ergebnis 18476 A Tagesordnungspunkt 18: a) - Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (Drucksachen 13/1439, 13/8917) - Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (Drucksachen 13/422, 13/8917) . . . 18473 A b) Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann und der weiteren Abgeordneten der PDS: Senkung der Promille-Grenze im Straßenverkehr auf 0,0 Promille - zu dem Antrag der Abgeordneten Gila Altmann (Aurich), Albert Schmidt (Hitzhofen), Rainder Steenblock und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Senkung der Promille-Grenze im Straßenverkehr auf 0,0 Promille (Drucksachen 13/612 (neu), 13/694, 13/ 8917) 18473 B c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (Drucksachen 13/3764, 13/8979) 18473 C d) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 13/6914, 13/7888) . 18473 D e) - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und anderer Gesetze (Drucksachen 13/5418, 13/8655) - Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Alfred Hartenbach, Dr. Herta Däubler-Gmelin, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, des Straßenverkehrsgesetzes und der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (Drucksachen 13/3691, 13/ 8655) 18473 D Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 18474 A Elke Ferner SPD 18478 B Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18480D, 18489 D Horst Friedrich F.D.P. 18482 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18483 B Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18484 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS . . 18484 B, 18485 D Monika Ganseforth SPD 18448 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 18485 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 18486 A Günter Oesinghaus SPD 18486 D Michael Jung (Limburg) CDU/CSU . . 18487 D Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18488A, 18491 D Alfred Hartenbach SPD 18490 B Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 18491 A Zusatztagesordnungspunkt 11: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages hier: Widerruf der Genehmigung zur Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen gegen das Mitglied des Deutschen Bundestages Dr. Erich Riedl (München) gemäß Artikel 46 Abs. 4 des Grundgesetzes (Drucksache 13/9045) 18494 C Tagesordnungspunkt 19: a) Antrag der Abgeordneten Winfried Nachtwei, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stopp der deutschen Beteiligung am Eurofighter (Drucksache 13/8150) . 18494 D b) Antrag der Abgeordneten Steffen Tippach, Andrea Gysi, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Keine Beschaffung des Eurofighters 2000 (Drucksache 13/8578) 18494 D Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18495 A Bernd Wilz, Parl. Staatssekretär BMVg 18496 B Uta Zapf SPD 18497 C, 18504 A Paul Breuer CDU/CSU 18498 A Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . 18499 B Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 18500 B Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 18501 C Hans Raidel CDU/CSU 18502 A Paul Breuer CDU/CSU 18503 B Tagesordnungspunkt 20: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Heuer, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Beendigung der Strafverfolgung für hoheitliches Handeln von DDR-Bürgern und über die Gewährung von Straffreiheit für Handlungen, bei denen der Strafzweck mit Herstellung der deutschen Einheit entfallen ist (Strafverfolgungsbeendigungsgesetz) (Drucksachen 13/1823, 13/4053) . . . 18504 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 18505 A Dr. Michael Luther CDU/CSU 18506 A Hans-Joachim Hacker SPD 18507 B Dr. Uwe-Jens Heuer PDS . . 18507 D, 18510 A Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18509 B Dr. Klaus Röhl F.D.P 18511 A Nächste Sitzung 18511 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 18512* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 7 (Entwurf: 3. Verjährungsgesetz), zu Zusatztagesordnungspunkt 8 (Antrag: Wirtschaftskriminalität in Deutschland insgesamt bekämpfen), zu Zusatztagesordnungspunkt 10 (Antrag: Keine Verlängerung der Verjährungsfristen) Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18512* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 18513* D 204. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. November 1997 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Berninger, Matthias BÜNDNIS 14. 11. 97 90/DIE GRÜNEN Bindig, Rudolf SPD 14. 11. 97 Böttcher, Maritta PDS 14. 11. 97 Dreßler, Rudolf SPD 14. 11. 97 Hoffmann (Chemnitz), SPD 14. 11. 97 Jelena Hovermann, Eike SPD 14. 11. 97 Janssen, Jann-Peter SPD 14. 11. 97 Kirschner, Klaus SPD 14. 11. 97 Klose, Hans-Ulrich SPD 14. 11. 97 Kriedner, Arnulf CDU/CSU 14. 11. 97 Kurzhals, Christine SPD 14. 11. 97 Lehn, Waltraud SPD 14. 11. 97 Lotz, Erika SPD 14. 11. 97 Marx, Dorle SPD 14. 11. 97 Palis, Kurt SPD 14. 11. 97 Probst, Simone BÜNDNIS 14. 11. 97 90/DIE GRÜNEN Reschke, Otto SPD 14. 11. 97 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 14. 11. 97 90/DIE GRÜNEN Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 14. 11. 97 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 14. 11. 97 Reinhard Schumann, Ilse SPD 14. 11. 97 Singer, Johannes SPD 14. 11. 97 Terborg, Margitta SPD 14. 11. 97 Wieczorek (Duisburg), SPD 14. 11. 97 Helmut * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 7 (Entwurf: 3. Verjährungsgesetz), zu Zusatztagesordnungspunkt 8 (Antrag: Wirtschaftskriminalität in Deutschland insgesamt bekämpfen), zu Zusatztagesordnungspunkt 10 (Antrag: Keine Verlängerung der Verjährungsfristen) (siehe 203. Sitzung, Seite 18404 B) Gerald Häfner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Aufarbeitung des in der DDR geschehenen Staatsunrechtes ist und bleibt eine wesentliche Voraussetzung für das Zusammenwachsen Ost- und Westdeutschlands. Damit die innere Einheit unseres Landes auf einem sicheren Fundament steht, kommt der justitiellen Aufarbeitung, neben der politischen und kulturellen, eine zentrale Rolle zu. Nur in einem rechtsstaatlich geführten Prozeß kann die Verantwortung und Schuld, die diejenigen zu tragen haben, die unter dem Schutz des DDR-Regimes Straftaten begangen haben, geklärt werden. Dies war und ist gerade im Bereich der Regierungskriminalität von tragender Bedeutung. Die strafrechtliche Aufarbeitung erfüllt aber noch weitere wichtige Funktionen. Mit Hilfe der Durchführung der strafrechtlichen Ermittlungs- und Gerichtsverfahren wird der pauschalen Vorverurteilung unzähliger Menschen begegnet. Täter werden sichtbar gemacht und bekommen Namen, die Opfer erfahren späte Genugtuung und häufig erst die Möglichkeit, zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen, weil diese Ansprüche in der Regel erst mit Hilfe der im Strafprozeß gesicherten Beweise durchgesetzt werden können. Die strafrechtliche Aufarbeitung liegt aber auch im Interesse der Gesellschaft insgesamt, die es nicht zulassen kann, daß Straftaten von erheblichem Ausmaß einfach hingenommen werden und daß die Täter den Nutzen und die Opfer aber den Schaden dieser Taten davontragen, ohne daß der Rechtsstaat mit allen seinen Mitteln das ihm Mögliche unternimmt, um die Verantwortlichen festzustellen und einer Verurteilung zuzuführen. Allerdings spreche ich von Aufarbeitung im Rahmen des Rechtsstaates. Der aber hat seinen Preis. Nicht immer werden die Urteile der Gerichte die Betroffenen befriedigen. Zum Rechtsstaat gehört zum Beispiel die Unschuldsvermutung ebenso wie das Rückwirkungsverbot, das Prinzip „nulla poena sine lege" oder auch der Grundsatz der Verjährung. Bisher hat der Rechtsstaat sich bei der Aufarbeitung strikt an seine Regeln gehalten. Insbesondere der Grundsatz „nulla poena sine lege", wonach auf von DDR-Bürgern zu DDR-Zeiten begangene Straftaten nicht das damals oder heute geltende Recht anzuwenden ist, hatte zur Folge, daß eine eminent hohe Zahl der Verfahren mit Freisprüchen oder der Einstellung des Verfahrens endeten. So kommen viele Angeklagte aus guten Gründen in den Genuß von sie schützenden Rechts- und Verfahrensgrundsätzen, die sie selbst zum Beispiel bei der Verfolgung von Oppositionellen in der DDR niemals haben gelten lassen. Vorwürfe wie das böse Wort von der „Siegerjustiz" finden daher keinerlei Ansatzpunkt in der Wirklichkeit. Das muß auch in Zukunft so bleiben. Dies bedeutet, daß die Strafverfolgung nicht unter allen Umständen und schon gar nicht unter Nichtachtung rechtsstaatlicher Grundsätze, geführt werden darf. Wir diskutieren heute über die nochmalige Verlängerung der Verjährungsfristen für sogenannte mittelschwere Delikte, also für solche, die mit einem Strafrahmen von ein bis fünf Jahren bedroht sind. Viele Gründe, insbesondere die vielen noch nicht aufgearbeiteten Akten der Staatssicherheit, die erst am Anfang stehenden Untersuchungen über die Funktion und Tätigkeit der Nomenklaturkader etc. sprechen für eine nochmalige Verlängerung der Verjährungsfristen. Aber es gibt auch erhebliche verfassungsrechtliche und rechtsstaatliche Bedenken, über die wir uns nicht leichtfertig hinwegsetzen sollten. Diese schwerwiegenden Bedenken werden nicht nur von der überwiegenden Zahl aller juristisch und rechtspolitisch Sachverständigen, sondern auch von sämtlichen Justizministern der neuen Länder, vom Bundesminister der Justiz, vom zuständigen Generalstaatsanwalt in Berlin und von der Bundesbeauftragten für die Unterlagen der ehemaligen Staatssicherheit geteilt. Besonders ernste Fragen sind hier im Hinblick auf eine mögliche Ungleichbehandlung etwa von im Osten und im Westen begangener Vereinigungskriminalität angebracht. Es kann nicht, wie es Folge des vorliegenden Entwurfes wäre, richtig sein und verstieße auch gegen das Gleichheitsgebot, wenn ein Täter, der beispielsweise einen Betrug zu Lasten der Treuhand im Westen begangen hat, wegen der dort einsetzenden Verjährung straffrei bleibt, während derjenige, der eine vergleichbare Straftat im Osten begangen hat, noch bis zum 2. Oktober 2000 verfolgt und verurteilt werden kann. Dies wäre eine Ungleichbehandlung, die nicht nur verfassungsrechtlich untragbar erscheint, sondern auch eine Ungleichbehandlung, die die innere Einheit und das Zusammenwachsen des Landes in höchstem Maße schädigt. Ein Rechtsstaat kann nicht nach seinem Belieben die Verjährungsfristen für Straftaten verlängern. Wer die Verjährungsfristen pauschal verlängern will, muß dafür sehr schwerwiegende Argumente angeben. Es schwächt aber unsere Argumentation und ist im übrigen auch ein Skandal, daß die strafrechtliche Verfolgung zum Teil deshalb nicht zügig vorangehen konnte, weil von den Ländern nicht genügend Personal- und Sachmittel zur Verfügung gestellt worden sind, ein Mißstand, den wir hier regelmäßig beklagt haben, der aber gleichwohl nicht behoben wurde. Dies bedeutet, daß wir über den vorliegenden Gesetzentwurf und denkbare Alternativen in den Ausschüssen noch sehr gründlich beraten müssen. Eine Verfassungsbeschwerde gegen ein solches Gesetz wird so sicher kommen wie das Amen in der Kirche. Die Folge eines Scheiterns beim Bundesverfassungsgericht wäre ein immenser Vertrauensverlust in die rechtsstaatliche Aufarbeitung der DDR-Diktatur. Deshalb wäre es klug, wenn hier im Hause eine differenzierte Regelung verabschiedet werden würde, die den verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung trägt und gleichwohl, zumindest für die wichtigsten noch offenstehenden Deliktsbereiche eine praktikable, hieb- und stichfeste Lösung bietet. Ich selbst habe dazu seit Monaten in unzähligen Gesprächen und Runden mit den Kollegen aus den anderen Fraktionen Vorschläge gemacht. So ist im Bereich der vereinigungsbedingten Wirtschaftskriminalität einzelnen, aber auch dem Gemeinwesen erheblicher Schaden entstanden. In diesem Bereich befindet sich die größte Dunkelziffer unaufgeklärter Taten. Auf Grund der Komplexität konnte die zuständige Ermittlungsbehörde vielfach auch noch keine verjährungsunterbrechenden Maßnahmen ergreifen. Die Aufklärung im Bereich der Wirtschaftsdelikte erweist sich ganz grundsätzlich als höchst schwierig, und jeder verstrichene Monat erhöht die Wahrscheinlichkeit, für Taten wie Steuerhinterziehung, Betrug, Subventions-und Kreditbetrug nicht belangt zu werden, da solche und vergleichbare Delikte erst spät und häufig nur zufällig entdeckt werden und, wenn sie entdeckt wurden, nur schwierig auszuermitteln sind (Wirtschaftswoche vom 6. November 1997, S. 238). Das gilt im übrigen für alle Wirtschaftsdelikte, und es gilt in Ost und West gleichermaßen, nicht nur für solche, die im Zusammenhang mit dem Vereinigungsprozeß begangen wurden. Hier böte sich eine zielgenaue Regelung an, deren verfassungsrechtliches Risiko ich für weit geringer halte als bei einer pauschalen Verlängerung der Verjährungsfristen. Aber darüber wird noch zu reden sein. Die Zeit ist äußerst knapp, viel wertvolle Zeit ist verstrichen. Jetzt bleiben im Grunde nur noch zwei Sitzungswochen, damit ein funktionstüchtiger und wasserdichter Gesetzentwurf verabschiedet wird. Nur eine verfassungsrechtlich einwandfreie, saubere Lösung wird dem Anliegen der juristischen Aufarbeitung der DDR-Diktatur nicht schaden sondern vielmehr nützen. Darum sollten wir uns nun alle bemühen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 718. Sitzung am 7. November 1997 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 Grundgesetz nicht zu stellen: - Gesetz zur Senkung des Solidaritätszuschlags - Gesetz über den deutschen Auslandsrundfunk - Gesetz zu dem Übereinkommen vom 26. Juli 1995 auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts (Europol-Gesetz) - Gesetz zu dem Protokoll vom 24. Juli 1996 auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamts durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung (Europol-Auslegungsprotokollgesetz) - Gesetz zu dem Vierten Protokoll vom 15. April 1997 zum Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 5. November 1997 ihren Antrag „Unterstützung der Europäischen Union für die Hochwasseropfer in Polen und Tschechien" - Drucksache 13/8728- zurückgezogen. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 11. November 1997 ihren Änderungsantrag zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze - Drucksache 13/7906 - zurückgezogen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Innenausschuß - Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Maßnahmen zur Förderung der Kulturarbeit gemäß § 96 BVFG in den Jahren 1993 und 1994 - Drucksache 13/6796- - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Maßnahmen zur Förderung der Kulturarbeit gemäß § 96 BVFG in den Jahren 1995 und 1996 - Drucksachen 13/8096, 13/8507 Nr. 1.2- Ausschuß für Wirtschaft - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zum Entwurf eines OECD-Übereinkommens zur Bekämpfung der Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr - Drucksache 13/8683- Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über das Programm zur Bürgschaftsübernahme - insbesondere für den Erwerb von Wohnungen zur Eigennutzung aus dem Bestand in den neuen Bundesländern - - Drucksachen 13/8297, 13/8507 Nr. 1.12- Verteidigungsausschuß - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Entwicklungsstand des Jagdflugzeuges 90 - Drucksachen 11/7533, 12/210 Nr. 139, 13/725 Nr. 140 - Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung - Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Reformprojekt Berufliche Bildung - flexible Strukturen und moderne Berufe - Drucksache 13/7625- Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Finanzausschuß Drucksache 13/8269 Nr. 1.5 Drucksache 13/8508 Nr. 2.13 Drucksache 13/8615 Nr. 2.100 Drucksache 13/8615 Nr. 2.102 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/7867 Nr. 1.4 Drucksache 13/7867 Nr. 1.5 Drucksache 13/7867 Nr. 1.7 Drucksache 13/7867 Nr. 2.4 Drucksache 13/7867 Nr. 2.13 Drucksache 13/7867 Nr. 2.15 Drucksache 13/7867 Nr. 2.16 Drucksache 13/7867 Nr. 2.17 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/6766 Nr. 1.2 Drucksache 13/7867 Nr. 1.9 Drucksache 13/8106 Nr. 2.2 Drucksache 13/8106 Nr. 2.15 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/6129 Nr. 1.4 Drucksache 13/7867 Nr. 1.1 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/8508 Nr. 2.34
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Jörg van Essen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Von den heutigen Gesetzgebungsvorhaben gehen zwei wichtige Signale aus: Der sexuelle Mißbrauch von Kindern wird härter und besser geahndet, und die steigende Gewalt in diesem Land wird vom Gesetzgeber nicht toleriert. Daß wir trotzdem auf die Mithilfe der Medien angewiesen sind, hat sich in dieser Woche nach meiner Auffassung in besonderer Weise gezeigt. Wir sprechen über den Mißbrauch von Kindern, und, passend zu dieser Debatte, erscheint in dieser Woche ein großes deutsches Magazin mit einem Titelbild, das eine Lolita, ein junges Mädchen als sexuelles Anreizobjekt, zeigt. Ich glaube, daß das mehr als alles andere deutlich macht, daß es nicht ausreicht, wenn wir als Gesetzgeber handeln, sondern daß wir dazu auch ein Verantwortungsbewußtsein bei den Medien brauchen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Bevor ich auf die aus meiner Sicht besonders wichtigen Aspekte eingehe, will ich ausdrücklich den vielen Menschen danken, die sich in den vergangenen Monaten mit großem Engagement für eine Verbesserung des Schutzes von Kindern eingesetzt haben. Sie können heute mit Zufriedenheit feststellen, daß sich ihr Einsatz gelohnt hat.
    Wer die öffentlichen Diskussionen nach Mordtaten an Kindern Revue passieren läßt, wird immer wieder feststellen, daß an der Spitze der Forderungen sowohl von Fachleuten wie von politisch Verantwortlichen die nach einer Verbesserung der Therapiemöglichkeiten steht. Das ist richtig so. Eine Therapie kann dazu führen, daß der Täter mit seinem krankhaften Hang besser umgehen kann. Um so erstaunter war ich, welch harter Widerstand gegen eine schnelle Verbesserung der Situation von Länderseite in den Beratungen ausgeübt worden ist. Natürlich haben auch die Länder Haushaltsprobleme. Aber der Föderalismus ist kein Schönwetterprinzip. Wer zu Recht darauf pocht, daß Justiz Ländersache ist, muß sich der Verantwortung stellen. Ich danke deshalb al-

    Jörg van Essen
    len Mitberichterstattern, daß wir standhaft geblieben sind und den Ländern nur eine kurze Übergangsfrist gewährt haben. Was bei gutem Willen möglich ist, machen Hamburg und Berlin mit einer großen Zahl von Therapieplätzen vor. Die großen Flächenländer müssen schnell folgen.
    Ich stehe auch dazu, daß das Gericht eine Therapie ohne Einwilligung des Täters anordnen kann. Erfahrene Psychotherapeuten sind sehr wohl in der Lage, jemanden für die notwendige Heilbehandlung zu öffnen. Aber niemand bleibt in der Behandlung, wenn sich herausstellt, daß er therapieunfähig ist.
    Mir scheint es besonders wichtig, daß der Gesichtspunkt der öffentlichen Sicherheit bei den Entscheidungen über eine Strafaussetzung zur Bewährung künftig eine größere Rolle spielt. Das zeigt sich etwa in der Notwendigkeit, bei besonders gefährlichen Tätern ein Gutachten vor der Entscheidung einzuholen. Ich übersehe nicht, daß es nicht immer leicht sein wird, einen geeigneten Gutachter zu finden. Aber niemand darf es sich hier leichtmachen.
    Ein Kernpunkt unseres Vorschlages ist die Neuordnung des Rechtes der Sicherungsverwahrung. Sie kann künftig schneller, bereits nach dem ersten Rückfall, verhängt werden. Wir haben aus den Anhörungen die wichtige Anregung aufgegriffen, daß nicht nur Sexual-, sondern auch Körperverletzungsdelikte ein Indiz für eine besondere Rückfallgefährdung eines Täters sein können. Eine weitere Anregung aus diesen Anhörungen war, die Höchstdauer der Sicherungsverwahrung - zehn Jahre - aufzuheben. Die Notwendigkeit der regelmäßigen Überprüfung durch ein Gericht sorgt dafür, daß niemand unzulässig in seinen Grundrechten beeinträchtigt wird.
    Wir haben auf Vorschlag der Kollegen aus der SPD die Strafbarkeit von sexuellem Kindesmißbrauch auf alle Deutschen ausgedehnt, unabhängig davon, wo sie ihre Lebensgrundlage haben. Damit wird eine aufgetretene Strafbarkeitslücke geschlossen.
    Ich erwähne dies auch deshalb, weil es deutlich macht, daß wir auf vernünftige Anregungen der Kolleginnen und Kollegen aus den Oppositionsparteien gerne eingegangen sind

    (Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Arroganter geht es nicht mehr!)

    und alle - bevor Sie sich aufregen - in eine Richtung gedacht haben.

    (Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Das klingt bloß so schrecklich arrogant!)

    Ich denke, das ist ein wichtiges Signal, weil viele Bürger das Gefühl haben, daß im Bundestag nur gestritten wird. Wir haben in die gleiche Richtung gedacht. Ich bin dankbar dafür, daß das so gewesen ist.

    (Erika Simm [SPD]: Das war ein singulärer Einzelfall!)

    Die Strafvorschrift betreffend den sexuellen Mißbrauch von Kindern haben wir neu gefaßt und in vielen Bereichen verschärft. Die Kollegen sind bereits darauf eingegangen und haben das im einzelnen vorgestellt, so daß ich das nicht mehr machen muß.
    Wer einmal - wie ich - als Staatsanwalt in die Augen von sexuell mißbrauchten Kindern sehen mußte, weiß, welche Verantwortung wir haben. Aber auch in dieser Debatte muß es möglich sein, darauf hinzuweisen, daß das Leben nicht nur aus schwarz und weiß, aus Gut und Böse besteht. Auch hier gab und gibt es immer wieder minderschwere Fälle, und wir haben die Bestimmungen, darauf angemessen reagieren zu können, im Gesetz belassen.
    Wer die spektakulären Freisprüche in Mainz gesehen hat, spürt im übrigen, welche Verantwortung wir auch gegenüber den Mitmenschen haben, die fälschlicherweise des Mißbrauchs von Kindern beschuldigt worden sind. Auch das muß in dieser Debatte erwähnt werden.
    Eine wichtige Ergänzung sind die mit großer Mehrheit erarbeiteten Vorschriften zur Verbesserung des Zeugenschutzes. Der bereits erwähnte Prozeß in Mainz mit seinen Videovernehmungen der kindlichen Zeugen hat deutlich gemacht, wie hilfreich diese Einrichtung sein kann und daß sie zur Schonung der kindlichen Zeugen beiträgt. Gerichtssäle sind oft architektonisch bewußt drohend gestaltet und verstärken damit den ohnehin bei einer Zeugenaussage auf dem Kind lastenden Druck.
    Wir lehnen uns, Herr Beck, an das bewährte Vorbild in Großbritannien - dort wird das seit vielen Jahren in dieser Weise gemacht - an, wo alle Prozeßbeteiligten in einem Raum bleiben und von dort das Kind vernommen wird.
    Wir halten es für richtig, daß nicht nur Kindern, sondern auch anderen gefährdeten Personen dieser Schutz einer Videovernehmung gewährt werden kann, falls er notwendig ist. Hier ist insbesondere an Vergewaltigungsopfer oder Zeugen aus dem Bereich der organisierten Kriminalität zu denken. Wir öffnen diese Vernehmungsmethode auch für Vernehmungen etwa im Ausland, was die Beweismöglichkeiten und damit die Wahrheitsfindung erheblich verbessern kann.
    Auch der zum Schutz des Zeugen beizuordnende Beistand ist ein wichtiger und begrüßenswerter Schritt für eine bessere Wahrung der Rechte von Zeugen im Strafverfahren.
    Das Sechste Strafrechtsreformgesetz, das wir sorgfältig beraten und in vielen Fällen ja auch mit Zustimmung der SPD - deshalb hat mich Ihr Urteil, Frau Däubler-Gmelin, besonders gewundert - verabschiedet haben, ist einer der großen strafrechtlichen Reformschritte. Wir begrüßen mit Nachdruck, daß der strafrechtliche Schutz von höchstpersönlichen Rechtsgütern wie dem des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit gegenüber dem Schutz von materiellen Rechtsgütern wie dem Eigentum in Zukunft ein größeres Gewicht hat.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Fälle wie der bekanntgewordene - ich glaube, es war in Niedersachsen -, daß eine Studentin vergewaltigt wurde und dafür eine Einsatzstrafe von vier Jahren verhängt wurde und für den gleichzeitig er-

    Jörg van Essen
    folgten Raub ihres Zeltes eine Einsatzstrafe von fünf Jahren, darf sich einfach nicht wiederholen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ich habe platte Vorwürfe gehört und gelesen, auch in dieser Debatte, daß es eine Strafverschärfungsorgie gegeben habe. Wer den Gesetzentwurf ohne Schaum vor dem Mund studiert, wird sehr schnell das Gegenteil feststellen, nämlich daß es in allen Fällen eine vernünftige Abwägung gegeben hat. Es wird in Zukunft demjenigen leichter gemacht, sich zu seiner Verantwortung zu bekennen, der sich nach einem kleineren Parkschaden in der ersten Unüberlegtheit vom Unfallort entfernt hat.
    Wie groß der Reformbedarf war, zeigt sich darin, daß das Strafgesetzbuch für Eigentums- und Vermögensdelikte - selbst für Urkundendelikte - höhere Strafen vorgesehen hat als für Körperverletzungsdelikte. Gerade die stark angestiegenen Zahlen von Gewaltdelikten gegen Menschen fordern eine deutliche Antwort des Gesetzgebers. Sie zeigt sich unter anderem darin, daß die Freiheitsstrafdrohung bei der einfachen Körperverletzung von drei auf fünf Jahre angehoben wird.
    Ich halte es im übrigen auch für richtig, daß die versuchte Körperverletzung - übrigens ebenso wie der versuchte Diebstahl - in Zukunft strafbar ist.

    (Beifall des Abg. Norbert Geis [CDU/CSU])

    Wer dazu ansetzt, einen anderen Menschen körperlich zu verletzen, begeht eben kein Kavaliersdelikt.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Der Bereich des Raubes hat zu besonderen politischen Diskussionen geführt. Ich verkenne nicht, daß wir eine Dreiteilung der Raubstraftaten als besonders sachgerecht angesehen haben. Wir haben uns in der Koalition auf den Vorschlag des Bundesrates geeinigt. Der Kollege Geis hat darauf hingewiesen, daß in dieser Frage dringender Handlungsbedarf bestanden hat. Die Gerichte sind immer mehr auf den minderschweren Fall ausgewichen.
    Es macht zwar für das Opfer keinen Unterschied, welche Gefährlichkeit die ihm entgegengehaltene Pistole hat. Für die Beurteilung der Schuld des Täters ist es jedoch von erheblicher Bedeutung, ob die verwendete Pistole etwa aus Schokoladenmasse geformt war oder ob sie eine scharfe mit 9-Millimeter-Patronen war. Das Signal ist aber auch hier klar und eindeutig: Da, wo bei der Begehung von Raub eine besondere Gefährlichkeit herrscht, wird mit hohen Mindeststrafen dafür gesorgt, daß den Tätern deutlich gemacht wird, daß die Rechtsordnung ihr Verhalten nicht hinzunehmen bereit ist.
    Ich freue mich auch über die Reform der Brandstiftungsdelikte. Mit ihr sorgen wir dafür, daß aufgetretene Fragen in Zukunft besser beantwortet werden können.
    Ich danke allen, die sich an der Diskussion beteiligt haben. Ich glaube, wir sind ein gutes Stück vorangekommen. Jetzt liegt es an den Gerichten, dafür zu
    sorgen, daß in Zukunft der Schutz der Kinder, der Schutz aller Bürger besser gewährleistet ist.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat jetzt die Kollegin Christina Schenk.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Christina Schenk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Reform des Strafrechts und auch der Strafpraxis in der Bundesrepublik ist seit langem überfällig. Die von der Bundesregierung und der Regierungskoalition vorgelegten Gesetzentwürfe machen jedoch deutlich, daß von konservativer Seite die moderne rechtspolitische und rechtswissenschaftliche Debatte völlig ignoriert worden ist.
    Das trifft auch auf die Strafrahmenharmonisierung zu. Statt die im internationalen Vergleich ohnehin schon hohen Strafen für Eigentumsdelikte abzusenken, wurde das Strafmaß für Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit fast ausnahmslos nach oben korrigiert. Auf die seit längerem laufende Diskussion über eine Reform des Sanktionensystems, über die Abschaffung der Sicherungsverwahrung und der lebenslangen Freiheitsstrafe sowie über humane Alternativen, wurde nicht eingegangen. Mit hektischer Betriebsamkeit hat die Bundesregierung auf die jüngsten Sexualverbrechen mit einer Reform des Strafrechts reagiert.
    Ich finde das durchaus verständlich, aber es geht am eigentlichen Problem vorbei. Die Zahl der Sexualverbrechen mit Todesfolge ist keineswegs gestiegen. Einen akuten strafrechtlichen Handlungsbedarf gibt es also nicht. Es ist schon außerordentlich bemerkenswert, daß die Tatsache, daß Jahr für Jahr fast 50 000 Kinder im Straßenverkehr verunglücken und ungefähr 350 von ihnen getötet werden, vergleichsweise gleichmütig hingenommen wird. Nicht einmal eine so simple und selbstverständliche Konseqenz wie ein absolutes Alkoholverbot am Steuer ist - wir werden das ja nachher sehen - in diesem Hause mehrheitsfähig.

    (Beifall bei der PDS)

    Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß das Strafrecht nur die Täter erreicht, die verurteilt werden. Das aber ist nur eine sehr kleine Minderheit der Täter. Die Dunkelziffer ist gerade bei dieser Deliktart außerordentlich hoch. Ein besserer Schutz der Bevölkerung vor sexualisierter Gewalt ist mit einer bloßen Strafverschärfung nicht erreichbar. Das anzunehmen offenbart einen grundsätzlichen Denkfehler, mit dem sich die konservative Seite zum Anwalt populistischer Forderungen macht.
    Nein, meine Damen und Herren, ein wirklicher Schutz ist nur über Prävention möglich. Das bedeutet aber auch, daß man sich endlich den Ursachen zuwenden muß. Die grundlegende Voraussetzung für Gewalt ist die Hierarchie zwischen Täter und Opfer. Immer noch ist es üblich, Kinder eher als Besitz der Eltern wahrzunehmen denn als Persönlichkeiten mit einem eigenen Recht auf Schutz und Integrität. Das

    Christina Schenk
    Machtgefälle zwischen den Geschlechtern, verbunden mit einer immer noch weit verbreiteten Geringschätzung und Verachtung gegenüber Frauen, führt zu einer besonderen Häufung von sexualisierter Gewalt im sozialen Nahbereich. Solange die Gleichstellung der Geschlechter nicht realisiert ist, wird es dabei bleiben, daß die Opfer in der Regel Mädchen sind, die Täter in der Regel Männer.
    Auch am Ausmaß der Gewalt wird sich solange nichts Wesentliches ändern. Gegenwärtig ist zirka jede vierte Frau Opfer sexualisierter Gewalt. Gewalt gegen Frauen und Kinder ist alltägliche Realität. Wer wirklich Prävention will, muß etwas gegen die Machtstrukturen zwischen Männern und Frauen tun, gegen die Hierarchie, die Abhängigkeiten und Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern. Das ist vor allem eine sozioökonomische Frage.
    Auch das Selbstverständnis und das Rollenbild von Männern gehören zu den Ursachen. Männliche Sozialisation geht in der Regel mit dem Erlernen der Abwehr von Gefühlen einher. Gewaltausübung ist eine Form der Angstabwehr. Die Selbstunsicherheit, die Frustration, die Infragestellung in bestimmten Situationen werden auf sexualisierte Weise mit Gefühlen von Überlegenheit und Macht kompensiert. Das heißt, Jungen müssen lernen, Ängste und auch Schwächen zuzulassen, Empathie zu empfinden. Die Sozialisation von Jungen muß dringend humanisiert werden. Hier muß noch vieles getan werden, und zwar möglichst schnell.
    Die Bundesregierung setzt jedoch einseitig auf das Strafrecht und im wesentlichen auf drei Instrumente.
    Das ist erstens die Anhebung der Höchststrafe. Eine höhere Strafe hat gerade bei Sexualstraftätern keine abschreckende Wirkung. Langjährige Haftstrafen erhöhen im Gegenteil gerade wegen der spezifischen Situation in Strafvollzugsanstalten die Rückfallgefahr der Sexualstraftäter erheblich. Auf diese Weise, meine Damen und Herren, wird kein einziger Fall sexualisierter Gewalt verhindert. Hier gaukelt die Bundesregierung eine Sicherheit vor, die so nicht erreichbar ist.
    Ein zweiter Punkt ist die Heilbehandlung. Das heißt, behandlungsbedürftige und behandelbare Straftäter müssen sich bereits während der Haft einer Therapie unterziehen. Nach neueren Erfahrungen erscheint das vernünftig. Expertinnen und Experten beklagen aber schon seit langem, daß die forensische Psychotherapie bzw. Psychiatrie hierzulande sowohl quantitativ als auch qualitativ unterentwickelt ist und den jetzt im Gesetzentwurf formulierten Anforderungen nicht wird genügen können. Forschung, Lehre und auch Ausbildung müssen deutlich verstärkt werden.
    Im übrigen offenbaren die hier verwendeten Begriffe „Heilbehandlung" und „Therapie", wie ich meine, ein sehr grundlegendes Mißverständnis. Sie bergen die Gefahr der Psychiatrisierung von Sexualstraftätern in sich. Sexualstraftäter sind jedoch in aller Regel nicht krank. Nur in den seltensten Fällen liegt eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit vor. Die Bearbeitung der Persönlichkeitsdefizite von Sexualstraftätern, die sich im Machtmißbrauch in Form sexualisierter Gewalt ausdrücken, zielt also auf einen Zugewinn an Selbstkontrolle und eine Stärkung der sozialen Kompetenzen ab. Von daher muß also klar sein, daß Heilung im eigentlichen Sinne in der Regel nicht erreichbar sein wird. Das heißt auch, daß Gutachter und Gutachterinnen - und seien sie noch so Bach- und fachkundig - keine hundertprozentig sicheren Prognosen über die Rückfallgefährdung abgeben können. Ein gewisses Risiko bleibt immer. Das muß man der Bevölkerung auch so klar sagen.
    Zugleich wird sich mit zunehmenden Erwartungen an die Gutachtensicherheit eine Tendenz zu übervorsichtiger, also zu falsch-negativer Prognose herausbilden. Das heißt, es bleiben Menschen im Strafvollzug bzw. in der Unterbringung, von denen keine Gefahr mehr ausgeht. Das ist nicht hinnehmbar. Um Rückfälle so weit als möglich zu vermeiden, müssen neue Wege beschritten werden. Dazu gehören eine intensive Nachbetreuung von Sexualstraftätern in ihrem sozialen Umfeld und niederschwellige Angebote zur Krisenintervention. Das ermöglicht die Aufdekkung kritischer, rückfallgefährdender Situationen und kann somit gezielt zu deren Vermeidung beitragen. Dafür muß gerade in Deutschland noch sehr viel getan werden.
    Der dritte Punkt ist die exzessive und auch wesentlich restriktivere Handhabung der Sicherungsverwahrung. Die Sicherungsverwahrung war bisher die absolute Ausnahme. Was hier jetzt von konservativer Seite vorgeschlagen wird, bedeutet, daß dieses Instrument bei Sexualstraftätern nahezu zum Regelfall gemacht werden soll. Das ist ein außerordentlich gefährlicher Weg.

    (Norbert Geis [CDU/CSU]: Das ist dummes Zeug! Völlig absurd!)

    Es gibt seit langem Kritik an diesem Instrument - Herr Geis, das wird Ihnen nicht entgangen sein -, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen ist die Gefahr falsch-negativer Prognosen nicht aus der Welt schaffbar. Das heißt, es besteht immer die Gefahr, Menschen der Sicherungsverwahrung zu unterstellen, die nicht rückfallgefährdet sind. Zum anderen stellt die Sicherungsverwahrung de facto eine Strafe ohne Straftat, quasi eine Präventivstrafe, dar. Beides widerspricht insbesondere dem in Deutschland bisher gepflegten Rechtsverständnis. Konsequenz kann nur die Abschaffung der Sicherungsverwahrung sein, wie die PDS das in ihrem Antrag fordert.
    Natürlich, meine Damen und Herren, wird es immer einige Straftäter geben, bei denen mit den heutigen Methoden eine deutliche Senkung der Rückfallgefahren nicht erreicht werden kann. Für diese Gruppe müssen humane Unterbringungsmöglichkeiten deutlich abseits des Strafvollzugs gefunden werden, die nicht bloß eine sichernde, sondern vor allen Dingen auch eine behandelnde Funktion haben. Hier ist es angebracht, meine ich, sich die im Ausland, insbesondere in den Niederlanden, gemachten Erfahrungen anzusehen. Es muß endlich auch in Deutschland mit intensiven Forschungen begonnen werden. Ein erster Schritt wären Evaluationsstudien zum Verlauf und Erfolg der Vielzahl derzeit prakti-

    Christina Schenk
    zierter Behandlungsprogramme und Therapieformen.
    Zum Schluß möchte ich darauf hinweisen, daß bei den jetzigen Diskussionen stets die Täter im Mittelpunkt standen. Wann aber, frage ich, bekommen endlich die Opfer sexualisierter Gewalt einen Anspruch auf Therapie?

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Unerträglich ist es auch, daß bestehende Hilfs- und Aufklärungsangebote, Antigewaltprojekte, Notunterkünfte und Frauenhäuser der Sparpolitik der Bundesregierung zum Opfer fallen.

    (Jörg van Essen [F.D.P.]: Ich dachte, Frauenhäuser seien Ländersache, Frau Kollegin!)

    Das macht deutlich, daß es in der jetzigen Debatte vordringlich um Aktionismus, nicht aber um das ernsthafte Bemühen geht, das Problem der sexualisierten Gewalt wirksam anzugehen.
    Danke.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)