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    Plenarprotokoll 13/195 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 195. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1997 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 17573 A Zur Geschäftsordnung Dr. Gregor Gysi PDS 17573 B Rolf Schwanitz SPD 17574 C Jörg van Essen F.D.P. 17575 A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17575 B Joachim Hörster CDU/CSU 17576 B Zusatztagesordnungspunkt 3: Vereinbarte Debatte: Maßnahmen für mehr Beschäftigung in Deutschland . 17577 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung des Aktionsprogramms für Investitionen und Arbeitsplätze sowie des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung - Reformen für Investitionen und Arbeitsplätze (Drucksache 13/8464) 17577 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 17577 B Rudolf Scharping SPD 17581 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 17584 A Peter Conradi SPD 17585 D Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17589 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 17591A, 17598A Dr. Hermann Otto Sohns F.D.P. . . . . 17593 B Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17595A Dr. Barbara Höll PDS 17596A Rudolf Dreßler SPD 17597 D Hans-Peter Repnik CDU/CSU . 17601 C, 17604 A Dr. Peter Struck SPD 17603 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Steuerreformgesetz 1998 (Drucksachen 13/ 7242, 13/7775, 13/8020, 13/8177, 13/ 8178, 13/8326, 13/8465, 13/8466, 13/ 8592) 17604 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Steuerreformgesetz 1999 (Drucksachen 13/ 7480, 13/7917, 13/8022, 13/8023, 13/ 8177, 13/8179, 13/8327, 13/8465, 13/ 8467, 13/8593 [neu]) 17604 D Namentliche Abstimmungen 17605A, B Ergebnisse 17607B, 17612C Tagesordnungspunkt 12: Überweisungen im vereinfachten Verfahren b) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 1996 - Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes (Jahresrechnung 1996) (Drucksache 13/7352) 17605 C c) Antrag des Bundesministeriums für Wirtschaft: Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" für das Wirtschaftsjahr 1996 (Drucksache 13/8562) . . . 17605 C d) Antrag der Abgeordneten Rolf Köhne, Eva Bulling-Schröter, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Neuordnung und Demokratisierung der Elektrizitätswirtschaft (Drucksache 13/8553) . 17605 C e) Antrag der Abgeordneten Angelika Beer, Amke Dietert-Scheuer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Unterbindung der Lieferung von Beobachtungs- und Aufklärungsgeräten zur mobilen Grenzüberwachung einschließlich Satellitentelefonen an die Türkei (Drucksache 13/ 8564) 17605D f) Antrag der Abgeordneten Amke Dietert-Scheuer, Angelika Beer, Cem Özdemir und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aktive Außenpolitik der Bundesregierung zum Schutz der Menschenrechte in der Türkei (Drucksache 13/8565) 17605 D g) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Überprüfung des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege (Drucksache 13/ 8389) 17606 A Zusatztagesordnungspunkt 6: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren Antrag der Abgeordneten Kristin Heyne, Gila Altmann (Aurich), Albert Schmidt (Hitzhofen) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einbeziehung der EU-rechtlich vorgeschriebenen Trassenpreise in das Finanzkonzept für den Transrapid (Drucksache 13/8631) 17606 A Tagesordnungspunkt 13: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Christoph Matschie, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Umweltverträglichkeitsprüfung bei WismutSanierungsprojekten (Drucksachen 13/ 2651, 13/5863) 17606B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Eva BullingSchröter, Dr. Ruth Fuchs, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Ausweitung des Sanierungsauftrages der Wismut GmbH (Drucksachen 13/ 4836, 13/5864) 17606 C c bis e) Beratung der Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 238, 239 und 241 zu Petitionen (Drucksachen 13/8566, 13/8567, 13/ 8569) 17606 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Neunundreißigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 13/7916, 13/ 8095 Nr. 2, 13/8637) 17607 A Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Verordnung der Bundesregierung: Zustimmungsbedürftige Verordnung über den Klärschlamm-Entschädigungsfonds (Drucksachen 13/8292, 13/8507 Nr. 2.1, 13/ 8646) 17607 A Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von den Abgeordneten Hans Martin Bury, Ernst Schwanhold, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Unternehmensübernahmen (Übernahmegesetz) (Drucksache 13/8164) . . 17609 C Hans Martin Bury SPD 17609 D Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 17614 D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17616B Rainer Funke F D P. 17617 C Dr. Barbara Höll PDS 17618 C Hansgeorg Hauser, Parl. Staatssekretär BMF 17619 D Hans Michelbach CDU/CSU 17621 C Zusatztagesordnungspunkt 8: Aktuelle Stunde betr. Konsequenzen für die Drogenpolitik in der Bundesrepublik nach der Schweizer Volksabstimmung 17623 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17622 D Roland Sauer (Stuttgart) CDU/CSU . . 17623D Gudrun Schaich-Walch SPD 17625 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. 17626B Ulla Jelpke PDS 17627 C Hubert Hüppe CDU/CSU 17628 B Angelika Mertens SPD 17629 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17630 C Beatrix Philipp CDU/CSU 17631 C Dr. Hans-Hinrich Knaape SPD 17633 A Johannes Singer SPD 17633 D Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 17635A Nächste Sitzung 17637 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 17639 *A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 17639 *D 195. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 2. 10. 97 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 2. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Bergmann-Pohl, CDU/CSU 2. 10. 97 Sabine Böttcher, Maritta PDS 2. 10. 97 Borchert, Jochen CDU/CSU 2. 10. 97 Duve, Freimut SPD 2. 10. 97 Faße, Annette SPD 2. 10. 97 Formanski, Norbert SPD 2. 10. 97 Francke (Hamburg), CDU/CSU 2. 10. 97 Klaus Friedhoff, Paul K. F.D.P. 2. 10. 97 Fuchs (Verl), Katrin SPD 2. 10. 97 Geiger, Michaela CDU/CSU 2. 10. 97 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 2. 10. 97 Graf (Friesoythe), Günter SPD 2. 10. 97 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 2. 10. 97 Heyne, Kristin BÜNDNIS 2. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Hoffmann (Chemnitz), SPD 2. 10. 97 Jelena Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 2. 10. 97 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 2. 10. 97 Kühn-Mengel, Helga SPD 2. 10. 97 Dr. Graf Lambsdorff, F.D.P. 2. 10. 97 Otto Lenzer, Christian CDU/CSU 2. 10. 97 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 2. 10. 97 Klaus W. Dr. Luft, Christa PDS 2. 10. 97 Marten, Günter CDU/CSU 2. 10. 97 * Marx, Dorle SPD 2. 10. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 2. 10. 97 Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 2. 10. 97 Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 2. 10. 97 Poppe, Gerd BÜNDNIS 2. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Probst, Albert CDU/CSU 2. 10. 97 Reschke, Otto SPD 2. 10. 97 Richwien, Roland CDU/CSU 2. 10. 97 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 2. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 2. 10. 97 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 2. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Schultz (Köln), Volkmar SPD 2. 10. 97 Seibel, Wilfried CDU/CSU 2. 10. 97 Dr. Stadler, Max F.D.P. 2. 10. 97 Terborg, Margitta SPD 2. 10. 97 Thönnes, Franz SPD 2. 10. 97 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 2. 10. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 2. 10. 97 Wohlleben, Verena SPD 2. 10. 97 Zapf, Uta SPD 2. 10. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 2. 10. 97 *) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 716. Sitzung am 26. September 1997 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 und 106) - Zweites Gesetz zur Änderung des Seefischereigesetzes - Drittes Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Drittes SGB VI - Anderungsgesetz - 3. SGB VI - ÄndG) - Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz - TPG) - Gesetz zur Verlagerung des Sitzes des Bundesverwaltungsgerichts von Berlin nach Leipzig - Gesetz über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen (Fernsehsignalübertragungs-Gesetz - FÜG) - Gesetz zu dem Vertrag vom 21. Dezember 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über den Durchgangsverkehr von Exekutivorganen und die Durchbeförderung von Häftlingen - Gesetz zu dem Europa-Abkommen vom 10. Juni 1996 zur Gründung einer Assoziation zwischen den im Rahmen der Europäischen Union handelnden Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Slowenien andererseits - Gesetz über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß - Unterrichtung durch die Delegation der Interparlamentarischen Gruppe der Bundesrepublik Deutschland über die 96. Interparlamentarische Konferenz vom 16. bis 21. September 1996 in Peking - Drucksachen 13/6189, 13/6760 Nr. 1.2 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarats für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1996 - Drucksachen 13/6195, 13/6589 Nr. 1 - - Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 23. bis 27. September 1996 in Straßburg und die Debatte der Erweiterten Parlamentarischen Versammlung über die Aktivitäten der OECD am 25. September 1996 - Drucksachen 13/6576, 13/6858 Nr. 1 —
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    Rede von Ulla Jelpke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir freuen uns, daß die Schweizerinnen und Schweizer dem rechtspopulistischen Volksbegehren „Jugend ohne Drogen" eine deutliche Abfuhr erteilt haben, dies nicht zuletzt, weil dieser Volksentscheid maßgeblich vom Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis, VPM, lanciert worden ist. Bekanntlich bewegen sich in dieser Psychosekte nicht nur bekannte Rechtsextremisten, sondern auch der Kollege Heinrich Lummer oder beispielsweise Hans Filbinger.
    Zurück zum Volksbegehren. Dessen Erfolg ist meines Erachtens auch der Sieg einer nüchternen, auf Fakten beruhenden Debatte, also ganz das Gegenteil des gebetsmühlenartigen Wiederholens ideologischer Phrasen, wie wir sie heute wieder von Herrn Sauer und von der Bundesregierung hören konnten und wie wir sie hier schon gewohnt sind.
    Die Schweizer Bevölkerung hat sich zuallererst deswegen mit einer so deutlichen Mehrheit für die Fortsetzung der vergleichsweise liberalen Drogenpolitik entschieden, weil diese schlichtweg erfolgreich ist. In den Jahren 1994 bis 1996 wurden in 15 Schweizer Städten Heroin, Methadon und Morphin an 1 246 Schwerstabhängige ärztlich kontrolliert verabreicht. Begleitet wurde diese Behandlung von einer dauerhaften medizinischen Kontrolle und von einem anspruchsvollen therapeutischen Programm. Als Folge dessen hat sich nicht nur die gesundheitliche Situation der Betroffenen deutlich verbessert; auch sank beispielsweise die Arbeitslosigkeit von 44 auf 20 Prozent, und die Beschaffungskriminalität hat, wie wir heute schon gehört haben, deutlich nachgelassen. Diese Fakten werden von den christdemokratischen Kritikern des Modells nicht bestritten. Wie sollte das auch geschehen? Es steht ja in der Untersuchung.
    Auf einige der Argumente der Kollegen Sauer und Lintner, die dieser schon vorab veröffentlicht hat, möchte ich an dieser Stelle eingehen.
    Erstens sagen auch Sie, die Beschaffungskriminalität der Therapiepatienten habe sich reduziert.

    (Roland Sauer [Stuttgart] [CDU/CSU]: Das ist doch selbstverständlich!)

    So weit, so gut. Drogenhändler würden aber nun massiv versuchen - so Ihre Argumentation -, ihre verlorengegangenen Kunden durch Neukonsumenten zu ersetzen.

    (Roland Sauer [Stuttgart] [CDU/CSU]: So ist es doch!)

    Diese würden insgesamt betrachtet zu einem Anstieg
    der Beschaffungskriminalität führen. Nun, dies erscheint mir aber gerade ein Argument für die Aus-

    Ulla Jelpke
    weitung dieses Projekts und nicht für dessen Beendigung zu sein.

    (Beifall bei der PDS, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zuruf von der CDU/CSU: Opium für das Volk! Roland Sauer [Stuttgart] [CDU/CSU]: Totale Freigabe!)

    Zweitens sagen Sie, nur 10 Prozent der Therapiepatienten seien vom Heroin losgekommen. Dann, bitte schön, Herr Lintner oder Herr Sauer, gestehen Sie doch ein, daß die Rückfallquote bei Ihrem auf totale Abstinenz setzenden Programm bei 85 bis 90 Prozent liegt.

    (Roland Sauer [Stuttgart] [CDU/CSU]: Das ist doch völlig falsch!)

    Dieser Fakt führt bei Ihnen aber nicht dazu, daß Sie ein Ende Ihrer bornierten Politik einleiten, sondern, ganz im Gegenteil, die repressive Drogenpolitik fortsetzen.
    Drittens kritisieren Sie, daß sich das Schweizer Modell angeblich von seinem Ziel der Drogenfreiheit verabschiedet habe. Herr Sauer und Herr Lintner - ich frage Sie als Bayern; mein Kollege Schlauch hat es hier schon erwähnt -: In welcher Welt leben wir eigentlich, wenn bei Ihrem Oktoberfest, das nur 16 Tage dauert, bisher 220 schwere Alkoholvergiftungen zu verzeichnen sind?

    (Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU]: Soll der Freibier kriegen?)

    Es gibt meines Erachtens eine Mehrheit in diesem Hause - da bin ich Frau Leutheusser-Schnarrenberger für ihren Beitrag sehr dankbar - für eine andere Drogenpolitik, vor allen Dingen für eine Drogenpolitik, die die Konservativen blockieren könnte, die für die Abhängigen ist.
    Ich sage Ihnen noch einmal von der Bundesregierung: Ihre Politik führt tatsächlich dazu, daß sich die Drogenhändler in diesem Land freuen. Heben Sie den Fraktionszwang auf! Dann können wir endlich das, was jetzt seit Jahren gefordert wird, umsetzen, nämlich Drogenabhängigen helfen.
    Danke.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Roland Sauer [Stuttgart] [CDU/ CSU]: Wir helfen ihnen aber mehr als Sie!)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Hubert Hüppe.

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    Rede von Hubert Hüppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon interessant, was hier heute wieder einmal gesagt wird und daß man eine Volksabstimmung über eine ganz andere Drogenpolitik als die in Deutschland zum Anlaß nimmt, wieder alte Hüte hervorzuzaubern.
    Wenn Sie sich einmal den Text der Abstimmung genau angeschaut hätten, wüßten Sie, daß es gar nicht nur um Heroinabgabe ging, sondern zum Beispiel auch darum, Methadon nicht mehr verschreiben zu dürfen. Deswegen können Sie das Votum, das in der Schweiz abgegeben worden ist, nicht als Votum gegen die deutsche Politik auffassen; denn die deutsche Politik ist eine andere als die, die durch diese Volksinitiative gefordert wurde.
    Sehen Sie einmal die Umfragen in Deutschland. Wenn Sie so viel Wert auf Volkes Meinung legen, dann schauen Sie sich doch einmal die größte Umfrage der letzten Zeit von Allensbach an. Da wurde gefragt, wie viele Menschen aus der Bevölkerung dafür wären, über den Arzt Heroin verschreiben zu lassen. Sie werden feststellen: Ganze 29 Prozent teilen Ihre Auffassung.

    (Johannes Singer [SPD]: Das ist doch falsch!) - Das ist so.

    Über zwei Drittel der deutschen Bevölkerung meint, daß sogar der Besitz kleiner Mengen von Drogen hart bestraft werden müsse. Das geht viel weiter als das, was wir wollen.
    Aber wenn Sie wirklich Volkes Willen in Ihrer, in unserer Republik ernst nehmen, dann müßten Sie von der SPD und Sie vom Bündnis 90/Die Grünen Ihre Anträge schon längst eingestampft haben.
    Meine Damen und Herren, ich habe mir den Bericht, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, wirklich einmal angeschaut. Ich habe mir, wie Sie auch, vor Ort die Problematik angesehen. Es ist eben eine Tatsache - Herr Sauer hat schon darauf hingewiesen -, daß eben nicht die Gruppe der Schwerstabhängigen erreicht worden ist. Die stehen wieder auf der Straße.

    (Roland Sauer [Stuttgart] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Ich will Ihnen einmal etwas aus dem Bericht darlegen, den derjenige verfaßt hat, der selbst daran interessiert war, dieses Projekt durchzuziehen. Nach diesen Zahlen liegt bei der ersten Gruppe die Haltequote lediglich bei 61,5 Prozent. Das heißt, fast 40 Prozent sind wieder auf der Straße, sind tot oder haben sich in das Programm zurückbegeben, aus dem sie gekommen sind.

    (Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Das stimmt nicht!)

    Ich halte es für nicht anständig - das muß ich einmal sagen -, wenn wie zum Beispiel im „Spiegel" gefeiert wird, daß 15 Prozent von diesen Leuten zu einem Methadon-Programm übergewechselt sind, wenn man weiß - das wird im letzten Bericht natürlich nicht mehr erwähnt, weil Professor Uchtenhagen, der den Artikel verfaßt hat, ja weiß, daß es ein

    Hubert Hüppe
    Argument gegen ihn ist -, daß man vorher 60 Prozent aus einem aktuellen Methadon-Programm herausgenommen hat. Das müssen Sie doch einmal zur Kenntnis nehmen.
    Jetzt nenne ich Ihnen einmal die Eingangsuntersuchung. Dort wurde von ärztlicher Seite - das ist wenigstens neutral - festgestellt, nur ein Prozent der Teilnehmer habe sich in einem sehr schlechten Gesundheitszustand befunden, weitere 20 Prozent in einem schlechten Zustand, aber insgesamt 79 Prozent in einem guten oder sehr guten Gesundheitszustand.
    Dasselbe gilt für den Ernährungszustand. 80 Prozent waren in einem guten oder sehr guten Ernährungszustand, 19 Prozent in einem schlechten. Bezüglich der Psyche befanden sich immerhin noch 59 Prozent in einem guten oder sehr guten Zustand. Ganze 13 Prozent waren überhaupt obdachlos. Jetzt sagen Sie mir mal, ob diese Beschreibung tatsächlich auf das Bild des verelendeten Junkies oder nicht vielmehr auf Personen zutrifft, die man wirklich noch für eine Therapie hätte gewinnen können.
    Wenn Sie, Frau Leutheusser-Schnarrenberger - es wäre ganz gut zuzuhören, weil ich Ihnen noch ein paar wichtige Sachen zu sagen habe -, wirklich sagen, es habe sich um Therapieresistente gehandelt, dann frage ich Sie: Wie kommen Sie auf diese Idee? In dem Bericht steht drin, daß 47 Prozent der Teilnehmer nie eine drogenfreie Langzeittherapie angefangen haben. Wie kommen Sie darauf, daß sie dafür nicht zu gewinnen seien? Das verstehe ich überhaupt nicht. Es stimmt natürlich, daß in der Gruppe selbst die Leute natürlich nicht mehr in dem Maße straffällig geworden sind. Aber man kann doch nicht als Erfolg werten, daß dann, wenn man die tödliche oder krankmachende Droge gibt, nicht mehr so viel Beschaffungskriminalität auftritt. Tatsache ist, daß die Kriminalität im Kanton Zürich insgesamt erheblich gestiegen ist. Es hat also nicht geholfen. Auch die offene Szene, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, hat weiter bestanden, als es die Abgabe gab. Sie ist erst dadurch aufgelöst worden, daß man mit einem massiven polizeilichen Einsatz gegen die Leute vorgegangen ist. Man hat dafür 100 Millionen Franken ausgegeben. Wenn Sie heute durch diese Viertel gehen, werden Sie feststellen, daß nirgendwo eine solch hohe Polizeipräsenz wie in diesen Vierteln besteht. Mit anderen Worten: Das Programm ist gescheitert. Das ist, wenn man den Bericht gelesen hat, eindeutig.

    (Lachen des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    - Ja gut, Herr Schlauch, wenn Sie sagen, es sei ein Erfolg der Therapie von Herrn Professor Uchtenhagen, -