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ID1319306900

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    Plenarprotokoll 13/193 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 193. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. September 1997 Inhalt: Vorverlegung der Frist für die Einreichung der Fragen für die Fragestunde am 2. Oktober 1997 17425 A Zurückverweisung von Vorlagen an einen Ausschuß 17425 A Zur Geschäftsordnung Dr. Gregor Gysi PDS 17425 B Joachim Hörster CDU/CSU 17426 A Dr. Peter Struck SPD 17426 B Uwe Lühr F.D.P. 17426 C Tagesordnungspunkt 14: Schlußbericht und Ergänzender Bericht der Reformkommission zur Größe des Deutschen Bundestages: Abschließende Empfehlungen zur Vorbereitung der Verkleinerung des Deutschen Bundestages und zu Vorschriften des Bundeswahlgesetzes gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 29. Juni 1995 und vom 30. November 1995 (Drucksachen 13/7950, 13/8270) 17426 D Andreas Schmidt (Mülheim) CDU/CSU 17427 A Wolfgang Dehnel CDU/CSU 17428 D Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 17429 C Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17431 D Dr. Max Stadler F D P. 17433 C Dr. Dagmar Enkelmann PDS 17435 C Tagesordnungspunkt 5: Zwischenbericht der Enquete-KommisSion „Schutz des Menschen und der Umwelt - Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung" gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 1. Juni 1995: Konzept Nachhaltigkeit Fundamente für die Gesellschaft von morgen (Drucksachen 13/1533, 13/7400, 13/7415) (Berichtigung) 17436 C Marion Caspers-Merk SPD 17436 D Eckart Kuhlwein SPD 17438 D Erich G. Fritz CDU/CSU 17439 B Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17441 C Birgit Homburger F D P. 17443 A Rolf Köhne PDS 17444 B Christa Reichard (Dresden) CDU/CSU . 17445 A Ursula Burchardt SPD. 17446 D Walter Hirche, Parl. Staatssekretär BMU 17448 B Ulrike Mehl SPD 17449 C Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 17450 B Tagesordnungspunkt 15: Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen" gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 9. Mai 1996 (Drucksachen 13/4477, 13/8170) . . 17450 D Ortrun Schätzle CDU/CSU 17451 A Renate Rennebach SPD 17451 D Roland Kohn F.D.P. 17454 A Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17456 A Roland Kohn F.D.P. 17456 B Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU . . 17457 D Ulla Jelpke PDS 17458 B Eckart von Klaeden CDU/CSU 17459 B Gisela Schröter SPD . . . . . . . . . 17459 D Helmut Jawurek CDU/CSU 17461 B Ronald Pofalla CDU/CSU 17462 C Renate Rennebach SPD 17463 A Nächste Sitzung 17463 D Berichtigung 17464 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 17465* A 193. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. September 1997 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 191. Sitzung, Seite 17 316 B und 192. Sitzung, Seite 17 421 B: In den Listen der entschuldigten Abgeordneten der beiden Plenarprotokolle ist der Name „Maaß (Herne) SPD" zu streichen. Einzufügen ist der Name „Maaß (Wilhelmshaven) Erich CDU/CSU". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Altmann (Pommels- BÜNDNIS 26. 9.97 brunn), Elisabeth 90/DIE GRÜNEN Antretter, Robert SPD 26. 9. 97 * Behrendt, Wolfgang SPD 26. 9. 97 * Blank, Renate CDU/CSU 26. 9. 97 Blunck, Lilo SPD 26. 9. 97 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 26. 9. 97 * Conradi, Peter SPD 26. 9. 97 Dietert-Scheuer, Amke BÜNDNIS 26. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 26. 9. 97 Duve, Freimut SPD 26. 9. 97 Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 26. 9. 97 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 26. 9. 97 * Fograscher, Gabriele SPD 26. 9. 97 Francke (Hamburg), Klaus CDU/CSU 26. 9. 97 Frick, Gisela F.D.P. 26. 9. 97 Fuhrmann, Arne SPD 26. 9. 97 Geiger, Michaela CDU/CSU 26. 9. 97 Gloser, Günter SPD 26. 9. 97 Haack (Extertal), SPD 26. 9. 97 * Karl Hermann Hampel, Manfred SPD 26. 9. 97 Hanewinckel, Christel SPD 26. 9. 97 Heyne, Kristin BÜNDNIS 26. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Höll, Barbara PDS 26. 9. 97 Hoffmann (Chemnitz), SPD 26. 9. 97 Jelena Hollerith, Josef CDU/CSU 26. 9. 97 Horn, Erwin SPD 26. 9. 97 * Jawurek, Helmut CDU/CSU 26. 9. 97 Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 26. 9. 97 Klose, Hans-Ulrich SPD 26. 9. 97 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kohl, Helmut CDU/CDU 26. 9. 97 Lemke, Steffi BÜNDNIS 26. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Lüth, Heidemarie PDS 26. 9. 97 Lummer, Heinrich CDU/CSU 26. 9. 97 * Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 26. 9. 97 * Erich Mante, Winfried SPD 26. 9. 97 Marten, Günter CDU/CSU 26. 9. 97 * Marx, Dorle SPD 26. 9. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 26. 9. 97 Müller (Berlin), PDS 26. 9. 97 Manfred Dr. Niese, Rolf SPD 26. 9. 97 Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 26. 9. 97 Rupprecht, Marlene SPD 26. 9. 97 Dr. Scheer, Hermann SPD 26. 9. 97 * Schloten, Dieter SPD 26. 9. 97 * Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 26. 9. 97 Dr. Scholz, Rupert CDU/CSU 26. 9. 97 Schütz (Oldenburg), SPD 26. 9. 97 Dietmar Schwanitz, Rolf SPD 26. 9. 97 Siebert, Bernd CDU/CSU 26. 9. 97 * Terborg, Margitta SPD 26. 9. 97 * Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter CDU/CSU 26. 9. 97 Weis (Stendal), Reinhard SPD 26. 9. 97 Wetzel, Kersten CDU/CSU 26. 9. 97 Wieczorek-Zeul, SPD 26.9.97 Heidemarie Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 26. 9. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 26. 9. 97 Wülfing, Elke CDU/CSU 26. 9. 97 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 26. 9. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 26. 9. 97 * Dr. Zöpel, Christoph SPD 26. 9. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Angelika Köster-Loßack


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Das kann man so betrachten. Aber nach vielen Gesprächen, die ich im Sommer in den USA hatte, möchte ich behaupten, daß es sich nicht nur auf den Herrn d'Amato bezieht, sondern auf eine breitere Diskussion in Universitäten und anderen Bereichen. Es geht nicht generell um die amerikanische Regierung. Damit wollte ich nur darauf hinweisen, wie wichtig es ist, in diesem Zusammenhang mit äußerster Vorsicht vorzugehen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Die Situation würde allerdings noch zusätzlich verschärft, wenn sich die Meldung der „Süddeutschen Zeitung" von heute morgen bewahrheiten würde:
    Der Bundesnachrichtendienst ... soll sich nach Plänen des Kanzleramtes im Ausland um Aktivitäten der Scientology-Sekte kümmern. Der für die Koordination der Geheimdienste zuständige Staatsminister Bernd Schmidbauer und BND- Chef Hansjörg Geiger haben bereits erste Gespräche darüber geführt. Ein Beschluß steht aber noch aus. Die Beobachtung der ScientologySekte durch den BND könnte zu Verwicklungen in der Geheimdienstszene führen. In den Vereinigten Staaten beispielsweise gehören auch höhere Geheimdienstler Scientology an.
    Auf Grund ihrer Geschichte und ihrer Grundwerte reagieren die USA äußerst sensibel, wenn sie religiöse Freiheiten bedroht sehen. Das müssen wir verstehen. Vernunft und Dialog müssen an die Stelle weiterer verbaler Attacken treten.
    Bei uns führt die Dominanz des Themas Scientology allerdings zu einem weiteren Problem. Scientology wird in der Öffentlichkeit als Sekte wahrgenommen. Gleichzeitig werden aber auch Gruppen wie die Freikirchen, Baptisten, Mormonen, Zeugen Jehovas, Osho usw. in der Öffentlichkeit als Sekten bezeichnet; damit ist ein völlig heterogenes Spektrum angesprochen. Durch die verallgemeinernde Verwendung des abwertenden Sektenbegriffs vor allem in den Medien wird diesen Gruppen das gleiche Gefahrenpotential wie Scientology zugeschrieben. Das ist falsch und für viele Anhänger alternativer Glaubensgruppen besorgniserregend.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ina Albowitz [F.D.P.]: Was ist denn eine alternative Glaubensgruppe?)

    - Ich meinte alternative Glaubensvorstellungen im Verhältnis zu den großen Kirchen in Deutschland, die zentral organisiert sind.
    Gerade in Zeiten zunehmender sozialer Polarisierung müssen wir dafür sorgen, daß ethnische, gesellschaftliche und religiöse Minderheiten nicht ausgegrenzt oder diskriminiert werden.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)

    Ich möchte etwas zu dem Sondervotum sagen, das wir abgegeben haben. Unser Sachverständiger Professor Seiwert, dem ich auch an dieser Stelle herzlich für seine Mitarbeit danken möchte, und ich haben uns beim Zwischenbericht der Stimme enthalten. Folgenden Punkten konnten wir nicht zustimmen:
    Die Kommissionsmehrheit spricht sich in dem Zwischenbericht zwar ausdrücklich gegen Pauschalurteile über religiöse und weltanschauliche Minderheiten aus. Aber im Papier der Arbeitsgruppe 3, das als Anlage beigefügt ist, wird massiv gegen diesen Vorsatz verstoßen. Ohne daß klar wird, auf wen sich die Aussagen beziehen, werden schwerste Beschuldigungen gegen die „sogenannten Anbieter auf dem

    Dr. Angelika Köster-Loßack
    Religions-, Weltanschauungs- und Psychomarkt" erhoben.

    (Renate Rennebach [SPD]: Welchen Zwischenbericht haben Sie denn gelesen?)

    Diese Gruppen werden allgemein und ohne jeden konkreten Beleg mit wirtschaftlicher Ausbeutung und kriminellen Handlungen wie Betrug, Wucher, Steuerhinterziehung oder Körperverletzung in Zusammenhang gebracht. Da nicht geklärt ist, wer gemeint ist, teilen wir die Besorgnis von Angehörigen religiöser und weltanschaulicher Minderheiten, daß sie pauschalen Verdächtigungen ausgesetzt sind.
    Wir sehen ebenso, wie es von Vorrednern gesagt wurde, die dringende Notwendigkeit, durch verstärkte Forschungsaktivitäten unsere Wissenslücken zu schließen. Die Tatsache, daß keine empirisch gesicherten Erkenntnisse vorliegen, bedeutet nicht, daß keine Probleme bestünden. Die Anhörungen haben, wie schon gesagt worden ist, gezeigt, daß es in Einzelfällen zu erheblichen Konflikten und auch zu strafbaren Handlungen kommt.
    Wenn nur die Gefährlichkeit der neuen religiösen Bewegungen und sogenannten Psychogruppen betont wird, werden mögliche positive Effekte für Menschen, die Orientierung oder enge soziale Bindungen suchen, verschwiegen. Moderne Gesellschaften wie die unsere müssen akzeptieren, daß nicht nur viele Nationalitäten zusammenleben, sondern auch die Lebensstile und Glaubensüberzeugungen immer vielfältiger werden.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Deswegen dürfen wir auch nicht zwischen guten alten und schlechten neuen Religionen unterscheiden. Wer dies macht, verstößt gegen das Verfassungsprinzip der religiösen und weltanschaulichen Neutralität.
    Die Enquete-Kommission hat die Aufgabe, unabhängig von den aktuellen politischen Entscheidungszwängen Handlungsempfehlungen zu geben. Die Empfehlungen zur Regelung der gewerblichen Lebensbewältigungshilfe, zur Förderung wissenschaftlicher Forschung und zum Verzicht auf Änderung von Art. 4 des Grundgesetzes entsprechen der bisherigen Diskussion. Wir begrüßen diese Empfehlungen grundsätzlich, halten jedoch detaillierte Vorschläge ohne eine vorherige intensivere Diskussion für verfrüht. Deswegen haben wir eine Große Anfrage zur gewerblichen Lebensbewältigungshilfe in den Bundestag eingebracht. Auf der Grundlage ihrer Beantwortung werden wir uns dann weitere Gedanken in diesem Zusammenhang machen.
    Im Zwischenbericht wird ebenso ausdrücklich der Beschluß der Innenministerkonferenz begrüßt, die Scientology-Organisation durch die Ämter für Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Das halten wir für falsch. Soweit der Scientology-Organisation oder einzelnen ihrer Mitglieder Gesetzesverstöße vorgeworfen werden, zum Beispiel im Straf-, Zivil- oder Gewerberecht, sind hierfür die regulären Organe der Rechtspflege zuständig.
    Natürlich ist schonungslose Aufklärung über Methoden und Ziele von Scientology notwendig, aber die Verfassungsschutzbeobachtung wird nach unserer Auffassung nur bewirken, daß sich die Mitglieder und Anhänger der Organisation kriminalisiert fühlen, die Bindungen an die Organisation eher noch verstärkt und Außenkontakte verringert werden. Dadurch wird es Aussteigern und Aussteigerinnen strukturell schwerer gemacht, diesen Ausstieg auch wirklich zu vollziehen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Nach unserer Überzeugung ist es Aufgabe der Enquete-Kommission, die genannten Bedenken ausführlich zu diskutieren, bevor Handlungsempfehlungen in diesem sensiblen Bereich gegeben werden. Da dies bisher nicht geschehen ist, können wir dem Zwischenbericht der Kommission so nicht zustimmen.
    Zum Abschluß möchte ich sagen: Wir müssen uns bewußt sein, daß bei allen staatlichen Eingriffen und Repressionen immer auch gesellschaftliche Freiheiten eingeschränkt werden. Das Problem dabei ist, daß darunter oft diejenigen leiden, die gar nicht gemeint sind.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich gebe das Wort der Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Birgit Schnieber-Jastram


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind ja inzwischen fast nur noch Kollegen hier, die in dieser Enquete-Kommission mitarbeiten.

    (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Nicht ganz!)

    - Nicht ganz. Ich begrüße besonders diejenigen, die nicht so intensiv mitarbeiten.
    Es ist heute morgen viel gesagt worden. Ich muß ganz ehrlich sagen, Frau Rennebach - ich will jetzt nichts kritisieren -: Ich wünsche mir für die zukünftige Arbeit, daß wir die Parteipolitik aus dieser Thematik heraushalten. Wir haben Themen genug, über die wir politisch wirklich deftig streiten können. Ich glaube, dies muß nicht so ein Thema sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich freue mich - ich bin da an sich sehr positiv überrascht -, daß wir in der Enquete-Kommission, alle miteinander, auch die Experten, mit diesem Thema sehr behutsam umgehen. Es gibt eigentlich niemanden, der so spricht, wie man es manchmal außerhalb des Parlaments in Zeitungen liest. Die Sensibilität ist vielmehr bei fast allen Mitgliedern sehr groß. Ich begrüße das.
    Ich möchte hier auch noch einmal erklären - die Vorsitzende, Frau Schätzle, hat es vorhin schon einmal gesagt -: Art. 4 ist eine ungeheuer wichtige Vorschrift. Man kann es gar nicht oft genug wiederholen, daß wir in der Enquete-Kommission wohl einstimmig der Meinung sind, daß das Recht auf freie

    Birgit Schnieber-Jastram
    Ausübung der Religion ein elementares Menschenrecht ist.
    Insofern bin auch ich - ich betone das bei jeder Gelegenheit gerne - gegen jede Verteufelung und Stigmatisierung von Religionen genauso wie von Sekten. Das ist eine ganz wichtige Aussage, die wir immer wieder allen entgegenhalten müssen, die dieser Kommission skeptisch gegenüberstehen.
    Ich möchte noch einen Aspekt herausgreifen. Ich bin Sozialpolitikerin. Ich finde schon, daß wir uns in der Enquete-Kommission doch noch einmal intensiv mit der Arbeit beschäftigen müssen, das heißt mit solchen Fragen wie: Was ist das für eine Arbeit, die da in den Gruppen stattfindet? Gibt es da Ausbeutung? Gibt es da ungesetzliche Beschäftigungen? Gibt es Leute, die ohne Lohn arbeiten? Arbeiten sie für viel zu geringen Lohn?
    Ich freue mich, daß wir dies im weiteren Verlauf unserer Arbeit noch vertiefen werden. Wir müssen allerdings auch dabei sehr behutsam sein; denn man darf nicht alles über einen Kamm scheren. Es ist jedem klar, daß im Rahmen von Religion, von Kirchen, von Sekten auch ehrenamtliche Arbeit einen hohen Stellenwert hat. Dies abzugrenzen wird für uns sicherlich ein ungeheures Problem darstellen. Niemand würde sagen, daß es unehrenhaft oder illegal sei, zum Beispiel im Kloster zu arbeiten.
    Es ist schwierig, zu entscheiden: Wo liegt die Abgrenzung zwischen ehrenamtlicher und hauptamtlicher Tätigkeit? Das Bundesarbeitsgericht hat 1995 einige Kriterien festgelegt, ab wann die Betätigung als hauptamtlicher Mitarbeiter in einer Gruppe als Arbeitsverhältnis anzusehen ist. Aber eine wirkliche Rechtsgrundlage haben wir in diesem Bereich natürlich nicht.
    Es kommt nicht darauf an, Bürokratie für Ehrenamtlichkeit zu schaffen, sondern es kommt darauf an, eine Abgrenzung zu finden: Wo wird Beschäftigung illegal, wann ist sie von uns nicht mehr hinzunehmen? Und dann ist die Frage zu stellen: Müssen wir neue Kriterien entwickeln?
    Ich wünsche mir, auch im Sinne all derer, die vielleicht in einer problematischen Art von dieser Entwicklung betroffen sind, eine konstruktive Zusammenarbeit. Ich finde Ihren Vorschlag sehr gut, Herr Kohn, durch fachmännische Beratung zu helfen. Ich glaube, die Beratung muß einer der Schwerpunkte sein, die wir bei unserer Arbeit setzen müssen. Mir ist das jedenfalls nach den vielen Anhörungen, insbesondere nach der gestrigen Anhörung, deutlich geworden.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P., der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)