Rede von
Birgit
Schnieber-Jastram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind ja inzwischen fast nur noch Kollegen hier, die in dieser Enquete-Kommission mitarbeiten.
- Nicht ganz. Ich begrüße besonders diejenigen, die nicht so intensiv mitarbeiten.
Es ist heute morgen viel gesagt worden. Ich muß ganz ehrlich sagen, Frau Rennebach - ich will jetzt nichts kritisieren -: Ich wünsche mir für die zukünftige Arbeit, daß wir die Parteipolitik aus dieser Thematik heraushalten. Wir haben Themen genug, über die wir politisch wirklich deftig streiten können. Ich glaube, dies muß nicht so ein Thema sein.
Ich freue mich - ich bin da an sich sehr positiv überrascht -, daß wir in der Enquete-Kommission, alle miteinander, auch die Experten, mit diesem Thema sehr behutsam umgehen. Es gibt eigentlich niemanden, der so spricht, wie man es manchmal außerhalb des Parlaments in Zeitungen liest. Die Sensibilität ist vielmehr bei fast allen Mitgliedern sehr groß. Ich begrüße das.
Ich möchte hier auch noch einmal erklären - die Vorsitzende, Frau Schätzle, hat es vorhin schon einmal gesagt -: Art. 4 ist eine ungeheuer wichtige Vorschrift. Man kann es gar nicht oft genug wiederholen, daß wir in der Enquete-Kommission wohl einstimmig der Meinung sind, daß das Recht auf freie
Birgit Schnieber-Jastram
Ausübung der Religion ein elementares Menschenrecht ist.
Insofern bin auch ich - ich betone das bei jeder Gelegenheit gerne - gegen jede Verteufelung und Stigmatisierung von Religionen genauso wie von Sekten. Das ist eine ganz wichtige Aussage, die wir immer wieder allen entgegenhalten müssen, die dieser Kommission skeptisch gegenüberstehen.
Ich möchte noch einen Aspekt herausgreifen. Ich bin Sozialpolitikerin. Ich finde schon, daß wir uns in der Enquete-Kommission doch noch einmal intensiv mit der Arbeit beschäftigen müssen, das heißt mit solchen Fragen wie: Was ist das für eine Arbeit, die da in den Gruppen stattfindet? Gibt es da Ausbeutung? Gibt es da ungesetzliche Beschäftigungen? Gibt es Leute, die ohne Lohn arbeiten? Arbeiten sie für viel zu geringen Lohn?
Ich freue mich, daß wir dies im weiteren Verlauf unserer Arbeit noch vertiefen werden. Wir müssen allerdings auch dabei sehr behutsam sein; denn man darf nicht alles über einen Kamm scheren. Es ist jedem klar, daß im Rahmen von Religion, von Kirchen, von Sekten auch ehrenamtliche Arbeit einen hohen Stellenwert hat. Dies abzugrenzen wird für uns sicherlich ein ungeheures Problem darstellen. Niemand würde sagen, daß es unehrenhaft oder illegal sei, zum Beispiel im Kloster zu arbeiten.
Es ist schwierig, zu entscheiden: Wo liegt die Abgrenzung zwischen ehrenamtlicher und hauptamtlicher Tätigkeit? Das Bundesarbeitsgericht hat 1995 einige Kriterien festgelegt, ab wann die Betätigung als hauptamtlicher Mitarbeiter in einer Gruppe als Arbeitsverhältnis anzusehen ist. Aber eine wirkliche Rechtsgrundlage haben wir in diesem Bereich natürlich nicht.
Es kommt nicht darauf an, Bürokratie für Ehrenamtlichkeit zu schaffen, sondern es kommt darauf an, eine Abgrenzung zu finden: Wo wird Beschäftigung illegal, wann ist sie von uns nicht mehr hinzunehmen? Und dann ist die Frage zu stellen: Müssen wir neue Kriterien entwickeln?
Ich wünsche mir, auch im Sinne all derer, die vielleicht in einer problematischen Art von dieser Entwicklung betroffen sind, eine konstruktive Zusammenarbeit. Ich finde Ihren Vorschlag sehr gut, Herr Kohn, durch fachmännische Beratung zu helfen. Ich glaube, die Beratung muß einer der Schwerpunkte sein, die wir bei unserer Arbeit setzen müssen. Mir ist das jedenfalls nach den vielen Anhörungen, insbesondere nach der gestrigen Anhörung, deutlich geworden.
Vielen Dank.