Rede von
Rolf
Köhne
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Daß ein Richtungswechsel hin zu einer nachhaltig, zukunftsfähigen Entwicklung notwendig ist, darüber herrscht weitgehende Einigkeit. Was aber konkret unter diesem schillernden Begriff zu verstehen ist und wie eine solche Entwicklung einzuleiten wäre, darüber herrscht noch weitgehend Unklarheit und vor allen Dingen auch Uneinigkeit. Konsens herrscht im Grunde genommen nur über die vier sogenannten Managementregeln, die bereits in der 12. Legislaturperiode aufgestellt wurden und die nur besagen, daß wir mit unseren Ressourcen schonend umgehen müssen.
Bereits über eine fünfte Regel gibt es Streit; das hat eben die Kollegin Homburger schon angesprochen. Wir meinen, daß eine Regel erforderlich ist, die besagt, daß Risiken, die potentiell irreparable Schäden - ich betone: irreparable Schäden - in der Biosphäre hervorrufen können, zu vermeiden sind. Ebenso wie Herr Kollege Rochlitz und die Grünen halte ich es für erforderlich, daß man diesen Aspekt unter die Regeln der Nachhaltigkeit aufnimmt; denn man muß sich darüber im klaren sein, daß die Nutzung der Atomenergie und der Gentechnik auch irreparable Schäden hervorrufen kann. Da müssen bestimmte Schranken und Grenzen gesetzt werden, sonst werden wir möglicherweise diese Welt letztendlich sogar zerstören.
Darüber hinaus, liebe Kollegin Homburger, gibt es oberflächlich Einigkeit darüber, daß man auch die soziale und ökonomische Seite von Nachhaltigkeit betrachten muß. Aber ob das dann inhaltlich auf dasselbe hinausläuft, ist immer die ganz große Frage.
Wir sind der Ansicht, daß mindestens zwei weitere Regeln, die die soziale Seite der Nachhaltigkeit berühren, erforderlich wären.
Erste Regel: Die Erde und ihr Reichtum gehören allen Menschen und allen zukünftigen Generationen gleichermaßen. Allen Menschen sind deshalb gleiche Nutzungschancen und Zugangsmöglichkeiten zu den natürlichen Ressourcen zu gewähren. Das geht aber nur weltweit,
und man muß sich darüber im klaren sein, daß 20 Prozent der Weltbevölkerung momentan ungefähr 80 Prozent der Ressourcen nutzen.
Die zweite Regel, die hinzukommen muß, lautet: Jeder Mensch muß die Möglichkeit haben, durch eigene Arbeit die notwendigen Mittel für seinen Lebensunterhalt zu erwerben. Es ist Aufgabe der Gesellschaft, den gesellschaftlichen Arbeitsprozeß entsprechend zu organisieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was fehlt, ist letztendlich die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie. Dazu muß man sich natürlich auch die Frage stellen, welche Interessen eigentlich einer nachhaltig zukunftsfähigen Entwicklung entgegenstehen. Hierzu möchte ich kurz die ,,Frankfurter Rundschau" von heute zitieren, in der der Kollege Wolfgang Thierse und Ernst-Ulrich von Weizsäcker schreiben:
Ein wesentlicher Teil des Wettbewerbs ist die
Kostenkonkurrenz ... Der Wettbewerb belohnt
Rolf Köhne
niedrige Preise auch dann, wenn sie durch staatliche Subventionen, kostenlose Infrastruktur, unmenschlich niedrige Löhne, Unterdrückung von Frauen, Kinderarbeit, Raubbau an der Natur, Vernachlässigung des Umweltschutzes oder sittenwidrige Beeinflussung der Politik erreicht werden.
Dem kann ich nur zustimmen.
Es sind also die ökonomischen Interessen, die weltweite Jagd nach dem größten Profit, die einer nachhaltig zukunftsfähigen Entwicklung entgegenstehen.
Es wäre also eine wesentliche Aufgabe der Kommission, Vorschläge zu erarbeiten, wie Profitinteressen der Gesellschaft zurückgedrängt werden können.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.