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    Plenarprotokoll 13/193 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 193. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. September 1997 Inhalt: Vorverlegung der Frist für die Einreichung der Fragen für die Fragestunde am 2. Oktober 1997 17425 A Zurückverweisung von Vorlagen an einen Ausschuß 17425 A Zur Geschäftsordnung Dr. Gregor Gysi PDS 17425 B Joachim Hörster CDU/CSU 17426 A Dr. Peter Struck SPD 17426 B Uwe Lühr F.D.P. 17426 C Tagesordnungspunkt 14: Schlußbericht und Ergänzender Bericht der Reformkommission zur Größe des Deutschen Bundestages: Abschließende Empfehlungen zur Vorbereitung der Verkleinerung des Deutschen Bundestages und zu Vorschriften des Bundeswahlgesetzes gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 29. Juni 1995 und vom 30. November 1995 (Drucksachen 13/7950, 13/8270) 17426 D Andreas Schmidt (Mülheim) CDU/CSU 17427 A Wolfgang Dehnel CDU/CSU 17428 D Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 17429 C Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17431 D Dr. Max Stadler F D P. 17433 C Dr. Dagmar Enkelmann PDS 17435 C Tagesordnungspunkt 5: Zwischenbericht der Enquete-KommisSion „Schutz des Menschen und der Umwelt - Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung" gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 1. Juni 1995: Konzept Nachhaltigkeit Fundamente für die Gesellschaft von morgen (Drucksachen 13/1533, 13/7400, 13/7415) (Berichtigung) 17436 C Marion Caspers-Merk SPD 17436 D Eckart Kuhlwein SPD 17438 D Erich G. Fritz CDU/CSU 17439 B Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17441 C Birgit Homburger F D P. 17443 A Rolf Köhne PDS 17444 B Christa Reichard (Dresden) CDU/CSU . 17445 A Ursula Burchardt SPD. 17446 D Walter Hirche, Parl. Staatssekretär BMU 17448 B Ulrike Mehl SPD 17449 C Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 17450 B Tagesordnungspunkt 15: Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen" gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 9. Mai 1996 (Drucksachen 13/4477, 13/8170) . . 17450 D Ortrun Schätzle CDU/CSU 17451 A Renate Rennebach SPD 17451 D Roland Kohn F.D.P. 17454 A Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17456 A Roland Kohn F.D.P. 17456 B Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU . . 17457 D Ulla Jelpke PDS 17458 B Eckart von Klaeden CDU/CSU 17459 B Gisela Schröter SPD . . . . . . . . . 17459 D Helmut Jawurek CDU/CSU 17461 B Ronald Pofalla CDU/CSU 17462 C Renate Rennebach SPD 17463 A Nächste Sitzung 17463 D Berichtigung 17464 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 17465* A 193. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. September 1997 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 191. Sitzung, Seite 17 316 B und 192. Sitzung, Seite 17 421 B: In den Listen der entschuldigten Abgeordneten der beiden Plenarprotokolle ist der Name „Maaß (Herne) SPD" zu streichen. Einzufügen ist der Name „Maaß (Wilhelmshaven) Erich CDU/CSU". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Altmann (Pommels- BÜNDNIS 26. 9.97 brunn), Elisabeth 90/DIE GRÜNEN Antretter, Robert SPD 26. 9. 97 * Behrendt, Wolfgang SPD 26. 9. 97 * Blank, Renate CDU/CSU 26. 9. 97 Blunck, Lilo SPD 26. 9. 97 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 26. 9. 97 * Conradi, Peter SPD 26. 9. 97 Dietert-Scheuer, Amke BÜNDNIS 26. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 26. 9. 97 Duve, Freimut SPD 26. 9. 97 Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 26. 9. 97 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 26. 9. 97 * Fograscher, Gabriele SPD 26. 9. 97 Francke (Hamburg), Klaus CDU/CSU 26. 9. 97 Frick, Gisela F.D.P. 26. 9. 97 Fuhrmann, Arne SPD 26. 9. 97 Geiger, Michaela CDU/CSU 26. 9. 97 Gloser, Günter SPD 26. 9. 97 Haack (Extertal), SPD 26. 9. 97 * Karl Hermann Hampel, Manfred SPD 26. 9. 97 Hanewinckel, Christel SPD 26. 9. 97 Heyne, Kristin BÜNDNIS 26. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Höll, Barbara PDS 26. 9. 97 Hoffmann (Chemnitz), SPD 26. 9. 97 Jelena Hollerith, Josef CDU/CSU 26. 9. 97 Horn, Erwin SPD 26. 9. 97 * Jawurek, Helmut CDU/CSU 26. 9. 97 Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 26. 9. 97 Klose, Hans-Ulrich SPD 26. 9. 97 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kohl, Helmut CDU/CDU 26. 9. 97 Lemke, Steffi BÜNDNIS 26. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Lüth, Heidemarie PDS 26. 9. 97 Lummer, Heinrich CDU/CSU 26. 9. 97 * Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 26. 9. 97 * Erich Mante, Winfried SPD 26. 9. 97 Marten, Günter CDU/CSU 26. 9. 97 * Marx, Dorle SPD 26. 9. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 26. 9. 97 Müller (Berlin), PDS 26. 9. 97 Manfred Dr. Niese, Rolf SPD 26. 9. 97 Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 26. 9. 97 Rupprecht, Marlene SPD 26. 9. 97 Dr. Scheer, Hermann SPD 26. 9. 97 * Schloten, Dieter SPD 26. 9. 97 * Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 26. 9. 97 Dr. Scholz, Rupert CDU/CSU 26. 9. 97 Schütz (Oldenburg), SPD 26. 9. 97 Dietmar Schwanitz, Rolf SPD 26. 9. 97 Siebert, Bernd CDU/CSU 26. 9. 97 * Terborg, Margitta SPD 26. 9. 97 * Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter CDU/CSU 26. 9. 97 Weis (Stendal), Reinhard SPD 26. 9. 97 Wetzel, Kersten CDU/CSU 26. 9. 97 Wieczorek-Zeul, SPD 26.9.97 Heidemarie Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 26. 9. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 26. 9. 97 Wülfing, Elke CDU/CSU 26. 9. 97 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 26. 9. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 26. 9. 97 * Dr. Zöpel, Christoph SPD 26. 9. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gerald Häfner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Liebe Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte an den Anfang meiner Ausführungen einen Dank an den Vorsitzenden, an die Mitglieder und Sachverständigen, aber auch - und weiß Gott nicht zuletzt - an die Mitarbeiter der Reformkommission stellen. Wir haben zwei Jahre intensiver

    Gerald Häfner
    und auch kollegialer Beratungen hinter uns gebracht und dabei zu einigen wichtigen Weichenstellungen gefunden, dabei allerdings auch - darauf werde ich noch zurückkommen - ein ganz zentrales Problem unseres Wahlrechtes ungelöst gelassen.
    Zunächst das wichtigste Ergebnis: Der Bundestag hat eine Verkleinerung auf 598 Abgeordnete zur 15. Wahlperiode beschlossen. Wir begrüßen diesen Beschluß. Wir haben ihn ja von Anfang an mit eigenen Anträgen gefordert und mit herbeigeführt. Der Beschluß kann die Arbeitsfähigkeit des Parlamentes stärken und dessen Effizienz fördern. Allerdings muß er das nicht.
    Das ist schon einmal ein Punkt, an dem die Kommission meines Erachtens ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat. Die Effizienz, die Transparenz, die Arbeitsfähigkeit des Parlamentes leiden unter vielen anderen Dingen weit mehr als unter der Größe dieses Hauses. All unsere Vorschläge zu Fragen einer weitergehenden Parlamentsreform wie der Straffung des Gesetzgebungsverfahrens oder einer Erweiterung der Rechte des einzelnen Abgeordneten sind bereits bei der Einsetzung der Kommission abgelehnt worden.
    Aber noch etwas zur Verkleinerung. Der Bundestag war ja nicht deshalb zu groß, weil wir das deutsche Parlament willkürlich aufgebläht hätten, sondern weil die glückliche Vereinigung der über 40 Jahre getrennten Teile Deutschlands zu einem Anwachsen der Bevölkerungszahl und damit auch der Anzahl der Abgeordneten geführt hat. Die Verkleinerung war jetzt trotzdem oder gerade deshalb notwendig, so wie viele andere Reformen im vereinten Deutschland zur Herstellung von Effizienz, Arbeitsfähigkeit, Transparenz und auch mehr demokratischer Legitimation erforderlich wären. Ich würde mir wünschen, wir hätten die Kraft zu noch sehr viel weitergehenden Reformen im Bereich der Festigung und Verbesserung der Demokratie als nur zur Verkleinerung des Bundestages.
    Dann ist uns als zweites gelungen - darüber bin ich sehr froh -, die Toleranzgrenzen im Wahlgesetz zu verändern. Die bisherige Regelung hat dazu geführt, daß einzelne Wahlkreise doppelt so viele Wahlberechtigte umfassen konnten wie andere Wahlkreise, ohne daß es zu einer Änderung der Wahlkreisabgrenzung hätte kommen müssen. Daß in Zukunft eine Neuabgrenzung bereits bei einer Abweichung der einzelnen Wahlkreise gegenüber dem Wahlkreisdurchschnitt in Höhe von 15 Prozent stattfinden soll und bei einer Abweichung von 25 Prozent stattfinden muß, entspricht der Forderung meiner Fraktion und fand erfreulicherweise ebenfalls Konsens in der Kommission.
    Konsens hatten wir auch in der Frage der Grundmandate; darauf ist schon eingegangen worden. Die PDS ist - das will ich hier deutlich sagen - unser politischer Gegner. Aber sie ist in den neuen Bundesländern von zum Teil über 20 Prozent der Bevölkerung gewählt. Es wäre gänzlich absurd, diese Partei nun mit Veränderungen im Wahlrecht aus dem deutschen Parlament katapultieren zu wollen. Ich bitte Sie, zu bedenken: Damit wären ja nicht nur den Abgeordneten der PDS sozusagen die Stühle vor die Tür gesetzt, sondern vor allem auch den zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern, die sie gewählt haben und die hier von ihr vertreten werden. Das ist es, was mir manchmal in unseren Debatten zu kurz gekommen zu sein scheint.
    Wir sollten nie vergessen: Im Kern geht es beim Wahlrecht nicht um uns, nicht um die Abgeordneten, nicht um die Parteien, sondern im Kern geht es beim Wahlrecht um die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Das Wahlrecht ist eben ein elementares Recht der Bürger. Bürgerinnen und Bürger sind in der Demokratie der Souverän. Von ihnen geht alle Staatsgewalt aus, und sie wird laut Grundgesetz von ihnen in Wahlen und Abstimmungen ausgeübt. Solange der Gesetzgeber weiterhin die von den Eltern unseres Grundgesetzes vorgesehene Einführung von Volksbegehren und Volksentscheid verweigert, bleibt das Wahlrecht das einzige Instrument, mit dem die Bürgerinnen und Bürger ihre Souveränität ausüben, ihrem politischen Willen Ausdruck verleihen können.
    Deshalb ist das Wahlrecht eine sehr fragile Angelegenheit. Es beinhaltet die Spielregeln, nach denen in der Demokratie gespielt wird, und diese sollte man im Konsens zwischen den beteiligten Politikern, aber nicht nur im Konsens zwischen diesen, sondern auch im Konsens zwischen den Sachverständigen und der Bevölkerung verändern und nicht, wie es hier geschehen ist, mit knappen Mehrheiten.
    Ich halte das für ein sehr trauriges Resultat unserer Arbeit in der Kommission, daß in der weiß Gott möglicherweise wahlentscheidenden Frage der Überhangmandate kein Konsens besteht. - Der Grund, Herr Schmidt - ich glaube, das darf man Ihnen zu Recht unterstellen -, warum Sie hier eine Änderung, wie von uns vorgeschlagen, abgelehnt haben, ist, daß Sie schon jetzt nur mit einer großen Zahl von Überhangmandaten Ihre Mehrheit im Deutschen Bundestag absichern können und daß Sie natürlich Angst vor der Wahl 1998 haben.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)

    Es macht Ihnen gar nichts aus, daß Sie einen Übergangskanzler stellen. Aber ich sage Ihnen: Eine Überhangregierung hat dieses Land nicht verdient.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Sie sind jetzt nur noch eine Übergangsregierung, aber eine Überhangregierung wollen wir in Zukunft nicht.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Überhangkanzler ist auch ganz gut! Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Das ist eine Entgleisung!)

    - Das ist keine Entgleisung. Wenn es eine Entgleisung ist, dann ist es eine Entgleisung von Ihrer Seite.
    Das oberste Prinzip beim Wahlrecht ist der gleiche Erfolgswert aller Stimmen. One person - one vote, das müßte das Prinzip sein. Sie wissen, daß schon bei der vergangenen Wahl die CDU für die Wahl eines

    Gerald Häfner
    CDU-Abgeordneten um einige Tausend Stimmen weniger brauchte als die Grünen für die Wahl eines ihrer Abgeordneten. Das heißt, daß Stimmen von Wählerinnen und Wählern der Grünen weniger gezählt haben als CDU-Wählerstimmen und das Ergebnis, wie es von den Bürgerinnen und Bürgern gewollt wurde, verfälscht worden ist.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)

    Das führt zu abstrusen und, wie ich meine, auch demokratieschädlichen Ergebnissen. Überlegen Sie sich doch einmal, was es bedeutet, wenn möglicherweise nach der nächsten Wahl eine erkennbare Mehrheit nach den Zweitstimmen errechnet wird und allen klar ist: Es regiert zum Beispiel wieder Ihre Koalition, obwohl sie abgewirtschaftet hat, aber dann durch Überhangmandate. Es wird nicht so kommen; es wird andersherum kommen. Das wissen Sie.
    Sie haben es bei der irrsinnigen Regelung belassen, daß durch Überhangmandate die Mehrheitsverhältnisse gekippt werden können und vier Jahre lang eine andere Bundesregierung, als von den Bürgerinnen und Bürgern gewollt ist, regieren kann. Das kann doch nicht im Sinne der Demokratie sein. Was bedeutet das für die Akzeptanz der Demokratie, aber auch der politischen Entscheidungen dieses Hauses? Daß Sie so etwas sehenden Auges beibehalten und dabei mitmachen, finde ich erschreckend.
    Herr Schmidt, ich muß ihnen deutlich sagen: Sie haben den Konsens durch offenkundigen - wenn ich dieses Wort aufgreifen darf - Nonsens ersetzt.

    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das war aber der Schmidt von der CDU!)

    - Das war der CDU-Schmidt. Ich kann Sie beide noch immer deutlich unterscheiden, auch wenn Sie häufig das „Schmidteinander" in erkennbarer Weise gepflegt haben. - Aber Sie haben wirklich Konsens durch Nonsens ersetzt. Das ist ärgerlich nicht nur für uns; das ist ärgerlich für dieses Land. Wir haben schon jetzt nur noch einen Überhang-, Übergangkanzler.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Überhangkanzler!)

    - Beides stimmt! Darum verwechsle ich die beiden im Alphabet nebeneinanderstehenden Laute so leicht. Überhang und Übergang sind nahe beieinander. - Aber nur mit den Überhangmandaten haben Sie überhaupt noch eine Chance, sich zu retten.
    Ich hoffe auf einen so deutlichen Wahlsieg für RotGrün bei der nächsten Bundestagswahl, daß Ihnen auch die Überhangmandate nicht mehr helfen werden, Ihre verfehlte Politik weiter zu betreiben.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich wollte gerade auf die „überhängende Zeit" hinweisen. Aber Sie haben das vorher bemerkt.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Max Stadler.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die F.D.P. bekommt „Weghangmandate"!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Max Stadler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Häfner, die letztgenannte Hoffnung, die Sie hier vermutlich vergebens ausgesprochen haben, ist jedenfalls nicht Inhalt des Schlußberichts der Reformkommission.

    (Marion Caspers-Merk [SPD]: Es wäre aber schön gewesen!)

    Zu der von Ihnen beschriebenen Situation wird es nicht kommen.
    Wenn ich richtig gerechnet habe, steht das Thema „Verkleinerung des Bundestages" in dieser Wahlperiode bereits zum siebten Male auf der Tagesordnung. Das bedeutet dennoch nicht, daß die Verkleinerung strittig wäre. Im Gegenteil: Wir sind uns einig. Nicht nur die Verwaltung, auch das Parlament muß schlanker werden. Dies gilt auch und gerade im Hinblick auf den bevorstehenden Umzug nach Berlin. Die Zahl der Abgeordneten im 15. Deutschen Bundestag wird deutlich reduziert werden.
    Wir haben im Oktober letzten Jahres mit der 13. Änderung des Bundeswahlgesetzes die Zahl der Abgeordneten auf künftig 598 festgelegt. Das bedeutet 299 direkt in Wahlkreisen gewählte Abgeordnete und dieselbe Zahl von über Landeslisten zu wählenden Abgeordneten. Manche halten die Verkleinerung für zu gering. Sie wollen deutlich weniger Abgeordnete. Es heißt immer wieder, der Bundestag sei im Vergleich zu anderen demokratischen Parlamenten zu groß. Dies ist falsch. In einer repräsentativen Demokratie darf die Zahl der Repräsentanten nicht zu klein sein, sonst geht die vielbeschworene Bürgernähe erst recht verloren.
    Das britische Unterhaus, oft zitiertes Vorbild für die parlamentarische Demokratie, zählt 650 Abgeordnete. In Italien sind es 630 und in Frankreich 577 Abgeordnete. Aber die Zahl der Wahlberechtigten ist in diesen Ländern geringer. Schon jetzt hat der Bundestag nach Rußland, Japan und den USA mit einem Abgeordneten für 92 000 Wahlberechtigte eines der ungünstigsten Verhältnisse. Nach der Verkleinerung sind es über 100000 Wahlberechtigte je Abgeordneten. Diese Zahl ist doppelt bis dreifach so hoch wie die Zahl der Wahlberechtigten je Landtagsabgeordneten in den Bundesländern. Weder während der Weimarer Republik - anfangs mit 423, später sogar mit 647 Abgeordneten - noch in der Anfangszeit der Bundesrepublik mit damals 410 Abgeordneten gab es ein so ungünstiges Verhältnis von Abgeordnetenzahl zur Zahl der Repräsentierten.
    Für eine weitergehende Verkleinerung des Bundestages wird ferner das Argument benutzt, ein kleinerer Bundestag wäre wesentlich arbeitsfähiger. Auch dies trifft nur scheinbar zu und hält einer

    Dr. Max Stadler
    genaueren Betrachtung nicht stand. Denn die Größe zum Beispiel der Ausschüsse und Gremien richtet sich nicht nach der Gesamtzahl der Abgeordneten, sondern nach dem Parteienproporz. Wenn eine kleine Fraktion im Ausschuß zumindest mit einem Abgeordneten vertreten sein soll - das muß ja wohl so sein -, dann ergibt sich auf Grund der zu wahrenden Mehrheitsverhältnisse automatisch die Größe der Gremien. Umgekehrt würde eine zu starke Verkleinerung die kleinen Fraktionen faktisch von einer effektiven Teilhabe an den parlamentarischen Willensbildungsprozessen ausschließen.
    Rund 30 Ausschüsse, Untersuchungsausschüsse und Enquete-Kommissionen gilt es allein derzeit zu beschicken. Es darf aber nicht so weit kommen, daß eine zum Beispiel mit 10 Prozent in den Bundestag gewählte Partei - Sie sehen, ich spreche jetzt gar nicht von der F.D.P. -

    (Heiterkeit)

    allein schon durch die Überlastung der einzelnen Abgeordneten mit Aufgaben und Funktionen an der effektiven Mitwirkung in diesen Gremien gehindert wird. Im Sinne der politischen Meinungsvielfalt ist es schließlich wünschenswert, daß auch die kleineren Parlamentsparteien aus allen Bundesländern mit Bundestagsabgeordneten vertreten sind. Die Gesamtzahl der Abgeordneten muß daher so bemessen sein, daß auch eine Partei mit einem Wählerreservoir von etwa 10 Prozent zumindest die Chance hat, aus möglichst allen Bundesländern Abgeordnete in den Bundestag zu entsenden. Denn eine Repräsentanz in der Fläche ist nicht nur für die einzelne Partei von Bedeutung, sondern für die Akzeptanz des parlamentarischen Systems insgesamt. Wäre sie nicht mehr gewährleistet, geriete unser ganzes Wahlrecht schnell in eine Schieflage.
    Im übrigen kann auch das zum Beispiel vom Bund der Steuerzahler immer wieder angemahnte Kostenargument nicht überzeugen. Nicht nur, daß die Kosten umgerechnet pro Kopf der Bevölkerung und Jahr lediglich bei gut 10 DM liegen, ist hier von Bedeutung, sondern auch folgende Überlegung: Eine Verringerung der Zahl der Abgeordneten würde natürlich zu Einsparungen bei der Gesamtsumme der Diäten führen. Doch wenn es Abgeordnete zeitlich und arbeitsmäßig nicht mehr schaffen können, eine ordentliche Arbeit für einen zu großen Wahlkreis und für zu viele Themen und Gremien im Parlament zu leisten, würde der Druck zwangsläufig größer, den Mitarbeiterstab zu erhöhen und bestimmte Aufgaben an diesen zu delegieren. Gerade wer das Beispiel USA anführt, sollte auch wissen, daß dort die Abgeordneten ein Vielfaches an Mitarbeitern haben. Das käme dem Steuerzahler aber erst recht teuer.
    Meine Damen und Herren, die F.D.P. tritt daher für die angemessene Reduzierung des Bundestags auf 598 Sitze ein. Für ein Herummanipulieren am Wahlrecht steht die F.D.P. nicht zur Verfügung. Das haben wir vor einem Jahr anläßlich der Verabschiedung des 13. Wahlrechtsänderungsgesetzes deutlich gemacht. Dazu stehen wir auch jetzt. Denn gerade in diesen Tagen, in denen Reformen blockiert werden und mutige politische Neuansätze im Parteienclinch steckenbleiben, wird der Ruf nach einer Wahlrechtsänderung schnell wieder laut.
    Von einem Mehrheitswahlrecht versprechen sich manche den Ausweg aus der Entscheidungsblokkade. Davor können wir, wie Sie verstehen werden, nur warnen.

    (Lachen bei der PDS)

    Deutschland würde um ein großes Stück politischer Vielfalt gebracht. Daß die F.D.P. und etwa auch die Grünen dieser Meinung sind, ist klar. Aber auch Bundespräsident Roman Herzog sieht dies so. In der „Berliner Zeitung" vom 17. September dieses Jahres erklärt er - ich zitiere -:
    Aber ich habe schon in den 60er Jahren darauf hingewiesen, daß eine Verbitterung der Bürger entstehen würde, wenn durch ein Wahlsystem, also durch einen juristischen Federstrich, die bestehenden kleinen Parteien herauskatapultiert würden.
    Dem ist, so glaube ich, nichts hinzuzufügen.
    Das Mehrheitswahlrecht wäre also der falsche Weg zur Lösung der Strukturprobleme unseres politischen Systems. Nicht die Größe des Bundestags, nicht das Wahlrecht, sondern auch das inzwischen entstandene Maß an Vermischung der Verantwortung zwischen den Institutionen, vor allem zwischen den Ländern und dem Bund, hat die derzeitige Blockadesituation maßgeblich mit beeinflußt.
    Wir brauchen zur Lösung der dringenden Probleme daher klare Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern. Die Zahl der Länder werden wir vermutlich nicht so leicht verringern können. Aber Graf Lambsdorff hat recht: Wir brauchen eine Reform des föderalen Systems der Bundesrepublik. Dazu muß zwingend gehören: erstens eine deutlichere Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenz und Aufgabenverantwortlichkeiten des Bundes und der Länder, zweitens eine klarere Verteilung der Einnahmequellen in der Finanzverfassung zwischen Bund und Ländern

    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Und Gemeinden! Wenn schon, denn schon!)

    und schließlich drittens die Schaffung leistungsstarker Bundesländer. Denn Voraussetzung für einen funktionsfähigen Föderalismus sind Länder mit vergleichbarer Wirtschafts- und Finanzstärke.
    Wir wollen starke Länder mit klaren Kompetenzen und ausreichender Finanzausstattung. Wir wollen aber auch klare Entscheidungsbefugnisse des Bundes. Aus einem klassischen System der horizontalen Gewaltenteilung ist unser Föderalismus allmählich zu einem System der Gewaltenhemmung geworden. Können wir uns das in der augenblicklichen Situation wirklich leisten? Das ist die Frage.

    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das liegt aber eher an der Regierungskoalition als am System!)

    Diese Strukturprobleme müssen wir angehen. Mit einer Änderung des Wahlrechts dagegen wären wir keinen Schritt weiter.

    Dr. Max Stadler
    Vor diesem Hintergrund begrüßt die F.D.P. ausdrücklich die jetzt vorgelegten Empfehlungen der Reformkommission. Danach bleibt es auch künftig so, daß die Bevölkerungszahl die maßgebliche Bemessungsgrundlage für die Wahlkreiseinteilung ist. Es wird nichts am Verhältnis der Zahlen von Direkt- und Listenmandaten geändert. Es wird nichts an der Fünfprozentklausel geändert. Es wird nichts an der Grundmandatsklausel und der Regelung der Überhangmandate geändert. Wir sehen uns darin auch durch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom April dieses Jahres bestätigt. Dies gilt im übrigen auch für die von der Reformkommission vorgeschlagenen Abweichungen, bei denen ein Neuzuschnitt von Wahlkreisen vorgenommen werden muß. Künftig werden Abweichungen von über 25 Prozent nicht mehr geduldet. Auch dies ist ein wesentliches Element, Herr Kollege Häfner, um schon für die Wahl 1998 und erst recht für die späteren Wahlen Verfälschungen von Wahlergebnissen - das sage ich bewußt - durch Überhangmandate weitgehend auszuschließen.
    Meine Damen und Herren, bei der Verkleinerung des Bundestags und damit bei' der Veränderung der Wahlkreise tut sich eine Parallele zu anderen Veränderungen auf, die wir schon vollzogen haben. So wurden etwa bei der Verkleinerung der Bundeswehr aus Demonstranten gegen die Bundeswehr plötzlich Kämpfer für die Erhaltung der jeweiligen Standorte. Ähnliches erleben wir jetzt beim Bundesgrenzschutzkonzept. Viele Sparapostel werden nun zu rastlosen Briefeschreibern, da es um ihren Wahlkreis und dessen Zuschnitt geht. Plötzlich geht es nicht mehr um „die da oben in Bonn", sondern um „unseren Abgeordneten im Wahlkreis". Nicht von ungefähr haben daher eine Reihe von Bundesländern lange gezögert, überhaupt eigene Vorschläge für die Reduzierung beizusteuern.
    Wir sind froh, daß mit der von der Reformkommission vorgeschlagenen Wahlkreiseinteilung die Voraussetzung dafür geschaffen ist, daß wir auch dieses Problem in absehbarer Zeit, das heißt noch in diesem Jahr im Innenausschuß einer vernünftigen Lösung zuführen werden.
    Bei dieser Gelegenheit - dies ist mein Schlußgedanke - sollten wir uns auch darauf verständigen, ob nicht Art. 39 des Grundgesetzes so geändert werden kann, daß der Wahltermin künftig nicht immer weiter im Jahr zeitlich zurückwandert, bis er schließlich in die Sommerferien fällt, wo er sicher nicht hingehört. Wir sollten Art. 39 im Zuge dieser gesamten Reform so gestalten, daß der Wahltermin im Herbst bleibt, wie er von den Wählern gut akzeptiert wird.
    Ich schließe mit dem Dank an alle, die an der Abfassung des vorzüglichen Abschlußberichts beteiligt waren.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)