Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich auf den Regierungsentwurf zum Innenetat, den Einzelplan 06, der immerhin 8,7 Milliarden DM umfaßt, eingehe, möchte ich sagen, daß die Rede, die hier gewissermaßen als Prolog zum Wahlkampf von Ihnen, Herr Kollege Schily, gehalten worden ist, nach einer Replik verlangt. Weil es mich in der Sache interessiert, habe ich das Bundesratsprotokoll vom letzten Freitag gelesen.
Ich erinnere insbesondere Sie, der Sie hier den Eindruck erweckt haben, als würden Sie im Kreis von Blauäugigen reden, die ein schlechteres Gedächtnis haben, als ich Ihnen unterstelle, daran, daß im Protokoll zu lesen ist, wie lange man im Bundesrat beispielsweise über das Verbrechensbekämpfungsgesetz diskutiert hat, bei dem es um die Beschleunigung des Verfahrens ging.
Ich habe dort nachgelesen, wie lange man über eine Novelle zur StPO geredet hat, bei der es um die Hauptverhandlungshaft ging. Ich erinnere gerade Sie, der Sie ein Verdienst daran haben, daß es endlich zu einer elektronischen Überwachung von Gangsterwohnungen kommt, daran, wie lange Ihre Parteifreunde in den Landesregierungen im Bundesrat und auch anderswo blockiert haben, bevor es endlich zu diesem Gesetz zur elektronischen Überwachung von Gangsterwohnungen kommen konnte.
Seit 1990 diskutieren wir doch darüber. Sieben kostbare Jahre sind vergangen, bis Sie endlich Ihr sicher-
Dr. Klaus-Dieter Uelhoff
heitspolitisches Godesberger Programm erkannt haben.
Ich kann Ihnen, Herr Schily, und Ihren Parteigenossen der SPD nur wünschen, daß das alles ernst gemeint ist, so wie es Minister Kanther hier gesagt hat. Wir hoffen, daß es ernst gemeint ist. Sie haben aber dem Minister, als er die berechtigte Sorge äußerte, ob es Wahlkampfgeklingel oder wirklich ernst gemeint sei, vorgeworfen, er habe eine hochfahrende Rede gehalten. Sie, Herr Kollege Schily, haben eine unglaublich arrogante und hochfahrende Rede gehalten und überhaupt nichts von dem verstanden, was Minister Kanther hier gesagt hat.
Sie haben dem Minister abgesprochen, daß er sich über die Werte geäußert hat. Die Werte, um die es geht, sind leider in der Folge der Jahre uni 1968 in Mißkredit geraten. Ich frage Sie: Wie haben Sie es denn gehalten, als Sie von Gewalt gegen Sachen und Personen geredet haben? Haben Sie nicht mit dazu beigetragen, daß es hier zu diesem feinen Unterschied und zu einer Verschiebung kommt? Ich frage Sie danach.
Ich könnte Ihnen noch andere Beispiele nennen. Aber ich will Ihnen nur das eine sagen: Ich hoffe mit dem Bundesminister Kanther und den Freunden der Koalition, daß das, was jetzt angeleiert worden ist, auch im Bundesrat, was dort von den Ministerpräsidenten in erfreulicher Übereinstimmung gesagt worden ist, ernst gemeint ist.
- Nein, vorläufig lasse ich keine Zwischenfrage zu. Ich will noch einiges sagen.
- Entschuldigen Sie einmal, ich spreche gerade. Ich möchte meine Ausführungen zu Ende bringen.
Ich will Ihnen noch eines sagen. Es ist davon geredet worden, der niedersächsische Ministerpräsident sei vom Saulus zum Paulus geworden. Ich kenne mich ein bißchen in der Bibel aus. Ich erinnere daran, daß Saulus von Tarsos auf dem Wege nach Damaskus vom Blitz getroffen wurde und, als er dann wieder aufwachte, erkannte, daß er im vergangenen Leben völlig falsch gearbeitet hat und etwas völlig Neues machen wollte.
Ich bin noch nicht bereit, den Ministerpräsidenten von Niedersachsen mit Paulus zu vergleichen.
Ich will es etwas konkreter sagen. Mich erinnert dies an Grimms Märchen. Ich erinnere Sie an das Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein, in dem ein kreidefressender Wolf auftauchte, der eine verheerende Wirkung auf die sechs Geißlein hatte, die sich hinterher im Magen des Wolfes wiederfanden.
Ich hoffe, daß Herr Schröder nicht ein kreidefressender Wolf war. Er hat die Chance, durch seine Taten, zum Beispiel durch eine Änderung des Landespolizeigesetzes in Niedersachsen, zu beweisen, daß er es so meint, wie er sagt.
Daß die Bundesregierung - damit komme ich zum Einzelplan 06 - den Bereich der inneren Sicherheit sehr ernst nimmt und in Taten und ganz konkret im Haushalt auch in Moneten deutlich macht, können Sie daraus entnehmen, daß sogar mehr als ein Drittel dieses Etats für den Bereich der inneren Sicherheit ausgegeben wird.
Der Bundesgrenzschutz und das Bundeskriminalamt sind die Herzkammern des Etats beim Bereich der inneren Sicherheit. Es gibt eine Steigerung in diesen Bereichen, die überdimensional ist, weil es als notwendig erkannt worden ist. Wir haben eine Steigerung in diesem Bereich des Innenetats von 3,1 Prozent, der im übrigen - wie auch anderswo - sehr sparsam ausgefallen ist.
Wir haben beispielsweise im Gegensatz zu Niedersachsen in den letzten fünf Jahren 5 400 neue Planstellen für BGS-Beamte bekommen, so daß man jetzt etwa bei der Zahl von 30 000 ist, wie sie der Bund mit der Innenministerkonferenz der Länder vereinbart hat. Wir haben durch übereinstimmende Beschlüsse im Haushaltsausschuß auch bei den Beförderungen Nachbesserungen ermöglicht, so daß etwa 22 000 Beförderungen beim Bundesgrenzschutz in den letzten Jahren möglich waren und damit auch erheblich zur Motivation der Beamten beigetragen worden ist.
Aber ich will in diesem Zusammenhang kritisch deutlich machen: Der Bundesgrenzschutz ist in seiner Planstellenfiguration noch nicht da, wo die Länderpolizeien sind. Es wird eine wesentliche Aufgabe auch der nächsten Jahre sein, in dieser Richtung - wie wir es übrigens in den letzten drei Jahren sehr übereinstimmend im Haushaltsausschuß und mit den Innenpolitikern gemacht haben - fortzufahren.
Ich meine, die Kritiker müssen sich schon die Frage gefallen lassen, welches Bundesland in vergleichbarer Weise seine Anstrengungen für die Landespolizei in den letzten Jahren so verstärkt hat, wie es der Bund bei dem Bundesgrenzschutz getan hat.
In diesem Zusammenhang möchte ich bei der Beratung des Einzelplans 14 die großartige Leistung der Bundeswehr bei der Erhaltung der Dämme an der Oder würdigen.
Ich möchte für sie alle deutlich machen, daß wir mit großem Respekt und großer Anerkennung den Beamten des Bundesgrenzschutzes, die auch über die grenzschützende Tätigkeit hinaus an der Oder ihre Pflicht getan haben, genauso danken wie den hauptamtlichen und ehrenamtlichen Helfern des Technischen Hilfswerks.
Dr. Klaus-Dieter Uelhoff
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gab im Bundesrat eine erfreuliche Diskussion zum Thema innere Sicherheit. Ich hoffe, daß jetzt seitens der Sozialdemokraten im Bund und in den Ländern Taten folgen.
Ich will aber, da wir uns hier über den Einzelplan 06 unterhalten, nicht nur etwas über das eine Drittel innere Sicherheit - so wichtig es ist - sagen, sondern ein weiteres wichtiges Problem ansprechen, das den Innenetat belastet. Immerhin sind 50 Prozent der Ausgaben dort für Personal vorgesehen. Dies ist in einem Bereich, in dem die Verwaltung eine große Rolle spielt, eine normale Angelegenheit. Aber ich finde, daß es zwei große Problembereiche gibt, nämlich die Gauck-Behörde und das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, BAFI. Zu dem Zeitpunkt, als sie gegründet wurden, hatten sie einen riesigen Personalbedarf. Nachdem es endlich zu einem vernünftigen Asylrecht gekommen war, bestand ziemlich schnell nicht mehr die Notwendigkeit eines so hohen Beamtenbesatzes. Der Bundesinnenminister sitzt allerdings auf einem beachtlichen Sockel von Planstellen, die er nicht ganz schnell loswerden kann. Es ist - wahrscheinlich für den gesamten Bereich dieser Bundesregierung - vorbildlich gewesen, mit welch einer Penetranz - ich bezeichne das einmal so - und mit welch einer verbindlichen Konsequenz der Bundesinnenminister die Personalpolitik in seinem Hause gefahren hat.
Wir können mit Freude feststellen, daß dem Willen des Parlaments, 1,5 oder gar 2 Prozent Planstellen abzubauen, im Bundesinnenministerium mit großem Erfolg entsprochen worden ist.
Wir haben im Bereich des Einzelplans 06 in den letzten fünf Jahren einen Abbau von 226 Stellen zu verzeichnen.
Es ist durchaus aller Anerkennung wert, daß ein Ministerium deutlich gemacht hat: 226 Stellen weniger, so wie es der übereinstimmende Wunsch des Parlaments war. Herr Minister, ich glaube, ohne Ihre Konsequenz und Penetranz wäre dies so nicht möglich gewesen.
Wir haben darüber hinaus einen Etat in einer Figuration, wie er bisher nicht gewesen ist, nicht nur im Einzelplan 06, sondern auch sonst. Denn es gibt, ausgehend von den Erfahrungen, die wir mit der Budgetierung insbesondere im Innenetat gemacht haben, jetzt eine Flexibilisierung über den gesamten Bundeshaushalt, so wie er im Entwurf des Haushaltsgesetzes 1998 und auch in dem hier in den nächsten Wochen zur Beratung anstehenden Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Haushaltsrechts von Bund und Ländern vorgesehen ist.
Dies ist deshalb sehr wichtig, weil es in der Frage des Haushalts und der Haushaltsberatungen zu einer gravierenden Änderung kommen wird. Die größere Flexibilisierung besagt nämlich, daß mehr Verantwortung vor Ort möglich gemacht wird, daß der einzelne Mitarbeiter, die einzelne Verwaltungseinheit sehr viel selbstverantwortlicher mit dem Geld der Steuerzahler umgehen können. Um nur drei Kernpunkte zu nennen: erstens volle Deckungsfähigkeit innerhalb von verschiedenen Hauptgruppen - etwa Personalausgaben, sächlichen Ausgaben und Baumaßnahmen -, zweitens Deckungsfähigkeit in Höhe von 20 Prozent zwischen den Hauptgruppen und - das ist ganz wichtig - drittens die überjährige Verfügbarkeit nicht in Anspruch genommener Haushaltsmittel. Dies ist ein ganz entscheidender Punkt gegen das Dezember-Fieber, das wir in unseren Verwaltungen immer wieder mit Recht beklagt haben. Durch die Übertragung der Verantwortung vor Ort, durch die größere Flexibilisierung wird nicht nur ein effektiveres, sondern auch ein wirtschaftlicheres Verwaltungshandeln geradezu herausgefordert. Der Bericht des Bundesrechnungshofs war dazu sehr erfreulich. 100 Millionen DM Effizienzrendite, dies ist das im Innenetat allein dadurch freigemachte Sparpotential.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch eine letzte Bemerkung zu einem weiteren Punkt machen, der weit von der inneren Sicherheit entfernt ist, aber in dem der Bund doch deutlich macht, daß auf ihn dann, wenn es um Kulturförderung geht, Verlaß ist.
Wenn der von mir sehr geschätzte Hans Zender, ein Musiker, ein namhafter Komponist und Dirigent, neulich bei der Verleihung des Goethe-Preises in Frankfurt als die beiden Hauptgegner der Kulturpolitik: die Medien und die öffentliche Haushaltspolitik nannte, hatte er bezüglich der Unterhaltungsindustrie sicher recht. Ich bin davon überzeugt, daß Fernsehen und Videos überhaupt nicht so viel Kultur vermitteln können, wie sie gleichzeitig zerstören.
Aber hinsichtlich der staatlichen Kulturpolitik und der Mittelkürzung beim Bund hat er nicht recht. Denn wir haben uns vor drei Jahren auf eine Budgetierung von etwa 690 Millionen DM verständigt. Der Bund fühlt sich für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, für die Flaggschiffe, diese hervorragenden Einrichtungen in den neuen Bundesländern - gerade sind die Luther-Stätten Weltkulturerbe geworden -, in der Verantwortung. Hier läßt er auch niemanden hängen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Denkmalschutz mit 45 Millionen DM. Noch niemals hat es in Deutschland einen so hohen Ansatz für Denkmalschutz gegeben. Wir werden uns bemühen, das „Dach-und-Fach-Programm", das wir gemeinsam vor zwei Jahren zum Schutz von heruntergekommenen, restaurierungsbedürftigen Einrichtungen in den neuen Bundesländern auf den Weg gebracht haben, so weiterzufahren wie bisher.
Gerade bei der Kulturpolitik hat der Einzeletat 06 schon in der Vergangenheit bewiesen, daß sich der
Dr. Klaus-Dieter Uelhoff
Bund seiner Verantwortung in dem Rahmen, den der Bund für die Kulturpolitik hat, nicht entzieht. Er wird dies kontinuierlich fortsetzen. Wir verstehen uns nicht nur als Kulturnation, sondern sind auch bereit, die materiellen Sicherheiten dafür zu geben. Wenn es im einzelnen noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt, werden wir diese in den Haushaltsberatungen sicher im einzelnen nutzen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.