Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird niemanden verblüffen, wenn ich zunächst die Gelegenheit beim Schopf ergreife, um im Namen meiner Fraktion dem Bundesaußenminister Klaus Kinkel herzlich für seine Arbeit für unser Land, für Europa, aber auch für den Frieden in der Welt zu danken. Herr Kinkel, herzlichen Dank! Machen Sie weiter so!
Herr Zöpel, bei mir ist richtige Freude aufgekommen, als ich Ihren Worten gelauscht habe. Vor allem hat mir das gutgetan, was Sie über den weitverbreiteten Provinzialismus gesagt haben. Ich kann Ihre Worte nur aus voller Seele teilen. Das gilt auch in Richtung auf den Bundesrat, der durch einzelne seiner Mitglieder oder Vertreter der Bundesländer durch die Debatte um die Verschiebung des Euro nachdrücklich unterstrichen hat, daß das sächsische oder bayerische Hemd bei weitem näherliegt als der europäische Rock.
- Nichts gegen das bayerische Hemd. Dagegen würde ich als Bayer nie etwas zu sagen wagen.
Herr Zöpel, ein Weiteres, das Sie gesagt haben, war sehr vernünftig; denn man sollte die Außenpolitik nicht dazu benutzen, in einen Standortwettbewerb einzutreten, der die eigene Rolle gegenüber den Interessen der anderen ohne Rücksicht durchzusetzen versucht.
Das ist auch nicht die Politik, die diese Bundesregierung wie die Bundesregierungen in der Vergangenheit betrieben hat. Ich möchte die Reihe der liberalen Außenminister noch einmal nennen dürfen: Scheel, Genscher, Kinkel. Hier gibt es eine Kontinuität, die sich nicht nur an dem orientiert, was von Fall zu Fall an Entscheidungen ansteht, sondern hier gibt es eine Kontinuität von Werten und von einer wertorientierten, den Menschenrechten verpflichteten Außenpolitik.
Es ist ganz klar, daß deutsche Außenpolitik auch die deutschen Interessen vertreten muß. Es hat sich aber erwiesen, daß die Vertretung eigener Interessen nicht möglich ist, wenn die Art, in der die Interessen vertreten werden, gegen die elementaren Interessen anderer gerichtet wird. Das ist doch auch die
Logik unserer Bemühungen um die europäische Einigung, um unsere Rolle in den Vereinten Nationen.
Herr Zöpel, Sie haben recht, wenn Sie anmahnen, daß wir Weltinnenpolitik machen müssen. Aber wir sollten nicht verkennen, wo die eigentlichen Probleme liegen. Probleme entstehen doch dann, wenn zwei Völkerrechtsprinzipien unversöhnlich auf einanderprallen, wenn ein Widerspruch besteht, wenn zum Beispiel das Recht auf Selbstbestimmung in Widerstreit mit dem Recht und dem Anspruch einzelner Länder, ihre territoriale Integrität zu bewahren, gerät. Ich nenne nur Kurdistan.
Dann bekommen wir Probleme und müssen die Entscheidung darüber treffen, wie wir uns verhalten und woran wir uns orientieren wollen. In solchen Fällen ist es sehr gut, wenn man Prinzipien hat, die sich bewährt haben und an denen man sich orientieren kann.
Außenminister Kinkel wird nicht müde, immer wieder die Bedeutung der drei Säulen der Außenpolitik zu betonen. Das sind die traditionelle Außenpolitik, die Außenwirtschaftspolitik - selbstverständlich in dem Sinne, wie ich sie umschrieben habe - und die auswärtige Kulturpolitik. Hier gefällt mir der Ausdruck wesentlich besser, den Bundespräsident Herzog geprägt hat: kulturelle Außenpolitik.
Ich glaube, daß wir ihnen in Zukunft ein noch stärkeres Augenmerk als bisher widmen müssen. Ich bin den Haushältern und dem Außenminister, der schwer dafür gekämpft hat, dankbar, daß die Einschnitte in diesem Bereich nicht so bitter sein werden, wie das zu befürchten war.
Wir müssen doch sehen, daß die kulturelle Dimension unserer Beziehungen zu den anderen Ländern, zu unseren Nachbarn - genauso wie im Inneren - immer bedeutender wird und daß wir mit anderen nicht richtig umgehen können, wenn wir uns nicht darum bemühen, sie zu verstehen. Das gilt für ihre Traditionen, ihre Herkunft und für das, was sie auf Grund ihrer Wertvorstellungen für richtig halten. Dies gilt auch dann, wenn das ganz anders ist als das, was wir gewöhnt sind.
Wir müssen uns darum bemühen, das zu verstehen, genauso wie sich unsere auswärtige Kulturpolitik nicht darin erschöpfen darf, den Ländern und Völkern weit weg von uns jetzt auf Glanzpostillen darzulegen, wie toll doch Beethoven war oder wie großartig irgendwelche kulturellen Errungenschaften heute bei uns sind.
Nein, es geht darum, ein gegenseitiges Verständnis von Kulturen zu erwecken, die auf den ersten Blick nur schwer in Einklang zu bringen wären.
Das fängt natürlich - da haben Sie recht - bei uns zu Hause an. Wir können vieles wieder kaputtmachen, was wir durch auswärtige Kulturpolitik aufgebaut haben, wenn wir hier mit den bei uns lebenden
Ulrich Irmer
Ausländern nicht anständig umgehen und nicht versuchen, auch diese Menschen zu verstehen.
Insofern plädiere ich hier noch einmal an alle: Wenn wir von auswärtiger Kulturpolitik reden, müssen wir uns darüber im klaren sein, daß sie im Grunde - für jeden Bürger zu verwirklichen möglich - hier bei uns vor jeder Haustür anfängt.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.