Rede von
Birgit
Homburger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Umweltministeriums, den wir heute diskutieren, und der vorgelegte Haushaltsentwurf sind, wie ich finde, eine gute Grundlage für die erfolgreiche Arbeit des Bundesumweltministeriums. Ich denke, daß man durchaus hervorheben kann, daß die Mittel für die Umweltforschung, aber auch die Mittel für Naturschutzprojekte, insbesondere auch für internationale Zusammenarbeit und für die Aufklärung in der Öffentlichkeit erhöht werden, wie der Kollege Kriedner dankenswerterweise schon im einzelnen dargelegt hat. Insofern - dazu hat sich die Ministerin ja auch bereits geäußert - kann man sagen, daß das, was den Umwelthaushalt betrifft, eine gute Grundlage für die weitere Arbeit ist.
Damit werden auch die richtigen Schwerpunkte gesetzt. Ich sage es noch einmal - diese Diskussion haben wir hier ja jedesmal -, auch in Reaktion auf die Opposition: Es ist falsch, den Stellenwert und die Qualität der Umweltpolitik allein an den Haushaltszahlen zu messen. Es kommt schließlich auf die politischen Entscheidungen an, mit denen wir die Rahmenbedingungen für den Umweltschutz bestimmen. Hier, denke ich, kann die Koalition durchaus eine gute Bilanz ziehen.
Frau Kollegin Hustedt, wenn Sie sich wieder hier hinstellen und sagen, es hätten sich in den letzten zehn Jahren überhaupt nichts getan, in der Umweltpolitik sei überhaupt nichts erreicht worden, dann frage ich Sie einfach einmal, wo Sie eigentlich die letzten zehn Jahre gelebt haben.
Offensichtlich bekommen Sie von der Realität überhaupt nichts mit.
Wir haben in diesen letzten zehn Jahren erreicht, daß der Rhein saniert wurde, daß in ihm wieder 150 statt vorher 27 Fischarten schwimmen. Wir haben die Abfallmengen in allen Bereichen reduziert. Bei der Luftreinhaltung ist erreicht worden, daß die Staubemissionen um zwei Drittel gesenkt worden sind, darüber hinaus, daß die SO2-Emissionen um drei Viertel. reduziert worden sind. Bei der Nordsee beispielsweise ist der Phosphoreintrag um die Hälfte, der Stickstoffeintrag um 25 Prozent reduziert worden.
Wir könnten das fortsetzen, fortsetzen und fortsetzen. Doch Sie stellen sich hier jedesmal hin und sagen: Es hat sich nichts getan. Ich kann Ihnen nur sagen: Gehen Sie einmal heraus aus Bonn, gucken Sie sich einmal an, was in diesem Land passiert ist! Dann reden wir noch einmal über das Thema.
Auch wenn man sich die aktuelle Situation in dieser Legislaturperiode und gerade in der letzten Zeit anschaut, sieht man, was sich getan hat. Wir haben die Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz durchgesetzt, mit der wir den Stand der Technik auf alle Abwässer ausgedehnt haben. Ich nenne die Ausdehnung der Produktverantwortung durch die Altautoverordnung und die Batterieverordnung, die erst vor kurzem beschlossen worden ist. Ich nenne das Bodenschutzgesetz, mit dem wir endlich eine Lücke im Umweltschutz schließen, und die Novellierung des Naturschutzrechts und der Verpackungsverordnung, die Sie uns nie zugetraut haben. Jetzt nehmen Sie das doch endlich einmal zur Kenntnis! Diese Koalition hat aktive Umweltpolitik betrieben und wird es auch weiterhin tun.
Die Bilanz könnte noch besser aussehen, wenn der Bundesrat seine Blockadepolitik im Umweltschutz beenden würde. Die Länder stellen doch letztendlich den Umweltschutz unter den Primat des Geldes: Zustimmung zum Bodenschutzgesetz nur gegen Altlastenfonds, Zustimmung zum Naturschutzgesetz nur gegen Finanzbeteiligung des Bundes. So verkommt Umweltpolitik schließlich zu einem finanzpolitischen
Birgit Homburger
Schacher, und SPD und Grüne klatschen dazu auch noch Beifall.
Gerade die Stellungnahme des Bundesrates zum Bundesnaturschutzgesetz ist ein trauriges Beispiel dafür: Erst soll der Bund die Länder zu mehr Naturschutz zwingen, indem 10 oder 15 Prozent der Landesfläche zum Reservat erklärt werden sollen, und danach werden die mit unseren Regelungen verbundenen Kosten des Naturschutzes empört zurückgewiesen. Das, was wir fordern, sei schon zuviel, aber darüber hinaus müßten dann noch 10 bis 15 Prozent der Fläche als Naturschutzgebiet festgelegt werden. Dabei verkennt man vollkommen, daß das natürlich Geld kostet. Naturschutz kann man nämlich nur betreiben, wenn auch gepflegt wird. Sie sollten sich genau einmal überlegen, was Sie da fordern. Ich hoffe jedenfalls sehr, daß wir in den anstehenden Vermittlungsverfahren über vernünftige Wege im Umweltschutz und nicht über neue Wege in der Länderfinanzierung reden werden.
In der heutigen Debatte ist aufgefallen, daß der Kollege Müller nicht geredet hat. Ganz anders ist es bei Ihnen, wenn es um die Darstellung in der Presse geht. Dann machen Sie eine Reihe von rhetorischen Muskelspielen. Ich finde, die wirken immer komischer. Sie sprechen nicht mehr für die SPD - das hat sich auch heute wieder offenbart. Die umweltpolitische Diskussion der SPD betreiben derzeit der Volkswagenpolitiker Schröder, der Wirtschaftspolitiker Clement und der Verbrennungspolitiker Vahrenholt.
Ihnen reichen unsere Gesetze zur Verfahrensbeschleunigung nicht aus; sie erklären die Probleme im Gewässerschutz und in der Luftreinhaltung schlicht für erledigt; sie wollen Müllverbrennung statt -vermeidung und -verwertung. Natürlich wissen wir aus unseren Debatten alle, daß die Umweltpolitiker der SPD, die hier sitzen - ich mache ihnen überhaupt keinen Vorwurf -, das nicht wollen. Deshalb stelle ich noch einmal die Frage: Was will die SPD eigentlich? Diese Frage gilt für viele Bereiche: Sie gilt für die innere Sicherheit, für die Steuerpolitik, für die Energiepolitik und eben auch und ganz erheblich für die Umweltpolitik. Erst wenn Sie, Herr Kollege Müller, in den eigenen Reihen für Klarheit gesorgt haben, können Sie wieder glaubwürdig für Rezepte im Umweltschutz streiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, auch Ihre stumme Ergebenheit, mit der Sie diese Demontage der SPD-Umweltpolitik betrachten, spricht Bände. Wer mit dem Automann und Industriepolitiker regieren will, muß umweltpolitisch eben kleine Brötchen backen. Allein die Tatsache, daß sich der Herr Fischer inzwischen vegetarisch ernährt, macht eben noch kein ökologisches Programm.
Auf den Klimaschutzgipfel in Kyoto blicken wir alle mit Sorge. Wenn es uns dort nicht gelingt, bindende Verpflichtungen zur Senkung der Treibhausgasemmissionen zu erreichen, wird eine große Chance vertan. Der enorme Einsatz von Bundesumweltministerin Frau Dr. Merkel, die widerstrebenden Industriestaaten in ein Boot zu bekommen, verdient, finde ich, Anerkennung. Auf ihrer Reise, die sie vor kurzem nach China und Japan gemacht hat, hat sich wieder gezeigt, daß auch dort die Leistungen, die die Bundesrepublik Deutschland im internationalen Dialog zur Erreichung einer Lösung dieses Problems vollbringt, Anerkennung finden. Ich finde, die Anerkennung ist verdient. Wir brauchen glaubwürdige Klimaschutzstrategien der Industriestaaten. Sonst können wir nämlich den sich entwickelnden Staaten, von denen wir gewaltige Steigerungen des Treibhausgasausstoßes erwarten müssen, keine Begrenzungen abverlangen. Deshalb fordert die F.D.P. die Bundesregierung auf, noch vor Kyoto mit einem Maßnahmenpaket aufzuzeigen, wie das Klimaschutzversprechen erfüllt werden soll.
Eine Reihe von Zielen haben wir schon erreicht, aber es gibt - das habe ich mehrfach' gesagt - weiteren Handlungsbedarf. Diesen Handlungsbedarf werden wir aufgreifen; wir werden auch dafür aktiv eintreten und entsprechende Vorschläge machen. Sie werden erleben, daß all das, was Sie uns jetzt wieder nicht zutrauen, in Zukunft erreicht wird.