Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Minister Waigel verschiebt die Lasten auf zukünftige Generationen und auch auf zukünftige Legislaturperioden, indem er das Tafelsilber verscherbelt und Schattenhaushalte aufbaut. Danach macht er sich natürlich aus dem Staub und will die Verantwortung für seine Politik nicht mehr übernehmen.
In der Umweltpolitik passiert im Prinzip etwas Ähnliches. Was den Klimaschutz betrifft, ist in den letzten vier Jahren, also in dieser Legislaturperiode, bisher überhaupt nichts geschehen. Damit sind vier Jahre auf dem Weg verschenkt worden, das Ziel zu erreichen, bis zum Jahre 2005 die CO2-Emmissionen um 25 Prozent zu reduzieren.
Es gibt neueste Erkenntnisse über den El Nino, die die Wissenschaftler vor großen, schweren Dürren und Unwetterkatastrophen warnen. Vielleicht war der Oderbruch noch keine Konsequenz der Klimakatastrophe, aber so sähe es aus, wenn wir uns in einer ökologischen Katastrophe befänden. Dies kann für
Michaele Hustedt
zukünftige Generationen ganz konkret sehr viel Leid bedeuten und sehr teuer werden.
Minister Waigel ist amtsmüde. Wie sieht es bei Frau Merkel aus? Ich kann es gut verstehen, daß man dann, wenn man in diesem Kabinett nichts durchsetzt, eventuell keine Lust mehr zu diesem Job hat. Ich weiß, daß es zur Zeit nicht einfach ist, Umweltpolitik zu machen. Aber ich werfe Ihnen vor, daß Sie nicht das tun, was möglich wäre, und nicht dafür kämpfen, sondern einen Hauptteil Ihrer Kraft dafür einsetzen, Castortransporte mit Polizeieinsatz durchzusetzen. Der Rest der Kraft geht für Abwiegelungen drauf. Dann ist auch schon die Luft raus.
Frau Merkel, wir alle teilen die Einschätzung, daß das Klimaschutzziel nicht erreicht wird - das haben Sie mehrfach gesagt -, wenn es so weitergeht. Wir alle teilen die Einschätzung, daß es sehr schwer wird, in Kyoto zu einem verbindlichen Protokoll zu kommen, und daß Europa als Gemeinschaft der alten Industrienationen eine besondere herausragende Bedeutung hat, um hier eine Führungsrolle zu übernehmen. Präsident Clinton hat dies auch noch einmal auf der Konferenz in New York betont.
Sie haben für das Frühjahr 1997 ein Klimaschutzprogramm angekündigt, mit dem Sie nachbessern wollten. Es ist nicht gekommen. Sie haben dann gesagt: im Herbst 1997. Davor stehen wir nun. Nun hätten Sie in Ihrer Rede heute konkret sagen müssen, was passiert. Aber nichts, kein einziges Wort ist gekommen.
Aufforderungen an Japan reichen in keiner Weise aus, um dieser Rolle gerecht zu werden.
Für den Eurofighter sind in diesem Jahr 800 Molionen DM und insgesamt 25 Milliarden DM vorhanden. Für die Altbausanierung, wodurch man viele Arbeitsplätze, und zwar nicht nur in Bayern, sondern flächendeckend, schaffen könnte, stehen gerade einmal 20 Millionen DM im Haushalt. Das ist das Mißverhältnis dieses Haushaltes.
Wenn es nun in dieser Zeit schwer ist, Umweltpolitik zu machen, muß man sich darauf konzentrieren, wofür man breiteste Zustimmung aus der Gesellschaft erfährt. Es gibt einen Bereich, wo das Bündnis nicht breiter sein kann. Für diesen Bereich sind sowohl die Gewerkschaften, sowohl die Umweltverbände, sowohl der größte Unternehmensverband Deutschlands, der VDMA mit 3000 Unternehmen und 230 Milliarden DM Umsatz, als auch die Bauernverbände. Im Prinzip gibt es nur eine kleine radikale Minderheit, die dagegen ist, das sind die Stromkonzerne. Ich glaube, Sie wissen, wovon ich rede. Es ist die Förderung erneuerbarer Energien.
Die Situation ist hier zur Zeit sehr heiß. Der kleinen radikalen Minderheit der Stromkonzerne ist es tatsächlich gelungen, einzelne Abgeordnete aus den Reihen der Union zu gewinnen, die sich jetzt aufmachen, um die Einspeisevergütung abzusenken und damit die Ausweitung von Windkraft im Binnenland abzubrechen.
Ich frage Sie nun ganz konkret, und zwar einzeln. Frau Merkel, es gibt verschiedene Abgeordnete der Union, die gesagt haben, daß sie dagegen vorgehen wollen. Das sind Dietrich Austermann, Peter Carstensen, Werner Dörflinger, Armin Laschet und Peter Ramsauer. Sie haben öffentlich gesagt, das werden sie so nicht mitmachen.
Das begrüße ich. Herr Hirche hat gestern eine Pressekonferenz mit dem VDMA gemacht - das fand ich sehr gut -, auf der er gesagt hat, dieses macht er nicht mit.
Ich möchte von Ihnen, Frau Merkel, wissen: Werden Sie dann, wenn es hart auf hart kommt, dagegen stimmen? Ich möchte von Herrn Lippold - er redet gleich noch - wissen: Werden Sie dagegen stimmen, daß die Einspeisevergütung gesenkt wird, und werden Sie sich für eine wettbewerbsneutrale Anpassung des Stromeinspeisungsgesetzes, wie die Grünen es vorschlagen, einsetzen? Ich möchte von Frau Homburger wissen, wie sie sich in diesem Streit verhalten wird. Sie waren bei der Anhörung dabei und haben gesehen, daß tatsächlich ein Fahnenriß droht. Wie werden Sie sich in diesem Konflikt verhalten? Auch Frau Glücklich könnte dazu eine Position entwickeln.
Ich erwarte erstens die Unterstützung der Umweltpolitiker, um die Senkung der Einspeisevergütung zu verhindern, und zweitens, daß wir Seite an Seite gemeinsam einstimmig durchsetzen, daß das Stromeinspeisungsgesetz so, wie es die Grünen vorgeschlagen haben, in den Wettbewerb herübergerettet wird, indem man die Netzbetreiber in Zukunft verantwortlich macht, damit gleichzeitig den regionalen Ausgleich herstellt und den Importstrom über die Netzgebühren belasten kann, damit das Gesetz wettbewerbsneutral ist. Ich erhoffe mir jetzt von den Umweltpolitikern, daß wir Seite an Seite gegen die kleine radikale Minderheit in Ihrer Partei und gegen die Stromlobbyisten kämpfen.
Noch ein kurzes Wort zum nationalen Umweltplan: Frau Merkel, ich finde es im Prinzip gut, daß Sie langsam an das Thema heranrobben mit Ihren Schritten zur nachhaltigen Entwicklung. Aber eins
Michaele Hustedt
ist doch klar: Sie machen dabei zwei Fehler. Der erste Fehler ist, daß dies ein unverbindlicher Prozeß ist - Sie wollen jetzt ja auch die Arbeitsgruppen auflösen, so hörte ich -, bei dem keine konkrete Zeitangabe da ist, so daß man also nicht sagen könnte: Jetzt werden wir auch zu konkreten Zielen kommen, die wir dann tatsächlich umsetzen werden. Der zweite Fehler ist, daß Sie so tun, als ob Sie sagen wollten: Hoffentlich merkt es keiner im Kabinett. Sie wollen es am Kabinett vorbei machen, und die restlichen Minister wursteln weiter vor sich hin.
Einen nationalen Umweltplan muß man, wenn er denn ein richtiges Instrument sein soll, sozusagen ins Zentrum der Politik stellen. Bundeskanzler Kohl muß dafür die Federführung haben, und die Minister, die in diesen Bereichen tätig sind, wie Rexrodt, Wissmann, Borchert und Waigel, müssen für diesen Plan mit in die Pflicht genommen werden, damit dann tatsächlich im Sinne einer ökologischen Wirtschafts-und Finanzpolitik das umgesetzt wird, was man in diesem Plan entwickelt.
Ich glaube, daß der nationale Umweltplan ein ausgezeichnetes und modernes Instrument der Umweltpolitik ist, weil man damit gemeinsam die Verantwortung an die Verursacher zurückgeben kann, weil der Staat erst dann handelt, wenn es absolut notwendig ist, und weil man gleichzeitig große Anstöße für Innovationspolitik in diesem Land geben kann. Das ist hinsichtlich der Arbeitslosigkeit auch absolut notwendig.
Danke schön.