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    Plenarprotokoll 13/186 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 186. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. August 1997 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt: Erklärung durch die Bundesregierung: Die Hochwasserkatastrophe an der Oder und die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung 16823 B in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 1: a) Vereinbarte Debatte zur Hochwasserkatastrophe an der Oder 16823 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 16823 D Dr. Manfred Stolpe, Ministerpräsident (Brandenburg) 16826 C Ulrich Junghanns CDU/CSU 16827 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16829 D Jürgen Türk F.D.P 16831 A Rolf Kutzmutz PDS 16832 C Dr. Mathias Schubert SPD 16833 C Tagesordnungspunkt 2: a) Vereinbarte Debatte zu Steuern und Arbeitsplätzen 16835 A b) Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 GG) (Drucksache 13/8340) 16835 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 16835 B Dr. Henning Voscherau, Präsident des Senats (Hamburg) 16839 C Johannes Selle CDU/CSU 16841 A Dr. Gerhard Stoltenberg CDU/CSU . 16841 D, 16842 A Dr. Gerhard Stoltenberg CDU/CSU . . . 16845 B Hans-Peter Repnik CDU/CSU 16845 D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16848 C Carl-Ludwig Thiele F.D.P. 16852 A Joachim Poß SPD 16852 D Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16853 A Peter Dreßen SPD 16855 D Dr. Gregor Gysi PDS 16856 C Dr. Peter Struck SPD 16859 C Joachim Hörster CDU/CSU 16859 D Tagesordnungspunkt 3: a) Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (Drucksachen 13/901, 13/7000, 13/7570, 13/7579, 13/8325) 16860 B b) Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Steuerreformgesetz 1998 (Drucksachen 13/7242, 13/7775, 13/8020, 13/8177, 13/8178, 13/8326) 16860 C c) Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Steuerreformgesetz 1999 (Drucksachen 13/7480, 13/7917, 13/8022, 13/8023, 13/8177, 13/8179, 13/8327) 16860 C Nächste Sitzung 16861 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16863* A Anlage 2 Erklärung nach §31 GO der Abgeordneten Bernd Reuter, Barbara Imhof, Erika Lotz, Erwin Horn, Brigitte Lange, Gerhard Rübenkönig, Gerd Höfer, Berthold Wittich, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Dr. R. Werner Schuster, Alfred Hartenbach, Joachim Tappe (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform 16864* A 186. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. August 1997 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 5. 8.97 Barnett, Doris SPD 5. 8. 97 Beck (Bremen), BÜNDNIS 5. 8. 97 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Bierstedt, Wolfgang PDS 5. 8. 97 Börnsen (Ritterhude), SPD 5. 8. 97 Arne Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 5. 8. 97 Böttcher, Maritta PDS 5. 8. 97 Bredehorn, Günther F.D.P. 5. 8. 97 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 5. 8. 97 Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 5. 8. 97 Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 5. 8. 97 90/DIE GRÜNEN Caspers-Merk, Marion SPD 5. 8. 97 Conradi, Peter SPD 5. 8. 97 Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 5. 8. 97 Graf von Einsiedel, PDS 5. 8. 97 Heinrich Eppelmann, Rainer CDU/CSU 5. 8. 97 Faße, Annette SPD 5. 8. 97 Fischer (Berlin), BÜNDNIS 5. 8. 97 Andrea 90/DIE GRÜNEN Friedrich, Horst F.D.P. 5. 8. 97 Ganseforth, Monika SPD 5. 8. 97 Geiger, Michaela CDU/CSU 5. 8. 97 Gilges, Konrad SPD 5. 8. 97 Gloser, Günter SPD 5. 8. 97 Großmann, Achim SPD 5. 8. 97 Günther (Plauen), F.D.P. 5. 8. 97 Joachim Gysi, Andrea PDS 5. 8. 97 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 5. 8. 97 Hartmann, Hanns-Peter PDS 5. 8. 97 Hauser (Esslingen), Otto CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Hellwig, Renate CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Höll, Barbara PDS 5. 8. 97 Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 5. 8. 97 Dr. Jens, Uwe SPD 5. 8. 97 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 5. 8. 97 Dr.-Ing. Kansy, Dietmar CDU/CSU 5. 8. 97 Kauder, Volker CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Kiper, Manuel BÜNDNIS 5. 8. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 5. 8. 97 Körper, Fritz Rudolf SPD 5. 8. 97 Kolbow, Walter SPD 5. 8. 97 Abgeordnete(r) entschuldigt bi! einschließlich Kossendey, Thomas CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 5. 8. 97 Laumann, Karl-Josef CDU/CSU 5. 8.97 Lemke, Steffi BÜNDNIS 5. 8.97 90/DIE GRÜNEN Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 5. 8. 97 90/DIE GRÜNEN Löwisch, Sigrun CDU/CSU 5. 8. 97 Marschewski, Erwin CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Meister, Michael CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 5. 8. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 5. 8. 97 Mogg, Ursula SPD 5. 8. 97 Müller (Berlin), PDS 5. 8. 97 Manfred Neumann (Bramsche), SPD 5. 8. 97 Volker Onur, Leyla SPD 5. 8. 97 Dr. Penner, Willfried SPD 5. 8. 97 Dr. Pfaff, Martin SPD 5. 8. 97 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 5. 8. 97 Richter, Roland CDU/CSU 5. 8. 97 Robbe, Reinhold SPD 5. 8. 97 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 5. 8. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 5. 8. 97 Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 5. 8. 97 Schaich-Walch, Gudrun SPD 5. 8. 97 Dr. Scheer, Hermann SPD 5. 8. 97 Schild, Horst SPD 5. 8. 97 Schmidt (Aachen), Ulla SPD 5. 8. 97 Schumann, Richard SPD 5. 8. 97 Dr. Schulte (Schwäbisch CDU/CSU 5. 8. 97 Gmünd), Dieter Seidenthal, Bodo SPD 5. 8. 97 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 5. 8. 97 Dr. Stadler, Max F.D.P. 5. 8. 97 Steen, Antje-Marie SPD 5. 8. 97 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 5. 8. 97 Tippach, Steffen PDS 5. 8. 97 Titze-Stecher, Uta SPD 5. 8. 97 Voigt (Frankfurt), SPD 5. 8. 97 Karsten D. Wagner, Hans Georg SPD 5. 8. 97 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 5. 8. 97 Welt, Jochen SPD 5. 8. 97 Wester, Hildegard SPD 5. 8. 97 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 5. 8. 97 Wilz, Bernd CDU/CSU 5. 8. 97 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 5. 8. 97 Wolf (München), Hanna SPD 5. 8. 97 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Bernd Reuter, Barbara Imhof, Erika Lotz, Erwin Horn, Brigitte Lange, Gerhard Rübenkönig, Gerd Höfer, Berthold Wittich, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Dr. R. Werner Schuster, Alfred Hartenbach, Joachim Tappe (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (Drucksache 13/8325) Das Ergebnis des Vermittlungsausschusses bezüglich der Kompensation für den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer ist aus unserer Sicht nicht ausreichend befriedigend für einen Teil hessischer Kommunen. Die Ursache liegt darin, daß CDU/CSU und F.D.P. verhindert haben, daß 2,3 % der Umsatzsteuer den Gemeinden zur Kompensation zur Verfügung gestellt werden, wie es der SPD-Forderung entsprach. Vielmehr wollten CDU/CSU und F.D.P. ursprünglich nur 1,9 % zur Verfügung stellen. Angesichts des Verhaltens der Parteien der Bundesregierung mußte die 2,2 %-Kompensation als Kompromiß erst durchgekämpft werden. Es ist ein Erfolg der sozialdemokratischen Seite, daß die Gewerbeertragsteuer - entgegen Forderungen der F.D.P. - grundgesetzlich abgesichert wird und entsprechend sichergestellt wird, daß zur kommunalen Selbstverwaltung eine den Kommunen zustehende wirtschaftskraftbezogene und mit Hebesatzrecht versehene Steuerquelle gehört. Wir stimmen deshalb den Gesamtregelungen zu, auch weil die ostdeutschen Länder ohne entsprechenden Beschluß die Gewerbekapitalsteuer hätten einführen müssen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Peter Repnik


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben zu Beginn der heutigen Debatte eine beeindrukkende Geschlossenheit des Hohen Hauses über die Parteigrenzen hinweg erlebt, als es darum ging, angesichts der Flutkatastrophe an der Oder eine große Herausforderung zu bewältigen. Ich hätte mir gewünscht, daß wir angesichts von 4,3 Millionen Arbeitslosen in der Bundesrepublik Deutschland eine ähnliche gemeinsame Geschlossenheit gefunden hätten.
    Wenn im Vermittlungsausschuß die SPD und die Grünen auch nur im Ansatz verhandlungsbereit gewesen wären, könnten wir heute neben der Botschaft für die Menschen im Oderbruch auch den Menschen in Deutschland die Botschaft vermitteln: Der Standort

    Hans-Peter Repnik
    Deutschland ist gesichert. Es geht weiter. Wir sind ein großes Stück vorangekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Verehrter Herr Kollege Voscherau, nachdem Sie ein wenig aus dem Nähkästchen der Verhandlungen der letzten paar Wochen geplaudert haben, sei es mir gestattet, auf das eine oder andere Argument einzugehen. Sie haben an diesem Pult vor wenigen Minuten den Eindruck erweckt, als habe es tatsächlich und ganz konkret die Chance gegeben, zum Beispiel 'bei der großen Steuerreform in intensiven, zielführenden, auf eine Einigung im Vermittlungsausschuß hinweisenden Gesprächen zu Lösungen zu kommen.
    Diesem Eindruck muß ich hier leider widersprechen. Wir haben wiederholt ganz konkret den Versuch gemacht, Sie und Ihre Delegation zu sachlichen Gesprächen zu zwingen.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Richtig!)

    Bis auf einige wenige Ausnahmen, auf die ich gleich zu sprechen komme, sind Sie dieser Diskussion ausgewichen, und zwar aus einem einzigen Grund: Sie und Ihre Truppe - Entschuldigung -, Sie und Ihre Delegation hatten zum Abschluß einer solchen großen Lösung, die Deutschland weitergebracht hätte, die uns Arbeitsplätze gebracht hätte, kein Mandat. Dies ist die Wahrheit und nichts anderes.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ging sogar so weit, daß zu einem Zeitpunkt, als es so aussah, als könnten wir uns möglicherweise tatsächlich näherkommen, der saarländische Ministerpräsident - im übrigen ohne Absprache - seine Finanzministerin in die SPD-Delegation delegiert hat, damit sie aufpaßt, daß um Gottes Willen die Einsichtigen in der SPD mit uns keinen Abschluß tätigen, der nicht im Interesse des SPD-Bundesvorsitzenden ist.

    (Peter Hintze [CDU/CSU]: Ungeheuerlich! Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So etwas hat Herr Hintze in seinem Leben noch nie gehört!)

    - Herr Fischer, statt sich hier mit Zwischenrufen einzubringen, würde ich Ihnen raten, daß sich Frau Müller - oder wer auch immer von den Grünen ein Mandat hat - auch einmal konstruktiv beteiligt. Für mich war es in all den Verhandlungen hoch spannend, zu erleben, daß sich Ihre Kollegin bei der Diskussion um die große Steuerreform nicht beteiligt hat. Das heißt, die Grünen, die sich nach außen auch in diesem Bereich als Reformpartei geben, haben sich im Kern der Sache der Diskussion und der Lösungsfindung verweigert. Auch dies sollte bei dieser Gelegenheit einmal angesprochen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich komme nachher auf die große Steuerreform.
    Herr Kollege Voscherau, ich möchte Ihnen nachdrücklich zustimmen. Ich freue mich, daß wir es nach außerordentlich schwierigen und langwierigen Verhandlungen geschafft haben, die Gewerbekapitalsteuer abzuschaffen. Daß Sie dazu einen Beitrag geleistet haben, will ich wohl bekennen. Die Gewerbekapitalsteuer wurde nicht nur abgeschafft. Mit dem Beschluß im Vermittlungsausschuß und mit dem Beschluß heute sorgen wir dafür, daß in den neuen Ländern ab dem 15. August nicht die substanzverzehrende Gewerbekapitalsteuer erhoben werden muß. Allein das ist die heutige Sitzung wert.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wir waren aber auch bei einem zweiten Thema relativ erfolgreich, nämlich bei der Senkung der Lohnzusatzkosten. In den Verhandlungsdelegationen bestand der Konsens, daß wir die Lohnzusatzkosten zurückführen wollen. Es gab nur eine andere Auffassung.
    Wir von der Koalition haben immer gesagt: Ein solcher Konsens muß aus zwei Teilen bestehen. Der erste Teil umfaßt strukturverändernde Maßnahmen; allein die Querfinanzierung von einer Kasse in die andere bringt nichts. Der zweite Teil ist ganz konkret die Finanzierung durch Steuererhöhungen, um Beitragssenkungen ermöglichen zu können. Auch das möchte ich bei dieser Gelegenheit sagen.
    Wir waren uns relativ schnell einig, daß wir, beginnend bei der Rentenreform, den strukturverändernden Teil nicht in das Vermittlungsverfahren einbeziehen, und zwar deshalb, weil Norbert Blüm bereits einen Gesetzentwurf in erster Lesung in den Bundestag eingebracht hat, der beide Teile enthält: Strukturveränderungen auf der einen Seite und Querfinanzierung auf der anderen Seite. Deshalb haben wir gesagt: Dieser Gesetzentwurf soll in seinem strukturverändernden Teil das normale parlamentarische Verfahren durchlaufen: Ausschußberatung, darüber hinaus Anhörungen und dann die Beratung hier im Deutschen Bundestag.
    Wir haben uns darauf verständigt, nur über den Finanzierungsteil zu verhandeln. Wir waren uns weitgehend darin einig, die Mehrwertsteuer um einen Punkt zu erhöhen, um die Beiträge um einen Punkt senken zu können.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Da waren wir uns nicht einig!)

    - Verehrte Frau Matthäus-Maier, wenn der Herr Kollege Voscherau aus den Vorgesprächen, den kleineren Gesprächsrunden, hier zitiert, dann erlaube ich mir, ebenfalls daraus zu zitieren. Sonst hätte ich es nicht getan.
    Wir waren uns einig, nur über den Finanzierungsteil zu reden. Erst als die Botschaft von den Grünen kam, sie seien nicht bereit, über eine Mehrwertsteuererhöhung zu diskutieren, sondern diese Maßnahme ausschließlich über eine Ökosteuer zu finanzieren,

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Hans-Peter Repnik
    und als sich der Kollege Dreßler eingeschaltet hat, der plötzlich die Gefahr heraufbeschwor, daß sich Norbert Blüm mit seiner zielführenden Rentenreform durchsetzen würde, haben Sie gemauert und blokkiert und haben bei den Lohnzusatzkosten exakt dasselbe gemacht wie bei der großen Steuerreform, zum Schaden und zum Nachteil des Standortes Deutschland.
    Wir haben unser Angebot bis zum Schluß aufrechterhalten, das da lautete: Senkung des Rentenversicherungsbeitrages um einen Punkt und Gegenfinanzierung durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Punkt. Sie sind, weil Sie nicht durften, auf dieses Thema nicht mehr eingegangen.
    Jetzt noch einige wenige Anmerkungen zum Thema „große Steuerreform". Verehrter Herr Kollege Voscherau, alle Beratungen der vergangenen Monate, die Anhörungen im Finanzausschuß und alle Experten, die sich mit diesem Thema befaßt haben, haben deutlich gemacht, daß ausschließlich das Gesetz, das die Koalition vorgelegt hat, im Sinne der Rückführung der Arbeitslosigkeit, dem Hereinholen von neuen Investitionen und der Begründung neuer Arbeitsplätze zielführend ist. Ebenso hat die Anhörung im Finanzausschuß deutlich gemacht, daß Ihr Konzept, das nicht in einen Gesetzentwurf, sondern in ein Eckwertepapier gegossen wurde, gerade vor dem Hintergrund des Arbeitsmarktes, der Schaffung neuer Arbeitsplätze, kontraproduktiv ist, daß es nicht arbeitsplatzfördernd, sondern arbeitsplatzvernichtend ist. Diesem Urteil widerspricht kein Experte.

    (Joachim Poß [SPD]: Das ist doch glatt gelogen! Was Sie da wiedergeben, ist doch nicht durch die Finanzausschußanhörung gedeckt!)

    - Ach, ich bitte Sie, Sie haben doch selbst die Anhörung noch vor Augen. Nachher können Sie gerne darauf eingehen.
    Ich möchte auf folgendes hinweisen. Herr Kollege Voscherau sprach von der Globalisierungsfalle. Wir haben die Schwächen des Standortes Deutschland sorgfältig analysiert. Eine der größten Schwächen dieses Standortes sind die hohen Steuersätze. Wenn wir also der Globalisierungsfalle entgehen wollen, von der Sie gesprochen haben, dann müssen wir herunter mit den Steuersätzen und dürfen die Steuerreform nicht blockieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Kollege Stoltenberg hat sehr anschaulich dargestellt, wie es sich mit den Millionären in Hamburg verhält. Wenn es zutrifft, daß die Hälfte der Hamburger Einkommensmillionäre keine Steuern zahlt, dann ist doch dies der beste Beweis dafür, daß wir die Steuerreform brauchen, weil wir Steuerschlupflöcher schließen müssen. Aber auch dem haben Sie sich verweigert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Kollege Voscherau, ich halte es angesichts der Tatsache, daß diese Debatte öffentlich übertragen wird, schlichtweg für unanständig, daß Sie hier erneut eine Neidkampagne entfacht haben, indem Sie sagen, die Großen würden entlastet, die Kleinen nicht.

    (Peter Dreßen [SPD]: Wahrheit ist Wahrheit und kein Neid!)

    - Lassen Sie mich bitte ausreden! - Wir können doch die große Steuerreform nicht losgelöst von den Jahressteuergesetzen sehen, die wir bereits hinter uns haben, und Sie müssen bitte zur Kenntnis nehmen, daß allein durch das Jahressteuergesetz 1996 von dem Entlastungsvolumen von rund 20 Milliarden DM null Prozent an die großen, 100 Prozent aber an die mittleren und kleinen Einkommensbezieher in Deutschland gingen. Dies ist doch die Wahrheit.

    (Zuruf des Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine [Saarland])

    - Herr Lafontaine, nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, daß mit den Maßnahmen, die im Jahressteuergesetz 1996 beschlossen wurden, im Ergebnis zum Beispiel erreicht wurde, daß fast ein Drittel der Steuerpflichtigen in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt keine Steuern mehr zahlt. Dies ist doch die Wahrheit. Wie will ich denn jemanden entlasten, der überhaupt keine Steuern mehr zahlt? Deshalb ist dieser Vergleich, wie ich finde, nicht korrekt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Kollege Voscherau, ich möchte auf ein Weiteres hinweisen. Sie haben davon gesprochen, daß wir uns bei der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage nähergekommen seien. Das ist wohl wahr; das will ich überhaupt nicht bestreiten. Aber wahr ist natürlich auch folgendes: Wir haben hinsichtlich der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage eine Synopse aus dem gemacht, was in unserem Gesetz steht und was in Ihrem Eckwertepapier und in der sogenannten Schleußer-Liste steht bzw. was Ihr Parteivorsitzender an Aussagen hier in diesem Hohen Hause getroffen hat. Da haben wir uns in der Tat bis an 33 Milliarden DM heranbewegt. Das fand ich prima, weil es die erste Bewegung war, die es bei Ihnen gab, um mit uns über die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage zu sprechen, allerdings auch die letzte Bewegung in diesem Zusammenhang.
    Dabei muß aber folgendes festgehalten werden - das wird in aller Regel verschwiegen -: Von diesen 33 Milliarden DM sind ungefähr 14 Milliarden DM mit dem Kürzel „ÜT" versehen, was „Übereinstimmung unter der Voraussetzung, daß die Tarife nachhaltig gesenkt werden" bedeutet. Wenn es also nicht zu einer Tarifsenkung kommt, dann können Sie die 14 Milliarden DM schon einmal herausrechnen.
    Daraufhin haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie wir den Tarif senken könnten. Bei Ihnen stand erstens die Anhebung des Grundfreibetrages auf 14 000 DM im Raum, was schon einmal 14 Milliarden DM ausmacht, die für 1998 wegfielen. Dann

    Hans-Peter Repnik
    stand eine Senkung des Eingangssteuersatzes um wenigstens 2 Prozentpunkte im Raum, was noch einmal rund 12 bis 13 Milliarden DM ausmacht. Dann waren von den verbleibenden 29 Milliarden DM schon 27 Milliarden DM weg. Dann wollten Sie das Kindergeld erhöhen, und dann stand uns plötzlich schon nicht mehr genug Geld zur Verteilung zur Verfügung.
    Nachdem wir dann gesehen haben, daß rund 70 Prozent der Einnahmen aus der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage im Unternehmensbereich hätten erzielt werden sollen, für den Unternehmensbereich, die Körperschaftsteuer, aber keine einzige Mark zur Verfügung gestanden hat, dann hätten wir, wenn wir diesem Vorschlag gefolgt wären, eine Steuerreform gehabt, bei der die Unternehmen in Deutschland nachhaltig mehr Steuern bezahlt hätten. Da kann ich nur sagen: Walte Gott über die Investitionsfähigkeit des Standortes Deutschland! Deshalb sind wir nicht in Ihre Falle gelaufen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir haben bis zum Schluß angeboten: Wir sind bereit, über eine geringere Nettoentlastung zu verhandeln, wobei wir wissen, daß wir die Nettoentlastung sowohl für die Investitionstätigkeit als auch für den Konsum des Arbeitnehmers brauchen. Wir waren bereit, über den Tarif zu verhandeln, aber erst, wenn wir die Finanzierung des Tarifs sichergestellt haben. Was soll Ihre Forderung, permanent über einen neuen Tarif mit Ihnen zu verhandeln, wenn Sie gleichzeitig nicht bereit sind, die Finanzierung eines solchen Tarifs gemeinsam mit uns sicherzustellen? Das macht doch keinen Sinn; denn sonst hätten Sie anschließend gesagt: Auch dieser Tarif ist nicht sichergestellt.
    Frau Matthäus-Maier hat deutlich gemacht, daß für diese große Steuerreform und für die Nettoentlastung keine einzige Mark zur Verfügung stünde. Dies hat sie wiederholt erklärt. Eine Steuerreform ohne Nettoentlastung führt aber nicht zum Ziel: mehr Investitionen und damit mehr Arbeitsplätze in Deutschland und Rückführung der Arbeitslosigkeit.
    Soweit es sich um die große Steuerreform handelt, aber auch zum Thema Senkung der Lohnzusatzkosten gibt es für mich nach den intensiven langen Beratungen nur ein Fazit: Die SPD betreibt Blockade pur.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Sie verwischt die Nähe ihrer eigenen Steuerreformvorhaben zur großen Steuerreform der Regierungskoalition. Diese Nähe hat es nämlich streckenweise gegeben. Die SPD hat alle Verhandlungsbemühungen durch immer abstrusere Forderungen verzögert. Sie hat, wenn wir uns ein Stückchen nähergekommen waren, sofort das Stöckchen höher gehängt, über das wir springen mußten. Schließlich hat sie sie sogar mutwillig scheitern lassen. Mit einem Wort: Sie ist ihrer staatspolitischen Verantwortung im Bundes-
    tag, im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß nicht nachgekommen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich gehe davon aus, daß das Beispiel aus den Vereinigten Staaten von Amerika in der vergangenen Woche, wo sich vernünftige Menschen aus beiden politischen Lagern zusammengesetzt haben, mit Sicherheit ökonomische Auswirkungen haben und uns weiter im internationalen Konkurrenzkampf zu schaffen machen wird. Ich erwarte, daß sich dieses Beispiel herumspricht und daß es Schule macht. Hoffentlich machen Ihnen die Wirtschaftsverbände, die Gewerkschaften und die Arbeitslosen in Deutschland Druck, so daß Sie in einer zweiten Verhandlungsrunde schlußendlich bereit sind, mit in das Boot zu steigen und eine Reform zustandezubringen, die Deutschland für die Zukunft fit macht, die Arbeitsplätze schafft und Arbeitslosigkeit abbaut.
    Herzlichen Dank.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Kollegin Kerstin Müller, Bündnis 90/Die Grünen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kerstin Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man mag es erfreulich finden, daß wir in diesem schönen Plenarsaal so nett zusammensitzen. Aber wenn man dieser Debatte gefolgt ist, dann muß man feststellen: Das Vernünftigste am heutigen Tag war, daß wir über die Lage an der Oder gesprochen haben. Ich hoffe, daß das den Betroffenen auch nutzt. Ansonsten war diese Debatte bisher nicht mehr als eine einzige Wahlkampfshow. Das war auch zu erwarten.
    Diese ganze Sondersitzung war von vornherein ganz einfach überflüssig. Wir hätten nämlich alle Ergebnisse aus dem Vermittlungsausschuß genauso gut im September verhandeln können,

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    weil vor dem September sowieso nichts mehr passiert: Weder tagt der Bundesrat noch gibt es ein neues Vermittlungsverfahren. Deshalb gibt es keinen sachlichen Grund für diese Sitzung. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, hätten uns und den Steuerzahlern diese Sitzung besser erspart.
    Die große Steuerreform ist mit dem Beschluß des Vermittlungsausschusses gescheitert. Das ist in der Tat bedauerlich. Es ist bedauerlich, weil wir wirklich eine große Steuerreform brauchen. Wir brauchen eine deutliche Vereinfachung des Steuerrechts. Wir brauchen einen drastischen Abbau von Möglichkeiten, das Steuerzahlen zu vermeiden und zu umgehen. Davon profitieren nämlich nur Leute mit großen Einkommen. Wir brauchen eine deutliche Entlastung

    Kerstin Müller (Köln)

    für Menschen mit geringem Verdienst und vor allen Dingen für Haushalte mit Kindern.
    Sie vergießen hier jetzt Krokodilstränen über den Standort Deutschland, der von der angeblichen Blokkadepolitik der Opposition zugrunde gerichtet wird. Dann schauen wir uns doch einmal an, warum diese Steuerreform gescheitert ist. Das Steuerreformkonzept der Koalition konnte nicht Gesetz werden; es durfte nicht Gesetz werden. Das hat mit Blockadepolitik gar nichts zu tun, sondern ganz einfach mit der Qualität Ihrer Vorlage.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ihr Konzept war nicht seriös, und es war nicht solide finanziert. Wir haben doch erst im Juni erlebt, wie kritisch es um den Bundeshaushalt steht. Wie mühselig hat Herr Waigel die Millionen zusammengekratzt, um Ihren Haushalt wenigstens auf dem Papier auszugleichen. Die Aktion Goldfinger wird niemand so schnell vergessen.
    Die letzte Steuerschätzung brachte Einnahmeausfälle von 18 Milliarden DM. Nach der aktuellen IfoStudie werden die Ausfälle noch größer werden als im Mai erwartet. Dann, meine Damen und Herren von der Koalition, legen Sie ein Steuerreformkonzept vor, das neue, zusätzliche Löcher in Höhe von mindestens 45 Milliarden DM in die öffentlichen Haushalte reißen sollte. Das war von vornherein völlig abwegig. Herr Repnik, an diesem Punkt haben Sie uns in den Verhandlungen kein genaues und konkretes Angebot gemacht. Sie sind bei Ihrem Riesenloch geblieben. Das ist nicht zu verantworten, und deshalb sind wir nicht weiter aufeinander zugegangen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ein solches Konzept hätte vielleicht 1992 oder 1993 noch eine Chance gehabt. Damals waren die Spielräume größer. Aber damals wollten Sie keine Reform. Damals hat Herr Waigel das Bareis-Gutachten zunächst einmal in den Papierkorb geworfen. Aber heute: Die langsame Erholung der neuen Länder, viel langsamer als erwartet; die Kosten der deutschen Einheit, deren Schulden wir noch viele Jahre abbezahlen werden; die dramatisch hohe Arbeitslosigkeit; der große, über Jahre aufgestaute Nachholbedarf in Forschung und bei den Universitäten; wegbrechende Haushalte in Bund, Ländern und Kommunen. In solchen Zeiten ist für solche Manöver einfach kein Spielraum.
    Deshalb haben selbst koalitionsregierte Länder im Bundesrat nicht etwa freudige Zustimmung zu Ihrer Reform erklärt. Bayern, CSU-regiert, und Baden-Württemberg, regiert von CDU und F.D.P., haben im Gegenteil mit eigenen Anträgen die Anrufung des Vermittlungsausschusses gefordert. Der Vorwurf der Wahltaktik fällt also auf Sie selbst zurück. Platter kann man Wahlkampf nicht betreiben als mit Versprechungen, für die man selbst keine müde Mark zur Verfügung hat.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Ihre Taktik war auch ziemlich durchsichtig. Sie von der Koalition versprechen erst einmal Steuersenkungen, Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger und für die Industrie. Das klingt zunächst gut, und das ist auch wichtig, für die Steuersenkungsexperten von der F.D.P. geradezu überlebenswichtig. Die Wahrscheinlichkeit, daß der Bundesrat dem zustimmt, war gleich Null. Denn das wäre der Ruin nicht nur für den Bundeshaushalt, sondern auch für die Haushalte der Bundesländer gewesen. Die Steuererhöhungen und Leistungskürzungen zur Finanzierung Ihrer Steuergeschenke sollte dann das Vermittlungsverfahren bringen. Wochenlang haben Sie zum Beispiel das Wort Mehrwertsteuererhöhung gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Erst im Vermittlungsausschuß sind Sie damit herausgerückt. Steuerentlastungen mit der Klientelpartei F.D.P. und Steuererhöhungen mit der Opposition - diese Rechnung, Herr Repnik, konnte nicht aufgehen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ihr Konzept war auch extrem sozial ungerecht. Herr Voscherau hat zu Recht noch einmal auf die Ergebnisse des baden-württembergischen Rechnungshofes hingewiesen. Menschen mit einem Jahreseinkommen von stolzen 250 000 DM zahlen heute im Durchschnitt real 25 Prozent Steuern. Bei diesen Leuten nun die große Entlastung anzusetzen, ist nicht sozial gerecht. Genau das hatten Sie vor: enorme Entlastung für die Spitzenverdiener - ein Drittel der Entlastung allein für die oberen zehn Prozent -, aber wenig oder nichts für die normalen Einkommen. Das untere Fünftel der Haushalte sollte bei Ihrer Steuerreform völlig leer ausgehen. Es sollte sogar durch eine höhere Mehrwertsteuer die Entlastung der Reichen und Superreichen mitfinanzieren. Das ist Umverteilung zur Freude der F.D.P., aber keine Reform, auf die die Opposition sich einlassen kann.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Sie haben an diesem Steuerkonzept mit dem Charme und der Beweglichkeit eines stillgelegten Güterbahnhofs festgehalten. Herr Gerhardt hat sogar ganz offen gesagt: Lieber scheitern lassen als verwässern! Das heißt: Ihre Gesprächsbereitschaft war gleich null. Wer, bitte schön, blockiert hier wen?
    Dann kam eine Sache, die ich wirklich empörend finde. Wir entnehmen der „FAZ" vom 29. Juli 1997, die Koalition bewege sich und wolle einen neuen Vorschlag machen, der nur 15 Milliarden DM koste. Ich finde auch diesen Vorschlag absurd, denn auch die 15 Milliarden DM sind durch nichts gedeckt. Aber immerhin ist das ein Zeichen von Bewegung. Herr Repnik erklärt und Herr Schäuble wiederholt, wie toll sich die Koalition bewegt habe. Manche

    Kerstin Müller (Köln)

    Leute haben das sogar geglaubt. Nur: Sie haben diese Vorschläge nie eingebracht.

    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Natürlich! In der Arbeitsgruppe!)

    - In keiner Arbeitsgruppe und auch nicht im Vermittlungsausschuß selbst haben Sie ein solches Angebot auf den Tisch gelegt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD HansPeter Repnik [CDU/CSU]: Sicher!)

    Sie haben der Öffentlichkeit erklärt, Sie seien kompromißbereit, aber davon war am Verhandlungstisch nichts zu sehen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD HansPeter Repnik [CDU/CSU]: Natürlich!)

    Zu Ihren Blockadelegenden möchte ich folgendes klarstellen, Herr Repnik. Wir haben in diesem Sommer ungefähr 50 Stunden - ich glaube, es waren mehr - verhandelt. Ich habe einmal nachgerechnet: Wir haben vielleicht fünf Stunden zur großen Steuerreform verhandelt. Das war gerade einmal ein Zehntel der Zeit. Der Rest das wissen Sie genau - war ein einziges Tauziehen um vernünftige Regelungen bei der Gewerbekapitalsteuer. Das wurde dann noch dadurch unterbrochen, daß Sie vor der Tür klären mußten, was der F.D.P. noch zuzumuten wäre, zum Beispiel wenn es um die Grundgesetzänderung geht. Das hat uns so viel Zeit gekostet. Wenn Sie jetzt so tun, als hätten wir über die Zukunft des Standortes Deutschland verhandelt und diese leichtfertig verspielt, dann ist das schlicht nicht wahr, dann waren Sie in einer anderen Verhandlung als ich.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Sie hatten die Steuerreform nach kürzester Zeit abgeschrieben. Sie haben sich in den Verhandlungen keinen Millimeter bewegt. Sie haben Ihr Steuerkonzept als Fertigmenü aufgetischt und sind jetzt empört, daß wir als Opposition das nicht heruntergewürgt haben. Das ist kein fairer Umgang zwischen Bund und Ländern. Fairer Umgang ist etwas anderes: Man muß dann schon bereit sein, das Menü gemeinsam zu kochen.
    Bei den vorliegenden Konzepten gibt es viele Überschneidungen. Natürlich wären Einigungen und Kompromisse möglich gewesen. Aber Sie sind in der Koalition ja so blockiert, daß Sie sich selbst nicht mehr rühren können.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Machen Sie neue, realistische Vorschläge! Kommen Sie endlich auf den Teppich und lassen Sie uns nach Lösungen suchen!
    Jetzt wollen Sie also ein weiteres Vermittlungsverfahren beantragen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Warum?)

    Ich sage Ihnen: Solange Sie keine neuen und seriösen Angebote machen, muß auch dieses Verfahren scheitern.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Jeder hier im Saal, der an den vergangenen Verhandlungen teilgenommen hat, weiß das - auch Sie, meine Damen und Herren von der Koalition. Deshalb ist dieses Verfahren überflüssig wie ein Kropf. Es hat nur einen einzigen Zweck. Es geht um den Solidaritätszuschlag. Sie wollen Zeit gewinnen, Zeit für den Streit mit der F.D.P., ob der Soli auch ohne Steuerreform gesenkt werden soll oder nicht. Herr Sohns erklärt zum Thema Soli, die Senkung komme auf jeden Fall, egal wie. Die CDU solle gefälligst ihre Ministerpräsidenten im Osten zur Räson bringen. Das Wie sei ihr Problem. Übrigens ein interessantes Verständnis vom Bundesrat! Dagegen erklärt Herr Finanzminister Waigel zum Thema Soli: Wer das will, muß mir sagen, wie wir das gegenfinanzieren wollen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das wird Herr Thiele gleich machen! Detlef von Larcher [SPD]: Da braucht er sie auf einmal, die Gegenfinanzierung!)

    Eigentlich sollte das selbstverständlich sein. Aber Sie, meine Damen und Herren von der F.D.P., haben dazu gleich ja noch Gelegenheit.
    Nun rückt also die Stunde der Wahrheit näher: Umfallen oder raus aus der Regierung? Es geht doch längst nicht mehr um kompromißfähige Lösungen; es geht längst nicht mehr um die Solidarität mit dem Osten. Es geht nur noch um das Überleben der F.D.P.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Das ist Ihre aktuelle Misere. Diese Selbstblockade der Koalition lähmt nicht nur die Verhandlungen im Vermittlungsausschuß, sie lähmt die Stimmung im ganzen Land. Der Porsche-Chef Wiedeking sagte so treffend: Viele Leistungsträger halten sich zurück, weil sie nicht wissen, wohin der Zug fährt. Wie sollten sie auch, wenn im Stellwerk komplettes Chaos herrscht?
    Die Selbstblockade der Koalition sieht man noch an einem anderen Punkt, nämlich bei der Senkung der Lohnnebenkosten. Der Vermittlungsausschuß hat dazu einen Vorschlag gemacht: Wenn Sie ernsthaft Arbeitsplätze schaffen wollen, müssen Sie hier Bewegung zeigen. Die Senkung der Lohnnebenkosten um zwei Punkte bringt etwa 200 000 neue Arbeitsplätze.
    Wir Bündnisgrünen wollen die Sozialbeiträge durch die ökologische Steuerreform senken, wir wollen die Steuern insbesondere auf den Energieverbrauch erhöhen, um im Gegenzug die Lohnnebenkosten senken zu können. Nur auf diese Weise erhält die Wirtschaft entscheidende Modernisierungsimpulse, die auch zukunftssichere Arbeitsplätze schaffen. Solange wir die ökologische Steuerreform nicht

    Kerstin Müller (Köln)

    energisch angehen, werden wir die Strukturprobleme nicht in den Griff bekommen.
    Nun hat sich die SPD offenbar als Zeichen von Kompromißbereitschaft bereit erklärt, die Senkung der Lohnnebenkosten teilweise durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu finanzieren. Wir halten das aus zwei Gründen für sehr problematisch: Erstens hat die Mehrtwersteuer keine ökologische Lenkungswirkung. Zweitens bedeutet die Erhöhung der Mehrwertsteuer schlicht und einfach ein Stück Inflation. Fast alle Preise werden steigen, und das ist natürlich besonders für die Menschen bitter, die jetzt schon niedrige Einkommen beziehen oder arbeitslos sind. Diese Menschen merken dann nur eines: Sie zahlen höhere Steuern. Deswegen halten wir nichts von einer Mehrwertsteuererhöhung und werden uns zu diesem Punkt des Vermittlungsergebnisses der Stimme enthalten.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Den heutigen Vorschlag der Koalition, die Lohnnebenkosten um einen Punkt zu senken und dafür die Mehrwertsteuer zu erhöhen, werden wir ablehnen. Er ist nämlich nicht nur unsozial, er ist auch halbherzig. Von dem einen Prozentpunkt, um den Sie senken wollen, werden bereits 0,3 Prozentpunkte zum 1. Januar 1998 allein durch die Erhöhung der Beiträge zur Rentenversicherung aufgefressen. Das wird nicht reichen, um auf dem Arbeitsmarkt wirklich etwas zu bewegen.
    Es geht hier übrigens um Steuererhöhungen. Mich würde interessieren, was die Steuersenkungshelden von der F.D.P. dazu sagen. Das ist hier leider noch nicht angesprochen worden, aber die Erhöhung der Mehrwertsteuer hat ja nun nichts mit Steuersenkungen zu tun.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ach, das macht doch nichts! Hauptsache: überleben! - Dr. Guido Westerwelle [F.D.P.]: Vielen Dank für den Helden!)

    Man muß den Eindruck gewinnen, daß sich die Koalition eigentlich schon selbst aufgegeben hat. Da sagt Herr Gerhardt: Wir sind an der Regierung, aber nicht an der Macht.

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Da hat er recht!)

    Das ist ein wirklich beispielloser Satz. Damit leisten Sie, Herr Gerhardt, damit leistet diese Regierung im Grunde, einen Offenbarungseid.

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Oh nein!)

    Die Verantwortung für die verfahrene Situation trägt allein der Herr Bundeskanzler, der jetzt leider nicht da ist.

    (Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.: Doch!)

    Er hat sich völlig verkalkuliert, weil er an den Niederungen der Tagespolitik keinen Anteil mehr nimmt,
    weil er sich meilenweit von den Ängsten und Sorgen der Menschen im Lande entfernt hat und weil er nicht mehr in der Lage ist, die Zukunft des Landes zu gestalten.
    Mich würde interessieren, ob er einen ganz konkreten Vorschlag dazu hat, wie es mit der Steuerreform weitergehen soll, wie neue Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, wie auch in so schwierigen Zeiten wie den jetzigen Solidarität mit den Schwächsten erhalten werden kann. Ich fürchte, da wird nicht viel kommen; denn er hatte ja Gelegenheit dazu vor der Sommerpause. Da hat er uns 14 Monate Wahlkampf angekündigt und keine konkrete politische Initiative ergriffen.
    Ich fürchte, wir werden auf Hintze-Niveau 14 Monate lang immer dieselbe Debatte darüber erleben, wer schuld daran ist, daß in der Bundesrepublik nichts vorangeht. Was für eine Zumutung für die Bürgerinnen und Bürger: statt Problemlösung, statt politischer Gestaltung 14 Monate Wahlkampf auf Hintze-Niveau.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wir wandern aus!)

    Einmal angenommen, alles das, was Sie in den letzten Tagen öffentlich erklärt haben, wäre richtig, einmal angenommen, es wäre wirklich so, daß Herr Lafontaine ein Schreckensregiment über die SPD-Ministerpräsidenten errichtet hat, daß die SPD wegen der bevorstehenden Bundestagswahl den Bundesrat mißbraucht und blockiert, daß eine rot-grüne Wahlkampftaktik die Verhältnisse in Deutschland lenkt, daß diese Regierung nicht mehr regieren kann, sondern nur noch machtlos ist, was müßte dann die Konsequenz sein?
    Wenn das so wäre, dann gäbe es nur eine Alternative: Dann müssen die Wählerinnen und Wähler entscheiden, dann müssen die Bürgerinnen und Bürger an der Urne die politische Lähmung beenden, dann muß es Neuwahlen geben, und zwar jetzt. Das ist die einzige Konsequenz aus Ihrem Gejammere.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

    Wenn Sie sich so blockiert sehen, dann verbinden Sie doch einen neuen, seriösen Vorschlag zur Senkung der Lohnnebenkosten mit der Vertrauensfrage. Wenn die F.D.P. noch einen letzten Rest von Glaubwürdigkeit hat, dann müßte sie sofort aussteigen, und der Weg für Neuwahlen wäre frei.
    Es gibt nur einen einzigen Grund, warum Sie diesen Weg nicht gehen, weil Sie nämlich sofort an das Wahldebakel Ihres Freundes Jacques Chirac denken, Herr Bundeskanzler, weil Sie Angst haben, bei Neuwahlen endlich die Quittung für Ihre verfehlte Politik zu bekommen. Die reine Angst vor dem Wähler treibt Sie dazu, weiterzuwursteln wie bisher - zum Schaden aller.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Kerstin Müller (Köln)

    Herr Bundeskanzler, werden Sie Ihrer Richtlinienkompetenz gerecht! Stellen Sie sich der Wählerentscheidung! Machen Sie den Weg für Neuwahlen frei, und zwar jetzt!

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)