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ID1318500400

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    Plenarprotokoll 13/185 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 185. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Juni 1997 Inhalt: Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde, für die Aktuelle Stunde sowie der Vereinbarung über die Befragung der Bundesregierung in der Sitzungswoche ab 8. September 1997 16733 A Begrüßung einer Delegation der Knesset des Staates Israel 16733 B Tagesordnungspunkt 11: Erklärung durch die Bundesregierung zum Europäischen Rat in Amsterdam sowie zum Weltwirtschaftsgipfel in Denver und zur Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen . . 16733 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 16733 C Rudolf Scharping SPD 16739 C Karl Lamers CDU/CSU 16743 A Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16746 A Dr. Helmut Haussmann F.D.P 16749 B Dr. Gregor Gysi PDS 16751 C Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 16743 D Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . 16756 B Hartmut Schauerte CDU/CSU 16758 B Ernst Schwanhold SPD 16760 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU 16761 C Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 16763 C Birgit Homburger F D P. 16764 D Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999) (Drucksache 13/8011) 16766 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 18: Antrag der Abgeordneten Rudolf Dreßler, Ulrike Mascher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Strukturreform statt Leistungskürzungen in der Alterssicherung (Drucksache 13/8032) 16766 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 19: Antrag der Abgeordneten Andrea Fischer (Berlin), Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den Generationenvertrag neu verhandeln (Drucksache 13/8036) 16766 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 20: Antrag der Gruppe der PDS: Rentenversicherung stabilisieren und Reform 2000 vorbereiten (Drucksache 13/8044) 16767 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 16767 A Rudolf Dreßler SPD 16772 A, 16789 C Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . 16775 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16777A, 16799 D Dr. Gisela Babel F.D.P 16780 B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16781 C Peter Dreßen SPD 16783 A Petra Bläss PDS 16783 D Julius Louven CDU/CSU 16786 B Ulrike Mascher SPD 16789 D Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16792 D Walter Hirche F.D.P 16793 D Gerd Andres SPD 16795 A Maria Eichhorn CDU/CSU 16796 A Margot von Renesse SPD . . . 16797 B, 16800 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 16798 C, D Heidemarie Lüth PDS 16801 A Volker Kauder CDU/CSU . . . 16801 D, 16806 D Ottmar Schreiner SPD 16803 C, 16807 A Hartmut Schauerte SPD 16805 D Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 16807 C Zusatztagesordnungspunkt 21: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu möglichen atomaren Verseuchungen des Meerwassers bei La Hague durch die Wiederaufbereitung deutschen Atommülls 16809 C Ursula Schönberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16809 D Dr. Renate Hellwig CDU/CSU 16810 C Jutta Müller (Völklingen) SPD 16811 B Birgit Homburger F D P. 16812 C Rolf Köhne PDS 16813 B Horst Kubatschka SPD 16813 D Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU 16814 D Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16815 D Walter Hirche, Parl. Staatssekretär BMU 16816 D Arne Fuhrmann SPD 16818 A Wolfgang Behrendt SPD 16818 D Nächste Sitzung 16819 D Berichtigung 16819 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 16821* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 16821 C 185. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Juni 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 146. Sitzung, Seite 13 263 C, letzte Zeile: Statt „Drucksache 13/5555 Nr. 1.18" ist „Drucksache 13/5555 Nr. 2.21 " zu lesen. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 27. 6. 97 * Bachmaier, Hermann SPD 27. 6. 97 Behrendt, Wolfgang SPD 27. 6. 97 * Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 27. 6. 97 Blunck, Lilo SPD 27. 6. 97 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 27. 6. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 27. 6. 97 Caspers-Merk, Marion SPD 27. 6. 97 Graf von Einsiedel, PDS 27. 6. 97 Heinrich Fink, Ulf CDU/CSU 27. 6. 97 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 27. 6. 97 * Hedrich, Klaus-Jürgen CDU/CSU 27. 6. 97 Dr. Heuer, Uwe-Jens PDS 27. 6. 97 Horn, Erwin SPD 27. 6. 97 Hustedt, Michaele BÜNDNIS 27. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Jacob, Willibald PDS 27. 6. 97 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 27. 6. 97 * Knoche, Monika BÜNDNIS 27. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Leidinger, Robert SPD 27. 6. 97 Limbach, Editha CDU/CSU 27. 6. 97 Lohmann (Witten), Klaus SPD 27. 6. 97 Marten, Günter CDU/CSU 27. 6. 97 * Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 27. 6. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 27. 6. 97 Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 27. 6. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 27. 6. 97 * Reschke, Otto SPD 27.6. 97 Ronsöhr, CDU/CSU 27.6.97 Heinrich-Wilhelm von Schmude, Michael CDU/CSU 27. 6. 97 * Schultz (Everswinkel), SPD 27. 6. 97 Reinhard Seibel, Wilfried CDU/CSU 27. 6. 97 Simm, Erika SPD 27. 6. 97 Terborg, Margitta SPD 27. 6. 97 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 27. 6. 97 Vosen, Josef SPD 27. 6. 97 Wohlleben, Verena SPD 27. 6. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 27. 6. 97 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Abgeordnete Dr. Gisela Babel hat ihre Unterschrift zu dem Antrag „Eckpunkte für die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen" - Drucksache 13/6591- zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - Unterrichtung durch die Bundesregierung Dritter Bericht der Bundesregierung über die Förderung der Frauen im Bundesdienst (Berichtszeitraum 1992 bis 1994) - Drucksache 13/5991 - Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zum Jahresgutachten 1994 des wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen „Welt im Wandel: Die Gefährdung der Böden" - Drucksache 13/2221 - Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Bemühungen zur Stärkung der gesetzgeberischen Befugnisse des Europäischen Parlaments 1996 - Drucksachen 13/7370, 13/7535 Nr. 1.2 - - Unterrichtung durch die Bundesregierung 57. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union (Berichtszeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1996) - Drucksachen 13/7168, 13/7460 NL 2 - Amtliche Mitteilung ohne Verlesung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Innenausschuß Drucksache 13/7456 Nr. 2.5 Rechtsausschuß Drucksache 13/4466 Nr. 2.32 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/7306 Nr. 1.1 Drucksache 13/7456 Nr. 2.7 Drucksache 13/7541 Nr. 1.2 Drucksache 13/7541 Nr. 1.3 Drucksache 13/7541 Nr. 1.4 Drucksache 13/7541 Nr. 1.5 Drucksache 13/7541 Nr. 1.6 Drucksache 13/7541 Nr. 1.7 Drucksache 13/7541 Nr. 2.1 Drucksache 13/7541 Nr. 2.9 Drucksache 13/7541 Nr. 2.11 Drucksache 13/7541 Nr. 2.14 Drucksache 13/7541 Nr. 2.20 16822* Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1997 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/3216 Nr. 1.4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/4466 Nr. 2.3 Drucksache 13/6766 Nr. 2.20 Drucksache 13/6861 Nr. 2.15 Drucksache 13/7017 Nr. 2.6 Drucksache 13/7456 Nr. 1.5 Drucksache 13/7541 Nr. 2.7 Drucksache 13/7706 Nr. 2.12 Drucksache 13/7867 Nr. 1.6 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/7017 Nr. 1.3 Drucksache 13/7456 Nr. 1.1
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    Rede von Rudolf Scharping


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alle diese Gipfel belegen ganz nachdrücklich, wie dringend notwendig internationale Kooperation ist. Sie machen aber auch deutlich, wie schwierig internationale Zusammenarbeit ist und wie unbefriedigend manchmal ihre Ergebnisse bleiben.
    Nun wird die Rede vom Prinzip der internationalen Kooperation gar nicht reichen. Worum geht es? Es geht darum, mit weltweiter, mindestens aber europäischer Zusammenarbeit etwas für die Arbeitsplätze, die Ausbildung und die nachhaltige Entwicklung zu tun.

    (Beifall bei der SPD)

    Internationale Politik, die - da stimme ich Ihnen zu, Herr Bundeskanzler - von der Innenpolitik nicht mehr getrennt werden kann, dient der Freiheit, der Sicherheit, der Erweiterung von Möglichkeiten, der Eindämmung von Risiken und der Gewährleistung einer nachhaltigen, einer zukunftsfähigen Entwicklung.
    Da vollzieht sich international etwas, was in Deutschland offenkundig schwierig ist; denn in Amerika, in Großbritannien, in Frankreich und anderen Ländern fragt man sich: Wie kann man internationale Kooperation und heimische Anstrengung so miteinander kombinieren, daß Arbeit, Bildung, nachhaltige Entwicklung und soziale Gerechtigkeit gefestigt werden?
    Wie kann man im Kampf gegen Fehlentwicklungen Wahlen gewinnen? Hier in Deutschland - das wird durch Ihre Regierungserklärung leider bestätigt - hat man manchmal den Eindruck, Sie fragen sich eher: Wie kann ich trotz Arbeitslosigkeit, trotz Umweltbelastung und trotz sozialer Ungerechtigkeit Wahlen gewinnen?

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Ich muß Ihnen sagen, daß bei allem Verständnis für internationales Engagement und bei allem Respekt vor internationalem Engagement wolkige Reden auf internationalen Konferenzen Führung in Deutschland nicht ersetzen,

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Rudolf Scharping
    vor allen Dingen dann nicht, wenn diese wolkigen Reden in einem so offenkundigen Widerspruch zu dem stehen, was in Deutschland geschieht.
    Sie haben von der Notwendigkeit der internationalen Zusammenarbeit, des Miteinanders gesprochen. Es ist wahr - die Sozialdemokratie in Deutschland sagt es seit vielen Jahren -: Sicherheit muß man umfassend verstehen, nicht allein außenpolitisch oder militärisch garantiert. Man muß sie vor allen Dingen mit Blick auf die weltweite Umweltzerstörung, die Überbevölkerung, den Hunger, die Weiterverbreitung von Massenvernichtungsmitteln und die organisierte Kriminalität sehen.
    So wahr es ist, daß Globalisierung Chancen der Verflechtung, des effizienteren Wirtschaftens, der Mehrung von Wohlstand und der Sicherung von Frieden bietet, so unbestreitbar ist auch, daß diese risikoreichen Entwicklungen von der Umweltzerstörung bis hin zur organisierten Kriminalität mittlerweile keine nationalen Grenzen mehr kennen, daß sie gewissermaßen staatsfrei geworden sind.
    Wir müssen darauf achten, daß sie deswegen nicht auch regelungsfrei werden;

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    denn sonst könnte - ich fürchte, dazu tragen Teile Ihrer Verhaltensweisen bei - die Erkenntnis, daß sich Marktkräfte, multinationale Unternehmen und globale Gefahren dem Nationalstaat und seinen Möglichkeiten zu entziehen beginnen, zu einem Umschlagen, zu einem Verdruß hinsichtlich der Möglichkeiten der nationalstaatlich verankerten Demokratie führen, weil die internationale Kooperation nicht so funktioniert, wie sie müßte.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Bundeskanzler, Ihre Regierung kann leider nicht so engagiert, vor allen Dingen nicht so glaubwürdig für das eintreten, was international notwendig ist. Nachhaltige Entwicklung: Man spricht von fairem Handel, von engerer Zusammenarbeit, von der Möglichkeit, keine Festungen aufzurichten, son-dem unterentwickelte Länder auf faire und partnerschaftliche Weise einzubeziehen.
    Das ist in Ordnung, aber wie verträgt sich das mit der Tatsache, daß allein in Europa einige Länder für diese internationale Zusammenarbeit wesentlich mehr tun als Deutschland? Wie verträgt sich Ihr Reklamieren eines Ziels mit dem, was Sie zu Hause tun?
    Wie kann ein deutscher Bundeskanzler in New York für die Wälder auf der Erde berechtigterweise eintreten und eine Initiative ergreifen und gleichzeitig zulassen, daß in Deutschland ein Bundesnaturschutzgesetz verabschiedet wird, das das genaue Gegenteil von dem bewirkt, was Sie international reklamieren?

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wie kann ein deutscher Bundeskanzler 1990 in Houston für den Schutz der Wälder eintreten - dieses Thema hat ja mehrere dieser Gipfel beschäftigt - und dann hier reklamieren - auch in Denver -, man wolle jetzt die CO2-, die Treibgasemissionen reduzieren, während in den westdeutschen Ländern der Ausstoß dieser gefährlichen Gase gestiegen ist - im Jahre 1996 sogar in ganz Deutschland - und ein weiterer Anstieg droht? Wie können Sie das international vertreten, wenn Sie Herrn Rexrodt für ein Energiewirtschaftsgesetz freien Lauf lassen, das zum genauen Gegenteil führt?

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Vor wenigen Tagen schrieb das Bundeswirtschaftsministerium meinem Kollegen Michael Müller: Bedingt durch die Haushaltsenge müsse bereits in diesem Jahr gesagt werden, daß 1998 in den Förderbereichen Solarenergie, Kollektoren, Windkraft, Biogas usw. - gemeint sind also die regenerativen Energien; ich will sie gar nicht alle aufzählen - gespart werden müsse.
    Höflicherweise würde ich als einer Ihrer Partner in Amsterdam oder Denver milde lächeln und sagen: Es ist ja sehr freundlich, daß der deutsche Bundeskanzler jetzt den Schutz der Wälder von uns erwartet. Aber was tut er zu Hause, und warum läßt er ein Energierecht zu, das gerade die Nutzung erneuerbarer Energiequellen erschwert und auf der anderen Seite die Energieeffizienz und den Einsatz regenerativer Quellen nicht ermöglicht? Dies ist ein eklatanter Widerspruch.

    (Beifall bei der SPD)

    Ein Zweites im Anschluß an das Wort von der nachhaltigen Entwicklung: die internationale Kooperation für Arbeit. Ich will einräumen, sie hat mittlerweile Eingang in die europäischen Verträge gefunden, obwohl doch jeder weiß, wie schwer sich die Bundesregierung getan hat, das zu akzeptieren, wie nachhaltig der Einsatz der skandinavischen und anderer Länder war, um die Aufnahme dieses Zieles in die Verträge zu erreichen.
    Was bedeutet internationale Kooperation für die Zukunft der Arbeit? Lassen Sie mich eines vorausschicken. Die Europäer stellen weniger als 10 Prozent der Weltbevölkerung. Sie repräsentieren aber mehr als 40 Prozent des Welthandels. Es geht nicht nur urn eine ökonomische Fragestellung, so wichtig sie auch ist. Es geht natürlich auch um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, um die Garantie der Ausbildung und um die Sicherung des sozialen Zusammenhaltes. Im Kern aber geht es um mehr, nämlich um die Fragen: Wie sichern wir den Dreiklang aus wirtschaftlicher Kraft, sozialer Verantwortung und politischer Freiheit? Wie sichern wir die ganz besondere, in der Welt einmalige Grundlage europäisch bestimmter Zivilisation?

    (Beifall bei der SPD)

    Dies vorausgeschickt will ich feststellen, daß Sie, Herr Kohl, uns hier im Deutschen Bundestag doch

    Rudolf Scharping
    mehrfach gesagt haben: Beschäftigungspolitik machen wir zu Hause. Dann haben Sie den Eindruck erweckt, als ginge es uns und unseren Partnern in Europa darum, europäische Beschäftigungsprogramme aufzulegen. Nein, ich widerspreche ausdrücklich europäischen Beschäftigungsprogrammen und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf europäischer Ebene. Was wir dringend brauchen, ist eine Kooperation, die Sie bisher in diesem Bereich immer verweigert, ja sogar lächerlich gemacht haben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Bundeskanzler, Sie und Mitglieder Ihrer Regierung haben, wenn Herr Lafontaine, die SPD-Bundestagsfraktion oder andere eine internationale Kooperation angemahnt haben, hier mehrfach gesagt, das sei wieder das typisch sozialdemokratische Wolkenkuckucksheim. Aber es ändert sich international in den Zielen und Paradigmen etwas. Sie registrieren dies zu spät und beginnen zu spät, dies mitzugestalten. Man merkte es in Denver und übrigens auch in Amsterdam.
    Eigentlich müßte sich der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland blamiert fühlen: Wenn in einer Erklärung des Gipfels von Denver festgestellt wird, der negative Steuerwettlauf sei auch eine negative Begleiterscheinung der Globalisierung, wenn der amerikanische Präsident, nachdem er 1994 in Neapel schon einmal den Versuch gemacht hat, soziale und ökologische Mindeststandards in den Welthandelsabkommen zu verankern, an Ihrem Widerstand gescheitert ist,

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    wenn jetzt der amerikanische Präsident erneut und darüber hinausgehend ein Netzwerk zur Kontrolle und zur Beobachtung internationaler Finanztransaktionen anregt und wenn dann verlangt wird, man müsse die Kooperation verstärken, Herr Bundeskanzler, dann wäre es souverän, übrigens auch ehrlicher und für Ihre internationale Position besser gewesen, wenn Sie gesagt hätten, die Bundesregierung werde ihren bisher geübten Widerstand gegen inter- nationale Kooperation zur Sicherung von Beschäftigung und Ausbildung aufgeben und mit den anderen enger zusammenarbeiten.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Gerhard Zwerenz [PDS])

    Das haben Sie nicht getan. Im Gegenteil, Sie haben geblockt, Sie haben verzögert. Ich muß Sie auf eine Studie aufmerksam machen, die der Deutsche Sparkassen- und Giroverband in der Frage der Besteuerung als eines wichtigen Datums für die volkswirtschaftliche Entwicklung vorgelegt hat: Großunternehmen zahlen relativ weniger Steuern als alle anderen, regional verwurzelte Unternehmen zahlen relativ mehr und die Arbeitnehmer am meisten. - Das ist eine Fehlentwicklung, und leider liegt Deutschland an der Spitze dieser Fehlentwicklung. Die regionale Verankerung, der Einsatz von Arbeitskraft, die Investitionen in neue Produkte und neue Verfahren sind in unserem Land viel zu sehr mit Steuern, mit Abgaben, mit zu langen Genehmigungsverfahren, mit vielfältiger Bürokratie usw. belastet.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Wo waren Sie denn gestern?)

    - Ich war gestern hier und habe sehr aufmerksam zugehört. Wenn Sie damit auf Ihre Steuerpolitik anspielen wollen, dann sage ich Ihnen, daß das die Fortsetzung genau der Fehlentwicklung ist, die international mittlerweile beklagt wird.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Gerhard Zwerenz [PDS])

    Wer Arbeitsplätze sichern will, der wird akzeptieren, daß wir mit der Verankerung der Beschäftigungspolitik in der Ergänzenden Erklärung zum Stabilitätspakt und im Europäischen Vertrag einen großen Fortschritt erreicht haben. Wir haben ihn gegen hinhaltenden Widerstand der deutschen Bundesregierung durchsetzen müssen.
    Nun schaffen aber Verträge noch lange. keine Arbeitsplätze; jeder weiß das. Folgerichtig wird es im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und mit der Sicherung von Wachstum und Beschäftigung sehr stark auf den europäischen Gipfel im Oktober ankommen. Ich hoffe, daß dieser Gipfel zu Ergebnissen führt, die wirklich handfest sind und nicht nur schöne Formulierungen beinhalten:

    (Beifall bei der SPD)

    handfest im Sinne der Harmonisierung der Steuerpolitik, handfest im Sinne der Gewährleistung der Rahmenbedingungen, handfest auch mit Blick auf das große Vorhaben der gemeinsamen europäischen Währung.
    Die Sozialdemokratie in Deutschland unterstützt die Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung mit den Kriterien und dem Zeitplan, zu denen wir uns gemeinsam mit anderen verpflichtet haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Sozialdemokratie in Deutschland hält die gemeinsame Währung für ein ökonomisches, noch mehr aber auch für ein politisches Projekt, das über den Binnenmarkt hinausführt und die europäische Integration so vertiefen wird, daß man sich ihr im Interesse einer friedlichen und sicheren Zukunft des gesamten Kontinentes nicht mehr entziehen kann.
    Ich weiß wohl, daß man dazu in mehreren Richtungen etwas sagen kann. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß jedenfalls in den die Regierung tragenden Parteien - Sie haben einen feinsinnigen Unterschied gemacht; ich habe das genau gehört - der Streit zwischen den wertkonservativen, also auf europäische Zivilisation und damit Integration orientierten Kräften in der Union mit den nationalkonservativ orientierten Kräften noch nicht ausgefochten ist. Das ist das eigentliche Risiko, weil wer immer sich davon angesprochen fühlen mag - Außenpolitik in Deutschland immer mit Rücksicht und mit Vorsicht,

    Rudolf Scharping
    bezogen auf unsere kleineren Partner um uns herum, formuliert werden muß.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Deutsche Interessen erlauben keinen nationalen Alleingang mehr. Schon gar nicht ist es erlaubt, mit einem nationalistisch eingefärbten Populismus in Deutschland auf Stimmenfang zu gehen und damit die langfristigen Interessen dieses Landes zu beschädigen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gerhard Zwerenz [PDS] Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]: Schröder!)

    Vor diesem Hintergrund wird in der Debatte noch einiges zu Umwelt. zu Sozialem, zur Vertiefung der Demokratie zu sagen sein. Insgesamt - so bewerte ich es - ist der Amsterdamer Gipfel ein Schritt in die richtige Richtung, aber in Teilen ein sehr kleiner, ein sehr halbherziger Schritt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Es hat keinen Sinn, daraus irgendein Hehl zu machen.
    Jetzt müssen wir darauf achten, daß mit Blick auf die Beschäftigung, auf das wirtschaftliche Wachstum und die Ausbildung der Jüngeren etwas Besseres daraus gemacht wird und daß diesem ersten Schritt weitere Schritte folgen. Und wir müssen darauf achten, daß uns die Integration der Europäischen Union in die Lage versetzt, die gewonnene Stabilität, den gewonnenen Wohlstand, die gewonnene Sicherheit, die gewonnene friedliche Entwicklung unseres Kontinents auf die mittelosteuropäischen Staaten auszudehnen. Wir würden einer historischen Verpflichtung am Ende nicht gerecht werden, wenn die Europäer im Westen den Fall der Mauer, den Wegfall der Konfrontation zwischen Ost und West und auch den unverzichtbaren Beitrag Polens, der Tschechischen Republik, der Ungarn und der vielen anderen beklatschen würden, aber dann unfähig blieben, ihnen in das gemeinsame Haus Europa weiterzuhelfen.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich habe mit großem Interesse registriert, daß die Einbeziehung Rußlands in diese internationale Entwicklung voranschreitet. Ich habe mit großem Interesse, mit Sympathie und Unterstützung - wie wir alle - registriert, daß auf diese Weise ein Beitrag für eine dauerhafte friedliche Entwicklung geleistet wird. Aber es ist so, daß mit Blick auf den europäischen Gipfel, mit Blick auf die Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen und mit Blick auf den Gipfel in Denver die internationalen Erklärungen Deutschlands und seiner Regierung in einem Widerspruch - und zwar einem sehr offenkundigen Widerspruch - zu dem stehen, was in Deutschland selbst getan wird. Das gilt für die Harmonisierung bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, das gilt bei der Ausbildung der Jüngeren, das gilt beim Sichern sozialen Zusammenhalts.
    Fällt Ihnen eigentlich auf, daß Ihre Politik in Deutschland mittlerweile noch nicht einmal mehr von Konservativen anderer europäischer Länder geteilt wird? Fällt Ihnen eigentlich auf, daß in Großbritannien oder in Frankreich mit Blick auf die Grands Services Publics, mit Blick auf das Gesundheitswesen, mit Blick auf die Ausbildung der Jüngeren - ich könnte viele solcher Beispiele nennen - mittlerweile die Frage im Vordergrund steht, wie man den Ausschluß ganzer Bevölkerungsgruppen aus der wirtschaftlichen, aus der sozialen Entwicklung verhindern könnte? Fällt Ihnen auf, daß man dort mittlerweile verstanden hat, daß ein Markt, dem kein politisches Gewicht gegenübersteht, am Ende nicht mehr sozial genannt werden kann?

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Roll Kutzmutz [PDS])

    Fällt Ihnen eigentlich auf, daß Sie mit Ihrer Politik in Deutschland ein Risiko eingehen, nämlich daß diese Gipfel zu einer folgenlosen Erklärungsmaschine reduziert werden und damit eine Gefahr heraufbeschwören - ich sprach davon - und daß wir in Deutschland gleichzeitig den Anschluß an die internationale Entwicklung bei der Gestaltung der Arbeitsmärkte, bei der Bewahrung der sozialen Kohäsion, bei der Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung verpassen könnten? Mir ist ganz unwohl bei dem Gedanken, daß in Amerika und in anderen Ländern hier in Europa alle diese Entwicklungen präziser gesehen und genauer, sorgfältiger und verantwortlicher beantwortet werden als hier in Deutschland.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich sage noch einmal: Es kommt hier nicht mehr auf wolkige Reden an. Es kommt auf klare Führung in diesem Land an. Sie verweigern diese Führung. Es kommt darauf an, diese Führung in eine kluge, zukunftsweisende internationale Zusammenarbeit einzubetten. Da ist Ihre Position geschwächt. Und es kommt darauf an, diesem Land in der Kooperation, in der Einbettung in internationale Organisationen und internationale Zusammenarbeit neue Zukunftschancen zu öffnen.
    Der Bundespräsident hat wohl recht: Es stellt sich heraus, daß zur Lösung der wirklich großen Fragen die Nationalstaaten zu klein geworden sind und daß zur Lösung der alltäglichen Fragen vor Ort die Nationalstaaten vielleicht zu groß, auf jeden Fall auch zu bürokratisch geworden sind. Daraus die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen, das hat weder Ihre Regierungserklärung, Herr Bundeskanzler, deutlich gemacht noch gar das unverantwortliche Geklingel, das man in solchen Fragen aus München hört.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS])



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster hat der Abgeordnete Karl Lamers das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karl Lamers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich den Kollegen Scharping richtig verstanden habe, dann hat er gemeint, die Bundesregierung habe dem Beschäftigungskapitel zugestimmt,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Obwohl sie es nicht will!)

    - ja -, obwohl sie es nicht gewollt habe.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Ganz richtig!)

    Aber wenn der Kollege Scharping so ehrlich gewesen wäre, wie er es von der Bundesregierung gefordert hat, dann hätte er sagen müssen, daß der Streit nicht um die Frage „Beschäftigungskapitel und Koordinierung der Wirtschaftspolitik" ging, sondern um den Inhalt der Politik.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Nein!)

    Hier kann ich nur zitieren - vollkommen zustimmend -:
    Die Aufgabe, das eigene Haus in Ordnung zu bringen, wird einem von keiner supranationalen Organisation abgenommen. Hier ist die nationale Politik selbst in der Pflicht.
    So Oskar Lafontaine. Es fällt mir nicht leicht, ihn mit Zustimmung zu zitieren, aber hier hat er ohne jeden Zweifel recht.
    In diesem Sinne sind in Amsterdam die Entschließungen zum Beschäftigungskapitel und zum Stabilitätspakt gefaßt worden. Deswegen stimmen wir beidem uneingeschränkt zu, weil das genau dem Inhalt unserer Politik entspricht.
    Herr Kollege Scharping, bei den Aufgaben im eigenen Haus sind Sie und Ihre Kollegen von der SPD es doch, die uns dauernd hindern: gestern bei der Steuerreform, heute bei der Rentenreform und vorgestern bei der Gesundheitsreform.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Was Sie Steuerreform nennen!)

    Herr Bundeskanzler, Sie haben recht: Denver war ein wichtiger Schritt zur weiteren Heranführung und Eingliederung Rußlands in die westlichen Strukturen. Schon deswegen ist dies erfreulich.
    Wir sollten die Unterzeichnung des europäischamerikanischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung der Produktionsstandards nicht unterschätzen; denn das ist von manchen als der wichtigste Fortschritt in den transatlantischen Handelsbeziehungen seit langer Zeit bezeichnet worden.
    Ich glaube, daß die Vorschläge des Gipfels, ein globales Netzwerk zur Überwachung global tätiger Finanzinstitute zu schaffen und hierfür verbindliche Richtlinien zu formulieren, auch von grundlegender Bedeutung sind; denn eine immer dichtere, eine supranationale, eine globale Wirklichkeit braucht immer dringlicher verbindliche supranationale Regelungen. Hierfür haben ohne jeden Zweifel die westlichen Länder und Japan eine besondere Verantwortung.
    Diese Verbindlichkeit erfordert die Bereitschaft, sich einem gemeinsamen Recht zu unterwerfen. Diese Fähigkeit haben die Europäer zweifelsfrei weiter entwickelt als irgendeine andere Gruppe von Staaten. Insofern sind die Europäer ein Modell.
    Bei den Amerikanern ist diese Bereitschaft aus verständlichen Gründen wesentlich weniger entwickelt. Aber die anderen, die großen aufstrebenden Nationen werden niemals zu einer solchen Eingliederung bereit sein, wenn nicht die USA, die mächtigste Nation, ebenfalls dazu bereit sind. Die Amerikaner davon zu überzeugen, dazu sind nur die Europäer in der Lage, aber auch nur, wenn sie mit einer Stimme sprechen. Ich erinnere daran, daß die Welthandelsorganisation insofern ein großartiger Erfolg gerade für Europa gewesen ist.
    Natürlich ist es zu bedauern, daß es den Europäern in Denver noch nicht gelungen ist, die Amerikaner zu einer verbindlichen Reduzierung der Klimagase zu bewegen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, Umweltpolitiker Lamers!)

    Aber das wird kommen.
    Herr Bundeskanzler, Ihre Rede vor den Vereinten Nationen wie auch Ihre gemeinsame Initiative mit Brasilien, Südafrika und Singapur waren nach meiner Überzeugung von größter symbolischer Bedeutung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Auch wenn ich gegen eine rein symbolische Politik bin,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Was ist denn der Unterschied?)

    so glaube ich doch, daß man auf diesem Felde klare Symbole setzen muß, wenn man zu gemeinsamem Handeln kommen will. Was wäre eigentlich besser geeignet, klarzumachen, daß es notwendig ist, eine gemeinsame Politik zwischen Industrie- und anderen Ländern zu führen, als die Luft, die wir alle gemeinsam atmen?

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Bio-Lamers!)

    Es besteht also Anlaß, Ihnen für Ihr Engagement in Denver und für Ihre Rede in New York zu danken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie sollten das auf den Knien tun, Herr Lamers!)

    Dasselbe gilt für Amsterdam. Meine Damen und Herren, unversehens hat sich in Amsterdam der Abschluß des Stabilitätspaktes, der eigentlich nur noch eine formelle Angelegenheit sein sollte, als genauso wichtig erwiesen wie die institutionelle Reform der Union. Das gilt mindestens in dem Sinne, als ein Scheitern auch die Währungsunion und damit das Schlüsselprojekt für den weiteren Fortgang des europäischen Einigungsprozesses in Gefahr gebracht hätte. Es ist Ihr Verdienst, Herr Bundesfinanzmi-

    Karl Lamers
    nister, diesen Stabilitätspakt überhaupt zustande gebracht und ihn völlig unverändert über die letzte schwierige Hürde in Amsterdam gebracht zu haben. Das ist überhaupt nicht hoch genug zu veranschlagen. Meine Fraktion dankt Ihnen ausdrücklich dafür.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die zentrale Bedeutung des Stabilitätspaktes konnte man in den letzten Wochen an den Finanzmärkten ablesen. Auf die französischen Wahlen haben die Finanzmärkte zunächst ganz gelassen reagiert. Aber als der Eindruck - mag er auch verkehrt gewesen sein - entstand, der Stabilitätspakt würde in Frage gestellt, da haben sie nervös und negativ reagiert.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie werden doch nicht in den Schweizer Franken geflohen sein, Herr Lamers!)

    Das macht ein weiteres Mal in aller Deutlichkeit klar: Für die Märkte, für die durch sie erzeugbare Stabilität und Instabilität von Wechselkursen, für Zinskonvergenz oder -divergenz ist weniger entscheidend, was im Moment ist, als vielmehr ihre Erwartung von dem, was sein wird. Ihre Frage ist: Können wir den Regierungen vertrauen, daß sie den Kurs der Stabilität nachhaltig fortsetzen, ja oder nein?

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was sagt Edmund Stoiber dazu?)

    Das Festhalten am Stabilitätspakt ist für die Märkte das Signum für Nachhaltigkeit und Vertrauenswürdigkeit. Dieses Vertrauen haben sie in den vergangenen Jahren und Monaten zunehmend gezeigt und mit geringeren oder gar - wie etwa im Falle Frankreichs - ganz verschwundenen Risikoaufschlägen für die Zinsen auf Staatsanleihen und mit Wechselkursstabilität belohnt. Dieses Vertrauen ist auch berechtigt. Denn alle Staaten haben in den vergangenen Jahren ganz unglaubliche, von niemandem für möglich gehaltene Fortschritte

    (Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]: Das ist es! Unter 2 Prozent!)

    bei der Reduzierung ihrer Budgetdefizite und bei der Bekämpfung der Inflation erzielt. Ohne den Maastrichter Vertrag wäre das niemals geschehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, man muß einmal daran erinnern: Es ist uns doch vor einigen Jahren völlig unvorstellbar erschienen, daß die Inflation im Schnitt der Europäischen Union auf ganze 1,7 Prozent sinkt und in Italien nur noch 1,6 Prozent - mit weiter sinkender Tendenz - beträgt.
    Ich frage mich in allem Ernst: Was soll angesichts dieser Tendenz das Gerede von einem schwachen Euro?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Der Binnenwert des Euro wird so stark sein wie der der D-Mark. Was den Außenwert angeht, hat Wim Duisenberg in seinem letzten Bericht als Chef der niederländischen Zentralbank auf etwas sehr Interessantes hingewiesen. Er hat gesagt: Der braucht uns in Zukunft nicht mehr zu bekümmern, als er auch die Vereinigten Staaten, was den Dollar angeht, bekümmern muß. Helmut Schmidt hat in der „International Herald Tribune" gemeint, daß die äußere Stabilität des Euro wegen seines größeren Geltungsbereichs größer als die der D-Mark sein wird. Wir sollten daher mehr die phantastisch niedrigen Inflationsraten mit weiter zurückgehender Tendenz im Auge haben und darüber mit unseren Bürgern sprechen. Denn das ist es, woran sie zu Recht die Stabilität festmachen. Deshalb sollten wir nicht, wie das einige tun, versuchen gegen besseres Wissen eine Zahl mit einer Kommastelle als Symbol für Stabilität hochzustilisieren. Diese Bedeutung hat diese Zahl nachweislich nicht.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Was sagt Herr Waigel denn dazu?)

    Denn andernfalls wäre, da es im vergangenen Jahr ein Defizit von 3,8 Prozent in Deutschland und von 4 Prozent in Frankreich gab, das ganz unglaubliche Maß an Stabilität, von dem ich gesprochen habe, überhaupt nicht erklärlich.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber soll ich Ihnen die alten Reden des Bundesfinanzministers vorlegen?)

    Ich weiß - das will ich mit allem Nachdruck sagen -: Da es auf die Nachhaltigkeit ankommt, kommt es darauf an, daß wir die strukturellen Reformen wirklich fortsetzen oder in manchen Ländern erst richtig in Gang setzen.
    Aber es ist auch meine feste Überzeugung: Nur mit einer, durch eine und in einer Währungsunion können wir diese Reformen durchsetzen, nicht ohne eine solche Währungsunion. Nur durch sie können wir das umfassende Modernisierungs- und Gesundungsprogramm der europäischen Volkswirtschaften durchsetzen, nicht ohne sie. Dabei geht es um unsere Zukunftsfähigkeit. Deswegen sage ich: Wer die Währungsunion nicht will, wer sie hintertreibt, versündigt sich an der Zukunftsfähigkeit Europas und seiner Völker.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich kann ja nicht dauernd klatschen!)

    Ich habe bereits gesagt, daß wir das Beschäftigungskapitel und die Erklärung zur Beschäftigung von Amsterdam nachdrücklich begrüßen, weil all das, von dem ich gerade gesprochen habe, nämlich die strukturellen Reformen, in ihnen verankert sind.

    Karl Lamers
    Es hat in Amsterdam und vorher eine Diskussion mit Frankreich gegeben. Ich will deswegen an dieser Stelle ein Wort an Frankreich richten: Die Verankerung des Beschäftigungskapitels und die Erklärung zum Stabilitätspakt machen deutlich, daß wir dasselbe Ziel, und zwar ein doppeltes, haben: nicht nur die Wiederherstellung oder die Festigung unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sondern gleichermaßen eine solidarische, eine soziale Gesellschaft, auch deswegen, weil ohne eine solche solidarische Gesellschaft nicht nur die Stabilität dieser Gesellschaft, sondern auf Dauer natürlich auch die Stabilität der wirtschaftlichen Entwicklung gefährdet wäre.
    Wir müssen über den Weg reden, wie wir dieses Ziel erreichen. Deutschland befand sich in Amsterdam in Übereinstimmung mit allen Ländern; das muß ich einmal mit allem Nachdruck feststellen. Ich glaube, daß die neue französische Regierung bereits auf dem Wege ist, mißverstandene Signale, die sie ursprünglich gesetzt hatte, zu korrigieren. Wir sollten dem Dialog zwischen Frankreich und Deutschland über diese Fragen höchste Aufmerksamkeit widmen, nicht zuletzt im Vorfeld des sogenannten Beschäftigungsgipfels, der im Herbst dieses Jahres stattfinden soll.
    Die Wirtschafts- und Währungsunion ist Teil der politischen Union, sogar ein zentraler Teil. Wir haben in Maastricht zu Recht beklagt, daß die anderen Teile bislang zu kurz gekommen sind. Nun haben wir durch den Vertrag von Amsterdam einen großen Fortschritt auch in den anderen Bereichen der politischen Union erzielt. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ist gestärkt worden. Bei der Ausführung gemeinsamer Strategien sind jetzt Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit der Regelfall. Wer sich auf besondere nationale Interessen berufen will, muß eine Ausnahmebestimmung in Anspruch nehmen. Das ist, wie ich finde, ein deutlicher Fortschritt, ein Schritt hin zu Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit. Die Aufnahme der Petersberg-Aufgaben der WEU in den Vertrag und die Schaffung der Leitlinienkompetenz gegenüber der WEU bedeuten ebenfalls eine sichtbare Veränderung des Vertrages hin zu besserem Krisenmanagement.
    Die Zusammenarbeit im Bereich der Innen- und Rechtspolitik ist grundlegend weiter verbessert worden. Ja, durch die Vergemeinschaftung von Asylrecht, Visapolitik, Kontrolle der Außengrenzen, Einreise- und Aufenthaltsbedingungen für Drittstaatler und justitieller Zusammenarbeit wie durch die Integration von Schengen in den EU-Rahmen haben wir in diesem Bereich Fortschritte erzielt, die über unsere vorsichtigen Erwartungen deutlich hinausgingen.
    Es gibt sogar - wer hätte das eigentlich für möglich gehalten? - zumindest Ansätze für operative Zuständigkeiten von Europol. Es gibt auch eine sehr wichtige Neuerung in der dritten Säule, nämlich die Einführung der Quasi-Richtlinien.
    Was die parlamentarische Kontrolle angeht, Frau Wieczorek-Zeul, so meine ich, haben sich die Verfahren für die Beteiligung des Deutschen Bundestages und die gesetzlichen Grundlagen für die Beteiligung
    der Länder bewährt. In diesem Rahmen werden wir Lösungen finden.
    Die Effizienz und die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union sind also gestärkt worden, wobei dies - das will ich hinzufügen; auch der Bundeskanzler hat es gesagt - nicht überall in dem Maße geschehen ist, wie wir es uns gewünscht haben. Aber solche Verträge sind immer Kompromisse. Jedenfalls gibt es einen Fortschritt.
    Es ist wahr, die Reform der Kommission ist unzulänglich. Die Stärkung der Position des Kommissionspräsidenten ist ein Fortschritt. Aber das andere ist problematisch. Vor allem das Fehlen einer Regelung bezüglich der Neugewichtung der Stimmen im Rat könnte bei der Erweiterung Probleme schaffen. Aber ich meine, wir sollten uns an die Erfahrungen erinnern, die wir in der Vergangenheit gemacht haben. Wenn ein ausreichend starker Druck vorhanden ist, dann gibt es auch eine Einigung. Ich bin sicher, daß der Druck der Beitrittsverhandlungen dazu führen wird, daß wir bei der notwendigen Reform auch hier Fortschritte erzielen.
    Der vielleicht größte Gewinner der Verhandlungen von Amsterdam - auch das hat kaum jemand für möglich gehalten - ist das Europäische Parlament,

    (Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]: So ist es!)

    das, wie der ehemalige Präsident Hänsch zu Recht festgestellt hat

    (Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]: Der neue nicht!)

    - der neue leider nicht, Kollege Haussmann; aber ich glaube, der Kollege Hänsch versteht noch genug von diesen Dingen, um ein zutreffendes Urteil dazu abgeben zu können -, in einem Maße Rechte erhalten hat, wie man es sich vor zehn Jahren überhaupt nicht hätte vorstellen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich will das, was der Bundeskanzler zu der strategischen Bedeutung der Flexibilitätsklausel gesagt hat, mit allem Nachdruck unterstreichen. Das ist wirklich eine strategische Weichenstellung, die lange Zeit kaum möglich erschien.
    An dieser Stelle will ich auch einen Dank an die Briten richten. Sie haben unsere Vorschläge nicht in dem Maße akzeptiert, wie wir es uns gewünscht haben. Aber es hat sich gezeigt: Die neue britische Regierung versucht wirklich, konstruktiv in Europa mitzuarbeiten. Das sollten wir anerkennen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Amsterdam war ein wesentlicher Fortschritt im europäischen Integrationsprozeß. So gefestigt, können wir uns der nächsten großen Herausforderung stellen, nämlich der Erweiterung. Herausforderung bedeutet Chance und Risiko. Wir würden unseren künftigen Mitgliedern wie uns selbst den größten Gefallen tun, wenn wir bei aller Nüchternheit stärker die Chancen sähen, unseren gesamten Kontinent als eine Zone der Freiheit, des Friedens und des Wohlstands, als ebenbürtigen Akteur an der Seite der

    Karl Lamers
    USA - und nicht für immer unter deren Fittichen - sowie als ein Modell für die Welt zu gestalten, in dem freie, starke und selbstbewußte Völker eine neue, den Erfordernissen der Gegenwart angemessene Form des Zusammenlebens finden.
    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)