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    Plenarprotokoll 13/173 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 173. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. April 1997 Inhalt: Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 (Drucksache 13/7480) . . . 15589 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 15589 B Joachim Poß SPD 15596 A Friedrich Merz CDU/CSU 15599 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15602 B Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 1560 7A Joachim Poß SPD 15608 D Dr. Gregor Gysi PDS 15610 B Rudolf Scharping SPD 15612 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 15617 C Detlev von Larcher SPD 15620 B Rudolf Scharping SPD . . . . 15622 A, 15623 A Michael Glos CDU/CSU 15622 D Dr. Barbara Höll PDS 15624 D Gisela Frick F.D.P 15626 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 15627 A Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 15628 B Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Monika Knoche, Volker Beck (Köln), Manfred Such und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Humanisierung der Drogenpolitik (Teil III) - Legalisierung von Cannabis (Drucksache 13/4480) 15631 A b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (Drucksache 13/4982) . . 15631 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15631 B Hubert Hüppe CDU/CSU 15632 C Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15633A, 15639B, 15642A Heigrit Fischer-Menzel, Senatorin (Hamburg) 15634 D Hubert Hüppe CDU/CSU 15635 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 15636 B Ulla Jelpke PDS 15637 C Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 15638 C Johannes Singer SPD 15640 C Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 15642 D Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum Verkauf von fünf ausgemusterten U-Booten der Bundesmarine an Indonesien 15643 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15644 A Erich G. Fritz CDU/CSU 15644 D Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 15645 C Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 15646 A Steffen Tippach PDS 15647 A Dr. Klaus Rose, Parl. Staatssekretär BMVg 15648 A Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15649A Andreas Krautscheid CDU/CSU . . . 15650 B Uta Zapf SPD 15651 A Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 15652 B Herbert Meißner SPD 15653 B Jochen Feilcke CDU/CSU 15654 A Brigitte Schulte (Hameln) SPD 15654 D Nächste Sitzung 15656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 15657* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Christa Luft (PDS) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg . 15657* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 15658* A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1997 15589 173. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. April 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 25.4. 97 Antretter, Robert SPD 25. 4. 97 * Behrendt, Wolfgang SPD 25. 4. 97 Bindig, Rudolf SPD 25. 4. 97 * Blunck, Lilo SPD 25.4. 97 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 25. 4. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 25.4. 97 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 25.4. 97 * Freitag, Dagmar SPD 25. 4. 97 Gansel, Norbert SPD 25. 4. 97 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 25. 4. 97 Hoffmann (Chemnitz), SPD 25. 4. 97 Jelena Horn, Erwin SPD 25. 4. 97 * Junghanns, Ulrich CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 25. 4. 97 Koppelin, Jürgen F.D.P. 25. 4. 97 Lange, Brigitte SPD 25. 4. 97 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 25. 4. 97 ' Erich Marten, Günter CDU/CSU 25. 4. 97 * Mattischeck, Heide SPD 25. 4. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 25. 4. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Rupprecht, Marlene SPD 25. 4. 97 Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 25. 4. 97 Schaich-Walch, Gudrun SPD 25. 4. 97 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 25. 4. 97 von Schmude, Michael CDU/CSU 25. 4. 97 * Schönberger, Ursula BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Sperling, Dietrich SPD 25. 4. 97 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 25. 4. 97 Steen, Antje-Marie SPD 25. 4. 97 Such, Manfred BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 25. 4. 97 * Wallow, Hans SPD 25. 4. 97 Welt, Jochen SPD 25. 4. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 25. 4. 97 Wohlleben, Verena SPD 25. 4. 97 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 25.4. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 25. 4. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Christa Luft (PDS) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg (Tagesordnungspunkt 18c) *) Erlauben Sie mir als einer Berliner Abgeordneten in aller Kürze eine Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten zu der uns vorliegenden Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, die hier von den Koalitionsabgeordneten angenommen und Leben und Arbeit vieler Berlinerinnen und Berliner tangieren wird. Ich lehne die vorliegende Beschlußempfehlung erstens ab, weil - wie in Ausschußberatungen geschehen - ein einfacher Vergleich zwischen Berlin und anderen Ballungszentren der Bundesrepublik unzulässig ist, weil Analogieschlüsse sich verbieten. Selbst nach den Zahlen des Ringes Deutscher Makler liegt das Gewerberaum-Mietniveau sogar in den Berliner Nebenkernen immer noch um ca. 10 Prozent über den Mieten in Frankfurt/Main und München, in den Stadtteil-Zentren das Vielfache davon. Auch ist die Eigentumsquote bei Gewerberäumen des Berliner Handwerks mit 12 Prozent sehr niedrig, weshalb hohe Gewerberaummieten die Kosten überproportional belasten. Ich lehne die Beschlußempfehlung zweitens ab, weil die anhaltende Verdrängung mittelständischer Einzelhandels- und Handwerksbetriebe aus den Stadtteilzentren weitreichende Auswirkungen hat auf die Qualität der Nahversorgung der Bevölkerung und auf das Nebeneinander von Wohnen, Handel und Handwerk. Diese urbane Mischung, die die Berliner Stadtteile Jahrzehnte geprägt hat, ist in Gefahr. Die kleinen und mittleren Betriebe können den Kostendruck nicht in gleichem Maße wie größere Unternehmen und besonders große Kaufhausketten auffangen. Sie sind ja obendrein mit schlechter Zahlungsmoral privater und öffentlicher Auftraggeber konfrontiert. Drittens lehne ich die Beschlußempfehlung ab, weil sich mir überhaupt nicht erschließt, welche Impulse für Wachstum und Beschäftigung von der Verweigerung eines zeitweiligen Schutzes von Mietverhältnissen und der zeitweiligen Bindung von Gewerberaummieten ausgehen sollen. Das aber ist doch angeblich die Meßlatte für das Handeln der Koalition. Im Gegenteil: Es werden weitere Pleiten produziert, Existenzgründungen erschwert oder verhindert, noch mehr Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit getrieben. Nach einer jüngsten Umfrage sehen sich allein 40 Prozent der Einzelhändler in den östlichen Stadtbezirken Berlins durch Gewerberaummietenentwicklung in ihrer Existenz bedroht. *) Vgl. Plenarprotokoll 13/166, Seite 14961 D Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, sind also wieder dabei, sich ein Eigentor zu schießen. Völlig kurios wird es, wenn der CDU-Wirtschaftssenator von Berlin sich an die PDS-Abgeordneten wendet, den Gesetzentwurf des Bundesrates zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg nicht scheitern zu lassen. Nicht weil es mich plötzlich mit einem CDU-Politiker in ein Boot zieht, stimme ich gegen die vorliegende Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, sondern weil eine Koalition der Vernunft hier geboten wäre und nicht parteipolitische Engstirnigkeit. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung - Unterrichtung durch die Präsidentin des Deutschen Bundestages Bericht der Präsidentin des Deutschen Bundestages über die Entwicklung der Bezüge der hauptberuflichen Amts- und Mandatsträger auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene sowie bei öffentlichen Einrichtungen - Drucksache 13/6637 - Ausschuß für Wirtschaft - Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresgutachten 1996/97 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - Drucksache 13/6200 -- Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 1997 der Bundesregierung Reformen für Beschäftigung" - Drucksache 13/6800 - Ausschuß für Verkehr - Unterrichtung durch die Bundesregierung Straßenbaubericht 1996 - Drucksachen 13/5850, 13/6153 Nr. 3 -
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Joseph Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Daß sich Deutschland in der Krise befindet, wird von niemandem mehr bestritten, in einer der schwersten Krisen seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland,

    (Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers: Das ist doch Quatsch!)

    in einer Krise, die ein doppeltes Vorgehen notwendig
    macht: Es handelt sich um die Notwendigkeit, die innere Einheit herzustellen, die Lasten gerecht zu verteilen und die Entwicklung in Ostdeutschland voranzubringen, so daß wir wirklich von einer Vereinigung sprechen können. Es handelt sich um die Notwendigkeit, die strukturellen Anpassungen, die über Jahre hinweg verschlafen und ausgesessen wurden, an die Bedingungen einer sich rapide verändernden Weltwirtschaft vorzunehmen.
    Massenarbeitslosigkeit und Reformunfähigkeit kennzeichnen die gegenwärtige Situation. Die F.D.P. nickt dazu. Sie sind einer der Hauptverantwortlichen, denn Sie regieren dieses Land. Es ist nicht die Opposition, die dieses Land regiert. Bei aller Bedeutung, die Sie der Opposition zumessen, wollen wir das nicht vergessen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS])

    4,5 Millionen ausgewiesene - real über 6 Millionen; Tendenz: eher ansteigend - Arbeitslose sind die bittere Realität. Ich frage Sie: Was geschieht in diesem Lande wirklich? Der Widerspruch zwischen Handlungsnotwendigkeit - das hat diese Debatte heute morgen wieder auf beschämende Art und Weise klargemacht - und Handlungsunfähigkeit seitens der Verantwortlichen, seitens der Regierung und der Koalition verstärkt sich. Sind Sie sich eigentlich darüber im klaren - das habe ich mich heute morgen angesichts dieser Debatte und auch der Steuergespräche gefragt -, daß Sie dabei sind, eine substantielle, tiefgehende Krise das Vertrauens in die Funktionsweise unseres demokratischen Systems auszulösen, wenn Sie weiter so vorgehen?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Angesichts dieser deprimierenden Wirklichkeit, die hier von niemandem mehr bestritten wird, haben wir in den letzten Wochen ein Stück aus dem Bonner Tollhaus mit dem Titel „Steuergespräche" erlebt. Wenn die Sache nicht so ernst wäre, könnte man über das, was da passiert ist, fast ins Lachen geraten. Es gab de facto eine große Koalition: Ein gewaltiger Berg kreißte, und am Ende kam nicht einmal mehr ein fiepsendes Mäuschen heraus. Das war die Realität dieser Steuergespräche -

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    trotz des Schocks auf Grund der Arbeitslosenzahlen im Januar, trotz der Strukturkrise, in der wir stecken, und trotz einer dramatisch wachsenden strukturellen Verwerfung und Massenarbeitslosigkeit.
    Heute erleben wir die Debatte über die Schuldfrage. Ich fürchte, daß wir jetzt bis zur Bundestagswahl auf Hintze-Niveau die Debatte erleben werden, wer schuld daran ist, daß in der Bundesrepublik Deutschland nichts vorangeht. Sie mögen die SPD in diesem Punkt kritisieren. Ich habe zwar nicht für die SPD zu sprechen, aber trotzdem frage ich - der Bundeskanzler ist nicht da - Herrn Schäuble: Glauben Sie denn allen Ernstes, daß eine Rechnung aufgehen kann, die die Steuerentlastung mit der Klientelpartei F.D.P. macht und die dann die aufgerissenen Löcher

    Joseph Fischer (Frankfurt)

    durch Steuerbelastungen und Steuererhöhungen mit der Oppositionspartei SPD stopft?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS])

    Daß diese Rechnung nicht aufgehen konnte, war mir von Anfang an klar.
    Im Blick auf den Bundesfinanzminister muß man folgende Frage stellen: Will er eigentlich diese Steuerreform, für die er so lautstark kämpft? Wenn man nach dem Scheitern der Steuergespräche in die Union hineinhört, dann stellt man fest, daß viele hinter vorgehaltener Hand sagen: Dem Theo ist das gar nicht so unrecht, denn er weiß ganz genau, daß die Steuersenkungen, die er vorträgt, nicht gegenfinanziert sind.

    (Detlev von Larcher [SPD]: So ist das!)

    Er weiß ganz genau, daß er eine Deckungslücke von 56 Milliarden DM nicht gegenfinanziert hat. Über den Vorwand „Die SPD ist schuld, daß die Steuerreform scheitert" landet er im Grunde genommen wieder da, wo er schon einmal im Zusammenhang mit dem Bareis-Gutachten und den darin formulierten Vorschlägen war: bei der Ablehnung eines von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens zur großen Steuerreform.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

    Meine Damen und Herren, wenn man sich Ihre große Steuerreform anschaut und die langen Litaneien, die Herr Waigel hier vorträgt, anhört, dann stellt man fest, daß Ihre Vorschläge über den entscheidenden Punkt nicht hinwegkommen und daher nichts nützen.
    Wenn man sich Ihre Steuerreform anschaut, dann stellt man fest, daß sie erstens sozial ungerecht ist. Sie haben vor allen Dingen bei den hohen Einkommen - teilweise auch bei den unteren - eine Entlastung vorgesehen, aber die hohe Belastung, die Tarifnähe zwischen altem und neuem Tarif besteht vor allem im mittleren Bereich. Das Ganze wird erst zu einem Schuh unter dem Gesichtspunkt der sozialen Schieflage.
    Wenn Sie Ihre Gegenfinanzierungsvorschläge zum Decken des Haushaltslochs von 56 Milliarden DM hinzunehmen, nämlich die Mehrwertsteuererhöhung, dann wird aus Ihrer Steuerentlastung, Herr Waigel, eine sozial ungerechte Steuerreform zu Lasten von abhängig Beschäftigten, zu Lasten von unteren und mittleren Einkommen, die über die Mehrwertsteuererhöhung, über die Abschöpfung von Massenkaufkraft die Zeche bezahlen sollen, damit Spitzensteuersätze auf die Einkommen der F.D.P.-Klientel und anderer gesenkt werden können. Das ist die Realität.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Was sind denn Ihre Vorschläge?)

    Ich möchte von Ihnen, Herr Waigel, da Sie schon so
    schön mit Zahlen jongliert haben, heute einmal klipp
    und klar wissen, was Sie jetzt beabsichtigen, um diese 56 Milliarden DM gegenzufinanzieren.
    Sie sprechen von 82 Milliarden DM Steuerausfällen durch die Reform. Sie sagen, Sie haben durch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage 38 Milliarden DM gegenfinanziert.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: 45 Milliarden DM!)

    Damit fehlen 44 Milliarden DM. Hinzu kommt dann noch die Absenkung des Solidaritätszuschlags, so daß sich eine Lücke von insgesamt 56 Milliarden DM ergibt.
    Ich sage Ihnen: Eine Steuerreform vorzulegen, bei der der entscheidende Punkt, nämlich die Aussage darüber, wie sie finanziert wird, offenbleibt, ist keine Steuerreform, sondern ein Prinzip Hoffnung. Wenn Sie sich zum Prinzip Hoffnung bekennen, dann rate ich den Bürgerinnen und Bürgern, dem kleinen Mann und der kleinen Frau, gut auf ihr Portemonnaie achtzugeben,

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

    denn dieses Prinzip Hoffnung heißt bei Ihnen in Wirklichkeit Steuererhöhung. Wo kommen die fehlenden 56 Milliarden DM her? Wer soll bezahlen? - Das sollten Sie hier und heute einmal klipp und klar sagen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Dr. Christa Luft [PDS])

    In dem Gesetzentwurf, den Sie uns hier vorgelegt haben, ist das ja richtig süß. Der entscheidende Punkt kommt auf Seite 2 sozusagen verhuscht im Text vor. Da heißt es dann unter „B. Lösung":
    Spürbare Nettoentlastung von Steuerbürgern und Unternehmen bei der Einkommensbesteuerung im Umfang von bis zu 30 Mrd. DM und teilweise Gegenfinanzierung durch Umschichtung innerhalb des Steuerrechts

    (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    und durch Verringerung des Anteils der leistungsfeindlichen direkten Steuern an den Steuereinnahmen zu Lasten der konsumabhängigen indirekten Steuern.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Mein lieber Herr Dr. Waigel, dann reden wir nicht mehr über Steuerentlastung, sondern über Steuererhöhungen. Dann kommen Sie hierher und sagen das auch dem deutschen Volk, daß Ihre Steuerreform an diesem Punkt auf Steuererhöhungen hinausläuft!

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Dr. Christa Luft [PDS])

    Nein, meine Damen und Herren, die Wahrheit ist: Wir reden hier in Wirklichkeit über Steuererhöhungen, die vor allem bei den unteren und mittleren Einkommen zu Buche schlagen werden. Das ist die

    Joseph Fischer (Frankfurt)

    ganze Wahrheit Ihrer Steuerreform, und insofern sollten Sie sich auch offen zu dem Umverteilungscharakter dieses Werkes bekennen.
    Das hat nichts mit altertümlicher Klassenkampfrhetorik zu tun, sondern man muß nur eins und eins zusammenzählen - dabei kommt zwei heraus, nämlich Entlastung oben und Belastung unten, vor allem, wenn man Ihre Steuererhöhungsabsichten mit einbezieht.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Mich, Herr Waigel -

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel spricht mit der Abg. Gerda Hasselfeldt [CDU/ CSU])

    Hallo! -

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Ja, ja! Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zuruf von der CDU/CSU: Er kann es nicht mehr hören! Werner Schulz [Berlin] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er zeigt die kalte Schulter!)

    Mich, Herr Waigel, würde heute klipp und klar Ihre Haltung zur Mehrwertsteuererhöhung interessieren. Sie als Mitglied der Bundesregierung haben jederzeit Rederecht. Wollen Sie eine Mehrwertsteuererhöhung? Wieviel Prozentpunkte soll diese betragen? Wann soll sie gegebenenfalls kommen?
    Das ist das eine, damit diese Posse um die Mehrwertsteuer endlich beendet wird.
    Als zweites würde mich die Beantwortung folgender Frage interessieren: Wollen Sie eine Erhöhung der Mineralölsteuer, um die jetzt aufreißenden neuen Löcher Ihres Haushaltes decken zu können? - Diesbezüglich hört man ja Unterschiedliches. Sie sprechen sich für die Erhöhung der Mineralölsteuer aus, Herr Stoiber spricht sich dagegen aus, der Bundeskanzler weist das zurück, nachdem er in der „Bild"-Zeitung mit einer mächtigen Schlagzeile konfrontiert wird, wonach er schon um das Dahinschwinden der Stimmen seiner Wählerinnen und Wähler fürchtet, obwohl ich sicher bin, daß ihr darüber gesprochen habt und diese Absicht verfolgt.

    (V o r s i t z : Vizepräsidentin Michaela Geiger)

    Der Bundestag ist das geeignete Forum, in dem Sie Klarheit schaffen können, Herr Bundesfinanzminister. Wie sieht es mit einer Mineralölsteuererhöhung aus? - Kommen Sie ans Rednerpult, sagen Sie klar Ihre Haltung, schenken Sie uns hier reinen Wein oder meinetwegen auch reines Mineralöl ein, vor allen Dingen den Bürgerinnen und Bürgern!

    (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Machen Sie klar, welche Belastungen auf uns zukommen, und verstecken Sie sich nicht weiter hinter irgendwelchen nebulösen Formulierungen!

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Dr. Barbara Höll [PDS] und Dr. Christa Luft [PDS])

    Wer was bezahlt, das ist die erste zentrale Frage, die erste Wahrheitsfrage, die man an dieses Reformwerk richten muß.
    Die zweite wichtige Frage: Wann wird denn diese Steuerreform kommen? Der Termin ist keine Nebensächlichkeit. Ob sie 1998 oder 1999 kommt, scheint nur auf den ersten Blick eine Nebensächlichkeit zu sein; denn wir haben 1998 eine klitzekleine Kleinigkeit zu erledigen: Das deutsche Volk, der deutsche Souverän, hat einen neuen Bundestag zu wählen. Mit diesem Steuerreformkonzept, unterstützt von Helmut Kohl und Theo Waigel, für die Erhöhung der Mehrwertsteuer, für die Erhöhung der Mineralölsteuer, für eine höhere Belastung der unteren und mittleren Einkommen wird es ein schöner Wahlkampf. Da wird selbst Pfarrer Hintze mit seiner RoteSocken-Kampagne überfordert sein.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

    Ergo kommt man zu der Konsequenz, daß 1999 ja auch noch ein Jahr sei. Warum machen wir also die Erhöhung nicht 1999? Nun war die geniale Idee des Wirtschaftspolitikers Theo Waigel, es gebe einen Vorzieheffekt, wenn man die Unternehmensteuern vorher senke. Gestern lasen wir allerdings etwas anderes - so zumindest meldet es „Reuter":
    Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Schäuble, hat Änderungen am Zeitplan der Koalition für die Senkung von Steuern und Sozialbeiträgen ins Gespräch gebracht. Ein Sprecher der Fraktion hat dies bestätigt.
    Schäuble möchte alles zusammen 1999 verwirklichen, also nicht mehr den Unternehmensteil 1998 vorziehen:
    Schäuble möchte insgesamt 1999 das ganze Reformwerk angehen. Schäuble begründet die Verschiebung der Steuersenkung für Unternehmen damit, daß bei der Expertenanhörung zu dem Gesetz die Hoffnungen auf erhebliche Effekte für die Wirtschaft nicht bestätigt worden seien.
    Meine Damen und Herren, in dieser Meldung stekken zwei Nachrichten: Erstens ist die Hoffnung auf eine positive Wirkung auf die Wirtschaft durch das Reformwerk Waigels nicht gegeben. Das ist eine sehr wichtige Tatsache, die Herr Schäuble hier ausspricht. Dazu würde mich auch Ihre Haltung hier interessieren. Auch die Arbeitsplatzeffekte - das hat die Anhörung ebenfalls gezeigt - sind minimal. Daher können wir auch nicht davon reden, daß dieses Reformwerk ein energischer Ansatz sei, die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen.

    (Abg. Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


    Joseph Fischer (Frankfurt)

    - Herr Kollege Schäuble, Sie hätten vorhin Zeit gehabt, direkt auf die Opposition zu antworten. Das hätte ich erwartet. Deswegen lasse ich die Zwischenfrage, obwohl ich sonst mit Ihnen gerne diskutiere, nicht zu. Ich bin mit der Debattenstruktur heute morgen nicht einverstanden.


Rede von Michaela Geiger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Abgeordneter Fischer, ich hatte Sie noch gar nicht gefragt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Joseph Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich habe trotzdem meine Meinung gesagt.

    (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, das zweite ist der Termin. Dieser Termin ist ein politischer Termin. Deswegen rate ich den Bürgerinnen und Bürgern, sehr genau darauf zu achten, was tatsächlich geschieht. Wenn die Steuerreform das hält, was Theo Waigel verspricht, das hält, was Helmut Kohl verspricht, das hält, was die F.D.P. ihrer Klientel verspricht, dann fordere ich Sie auf, mit dieser Steuerreform in den Wahlkampf zu gehen. Das heißt aber, sie vorher per Gesetz in Kraft zu setzen. Das ist der entscheidende Punkt. Haben Sie den Mut dazu, die Termine nicht auf 1999 zu verschieben, sondern kämpfen Sie darum, sie 1998 durchzubekommen! Wenn es ein so großartiges Werk ist, dann muß das ja eine nachhaltige Unterstützung für Ihren Wahlkampf sein. Nur fürchte ich, es wird das Gegenteil werden.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Dann müßten Sie es doch unterstützen!)

    Die dritte Wahrheit ist die Nettoentlastung, Herr Waigel. Ich weiß nicht, warum Sie nicht ähnlichen Mut wie die Sachverständigen haben. Die Sachverständigen haben auf der Pressekonferenz bei der Vorlage ihres Frühjahrsgutachtens darauf hingewiesen, daß die Spielräume für eine Nettoentlastung gegenwärtig minimal seien. Dieser Meinung sind wir nachdrücklich. Wir halten nichts davon, jetzt im Vorwahlkampf den Bürgerinnen und Bürgern - dazu ist die Lage zu verfahren, dazu ist der Karren schon zu sehr im Dreck - zu erklären: Wir können euch mit Steuergeschenken überhäufen, wenn ihr uns wählt. Wir sehen keinen Spielraum für eine Nettoentlastung. Die Kosten der deutschen Einheit - -

    (Zuruf des Abg. Dr. Guido Westerwelle [F.D.P.])

    - Herr Westerwelle, auf Ihren Zwischenruf habe ich gerade gewartet. Die ganze Zeit über wird verkündet, daß die nachfrageorientierte Politik falsch sei.
    Da wird die ganze Zeit von Ihrer Seite verkündet, daß die angebotsorientierte Politik richtig ist. Und nun der Solidaritätszuschlag! Jeder weiß um die Zustände, um die dramatisch schlechte Lage Ostdeutschlands. Auch das Frühjahrsgutachten macht wieder klar: Arbeitsplatzzuwächse, wenn es so etwas wie Aufschwung gibt, werden im wesentlichen um
    Ostdeutschland herumgehen. Und da sage ich Ihnen: Da kommen Sie ausgerechnet mit dem Soli-Zuschlag, und zwar nur aus einem Grund, weil die F.D.P. damit ein Wahlversprechen eingegangen ist, das Sie im übrigen aber schon gebrochen haben. Die Senkung des Soli-Zuschlags oder gar seine Abschaffung - das weiß der Bundesfinanzminister, das weiß der Bundeskanzler, das weiß Herr Schäuble, das weiß jeder in der Unions-Fraktion - ist schlichtweg ökonomischer Unsinn.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Das heißt, die Leute für dumm zu verkaufen, wenn man das hier verkündet.
    Nein, meine Damen und Herren, Deutschland steckt in einem gewaltigen Reformstau, in einem Reformstau, den diese Regierung jahrelang ausgesessen hat. Die Probleme bei der Rentenreform sind doch nicht über Nacht und erst jetzt entstanden, die sind seit 20 Jahren zu sehen. Das Konzept, das der Bundesarbeitsminister vorgelegt und die Koalition beschlossen hat, wird - das prophezeie ich Ihnen - knapp den Wahltag überdauern. Die Grundlagen, von denen Sie ausgehen, werden nicht belastbar sein, werden nicht tragen. Sie werden einen dramatischen Einbruch auf der Beitragszahlerinnen- und Beitragszahlerseite haben.
    Schauen Sie sich doch die oft zitierte Entwicklung in anderen Ländern an! Überall dort erleben Sie, daß vor allen Dingen Teilzeitarbeitsplätze und nicht versicherungspflichtige Arbeitsplätze die Antwort auf den Abbau von Vollzeitarbeitsplätzen sind. Das heißt, was wir befürchten, ist, daß wir - wenn es mit diesen Illusionen so weitergeht - am Ende bei einer Grundrente knapp über Sozialhilfeniveau nach Biedenkopf landen werden, nur weil Sie sich nicht trauen, der eigenen Bevölkerung endlich reinen Wein einzuschenken

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    und solidarische Vorschläge für eine neue Rentenfinanzierungsstruktur zu machen und dann auch tatsächlich vorzulegen, die die kommenden zwei Generationen trägt. Sie wissen nur zu gut, daß Sie dann in einen Konflikt mit vielen Interessen kommen, den Sie nicht haben wollen.
    Biedenkopfs Position unterstütze ich zwar nicht, aber vom Ergebnis her wird er leider recht behalten. Ich betone: leider. Eine beitragsfinanzierte Grundrente wird am Ende Ihrer rentenpolitischen Illusionen stehen.
    Beim Energierecht ist halbherzig, was Sie anpakken.
    Dann zum deutschen Bankensystem! Ja, warum greifen Sie nicht endlich eine fundamentale Bankenreform an?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Joseph Fischer (Frankfurt)

    Was muß denn noch passieren? Thyssen und Krupp-Henschel, war das nicht Signal genug? Diese Regierung hätte schon längst handeln können.
    Und dann immer wieder der Hinweis auf Holland! Es erbost mich nachgerade. Holland hatte der Bundeskanzler mit dem Bündnis für Arbeit im Bundeskanzleramt. Und es war doch niemand anderes als Herr Kohl und Herr Schäuble, die den Gewerkschaften in der Frage der Lohnfortzahlung den Stuhl vor die Tür gestellt haben. Wir könnten doch heute schon wesentlich weiter sein, wenn Staatsklugheit und Vernunft regiert hätten und nicht Parteitaktik nach einer gewonnenen Landtagswahl, meine Damen und Herren.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Wozu eine große Steuerreform, die wir für geboten und notwendig halten? Sinn und Zweck müssen nicht Steuergeschenke sein, sondern wir brauchen endlich Steuergerechtigkeit durch Steuervereinfachung. Schluß muß sein mit Schlupflöchern, die es ermöglichen, daß man hier in Deutschland verdientes Geld, das wir allen gönnen, legal um die Steuer herumführt, ohne daß es zu einer entsprechenden Besteuerung kommt.
    Wir sind nachdrücklich dafür: Es muß Schluß damit sein, daß sich Reiche armrechnen können. Was nützt uns ein 53 Prozent hoher Spitzensteuersatz, der bei einem klug angelegten Vermögen dazu führt, daß sich am Ende jemand armrechnen kann. Auch damit muß Schluß sein, und wir müssen den Steuerdschungel lichten.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich werde Ihnen gleich unsere Vorschläge machen, meine Damen und Herren. Gedulden Sie sich noch eine Sekunde.
    Wir wollen die gleiche Besteuerung aller Einkommensarten. Wir wollen die Verbreiterung der Bemessensgrundlage der zu versteuernden Einkommen, um mit Streichen von Steuersubventionen Schlupflöcher zu beseitigen. Wir wollen durch diese Reform die Zukunftsfähigkeit für die kommenden Generationen - das größte Problem - durch die Förderung des Lebens mit Kindern erreichen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wir wollen soziale Gerechtigkeit durch Entlastung der unteren und mittleren Einkommen und erst dann - erst dann - eine Anpassung der nominalen an die realen Steuertarife nach Maßgabe auch einer aufkommensneutralen Finanzierung. Das ist es, was wir uns unter einer großen Steuerreform vorstellen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dazu machen wir Ihnen unsere Vorschläge.

    Unter Aufbietung aller Kräfte - es wird nicht einfach werden, es bedüfte in der Tat eines Konsenses - halten wir es für möglich, auf der Grundlage der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage eine aufkommensneutrale Gegenfinanzierung zu machen, das Existenzminimum auf 15 000 für Ledige, auf 30 000 für Verheiratete anzuheben, wenn wir wirklich die Bemessensgrundlage entsprechend verbreitern, das heißt aber auch, wesentlich weitergehen als das, was der Bundesfinanzminister vorgelegt hat. Wir müssen also wesentlich über das hinausgehen, was der Bundesfinanzminister vorgelegt hat.
    Wir halten ein einheitliches Kindergeld von 300 DM, eine Steuerfreistellung der Vorsorgeleistungen, eine Senkung des Eingangssteuersatzes auf 18,5 Prozent und des Spitzensteuersatzes auf 45 Prozent und einen einheitlichen Körperschaftsteuersatz - ich betone: einen einheitlichen - von 35 Prozent für möglich.
    Die Lohnersatzleistungen möchte ich noch gesondert erwähnen. Ich glaube, kein Arbeitnehmer und keine Arbeitnehmerin hätte etwas gegen das steuersystematische Argument, daß die Lohnersatzleistungen wie alle anderen Einkommensarten besteuert werden sollen. Aber wogegen sie und auch ich entschieden etwas haben, ist, daß diese steuersystematische Reform, über Nacht kommend, dann zu Reallohnkürzungen führen könnte. Wenn es eine entsprechende Erhöhung der Bruttoentgelte gibt - das gilt für Lohnersatzleistungen genauso wie für die Zuschläge -, so daß am Ende netto - das interessiert die Menschen - dasselbe in der Lohntüte drinbleibt, dann, behaupte ich, werden Sie bei den lohnabhängig Beschäftigten, bei all denen, die diese Leistungen beziehen, volle Zustimmung ernten. Nur, was ich nicht nachvollziehen kann und wogegen ich energisch bin, ist, daß Sie hier Reallohnkürzungen mit steuersystematischen Argumenten betreiben.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Lassen Sie mich zusammenfassen: Der entscheidende Punkt, um den es hier geht, der Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit, bedarf noch eines zweiten Ansatzes. Wir müssen runter mit den Kosten der Arbeit. Steuergerechtigkeit durch Steuervereinfachung ist die erste große finanzpolitische Reform. Die zweite, parallel damit vorzunehmende große finanzpolitische Reform ist eine Senkung der Arbeitskosten durch eine Senkung der Lohnnebenkosten. Wenn Sie da nicht wieder unseriös werden wollen, müssen Sie den Menschen sagen, daß wir die Senkung der Lohnnebenkosten gegenfinanzieren müssen. Wir müssen die Lohnnebenkosten aus Gründen der Konkurrenzfähigkeit senken, damit Arbeit wieder rentierlich wird und in diesem Land wieder nachgefragt wird. Das ist die beste Investitionsvoraussetzung, die wir schaffen können. Ich halte nichts von einer Mehrwertsteuererhöhung, weil sie keine neuen Märkte öffnen und keine neuen Arbeitsplätze schaffen, sondern nur Massenkaufkraft abschöpfen wird. Wir können die Senkung der Lohnnebenkosten nur gegenfinanzieren, indem wir endlich eine Öko- bzw. eine Energiesteuer einführen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Joseph Fischer (Frankfurt)

    Aber dazu sage ich in Richtung aller hier: Eine Erhöhung der Mineralölsteuer ist kein Einstieg in die Ökosteuer; auch das muß klar sein.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, deswegen lassen Sie uns doch endlich die beiden großen Reformwerke anpacken, damit Deutschland aus der tiefen Krise herauskommt: Steuergerechtigkeit durch Steuervereinfachung im Einkommensteuerrecht und Einführung einer Ökosteuer zur Öffnung neuer Märkte, zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und zur Gegenfinanzierung der dringend notwendigen Senkung der Lohnnebenkosten.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)