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    Plenarprotokoll 13/164 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 164. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. März 1997 Inhalt: Zusätzliche Ausschußüberweisungen . . 47771 A Zusatztagesordnungspunkt 15: Vereinbarte Debatte zur Beschäftigungssituation und zu den Perspektiven des Steinkohlebergbaus . . . . 14771 A Rudolf Scharping SPD 14771 B, 14796 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . 14775 A Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14781 A Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 14784 A, 14787 B, 14797 A Norbert Formanski SPD . . . . 1478 6D, 14800 A Dr. Gregor Gysi PDS 14787 C Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 14790 A Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 14791 D, 14796 A Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . . 14794 D Peter Jacoby CDU/CSU 14795 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 14797 B Hans Berger SPD 14799 C Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes (Drucksache 13/7015) 14800 D b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Marianne Klappert, Ernst Bahr, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes (Drucksache 13/2523) 14801 A c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ulrike Höfken, Steffi Lemke und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Tierschutzgesetzes (Drucksache 13/ 3036) 14801 A d) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Tierschutzbericht 1997; „Bericht über den Stand der Entwicklung des Tierschutzes" (Drucksache 13/7016) . 14801 A e) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Tierschutzbericht 1995; „Bericht über den Stand der Entwicklung des Tierschutzes" (Drucksachen 13/350, 13/774 Nr. 2, 13/3562) 14801 B f) Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Steffi Lemke und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Beendigung der tierquälerischen Robbenjagd (Drucksache 13/4141) 14801 B g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Sielaff, Marianne Klappert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Abschaffung der Käfigbatteriehaltung von Legehennen in der Europäischen Union - zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Steffi Lemke und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verbot der Käfighaltung von Legehennen (Drucksachen 13/5210, 13/4039, 13/ 7022) 14801 C h) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Umfassender Schutz für Meeressäuger (Drucksachen 13/5007, 13/ 7046) 14801 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Marina Steindor, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verbot des Klonens von Tieren (Drucksache 13/7160) 14801 D Jochen Borchert, Bundesminister BML 14801 D Marianne Klappert SPD 14803 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14806 B Günther Bredehorn F.D.P. 14808 A Eva Bulling-Schröter PDS 14810 C Meinolf Michels CDU/CSU 14811 D Matthias Weisheit SPD 14814 C Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/ CSU 14816 A Ulrike Mehl SPD 14817 C Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Karl Hermann Haack (Extertal), Klaus Kirschner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rehabilitation, Prävention, Kuren - für eine vernünftige und moderne Gesundheitspolitik (Drucksache 13/7174) 14819 C Karl Hermann Haack (Extertal) SPD . . 14819 D Roland Richter CDU/CSU 14821 C Karl Hermann Haack (Extertal) SPD . 14822 A Horst Kubatschka SPD 14822 D Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14823 B Dr. Dieter Thomae F.D.P 14824 D Dr. Ruth Fuchs PDS 14825 D Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 14826 D Antje-Marie Steen SPD 14828 C Nächste Sitzung 14831 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 14833 * A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 15 (Antrag: Rehabilitation, Prävention, Kuren - für vernünftige und moderne Gesundheitspolitik) Dr. Rolf Olderog CDU/CSU 14833* C Wolfgang Zöller CDU/CSU 14834* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 14835* B 164. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. März 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Altmann (Pommelsbrunn), BÜNDNIS 14. 3. 97 Elisabeth 90/DIE GRÜNEN Antretter, Robert SPD 14. 3. 97 Beck (Bremen), BÜNDNIS 14. 3. 97 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Blunck, Lilo SPD 14. 3. 97 Braun (Auerbach), Rudolf CDU/CSU 14. 3. 97 Dr. Brecht, Eberhard SPD 14. 3. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 14. 3. 97 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 14. 3. 97 Herta Duve, Freimut SPD 14. 3. 97 Eichstätt-Bohlig, BÜNDNIS 14.3.97 Franziska 90/DIE GRÜNEN Gansel, Norbert SPD 14. 3. 97 Dr. Jacob, Willibald PDS 14. 3. 97 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 14. 3. 97 Körper, Fritz Rudolf SPD 14. 3. 97 Krautscheid, Andreas CDU/CSU 14. 3. 97 Dr. Luft, Christa PDS 14. 3. 97 Dr. Maleuda, Günter PDS 14. 3. 97 Marten, Günter CDU/CSU 14. 3. 97 * Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 14. 3. 97 Mosdorf, Siegmar SPD 14. 3. 97 Müller (Berlin), Manfred PDS 14. 3. 97 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 14. 3. 97 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 14. 3. 97 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 14. 3. 97 Reinhard Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 14. 3. 97 Seuster, Lisa SPD 14. 3. 97 Tauss, Jörg SPD 14. 3. 97 Teiser, Michael CDU/CSU 14. 3. 97 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 14. 3. 97 Thierse, Wolfgang SPD 14. 3. 97 Titze-Stecher, Uta SPD 14. 3. 97 Voigt (Frankfurt), SPD 14. 3. 97 Karsten, D. Vosen, Josef SPD 14. 3. 97 Wallow, Hans SPD 14. 3. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 14. 3. 97 * *) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 15 (Antrag: Rehabilitation, Prävention, Kuren - für eine vernünftige und moderne Gesundheitspolitik) Dr. Rolf Olderog (CDU/CSU): Die Hauptzuständigkeit zum Thema liegt bei den Gesundheitspolitikern und Sozialpolitikern. Aber auch die Tourismuspolitik, für die ich jetzt spreche, ist zentral betroffen. Lassen Sie mich aus der Sicht dieser Politik zwei Vorschläge unterbreiten, die zwar nicht kurzfristig zu realisieren sind, aber mittel- und längerfristig doch verläßliche Perspektiven bieten. Erstens. Die Politik hätte die Mittel für die Kuren nicht so gekürzt, das Bewilligungsverfahren nicht so erschwert, wenn nicht schon seit langem das heutige Kurwesen in der fachlichen Kritik stände, wenn nicht sein Image, sein Ansehen, und sein Ruf angeschlagen wären. Deshalb plädiere ich als erstes für die Revitalisierung der Kur. Krankenkassen, Rentenversicherungen, Ärzte, Bäderwirtschaft und Politik sollten gemeinsam für Reha und Kuren dringend notwendige Schwachpunktanalysen erstellen, Forschungsbedarf ermitteln und Verbesserungsvorschläge erarbeiten. Untersuchungen des Kieler Instituts für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (N.I.T.) und das Baden-Württembergische Beratungsunternehmen Reppel und Partner haben schon seit langem gezeigt, daß die Kur in Deutschland unübersehbar in einer ernsten Krise steckt. Wir brauchen eine bessere medizinische Fundierung und Modernisierung der Kur. Eine Kur für die Kur! Defizite gibt es im Bereich der Kurforschung. Es fehlt an Grundlagenforschung, Kurmittelforschung. Kurerfolge müssen besser nachweisbar sein. Das Kurangebot ist zu undifferenziert, die ärztlichen Indikationen sind zu unspezifisch. Für jedes Krankheitsbild sollte ein spezielles Gesundheitsprogramm vorgesehen sein. Es fehlen kurbegleitende Maßnahmen. Die Patienten müssen stärker motiviert werden, sich einer gesünderen Lebensführung zuzuwenden. Neu zu diskutieren und zu definieren ist die Rolle der Badeärzte. Kurorte, Ärzte und Kostenträger müssen sich miteinander besser abstimmen. Wenn es insgesamt ein modernisiertes und medizinisch besser fundiertes und in seiner Qualität wirksam kontrolliertes Kurangebot gäbe - wie könnte die Politik sich dann einem überzeugenden Konzept für Kur und Reha entziehen! Denn es bleibt aus Gründen der Medizin und der Kosten weiterhin richtig: Vorbeugen ist besser als heilen. Und: Rehabilitation erspart Rente. Zum zweiten plädiere ich dringend dafür, Angebote für Selbstzahler zu entwickeln, gesundheitsorientierte Urlaubsangebote und Angebote für eine Kur im Urlaub. Fachleute bestätigen: Hier liegt durchaus eine realistische Perspektive. Sicher, das geht nicht von heute auf morgen, aber es ist längerfristig durchaus eine Chance. Nach Lohmann und Reppel gibt es eine bemerkenswerte Bereitschaft, auch auf eigene Kosten etwas im Urlaub für die Gesundheit zu tun. Reppel spricht davon, daß zwei Drittel der Kurinteressierten bereit sind, Selbstkosten und Urlaub für die Kur zu tragen. Lohmann ermittelte, daß 15 Prozent der deutschen Bevölkerung (14 Jahre und älter) sich für einen Urlaub mit Gesundheitskomponente interessieren. Ein beachtliches Potential! Wer in den mittleren und älteren Jahrgängen fühlt sich heute schon uneingeschränkt gesund? Nur jeder fünfte sagt, er sei beschwerdefrei. Jeder Fünfte ist auch über irgendwelche gesundheitlichen Probleme bei sich beunruhigt. Vor allem viele 40- bis 50jährige empfinden sich nervlich und körperlich gestreßt. Das N.I.T.-Gutachten spricht in Deutschland insgesamt von 9 Millionen Interessenten für einen Gesundheitsurlaub. Das Produkt Gesundheitsurlaub und Kur im Urlaub ist heute noch nicht vorhanden. Das ist wirklich nur schwer zu begreifen! Das zeigt, wie einseitig sich alle Anbieter auf öffentliche Kostenträger verlassen haben. Eine Angebotspalette müßte von Ärzten, Physiotherapeuten und Touristikem erarbeitet werden. Dazu könnten etwa zählen: Sportmöglichkeiten, kurspezifische Angebote, kurunterstützende Maßnahmen, Infos und Orientierung für gesundheitsorientiertes Leben. Privatzahler stellen vermutlich höhere Ansprüche als andere. Das Ambiente muß sich von dem einer Klinik unterscheiden. Gefühle der Lebensfreude, der Vitalität, der Gesundheit und der Spaß sind anzusprechen. Gesundheit, Lebensfreude und neue Kraft wollen die Gäste gewinnen. Welche Zielgruppen? Gesundheitsurlaub für Familien, jüngere Senioren, für jüngere Alleinstehende. Es gilt, nachfragegerechte Angebote, z. B. auch Pauschalangebote, für Zielgruppen zu entwikkeln. Einzelheiten sind durch weitere Untersuchungen zu klären. Ich habe dafür gemeinsam mit dem Deutschen Bäderverband die Initiative ergriffen. Das notwendige Geld für Untersuchungen will die Bundesregierung aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung stellen. Aber nicht nur der Bund ist zuständig: Im Bereich von gesundheitsorientierten Angeboten sind vorrangig die Länder selbst gefordert. Sie bestimmen über Fördermittel, wie z. B. in der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, selbst wenn der Bund die Förderung zur Hälfte mitfinanziert. Ich appelliere daher nachdrücklich an die Länder, sich an einem Ideenwettbewerb für neue Wege zu beteiligen. Unvermeidbares und leider Unabänderliches zu beklagen, führt nicht weiter. Richten wir gemeinsam den Blick nach vorn. Begreifen wir die schwierige Lage auch als Herausforderung, neue Wege zu gehen. Seit langem schon ist dies dringend geboten. Wolfgang Zöller (CDU/CSU): Der Vorwurf der SPD, die Rückgänge im Kurbereich seien auf die durch die Bundesregierung verschuldete Verunsicherung zurückzuführen, ist absurd. Die Opposition unterstützt bewußt Falschinformationen und Unterstellungen und wirft dann der Regierung Verunsicherung vor. Ein seltsames Vorgehen. Wenn man den Kurorten wirklich helfen will, muß man mit den Fakten sachlich umgehen. Erstens. Die Behauptung, daß aufgrund der Gesetze Rückgänge von bis zu 60 Prozent notwendig seien, ist falsch. Die tatsächliche Auswirkung aufgrund der Gesetzeslage stellt sich nämlich wie folgt dar: 63 Prozent der Kurtage werden privat finanziert. 25 Prozent der Kurtage werden über die Rentenversicherung finanziert und 12 Prozent über die gesetzliche Krankenversicherung. Das heißt im Klartext, wenn von dem Bereich der Rentenversicherung 30 Prozent eingespart werden sollen, entspricht dies einem Gesamtvolumen von 8 Prozent. Wir müssen also über einen Einsparbereich von 8 Prozent reden. Fairerweise muß man an dieser Stelle hinzufügen, daß bei der Belegung und Spezialisierung von verschiedenen Kureinrichtungen regional erhebliche Unterschiede bestehen können. Dennoch liegt die Zukunft auch dieser Bäderkurorte in der Verbreiterung eines verbesserten Kurangebotes für private Kurgäste. Zweitens. Die Behauptung der SPD, es würden 50 000 Arbeitsplätze im Kurbereich wegfallen, kann ebenfalls so nicht stimmen. Tatsache ist, daß die Ausgaben im Sozialbereich um rund 50 Prozent in den letzten Jahren gestiegen sind, während der Personalstand um 22 Prozent erhöht wurde. Das bedeutet im Umkehrschluß, wenn wir nun die Ausgaben um 8 Prozent kürzen, würde es 3,5 Prozent des Personals betreffen. Das heißt jedoch nicht, daß wir diese 3,5 Prozent Entlassung gutheißen, sondern das Ausgabevolumen, das von der Sozialversicherung nicht mehr zur Verfügung gestellt werden kann, muß von den Kurorten über den Markt wieder gewonnen werden. Hier genügt es nicht, daß man sich zurücklehnt und sagt, man könne keine neuen Krankheiten erfinden. Darum geht es nicht und das ist auch nicht gefordert. Gefordert sind jedoch neue Konzepte, die von Kurort zu Kurort völlig unterschiedlich sein werden. Im übrigen hat dies das Kurmittelhaus in Bad Griesbach bewiesen, das unter den gleichen gesetzlichen Bedingungen wie die anderen Kurbäder, durch ein entsprechend attraktives Angebot, einen Zuwachs verzeichnen konnte. Drittens. Die Kuranträge gehen zurück. Einer der Hauptgründe, warum Kuranträge zurückgehen, liegt an der Falschinformation. Die Gewerkschaft hat bis in die letzten Tage noch Flugblätter verteilt, in denen behauptet wird, es werden künftig keine Kuren mehr bezahlt. Und auch Veröffentlichungen von Kurorten, daß aufgrund von Sparmaßnahmen u. a. kein Kurorchester mehr spielt, trägt nicht dazu bei, daß man mehr Kurgäste in seinem Kurort anzieht. Viertens. Die Behauptung, daß die Zuzahlung von 25 DM besonders für den Personenkreis mit niedrigem Einkommen und Rentner ein Hinderungsgrund sei, einen Kurantrag zu stellen, ist ebenfalls falsch. Tatsache ist, daß Rentner mit einer Rente bis 1 708 DM von der Zuzahlung total befreit sind. Darüber hinaus ist die Zuzahlung in der Rentenversicherung gestaffelt von 14 DM bis maximal 25 DM. Selbst bei 2 040 DM beträgt die Zuzahlung 17 DM, und erst ab einem Nettoeinkommen von über 3 000 DM beträgt die Zuzahlung 25 DM. Fünftens. Müttergenesungskuren. Diese Kuren wurden von den gesetzlichen Änderungen nicht betroffen, und trotzdem gab es erhebliche Einbrüche, die also mit dem Gesetz überhaupt nichts zu tun haben können. Wenn natürlich eine Geschäftsführerin des Müttergenesungswerkes sich hinstellt und sagt, daß chronische und psychische Beschwerden nicht mehr behandelt werden können, dann braucht man sich nicht zu wundern, daß auch in diesem Bereich die Antragstellung zurückgeht. Nachdem wir uns im Ziel alle einig sind, sollten wir gemeinsam folgendes nach außen vertreten: Erstens. Medizinisch Notwendiges wird nach wie vor im erforderlichen Umfang gewährleistet und finanziert. Zweitens. Bäder und Kurorte müssen an der Verbreiterung eines verbesserten Kurangebotes für private Kurgäste arbeiten. Drittens. Durch gezielte Werbemaßnahmen ist das große Marktpotential von z. B. rund 80 Milliarden DM Ausgaben für Auslandsurlaub für Kur- und Heilbäder teilweise zu erschließen. Viertens. Chancengleichheit und bessere Planungssicherheit in den Kureinrichtungen, zeitnahe Zahlen über die Entwicklung. Wir müssen dafür sorgen, daß nicht die eigenen Häuser der Versicherungsträger erst belegt werden, unabhängig davon, ob sie preisgünstiger sind oder nicht. Wenn wir gemeinsam diese Maßnahmen unterstützen, haben die Kureinrichtungen in Deutschland nach wie vor eine gute Zukunft. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Abgeordnete Josef Hollerith hat seine Unterschrift zu dem Antrag Eckpunkte für die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen - Drucksache 13/6591- zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wirtschaft - Unterrichtung durch die Bundesregierung Zweiter Bericht der Bundesregierung zum Filmförderungsgesetz - Drucksachen 13/6632, 13/6858 Nr. 2 -Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland - Unfallverhütungsbericht Arbeit 1995 - - Drucksachen 13/6120, 13/6445 Nr. 1- Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zum Jahresgutachten 1995 Welt im Wandel: Wege zur Lösung globaler Umweltprobleme des wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen - Drucksachen 13/5146 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Innenausschuß Drucksachen 13/3790 Nr. 1.1 Drucksachen 13/6454 Nr. 1.7 Drucksachen 13/6766 Nr. 1.10 Rechtsausschuß Drucksachen 13/2988 Nr. 1.27 Drucksachen 13/2988 Nr. 1.28 Drucksachen 13/6861 Nr. 2.7 Finanzausschuß Drucksachen 13/6357 Nr. 2.27 Drucksachen 13/6357 Nr. 2.28 Drucksachen 13/6454 Nr. 1.24 Drucksachen 13/6766 Nr. 2.1 Drucksachen 13/6766 Nr. 2.10 Drucksachen 13/6861 Nr. 2.1 Ausschuß für Wirtschaft Drucksachen 13/5295 Nr. 1.15 Drucksachen 13/6357 Nr. 2.14 Drucksachen 13/6357 Nr. 2.15 Drucksachen 13/6357 Nr. 2.17 Drucksachen 13/6357 Nr. 2.20 Drucksachen 13/6357 Nr. 2.21 Drucksachen 13/6357 Nr. 2.23 Drucksachen 13/6357 Nr. 2.24 Drucksachen 13/6454 Nr. 1.12 Drucksachen 13/6454 Nr. 1.15 Drucksachen 13/6454 Nr. 1.20 Drucksachen 13/6454 Nr. 1.22 Drucksachen 13/6454 Nr. 1.23 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksachen 13/6129 Nr. 1.18 Drucksachen 13/6129 Nr. 1.26 Drucksachen 13/6357 Nr. 2.2 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksachen 13/4137 Nr. 2.57 Drucksachen 13/3790 Nr. 2.12 Drucksachen 13/3938 Nr. 2.35 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksachen 13/6454 Nr. 1.17
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Oskar Lafontaine


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als im Januar die Arbeitslosenzahlen veröffentlicht wurden, hat der Bundeskanzler gesagt, dies sei die schwärzeste Zahl seiner Amtszeit. Die Arbeitslosenzahlen im Februar lagen höher. Niemand ist in der Lage zu sagen, wie es weitergeht.
    Wenn wir diese Arbeitslosenzahlen sehen und nachzuempfinden versuchen, was diese Zahlen für jeden einzelnen von der Arbeitslosigkeit Betroffenen bedeuten, dann werden wir automatisch an die Situation in der Weimarer Republik erinnert. Die Lehre der Weimarer Republik lautet: Hohe Arbeitslosenzahlen bedeuten eine Gefährdung der Stabilität unserer Demokratie. Hohe Arbeitslosenzahlen bedeuten, daß die Gefahr der Radikalisierung der Wählerschaft gegeben ist. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um unsere Demokratie stabil zu halten und die Arbeitslosigkeit zu beseitigen.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ministerpräsident Oskar Lafontaine (Saarland)

    Natürlich müssen wir dabei die Maßstäbe sehen, nach denen wir vorgehen.
    Ich will gerne eine Bemerkung aufgreifen, die der F.D.P.-Vorsitzende hier an die Adresse der SPD gerichtet hat. Er hat sich darüber beschwert, daß nach seiner Auffassung zuwenig Protest zu hören war, weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der F.D.P. am Zugang zu ihrem Arbeitsplatz gehindert wurden.
    Es wäre vielleicht gut, wenn Sie einmal genau nachlesen würden, was hier in den letzten Tagen geschehen ist und in welchem Ausmaß verantwortliche Kräfte der Gewerkschaften und auch der Opposition, vor allem der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, immer wieder an die Demonstrierenden appelliert haben, keine Gewalt auszuüben und die Gesetze zu beachten. Ich bitte Sie, dies zumindest einmal zur Kenntnis zu nehmen.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Ich möchte Ihnen ein Weiteres zu bedenken geben. Wenn es nicht verantwortliche Gewerkschaften und politische Kräfte gäbe, die sich um die Anliegen dieser demonstrierenden Massen kümmern: Wo sollten sich Ihrer Meinung nach diese Massen politisch aufgehoben fühlen? Denken Sie doch bitte einmal nach, bevor Sie leichtfertig daherreden und die Dinge in unserem Lande beurteilen.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Es ist überhaupt keine Frage, daß dieser Appell ohne jede Einschränkung auch für Kolleginnen und Kollegen Ihrer Partei galt, die davon betroffen waren. Natürlich ist es nicht zu rechtfertigen, wenn Menschen am Zugang zu ihrem Arbeitsplatz gehindert werden. Das gab es aber nicht nur hier. Das gab es teilweise auch auf Grund der Demonstrationen dieser um ihren Arbeitsplatz bangenden Arbeitnehmer in anderen Ländern und an anderer Stelle. Da gab es ähnliche Proteste.
    Wir müssen aber die Maßstäbe berücksichtigen: Das eine ist, daß jemand gehindert wird, zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen. Das andere ist, daß jemand überhaupt keinen Arbeitsplatz mehr haben soll.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Meine Damen und Herren, hier haben Sie falsche Maßstäbe angelegt. Herr Gerhardt, ich bitte Sie, einmal darüber nachzudenken. Sie haben recht: Es ist Gewalt, wenn jemand gehindert wird, zu seinem Arbeitsplatz zu gehen. Es ist aber eine viel tiefere, eine existentielle, eine psychische Gewalt, wenn jemand seinen Arbeitsplatz verliert.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS und des Abg. Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Eine zweite Bemerkung. Sie meinten, Sie seien zu Unrecht angegriffen worden, weil Sie sich doch für die Besserverdienenden einsetzen und diese - ich versuche, Sie wörtlich zu zitieren - ein „persönliches Risiko" eingehen.

    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Das ist nicht der Zusammenhang!)

    Bitte, Herr Kollege Gerhardt, denken Sie auch darüber noch einmal nach. Persönliches Risiko - so haben Sie es gesagt -

    (Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Das ist doch ein falscher Zusammenhang!)

    gehen nämlich nicht nur diejenigen ein, die sehr hohe Einkommen haben. Die, die hier demonstriert haben, die Bauarbeiter und die Bergarbeiter - und auch die Polizeibeamten -, gehen teilweise viel höhere persönliche Risiken ein. Lösen Sie sich endlich von dieser Klassenideologie, die hier zum Ausdruck gekommen ist!

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ob es Ihnen gefällt oder nicht: Die große Mehrheit unseres Volkes hat kein Verständnis dafür und kann kein Verständnis dafür haben, wenn in einer Woche der Bundeskanzler, sicherlich gut meinend, sagt: „Weitere Reallohnzuwächse sind nicht möglich! Wir müssen uns zurückhalten!" , nachdem die Arbeitnehmerschaft, insbesondere im Bergarbeiterbereich, nunmehr schon seit Jahren reale Einkommenseinbußen hinzunehmen hat, und diese Regierung gleichzeitig ein Gesetz vorlegt, das den Mitgliedern der politischen Führung im Jahr eine Steuererleichterung von 20 000 DM bis 30 000 DM netto bringt - so viel, wie diese armen Leute, die um ihre Arbeitsplätze kämpfen, im Jahr verdienen. Das versteht draußen im Lande niemand mehr, ob Sie das wahrhaben wollen oder nicht.

    (Beifall bei der SPD und der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Sie können durchaus uneinsichtig Ihre Köpfe schütteln. Das nützt nichts. Die große Mehrheit unseres Volkes hat für diese Art von Umverteilung kein Verständnis, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich lese Ihnen, nachdem Sie die Vermögensteuer abgeschafft haben, ein Wort der Kirchen vor:
    Werden die Vermögen nicht in angemessener Weise zur Finanzierung gesamtstaatlicher Aufgaben herangezogen, wird die Sozialpflichtigkeit in einer wichtigen Beziehung eingeschränkt oder gar ganz aufgehoben.
    - Obwohl das ein Gebot unserer Verfassung ist. -
    In einer Lage, in der besondere Aufgaben wie etwa die Finanzierung der deutschen Einheit in großem Umfang durch die Aufnahme von Staatsschulden finanziert werden müssen, sollen stärker die Vermögen herangezogen werden. In welcher Form das gerecht und verfassungsgemäß geschehen kann, ist zu prüfen.

    Ministerpräsident Oskar Lafontaine (Saarland)

    Die Kirchen haben recht: Wir dürfen die Sozialpflichtigkeit des Eigentums, ein Gebot des Grundgesetzes, nicht außer Kraft setzen. Sie tun das in der letzten Zeit. Man kommt zu dieser Erkenntnis, wenn man sich die Senkungen von Vermögensteuer und Spitzensteuersatz für die Wohlhabenden in unserer Republik vor Augen führt.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Es wird immer wieder die Frage aufgeworfen: Wie können wir Investitionen in unserem Lande stützen?. Ich gehe jetzt auf den Vorsitzenden der CDU/CSU- Bundestagsfraktion ein, weil er die Investitionen angesprochen hat. Er meinte, durch Senkung der Unternehmensteuer schüfen wir bessere Standortbedingungen, und dann seien die Investitionen in diesem Lande höher.
    Ich zitiere einen Nationalökonomen, der sich am 11. Februar in dem „Handelsblatt" dazu geäußert hat:

    (Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Welcher?)

    Besonders schlimme Folgen hat der Glaube an die heilsamen Wirkungen niedriger Steuersätze bei der Unternehmensteuerreform. Der Rückgang der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuersätze von 45 auf 35 Prozent vermittelt ein trügerisches Bild, denn gleichzeitig sieht die Reform eine nachhaltige Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen vor. Das (sicherlich ungewollte) Gesamtergebnis ist eine steuerliche Diskriminierung von Investitionen in Deutschland ...
    ... die Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen trifft dagegen nur die Investitionstätigkeit in Deutschland.
    Deshalb sagt dieser Nationalökonom, wie wir:

    (Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Wer ist denn das?)

    Die degressive Abschreibung ist bei der kontinuierlich investierenden Industrie in Deutschland ein wirklicher Standortvorteil. Verschlechtern Sie deshalb nicht die degressive Abschreibung! Verschlechtern Sie nicht die Investitionsbedingungen in Deutschland! Behaupten Sie nicht draußen, Sie würden die Investitionsbedingungen verbessern! Wir haben Ihnen immer wieder gesagt: Nehmen Sie diese falschen Ansätze aus Ihren Steuergesetzen zurück!

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Kollege Lambsdorff, wenn Sie in der Lage wären, ökonomische Daten zur Kenntnis zu nehmen,

    (Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    dann würden Sie sich einmal die Statistiken über die Ausrüstungsinvestitionen in den letzten Jahren vorlegen lassen und könnten den Modernisierungsgrad der industriellen Anlagen in unserem Lande sorgfältig studieren. Sie würden dann zu der Feststellung kommen, daß auf Grund des viel größeren Anreizes, Kapital schlicht anzulegen, das heißt, in Finanzanlagen zu transferieren, der Modernisierungsgrad der
    industriellen Anlagen in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Wer diese Entwicklung ignoriert und die Investitionstätigkeit in unserem Lande noch bestraft, der handelt vielleicht guten Glaubens, aber er vergrößert im Grunde genommen die Arbeitslosigkeit. Deshalb wird diese Passage in Ihrem Gesetz nicht realisiert werden. So einfach ist das.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Ihre zweite Forderung lautet: Unternehmensteuersenkungen jedes Jahr, dann zu sagen, sie blüht, die Wirtschaft. Die Arbeitslosenzahlen steigen trotzdem immer wieder. Sie bieten Sozialleistungskürzungen als Rezept an. Ich habe heute wieder in der Presse gelesen, Herr Kollege Repnik, daß Sie und andere - der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Fraktion hat das auch schon getan - die nächste Runde bei Sozialleistungskürzungen angekündigt haben.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Höchste Zeit!)

    - „Höchste Zeit" sagt da ein ganz und gar unverständiger Mensch. Ihnen müßte man einmal Ihre Leistungen kürzen, die eben auch Sozialleistungen sind. Dann würden Sie wach werden und nicht leichtfertig dazwischenrufen, mein Herr von der CDU. Leider kenne ich Ihren wichtigen Namen nicht.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Neben dem Problem der Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen, das jetzt wie die Faust aufs Auge paßt, haben Sie bis zum heutigen Tage nicht erklärt, wie die Steuerausfälle von 50 Milliarden DM für das Jahr 1999 kompensiert werden können. Sie wissen ja selbst nicht, wie Sie das bewältigen können.
    Da wir Ihnen nicht noch einmal durchgehen lassen, daß Sie für die Zeit nach den Bundestagswahlen Versprechungen machen, die Sie nicht halten werden - wie wir in all den Jahren beobachten konnten -, werden wir Sie ersuchen, für das Jahr 1998 zu sagen, was Sie glauben, an Steuerausfällen verkraften zu können oder nicht. Alles, was Sie für 1999 versprechen, ist für uns und auch für die Wählerinnen und Wähler - sie haben lange genug solche Versprechungen gehört - nach all den Erfahrungen der letzten Jahre unglaubwürdig.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Es sagt nun ein Mitglied des Sachverständigenrates: Keine Steuersenkung ohne Ausgabenkürzung. Die Kollegin Ingrid Matthäus-Maier sagt immer: Keine Steuersenkung auf Pump. Wenn wir weiter miteinander reden sollen, möchten wir Sie herzlich auffordern, einmal darzulegen, wie Sie eigentlich die gewaltigen Steuerausfälle finanzieren wollen. Denn selbst der großzügigste Nationalökonom geht von einer Finanzierungsquote von 20 bis 25 Prozent aus, aber nicht von 100 Prozent.
    Versuchen Sie doch, in dieser Beziehung etwas wahrhaftig zu sein. Wenn Sie solche Angebote ma-

    Ministerpräsident Oskar Lafontaine (Saarland)

    chen, dann versuchen Sie doch auch zu sagen, wie Sie das Ganze finanzieren wollen. Wenn Sie wirklich in größerem Umfang weitere Kürzungen sozialer Leistungen vorhaben - wie das Herr Repnik oder Herr Schäuble angedeutet haben, und wie das das erwähnte Mitglied des Sachverständigenrates fordert -, dann legen Sie das auf den Tisch, aber glauben Sie ja nicht, daß irgend jemand die Katze im Sack kauft.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Es ist nun einmal so, daß eine Wirtschaftspolitik, auch wenn sie gut gemeint ist - ich stelle noch einmal fest, daß ich Ihnen nicht unterstelle, Sie wollten die Arbeitslosigkeit nicht ernsthaft bekämpfen -,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Herzlichen Dank!)

    einfach an ihren Ergebnissen gemessen werden muß. Ihre Wirtschaftspolitik - das ist ja auch jetzt wieder erkennbar - hat drei Säulen: Unternehmensteuersenkung jedes Jahr - wir haben die niedrigsten Unternehmensteuern, die es in Deutschland jemals gab -, Kürzung sozialer Leistungen - es wäre dann das 13. Paket zur Kürzung sozialer Leistungen, das wir in Ihrer Regierungszeit beschließen würden - und die Aufforderung zur Lohnzurückhaltung. Das sind die drei Säulen Ihrer Wirtschaftspolitik, und diese Punkte sind in diesen Tagen wieder gefordert worden: Unternehmensteuersenkung - Herr Schäuble hat dafür plädiert -, Kürzung sozialer Leistungen - eine entsprechende Forderung kommt immer stärker aus Ihren Reihen -, Aufforderung zur Lohnzurückhaltung, wie sie vom Bundeskanzler geäußert worden ist.
    Das alles mag ja gut gemeint sein. Aber nehmen Sie endlich zur Kenntnis, daß ein solches ökonomisches Konzept deshalb scheitern muß, weil es auf der einen Seite zwar vielleicht die Chance bietet - das sehen wir ja -, daß der Export läuft, weil aber auf der anderen Seite die Binnennachfrage in einem Ausmaß stranguliert wird, daß die Wirtschaftsleistung immer weiter zurückgeht und die Arbeitslosigkeit immer weiter ansteigen muß.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    In diesem Zusammenhang bitte ich den Kollegen Schäuble, seine Aussage noch einmal zu überdenken, daß man die Massenkaufkraft nicht stärken dürfe, weil sonst vielleicht ein Importartikel gekauft werden könnte und wir damit eigentlich einen anderen Standort stärken würden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das hat er doch gar nicht gesagt!)

    Herr Kollege Schäuble, das ist eine derart schlichte Sichtweise ökonomischer Zusammenhänge, daß ich Sie bitten möchte, das noch einmal zu überdenken.

    (Beifall des Abg. Detlev von Larcher [SPD])

    Einen bescheidenen Hinweis möchte ich Ihnen geben: Wir haben einen Handelsbilanzüberschuß von
    100 Milliarden DM, das heißt, wir verkaufen viel
    mehr, als wir bei anderen kaufen. Deshalb ist eine solche Betrachtungsweise nicht angebracht; sie kann keine Begründung sein, die Massenkaufkraft weiter zu schwächen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Meine Damen und Herren, auch das, was Sie in bezug auf die Renten und das Gesundheitswesen vorhaben, geht in dieselbe Richtung. Ich möchte Ihnen folgendes sagen: Wenn Sie weiterhin falsche Maßstäbe haben - das ist heute deutlich geworden -, und wenn Sie glauben, daß die Behinderung des Zugangs zum Arbeitsplatz eine größere Verletzung der Persönlichkeitsrechte darstellt als eine Kündigung, die bewirkt, daß der Betreffende keine Chance hat und existentielle Ängste entwickelt, weil er seine Familie nicht mehr ernähren kann, dann sind Sie auf dem falschen Weg. Sie wären auch dann auf dem falschen Weg, wenn das, was Sie vorschlagen, ökonomisch sinnvoll wäre. Aber es ist ja noch nicht einmal ökonomisch sinnvoll, weil ja Ihre Politik erwiesenermaßen gescheitert ist und die Arbeitslosenzahlen immer weiter nach oben gegangen sind.
    Deshalb schließe ich mit dem, was auch Rudolf Scharping für die SPD-Fraktion gesagt hat: Es ist Zeit, daß Sie Ihre Politik ändern. Sie müssen Ihre Politik ändern, weil sie zu dieser Massenarbeitslosigkeit geführt hat. Sie darf nicht fortgeführt werden, weil sonst die Radikalen in unserem Land gewinnen und die Stabilität der Republik in Gefahr gerät.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD sowie Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der PDS)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Es folgen jetzt zwei Kurzinterventionen; die erste vom Kollegen Westerwelle. Bitte.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Guido Westerwelle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich für eine Kurzintervention gemeldet, als Herr Ministerpräsident Lafontaine am Anfang seiner Rede Bezug auf Weimar genommen hat.
    Auch ich glaube, daß man sich das, was zur Zeit stattfindet, sehr genau ansehen muß. In der Tat werden Erinnerungen wach: ökonomisch wie auch hinsichtlich der Auseinandersetzungen der Parteien untereinander und der Behinderung von Parteien.

    (Lachen bei der SPD)

    All das - da stimme ich Ihnen ohne weiteres zu - ist auch mir durch den Kopf gegangen.
    Ich bin mit Ihnen völlig einer Meinung, daß die Behinderung eines Menschen, der zum Arbeitsplatz möchte, nicht annähernd soviel persönliche Betroffenheit auslöst wie beispielsweise die Ankündigung, seinen Arbeitsplatz zu verlieren.
    Ich bin mit Ihnen einverstanden, wenn Sie sagen, daß es verantwortliche Gewerkschaftler gegeben hat, die gemäßigt haben. Damit meine ich insbeson-

    Dr. Guido Westerwelle
    dere Sie, Herr Berger. Ich habe gestern in allen Interviews, auch live, immer wieder gesagt: Herr Berger, Hut ab davor, wie Sie sich verhalten haben, wie sehr Sie gemäßigt haben.
    Ich möchte hier aber feststellen, daß es ein Unterschied ist, ob ein Gewerkschaftsvorsitzender wie Herr Berger eine Partei wie die F.D.P. hart kritisiert, gleichzeitig aber zur Mäßigung aufruft, oder ob jemand wie der Fraktionsvorsitzende der SPD im Deutschen Bundestag, Rudolf Scharping, die Freie Demokratische Partei und Parasiten in einen Zusammenhang bringt. Das ist nicht die Mäßigung von Demokraten, die ich mir vorstelle.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Im übrigen, Herr Kollege Fischer, haben wir Gespräche angeboten. Herr Gerhardt und die F.D.P.-Fraktion haben selbstverständlich das Gespräch gesucht. Wir haben auch gesagt: Es ist Unsinn; es geht nicht um eine zerbrochene Scheibe im Thomas-Dehler-Haus, wenn ein Stein geworfen wurde.
    Es geht dabei um etwas anderes. Das, meine ich, muß Konsens in diesem Hause sein. Ich rede doch nicht nur pro domo. Wenn bei den Grünen auf Grund ihrer Politik eine Scheibe eingeschmissen würde, wenn Mitarbeitern Prügel angedroht würden, wenn sie daran gehindert würden, an ihren Arbeitsplatz zu kommen, dann wäre ich nicht in der Lage, mich mit einer klammheimlichen Freude hier hinzustellen, nach dem Motto: Selber schuld, was ihr da tut.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wer hat denn klammheimliche Freude? Wer denn?)

    Ich finde, es darf keine Solidarisierung mit Übertretungen und Rechtsbruch geben. Das hat nichts damit zu tun, daß die ganz große Mehrheit der Demonstranten ein legitimes Recht wahrgenommen hat. Ich bin selbstverständlich der Auffassung, daß man friedlich Demonstrierende nicht mit dem Druck der Straße verwechseln sollte. Das ist für mich überhaupt kein Thema. Aber ich meine, es ist nicht zulässig, die Leute einerseits zur Mäßigung aufzufordern und sie andererseits aufzuwiegeln.
    Sie, Herr Scharping, und leider auch Sie, Herr Lafontaine, haben nicht so verantwortungsvoll gehandelt wie die Gewerkschaften. Sie haben in diesem Lande nicht abgewiegelt, Sie haben aufgewiegelt.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Widerspruch bei der SPD)