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    Plenarprotokoll 13/152 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 152. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. Januar 1997 Inhalt: Tagesordnungspunkt 11: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Jürgen Rochlitz, Gila Altmann (Aurich), weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz des Bodens (Drucksache 13/5203) 13709 A b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz des Bodens (Drucksache 13/6701) 13709 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Eva BullingSchröter, Dr. Günther Maleuda, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Eckpunkte für ein Gesetz zum Schutz des Bodens (Drucksache 13/ 6715) 13709 B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 13709 C Dr. Angelica Schwall-Düren SPD . . . 13712 D, 13727 B Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13715 C Birgit Homburger F D P. 13717 B Wolfgang Bierstedt PDS 13719 C Christa Reichard (Dresden) CDU/CSU . 13721 A Ursula Burchardt SPD 13723 A Steffen Kampeter CDU/CSU . . 13725 A, 13727 D Ulrike Mehl SPD 13728 B Tagesordnungspunkt 12: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes (Drucksache 13/6617) 13729 D b) Antrag der Fraktion der SPD: Einsetzung einer Gemeinsamen Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen (Drucksache 13/5776 [neu]) 13729 D c) Unterrichtung durch den Bundesrat: Einsetzung einer Gemeinsamen Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen (Drucksache 13/5760) . . . 13720 D Hansgeorg Hauser, Parl. Staatssekretär BMF 13730 A Jochen Welt SPD 13731 D Gisela Frick F.D.P. 13733 C Joachim Poß SPD 13734 B, 13741 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13735D, 13740 B Gisela Frick F.D.P. 13736 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 13738 C Wolf-Michael Catenhusen SPD . . . 13739 B Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 13739 D Johannes Selle CDU/CSU 13740 B Dieter Grasedieck SPD 13742 B Heinz-Georg Seiffert CDU/CSU . . . 13744 A Zusatztagesordnungspunkt 14: Aktuelle Stunde betr. Visumspflicht für Kinder und Jugendliche aus NichtEU-Staaten 13745 D Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13746 A Erwin Marschewski CDU/CSU 13747 A Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . 13747 D Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . 13749 A Manfred Kanther, Bundesminister BMI 13750 C Dietmar Schlee CDU/CSU 13752 A Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13753 A Ruprecht Polenz CDU/CSU 13754 A Nächste Sitzung 13755 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 13757 A* Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 14 (Aktuelle Stunde zur Visumspflicht für Kinder und Jugendliche aus Nicht-EU-Staaten) Ulla Jelpke PDS 13757 C * Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 13758 B * 152. Sitzung Bonn, Freitag, den 17. Januar 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bachmaier, Hermann SPD 17. 1. 97 Behrendt, Wolfgang SPD 17. 1. 97 * Berger, Hans SPD 17. 1. 97 Borchert, Jochen CDU/CSU 17. 1. 97 Caspers-Merk, Marion SPD 17. 1. 97 Duve, Freimut SPD 17. 1. 97 Ernstberger, Petra SPD 17. 1. 97 Eßmann, Heinz Dieter CDU/CSU 17. 1. 97 Francke (Hamburg), CDU/CSU 17. 1. 97 Klaus Freitag, Dagmar SPD 17. 1. 97 Gloser, Günter SPD 17. 1. 97 Glücklich, Wilma CDU/CSU 17. 1. 97 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 17. 1. 97 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 17. 1. 97 Frhr. von Hammerstein, CDU/CSU 17. 1. 97 Carl-Detlev Dr. Hauchler, Ingomar SPD 17. 1. 97 Dr. Heuer, Uwe-Jens PDS 17. 1. 97 Janovsky, Georg CDU/CSU 17. 1. 97 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 17. 1. 97 Krüger, Thomas SPD 17. 1. 97 Limbach, Editha CDU/CSU 17. 1. 97 Mattischeck, Heide SPD 17. 1. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 17. 1. 97 Müller (Völklingen), SPD 17. 1. 97 Jutta Neumann (Bremen), CDU/CSU 17. 1. 97 Bernd Oesinghaus, Günther SPD 17. 1. 97 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 17. 1. 97 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 17. 1. 97 Hermann Reschke, Otto SPD 17. 1. 97 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 17. 1. 97 Schaich-Walch, Gudrun SPD 17. 1. 97 Schily, Otto SPD 17. 1. 97 Schumann, Ilse SPD 17. 1. 97 Stiegler, Ludwig SPD 17. 1. 97 Tippach, Steffen PDS 17. 1. 97 Tröger, Gottfried CDU/CSU 17. 1. 97 Tröscher, Adelheid SPD 17. 1. 97 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 17. 1. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 17. 1. 97 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 14 (Aktuelle Stunde zur Visumspflicht für Kinder und Jugendliche aus Nicht-EU-Staaten) Ulla Jelpke (PDS): Rund 800 000 in der BRD lebende Kinder und Jugendliche müssen nach diesem Kantherschen Blitzerlaß zu den Ausländerbehörden und um die Legalisierung ihres bisher völlig rechtmäßigen Aufenthalts bitten. Die meisten sind hier geboren, alle wachsen hier auf. Ihnen wird erneut amtlicherseits vorgeführt, daß sie nicht dazugehören zu dieser Gesellschaft, daß sie Ausländer sind, Ausgegrenzte, Unerwünschte. Hunderttausende von Kindern und Jugendlichen, die in den Herkunftsländern ihrer hier lebenden Eltern wohnen, können diese künftig nicht spontan besuchen, sie brauchen ein Visum. Lange, kostenträchtige, für viele Kinder schwer zu bewältigende Reisen stehen an, um bei den wenigen Auslandsvertretungen den jetzt plötzlich notwendigen Sichtvermerk zu erhalten. Die Sprüche der Unionsfraktion über die „Familie" als „Keimzelle" christlich-abendländischer Zivilisation klingen mir deutlich in den Ohren. Allerdings sind damit offenkundig nur Keimzellen deutschen Blutes gemeint. Die Zusammenführung nicht-deutscher Familien wird jedenfalls erneut erschwert. Die Begründung für die neue Visa-Verordnung für alleinreisende Kinder und Jugendliche aus den ehemaligen Anwerbestaaten ist genauso hanebüchen wie die Verordnung selbst. Die wachsende Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zieht Innenminister Kanther heran, um seine erneute Abschottungsmaßnahme gegen unerwünschte Einwanderinnen und Einwanderer zu legitimieren. Dabei werden diese Kinder von den Grenzbehörden ohnehin in einer Art und Weise behandelt, die wichtigen Kinderschutzbestimmungen und der UN-Kinderrechtskonvention zuwiderläuft. Zwischen Waffenschränken und Uniformspinden werden sie etwa auf dem Frankfurter Flughafen in einem sogenannten Kinderzimmer aufbewahrt, wenn sie nicht sofort abgeschoben werden konnten. Herr Kanther, Sie sind es gewesen, der interfraktionelle Gespräche zur Besserstellung minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge immer wieder torpediert hat. Die PDS setzt sich hingegen gemeinsam mit vielen Nicht-Regierungsorganisationen für kindgerechte Asylverfahren ein. Die Visa-Verordnung steht in einer Linie mit anderen Maßnahmen, die Sie, Herr Minister Kanther und Ihre Fraktion, in jüngerer Zeit ergriffen haben und die geeignet sind, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in diesem Land nicht abebben zu lassen. Im letzten Herbst verkündeten die Generalsekretäre von CDU und CSU, ein Tabuthema aufgreifen zu wollen: die sogenannte Ausländerkriminalität. Seit- dem werden Sie, Herr Minister Kanther, nicht müde, Nicht-Deutsche als Drahtzieher organisierter Kriminalität zu denunzieren und dies mit zweifelhaften Statistiken und Zahlen vermeintlich zu belegen. Sie scheuen nicht mal davor zurück, die - ich zitiere - „vernünftige Meinung des ganzen Volkes " (wörtliches Zitat in der „jw" vom 11. 12. 1996) zum Maßstab der Justiz bei der Verfolgung Nicht-Deutscher zu erheben. Der Kollege Penner hat vor wenigen Monaten hier im Parlament deutliche Worte gefunden, als er die Nähe dieser Wortwahl zum nationalsozialistisch besetzten „gesunden Volksempfinden" geißelte. „Es darf keine sprachliche Brücke zu jener Zeit der Rechtsbarbarei geben", sagte Kollege Penner im Juni 1996, „weil sonst der politische Brückenschlag zu jener Zeit der Rechtsbarbarei ins Haus stünde". Die CSU hat die vielen tausend Arbeitsmigrantinnen und -migranten hier zu Sündenböcken für die wachsende Massenarbeitslosigkeit erklärt und plädiert für ein Arbeitsverbot. Damit erneuern diese angeblichen Christsozialen das in Deutschland schon einmal so verhängnisvolle Bild von den Anderen, den angeblich Fremden, die für Krisen verantwortlich gemacht werden. Die CSU juckt es nicht, daß diese Migrantinnen und Migranten keinem hier Ansässigen den Arbeitsplatz wegnehmen. Was zählt, ist die fremdenfeindliche Stimmungsmache. Und um Ängste in der Bevölkerung weiter zu schüren, lanciert das Kanther-Ministerium auch noch eine bislang unveröffentlichte Zukunftsstudie an die Nachrichtenagenturen, die ein Anwachsen des Anteils Nicht-Deutscher an der Gesamtbevölkerung von derzeit gut 8 auf über 13 Prozent vorhersagt. Dieses angebliche Problem wäre übrigens leicht zu lösen, Kollege Kanther. Stimmen Sie endlich einer Modernisierung des Staatsbürgerschaftsrechts zu, schaffen Sie das Blut-und-Boden-Recht ab, und geben Sie all jenen die Möglichkeit zum Erwerb des deutschen Passes, die ihren Lebensmittelpunkt hier haben und deutsche Staatsbürgerinnen oder -bürger werden wollen. Die Botschaft dieser Visa-Verordnung ist klar. Die Union will ihren Bundestagswahlkampf mit ausländerfeindlichen Parolen bestreiten, um die Deutschen angesichts von Massenarbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise zusammenzuschweißen und bei der Unionsstange zu halten. Die SPD in Bund und in den Ländern wäre gut beraten, sich nicht auf diese Strategie einzulassen und die Verordnung im Bundesrat scheitern zu lassen. Ansonsten wird sie sich den Vorwurf der Kumpanei in diesem schmutzigen Unionsgeschäft vorwerfen lassen müssen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 707. Sitzung am 19. Dezember 1996 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen, einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen bzw. einen Einspruch gemäß Artikel 77 Abs. 3 GG nicht einzulegen: - Drittes Gesetz zur Änderung des Stasi-UnterlagenGesetzes (3. StUÄndG) - Gesetz zur Änderung des Mutterschutzrechts - Sechstes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes - Gesetz zur Änderung von § 152 des Bundessozialhilfegesetzes - Gesetz zur Änderung des Ausländergesetzes - Viertes Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes/EWG - Gesetz über die Veräußerung von Teilzeitnutzungsrechten an Wohngebäuden (Teilzeit-Wohnrechtegesetz - TzWrG) - Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1997 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1997) - Gesetz zu dem Vertrag vom 3. November 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze - Gesetz zu der Änderung vom 31. August 1995 des Übereinkommens über die Internationale Fernmeldesatellitenorganisation „INTELSAT" - Gesetz zu der Änderung vom 18. Mai 1995 des Übereinkommens zur Gründung der Europäischen Fernmeldesatellitenorganisation „EUTELSAT" - Gesetz zu dem Europa-Mittelmeer-Abkommen vom 17. Juli 1995 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits - Gesetz zu dem Internationalen NaturkautschukÜbereinkommen von 1995 - Gesetz zu dem Vertragswerk vom 17. Dezember 1994 über die Energiecharta - Gesetz zur Änderung des Zollverwaltungsgesetzes und anderer Gesetze - Zweites Gesetz zur Änderung des Rechtspflege-Anpassungsgesetzes (RpflAnpG) und anderer Gesetze - Viertes Gesetz zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes - Zweites Gesetz zur Änderung des Heimgesetzes - Eigentumsfristengesetz (EFG) - Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) - Jahressteuergesetz (JStG) 1997 Zu den vier letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat die folgenden Entschließungen gefaßt: Entschließung des Bundesrates zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Heimgesetzes Das vom Deutschen Bundestag beschlossene Zweite Gesetz zur Änderung des Heimgesetzes berücksichtigt das wesentliche Anliegen des vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurfes - Drucksache 1086/94 (Beschluß) -, in dem es Kurzzeitpflegeeinrichtungen dem Heimgesetz und somit der Heimaufsicht unterstellt. Damit wird grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, gegen Mißstände in solchen Einrichtungen gezielt einzuschreiten. Allerdings fehlt den Heimaufsichtsbehörden zur Zeit noch das Instrumentarium für ihre Tätigkeit in Kurzzeitpflegeeinrichtungen, da nach Artikel 1 Nr. 2 des Gesetzes besondere Mindestanforderungen in einer eigenen Rechtsverordnung zu regeln sind. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich diese Rechtsverordnung vorzulegen, da nur so die Gesetzesänderung die gewünschte Wirkung erzielen kann. Entschließung des Bundesrates zum Eigentumsfristengesetz (EFG) 1. Der Bundesrat bedauert, daß das vom Bundestag verabschiedete Eigentumsfristengesetz nicht auch die im Bundesratsentwurf (BR-Drucks. 681/96; BT-Drucks. 13/5982) vorgesehene Verlängerung der Frist in Art. 233 § 13 Abs. 1 Satz 1 EGBGB enthält. Damit wird den neuen Ländern die Möglichkeit genommen, weiterhin in einem vereinfachten Verwaltungsverfahren die Ansprüche des Landesfiskus bei der Abwicklung der Bodenreform geltend zu machen. Die Folge ist, daß dadurch die neuen Länder - entgegen den sonstigen Bekundungen der Bundesregierung - in jedem Fall zu einem bürokratisch äußerst aufwendigen Verfahren gezwungen werden. Der Bundesrat ruft dennoch nicht den Vermittlungsausschuß zu diesem Gesetz an, weil wegen des sonst zum Jahresende drohenden Ablaufs der anderen Fristen erhebliche Rechtsnachteile für die davon Betroffenen in den neuen Ländern eintreten würden. 2. Der Bundesrat appelliert an den Bundestag, über den Entwurf des Nutzerschutzgesetzes (BR-Drucks. 184/ 95; BT-Drucks. 13/2022) so schnell wie möglich abschließend zu beraten und zu entscheiden. Rechtssicherheit für redliche Erwerber und die bisherigen Investitionen für Zwecke des Gemeingebrauchs sowie des komplexen Wohnungsbaus müssen gewährleistet bleiben. Künftige Investitionen zur Wohnraummodernisierung in den neuen Ländern sind, soweit dies geht, zu unterstützen. Dazu bedarf es dringend ergänzender gesetzlicher Regelungen. Ferner unterstreicht der Bundesrat, daß die neueren Urteile des Bundesgerichtshofes zum Erwerb aus Volkseigentum nach Inkrafttreten der Kommunalverfassung der DDR in besonderer Weise die Notwendigkeit von Heilungsvorschriften aufgezeigt haben. 3. Der Bundesrat nimmt die in letzter Zeit geführte öffentliche Auseinandersetzung sowie Äußerungen aus der Mitte der Bundesregierung zum Anlaß, darauf hinzuweisen, daß die Gemeinsame Erklärung der beiden deutschen Staaten zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 ein vertragsfester Bestandteil des Einigungsvertrages ist, dessen Einhaltung von den neuen Ländern geltend gemacht werden kann. Hierzu gehört auch, daß die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage (1945-49) nicht mehr rückgängig zu machen sind. Der Bundesrat fordert den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung auf, im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden dafür Sorge zu tragen, daß der sozial verträgliche Interessenausgleich bei den offenen Vermögensfragen auch in Zukunft gewährleistet ist. Entschließung des Bundesrates zum Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) 1. Der Bundesrat weist hinsichtlich des Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) auf folgendes hin: a) Der Bundesrat hat bereits in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) hervorgehoben, daß die Maßnahmen des „Sparpakets" vielfach lediglich den Bundeshaushalt auf Kosten der Länder und Kommunen entlasten. Durch die Maßnahmen wird eine Konsolidierung des öffentlichen Gesamthaushalts nicht erreicht. b) Für 1997 ist weiterhin mit einer besorgniserregend hohen Arbeitslosigkeit zu rechnen. Dieser dramatischen Situation auf dem Arbeitsmarkt wird der Haushalt 1997 nicht gerecht. Während nach Aussagen des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit 9,3 Milliarden DM als Zuschuß benötigt werden, beträgt der Ansatz - nachdem im Haushaltsentwurf keine Mittel vorgesehen waren - nur 4,1 Milliarden DM. Für die Arbeitslosenhilfe werden 1996 voraussichtlich ca. 24 Milliarden DM gebraucht werden. Die Aufstockung des bisherigen Ansatzes (16,5 Milliarden DM) um 1,3 Milliarden DM trägt der Entwicklung des Arbeitsmarktes nicht hinreichend Rechnung. Die Erhöhung der Ansätze ändert im übrigen nichts daran, daß im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik erneut zu Lasten von Ländern und Gemeinden gespart werden soll. Denn dem Haushalt 1997 liegen nach wie vor u. a. folgende - noch im Gesetzgebungsverfahren befindliche - Maßnahmen zugrunde: - Wegfall der originären Arbeitslosenhilfe; - Wegfall der Erstattung von Fahrgeldausfällen für Schwerbehinderte im Schienenpersonennahverkehr; - Neuregelung zur Altersgrenze der über ein Jahr hinausgehenden Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeld; - Änderung der Bemessung des Arbeitslosengeldes; - Reduzierung des Umfangs der arbeitsmarktpolitischen Leistungen in den neuen Ländern auf das Förderniveau in den alten Ländern; - Absenkung der Arbeitslosenhilfe; - Herausnahme von Leistungen aus dem Pflichtkatalog der Krankenkassen, wie insbesondere häusliche Pflege. Weitere Lastenverlagerungen auf Länder und Kommunen sind durch die pauschale Kürzungsvorgabe von 1 Milliarden DM bei den Ermessensleistungen der Bundesanstalt für Arbeit zu erwarten. Diese Vorgabe wird Kürzungen durch die Bundesanstalt für Arbeit auch in den Bereichen Fortbildung, Umschulung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach sich ziehen. Hierdurch wird die Situation auf dem Arbeitsmarkt weiter verschärft, womit höhere Belastungen auf die Länder und ihre Kommunen zukommen. c) Die Umsetzung der globalen Minderausgaben in den Einzelplänen wird auch zu Kürzungen der Investitionen, der Finanzhilfen des Bundes für die Länder und der Mittel für Gemeinschaftsaufgaben führen: - die zusätzliche globale Minderausgabe für den Einzelplan 30 i. H. von 167 Millionen DM wird auch die Projektförderung von Forschung und Entwicklung betreffen; - die für den Einzelplan 10 beschlossene globale Minderausgabe i. H. von rund 240 Millionen DM soll allein aus den Mitteln für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" erbracht werden. Die veranschlagten globalen Minderausgaben werden sich auf die Entwicklung des Wirtschaftswachstums nachteilig auswirken und - soweit eine Komplementärfinanzierung der Länder vorgesehen ist - über die Kürzungen im Bundeshaushalt hinaus negative Folgen haben, da die Länder die fehlenden Mittel nicht ersetzen können. 2. Der Rückzug des Bundes aus der Förderung der maritimen Wirtschaft beschleunigt sich. Während die Haushalte der Küstenländer für diesen Zweck immer stärker belastet werden, will die Bundestagsmehrheit die Ansätze für das Zinszuschußprogramm für Reeder, die Wettbewerbshilfe, die Finanzbeiträge an die Seeschiffahrt sowie die Ausgaben für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben von insgesamt ca. 587 Millionen DM 1996 auf ca. 409 Millionen DM senken. Außerdem droht der vollständige Wegfall der Finanzbeiträge an die Seeschiffahrt im Zuge der Durchsetzung der globalen Minderausgabe. Damit werden binnen Jahresfrist fast 40 % (ca. 218 Millionen DM) der Bundesausgaben für die maritime Wirtschaft gestrichen. Wenn der Bund die maritime Wirtschaft durch Mittelentzug auszehrt, werden die Küstenländer nicht dazu in der Lage sein, dieses auszugleichen. Aufgrund der fortdauernden Subventionspraxis anderer Staaten gerät die deutsche maritime Wirtschaft in eine Existenzkrise. 3. Im übrigen verweist der Bundesrat auf seinen Beschluß vom 27. September 1996 - Drucksache 500/96 (Beschluß) -. Entschließung des Bundesrates zum Jahressteuergesetz (JStG) 1997 Der Bundesrat erwartet, daß die Bundesregierung bis zum 30. Juni 1997 einen Gesetzentwurf vorlegt - zur Abschaffung der Vermögensteuer auf Betriebsvermögen, - zur Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer mit der Maßgabe einer grundgesetzlichen Absicherung der Gewerbeertragsteuer bei gemeindegenauem Ersatz der wegfallenden Steuereinnahmen durch Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer sowie - zur verfassungskonformen Neuregelung der Besteuerung privater Vermögen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß - Unterrichtung durch die deutsche Delegation der Parlamentarischen Versammlung der OSZE über die Fünfte Jahrestagung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE vom 5. bis 9. Juli 1996 in Stockholm -Drucksachen 13/5391, 13/5844 Nr. 1- - Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über die Tagung der Versammlung vom 3. bis 6. Juni 1996 in Paris - Drucksachen 13/5324, 13/5655 Nr. 1- - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1996 - Drucksachen 13/5463, 13/5655 Nr. 2 - - Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 24. bis 28. Juni 1996 in Straßburg - Drucksachen 13/5543, 13/5770 Nr. 2 -Ausschuß für Wirtschaft - Unterrichtung durch die Bundesregierung Dritter Bericht der Bundesregierung über die Aktivitäten des Gemeinsamen Fonds für Rohstoffe und der einzelnen Rohstoffabkommen - Drucksachen 13/4655, 13/4906 Nr. 2 - Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Unterrichtung durch die Bundesregierung Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" für den Zeitraum 1996 bis 1999 - Drucksachen 13/4349, 13/4588 Nr. 4 - - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die künftige Gestaltung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" hier: Rahmenplan 1997 bis 2000 - Drucksache 13/5562 - Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zur Gemeinschaftsverpflegung der Zivildienstleistenden - Drucksachen 13/3173, 13/3528 Nr. 1.6 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Rechtsausschuß Drucksache 13/1338 Nr. 1.3 Drucksache 13/1338 Nr. 1.4 Drucksache 13/4466 Nr. 2.4 Drucksache 13/4466 Nr. 2.33 Finanzausschuß Drucksache 13/4466 Nr. 2.53 Drucksache 13/5555 Nr. 2.94 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/4514 Nr. 2.6 Drucksache 13/4921 Nr. 1.7 Drucksache 13/4921 Nr. 1.8 Drucksache 13/4921 Nr. 2.5 Drucksache 13/4921 Nr. 2.6 Drucksache 13/4921 Nr. 2.7 Drucksache 13/4921 Nr. 2.8 Drucksache 13/4921 Nr. 2.12 Drucksache 13/4921 Nr. 2.13 Drucksache 13/4921 Nr. 2.14 Drucksache 13/4921 Nr. 2.16 Drucksache 13/4921 Nr. 2.19 Drucksache 13/4921 Nr. 2.26 Drucksache 13/5056 Nr. 1.1 Drucksache 13/5056 Nr. 2.6 Drucksache 13/5056 Nr. 2.10 Drucksache 13/5837 Nr. 1.11 Drucksache 13/6152 Nr. 2.7 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/4678 Nr. 2.32 Drucksache 13/4678 Nr. 2.48 Drucksache 13/4921 Nr. 2.15 Drucksache 13/4921 Nr. 2.21 Drucksache 13/4921 Nr. 2.28 Drucksache 13/5555 Nr. 2.25 Drucksache 13/5555 Nr. 2.32 Drucksache 13/5555 Nr. 2.34 Drucksache 13/5555 Nr. 2.44 Drucksache 13/5555 Nr. 2.46 Drucksache 13/5555 Nr. 2.47 Drucksache 13/5555 Nr. 2.53 Drucksache 13/5555 Nr. 2.66 Drucksache 13/5555 Nr. 2.71 Drucksache 13/5555 Nr. 2.74 Drucksache 13/5555 Nr. 2.77 Drucksache 13/5555 Nr. 2.81 Drucksache 13/5555 Nr. 2.83 Drucksache 13/5555 Nr. 2.86 Drucksache 13/5555 Nr. 2.98 Drucksache 13/6357 Nr. 2.9 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/4678 Nr. 2.7 Drucksache 13/4678 Nr. 2.41 Drucksache 13/5555 Nr. 1.5 Drucksache 13/5555 Nr. 2.37 Drucksache 13/5837 Nr. 1.7 Drucksache 13/5837 Nr. 1.10 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/6152 Nr. 1.2 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/4921 Nr. 2.4 Drucksache 13/5555 Nr. 3 Drucksache 13/5687 Nr. 2.42 Drucksache 13/5837 Nr. 1.13 Drucksache 13/6152 Nr. 2.3 Drucksache 13/6152 Nr. 2.6 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/4678 Nr. 2.1 Drucksache 13/4921 Nr. 1.5
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    Rede von Dr. Angela Merkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem wir bereits seit langem spezielle Gesetze mit einem erheblichen untergesetzlichen Regelwerk für die Umweltmedien Luft und Wasser haben, ist es an der Zeit, daß auch eine Regelung für das dritte Medium, nämlich den Boden, gefunden wird, und dies in einem eigenständigen Gesetz. Ich glaube, dies gilt insbesondere deshalb, weil der Boden zunehmend gefährdet ist und er gerade auch das Umweltmedium ist, das sehr schwer zu regenerieren ist. Die Bundesregierung hat deshalb den Entwurf eines Bundes-Bodenschutzgesetzes eingebracht, der hier im Parlament zur Debatte steht.
    Dieses Bundes-Bodenschutzgesetz soll den vorbeugenden Bodenschutz und die Altlastensanierung zusammenführen. Es geht bei diesem Gesetz um die zulässige Nutzung von Grund und Boden. Es geht sowohl um die Eignung von Grundstücken für den Bau von Wohnungen wie auch um Anforderungen an Industrieanlagen zur Abwehr und Beseitigung von Bodenbelastungen.
    Mit dem Gesetzentwurf des Bundes werden die Voraussetzungen für einen wirksamen Bodenschutz und die Sanierung von Altlasten geschaffen. Es werden einheitliche Anforderungen definiert, die dann bundesweit gelten sollen. Dadurch wird ein effektives Vorgehen der Behörden möglich sein. Es werden die Sanierungspflichten festgelegt. Damit werden Rechtssicherheit und in einem breiten Bereich Investitionssicherheit geschaffen, was von außerordentlicher Bedeutung ist.

    Bundesministerin Dr. Angela Merkel
    Ich möchte gleich zu Beginn darauf hinweisen, daß dieses Bundes-Bodenschutzgesetz, so wie wir es hier vorgelegt haben, natürlich einen Einstieg in den Umgang mit einem neuen Medium darstellt. Auch das Bundes-Immissionsschutzgesetz war als solches nicht gleich komplett. Es hat sich erst nach einer gewissen Zeit in seiner völligen Breite entwickelt. So wird es auch mit dem Bundes-Bodenschutzgesetz sein.
    Eine der wichtigen Forderungen in den Beratungen des Bundesrates lautete immer wieder, daß dieses Bundes-Bodenschutzgesetz natürlich auch eines untergesetzlichen Regelwerkes bedarf. Ich will gleich an dieser Stelle sagen, daß wir bereits in Gesprächen mit den Ländern zugesagt haben, daß bis zur Verabschiedung, das heißt zum zweiten Durchgang im Bundesrat, die Grundzüge des untergesetzlichen Regelwerkes vorliegen werden. Allerdings kann man - das war beim Bundes-Immissionsschutzgesetz auch nicht so - nicht schon die Verordnungen verabschieden, bevor das Gesetz in seinen Endzügen überhaupt feststeht. Das heißt, die Reihenfolge der Beratungen muß eingehalten werden.
    Das Gesetz wird eine entscheidende Hilfestellung insbesondere für die Sanierung von Industriebrachen geben und damit bewirken, daß Neuansiedelungen oder Erweiterungen von Industrie- oder Gewerbebetrieben auf diesen Flächen verstärkt unter Nutzung der vorhandenen Infrastruktur stattfinden können. Denn eines unserer großen Umweltprobleme ist ja, daß wir es im Grunde bis heute nicht geschafft haben, eine Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Flächenverbrauch zu erreichen. Genau dies kann uns besser gelingen, wenn wir es schaffen, vorhandene und schon benutzte Flächen wiederzuverwenden und nicht weiter in ungenutztes oder landwirtschaftlich genutztes Land vorzudringen, wodurch der Naturhaushalt beeinträchtigt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    In der Bundesrepublik Deutschland haben wir insgesamt 25 000 Hektar Flächen, die zur Revitalisierung der Innenstädte bereitstehen. Zwei Drittel davon stammen aus Gewerbebrachen, ein Drittel aus Konversionsflächen, aus ehemaliger militärischer Nutzung. Mehr als die Hälfte dieser Flächen, dieser 25 000 Hektar, wäre nach diesem Gesetzentwurf baureif. Das heißt, wir hätten in erheblicher Weise Land gewonnen.
    Heute ergeben sich Anforderungen hinsichtlich der Verhinderung und Beseitigung von Bodenbelastungen aus zahlreichen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften wie Abfallrecht, Wasserrecht und Immissionsschutzrecht. In Sachsen, Berlin und Baden-Württemberg gibt es Landesbodenschutzgesetze, und es gibt das Polizeirecht des jeweiligen Landes. Aber es gibt einen Wildwuchs an Listen und Methoden. Es sind allein über 30 Listen zu Bodenwerten bereits im Umlauf. Die Listen unterscheiden sich jeweils im Verfahren und in den Bewertungsmaßstäben. Jedes Land und jede Kommune setzt sich damit ihre eigenen Maßstäbe, was natürlich nicht gerade die Rechtssicherheit fördert.
    Jemand, der in einem bundesweiten Unternehmen an drei Standorten in drei Bundesländern heute eine Sanierung versucht und sich mit Altlastenproblemen herumzuschlagen hat, hat dann verschiedene Verfahren und Vorschriften anzuwenden. Für die gleichartigen Boden- und Gewässerverunreinigungen, die dieser Betrieb hat, weil er überall das gleiche produziert, muß das Unternehmen heute nicht etwa ein Sanierungskonzept, sondern drei verschiedene Sanierungskonzepte erstellen. Zuvor ist das Unternehmen gezwungen, bei den Landräten erst einmal zu fragen, welche der 30 im Umlauf befindlichen Listen denn nun anzuwenden sind. Es ist klar, daß daraus ein erheblicher bürokratischer Aufwand resultiert.
    Wenn man sich das noch deutlicher vor Augen führen will, muß man sich den Fall vorstellen, daß Altlastenverdachtsflächen, die sich über mehrere Kreise erstrecken, nur unter erheblichen Schwierigkeiten zu sanieren sind. Wenn man sich einmal ein Fachunternehmen der Sanierungsbranche vorstellt, das vielleicht 15 Standorte sanieren will und sich dann mit 15 verschiedenen Gegebenheiten herumzuschlagen hat, merkt man, daß das natürlich keine Branche ist, die sich besonders gut und flüssig entwickeln kann.
    Das sind die alltäglichen und aktuellen Beispiele, aus denen klar wird, daß es einen bundesgesetzlichen Regelungsbedarf gibt. Wir werden mit diesem Gesetz Flächen für die wirtschaftliche Entwicklung mobilisieren und das Sanierungs-Know-how auch in wettbewerbsfähige Arbeitsplätze umsetzen. Dies ist ein wichtiger Bereich, in dem Deutschland sein Know-how auch in anderen Ländern einsetzen kann. Wenn man sich einmal den gesamten Bereich der Umwelttechnologie und des Transfers von Knowhow anschaut, ist dies ein Bereich, in dem wir Erhebliches leisten können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist von Beginn seiner Erarbeitung an - diese Erarbeitungsphase war in der Tat lang - intensiv erörtert worden, und zwar mit den von Bodenbelastungen und Altlasten Betroffenen, mit den Sanierungsverpflichteten und mit den Ländern sowie fachlich und rechtlich im wissenschaftlichen Bereich. Man muß sehen, daß hier Neuland betreten wird, daß die Bodensanierung nunmehr als Zwischenstück zwischen Wasser- und Luftsanierung eingepaßt werden muß und daß bei allen anzuwendenden Grenzwerten aufgepaßt werden muß, daß sie sich mit den Werten für Luftschadstoffe und Wasserschadstoffe in einer vernünftigen Relation befinden.
    Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung „Globale Umweltveränderung - Welt im Wandel" hat uns in seinem Jahresgutachten vom 25. April 1996 die Gefährdung der Böden vorgestellt. Das ist ein Gutachten, das wir sehr ernst nehmen. Auch der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen hat in seinem Sondergutachten Altlasten II vom Januar 1995 betont, daß die Gefährdungsabschätzung ein bundeseinheitliches Vorgehen erfordert. Im Umweltgutachten 1996 vom März letzten Jahres bezeichnet der Rat die Verabschiedung des Bundes-Bodenschutzge-

    Bundesministerin Dr. Angela Merkel
    setzes und des untergesetzlichen Regelwerkes „als vordringliche Aufgabe der Bodenschutzpolitik".
    Die in diesem Zusammenhang vom Sachverständigenrat erhobene Forderung nach einem bundesweiten Bodeninformationssystem wird im Grundsatz von mir geteilt. Wir werden aus den Mitteln unseres Forschungsplans Vorhaben fördern, die sich mit den methodischen Grundlagen für ein solches Bodeninformationssystem befassen. Der § 19 des Gesetzentwurfs, über den wir heute beraten, wird die rechtliche Grundlage für die Datenübermittlung an den Bund bereitstellen.
    Es gab zahlreiche Anregungen und Vorschläge zum Gesetzgebungsverfahren. Es gab eine ganze Menge Zustimmung, auch wenn man sich einmal unsere normalen Kontroversen vor Augen hält. Es gab natürlich auch viele kritische Anmerkungen; ich werde auf einige der Diskussionspunkte noch zurückkommen.
    Wir haben alle Einwendungen und Anregungen geprüft und haben vieles von dem, was uns vorgeschlagen wurde, auch aufgenommen. Ich denke, daß auf verschiedenen Gebieten erhebliche Gemeinsamkeiten bestehen. Lassen Sie mich davon einige Punkte nennen.
    Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zahlreiche Anregungen und Vorschläge zu einzelnen Vorschriften gemacht. Er hat aber an keiner Stelle die Konzeption des Regierungsentwurfs in Frage gestellt. Ich hoffe, daß er auch im zweiten Durchgang ein Votum abgibt, das das Ergebnis einer sehr sachlichen Auseinandersetzung mit dem Gesetz ist.
    Ich sehe zwischen den Forderungen der verschiedenen Fraktionen dieses Hauses und den Vorschlägen der Bundesregierung ebenfalls mehr Gemeinsames als Trennendes. Dies gilt auch im Hinblick auf die Vorschläge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die in Form eines Gesetzentwurfes zum Schutz des Bodens vom 2. Juli 1996 eingebracht worden sind. Es gibt Teile des Gesetzentwurfes, die wörtlich mit dem unsrigen übereinstimmen. Es gibt aber natürlich auch erhebliche Unterschiede. Ich denke, darüber wird noch zu sprechen sein.
    Einer der Unterschiede, auf den ich hier eingehen möchte, besteht darin, daß nach dem Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen künftig jede Bodensanierung nutzungsunabhängig erfolgen soll. Das Ziel jeder Sanierung soll die Wiederherstellung eines weitgehend natürlichen Bodenzustandes sein.
    Wir sagen in unserem Regierungsentwurf: Wir wollen die Böden nutzungsbezogen sanieren. Wir halten es für überzogen zu sagen: Jeder Boden, egal ob wieder eine Gewerbefläche oder etwas anderes darauf entsteht, muß weitgehend in den natürlichen Bodenzustand zurückversetzt werden. Wir sind der Meinung: Wir müssen, natürlich unter Beachtung der Auswirkungen auf das Grundwasser und ähnliches, den Nutzungsbezug herstellen, um effektiv mit den Mitteln, die wir haben, umzugehen. Da macht es eben einen Unterschied, ob auf der Altlastenfläche ein Kinderspielplatz oder aber ein Gewerbegebiet entstehen soll.
    Ich glaube, daß der Gesetzentwurf der Bundesregierung differenzierte und sachgerechte Lösungen bietet. Es werden keine neuen Genehmigungsverfahren geschaffen, und wir haben versucht zu vermeiden, daß unsinnige bürokratische Hemmnisse das Sanieren von Anfang an behindern.
    Wir greifen natürlich auf die bewährten Strukturen des bisherigen Umweltrechts und des Polizei- und Ordnungsrechts zurück. Soweit das bestehende Fachrecht zum Bodenschutz modifiziert werden muß, gilt ein integrativer Ansatz. Die Konzeption des Bundes-Bodenschutzgesetzes beruht auf dem Gedanken der Integration des Bodenschutzes in bestehende Regelwerke und Normen des Umweltrechts.
    Wir können dadurch natürlich auch auf schon vorhandenes Personal zurückgreifen. Dies ist heute eine zentrale Aufgabe, die auch in der Diskussion mit den Ländern eine wichtige Rolle gespielt hat. Keiner kann heute eine Reihe von Angestellten und Beamten einstellen, um eine ganz neue Verwaltung aufzubauen. Wir müssen versuchen, hier konzentriert vorzugehen.
    Was sind die wesentlichen Regelungen? Leitgedanke des Entwurfs ist es, die Anforderungen an einen wirksamen Bodenschutz und die Sanierung zu vereinheitlichen. Grundpflichten stellen sicher, daß die Funktionen des Bodens langfristig erhalten bleiben und, soweit erforderlich, wiederhergestellt werden. Vor allen Dingen geht es um folgende Pflichten:
    Jeder, der den Boden nutzt, hat sich so zu verhalten, daß durch ihn keine Gefahren für den Boden hervorgerufen werden.
    Vorsorgepflichten stellen sicher, daß der Boden in seiner ökologischen Leistungsfähigkeit nicht überfordert wird.
    Grundstückseigentümer und -besitzer müssen sicherstellen, daß von ihren Böden keine Gefahren ausgehen.
    Sind bereits Schädigungen des Bodens eingetreten, besteht eine Pflicht zur Sanierung.
    Bodenverunreinigungen haben in der Regel auch Verunreinigungen von Gewässern zur Folge. Deshalb soll sich die Pflicht zur Bodensanierung auch auf die Sanierung von Gewässerbelastungen erstrecken. Hierdurch wird sichergestellt, daß für beides, die Sanierung des Bodens und die Sanierung der Gewässer, einheitliche Anforderungen gelten.
    Zur Beseitigung von Bodenversiegelungen soll der Grundstückseigentümer künftig durch Rechtsverordnung verpflichtet werden können.
    Nach dem Gesetzentwurf sind außerdem spezielle Anforderungen an das Auf- und Einbringen von Materialien auf den Boden möglich. Zur Verhinderung künftiger Bodenbelastungen sollen Verbote und Beschränkungen für das Aufbringen von möglicherweise belasteten Materialien auf Böden angeordnet werden können.
    Die landwirtschaftliche Bodennutzung - dies ist auch ein erhebliches Feld der Diskussion - hat nach dem Entwurf standortgemäß so zu erfolgen, daß

    Bundesministerin Dr. Angela Merkel
    Bodenabträge soweit wie möglich vermieden werden, Bodenverdichtungen nicht auftreten, das Bodenleben gefördert wird und eine günstige Bodenstruktur gewährleistet ist.

    (Dr. Jürgen Rochlitz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber nur eine Empfehlung!)

    An all diesen Festlegungen sehen Sie, daß ein breiter Raum für zusätzliche Regelungen, die nicht im Gesetz verankert sind, gegeben ist. Ich sage an dieser Stelle ganz klar: Wir können nicht alles regeln, was denkbar ist. Wir müssen vielmehr das regeln, was angesichts der Schädigungen des Bodens wesentlich ist. Ansonsten könnten wir ein unendliches Regelwerk aufbauen, was ich nicht für richtig halte.
    Ein kritischer Punkt in der Diskussion mit den Bundesländern ist auch bei diesem Gesetz wieder die Frage der Ausgleichsregelungen: Was passiert, wenn besondere Anordnungen zur Beschränkung der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung getroffen werden? Bei aller Kritik, die geäußert wurde, halte ich eine solche Ausgleichsregelung für erforderlich.
    Man muß bei Ausgleichsregelungen landwirtschaftliche Flächen im Bereich von gewerblich genutzten Grundstücken oder des Straßenverkehrs berücksichtigen. Es ist natürlich nicht gerecht, daß die, deren landwirtschaftlich genutzte Flächen in solchen Bereichen liegen, in denen sie von der Bodenverschmutzung besonders betroffen sind, keinerlei Anspruch auf Ausgleich haben, während dieser in anderen Bereichen der Gesellschaft bei Schädigung des Eigentums durchaus gewährt wird. Es muß also die Bereitschaft da sein, diesen Ausgleich aufzubringen, zumal das nach dem Polizeirecht, das allerdings zum Teil nicht durchgesetzt werden kann, schon heute geschehen müßte.
    Einen besonderen Schwerpunkt des Gesetzes bildet natürlich die Sanierung von Altlasten. Das sind Deponien, Abfallablagerungen, ehemalige Industriestandorte. Hierbei geht es vor allen Dingen um die Erfassung, die verpflichtend wird, die Untersuchung und Bewertung, die Überwachungspflichten der Behörden und die Eigenkontroll- und Meldepflichten der Verantwortlichen.
    Von Sanierungspflichtigen kann die Vorlage eines Sanierungsplans verlangt werden. Bei gravierenden und komplexen Altlasten wird der Sanierungsplan Transparenz schaffen und damit auch einen wichtigen Beitrag zur Akzeptanz der Sanierungsmaßnahmen leisten. Es wird nämlich immer gesagt: Laßt uns doch schnell auf eine neue Fläche gehen; damit haben wir nicht soviel Ärger wie mit der Sanierung der alten Fläche.
    Mit dem Sanierungsplan kann der Sanierungspflichtige den Entwurf eines öffentlich-rechtlichen Sanierungsvertrages vorlegen. Die von Sanierungsmaßnahmen Betroffenen sind über die Einzelheiten des Vorhabens frühzeitig zu informieren.
    Was ich für außerordentlich wichtig halte, ist eine Konzentrationswirkung des Sanierungsplans. Das heißt, es soll nicht ein unendlicher Gang zu allen denkbaren Behörden erfolgen. Die Genehmigungen werden nicht nur im Bereich des Bodenschutzes, sondern auch im wasser-, abfall- und immissionsschutzrechtlichen Bereich in einem konzentrierten Verfahren gegeben. Das ist, glaube ich, die Grundlage dafür, daß die Sanierung schnell durchgeführt werden kann.
    Im Gesetzentwurf werden ferner die Voraussetzungen für die Festlegung bundeseinheitlicher verbindlicher Bodenwerte im Gefahrenabwehr- und Vorsorgebereich geschaffen. Diese Werte sind für die Länder verbindlich. Das ist natürlich der Punkt, in dem die Musik im untergesetzlichen Regelwerk steckt; das ist ganz klar. Deshalb sage ich, daß wir gegen Ende der Beratungen dieses untergesetzliche Regelwerk vorlegen. Ich kann an dieser Stelle auch schon festhalten: Es ist in seinen Grundzügen existent. Es gibt Absprachen. Wir werden das seitens des Bundes schaffen. Wir sind aber darauf angewiesen, die parlamentarischen Beratungen zu begleiten; denn wir brauchen keine Verordnung zu machen, für die die Ermächtigung im parlamentarischen Verfahren vielleicht wieder gestrichen wird. Das ist klar. Aber, ich denke, wir sind hier in einem konstruktiven Prozeß.
    Meine Damen und Herren, wir haben am 27. August 1996 im Kabinett auch Regelungen für den Bodenschutz in den Gesetzesnovellen zum Bundesnaturschutzgesetz, zum Raumordnungsgesetz und zum Baugesetzbuch beschlossen. Das heißt, die parlamentarischen Beratungen in diesen Bereichen werden auch auf die Rechtsetzung des Bodenschutzgesetzes Einfluß haben.
    Insgesamt bin ich sehr froh, daß wir die parlamentarischen Beratungen nach jahrelangen Diskussionsprozessen beginnen können und damit weltweit eines der Länder sind, die in der Bodenschutzgesetzgebung führend sind. Wer sich mit der internationalen Problematik der Bodennutzung, der Bodenzerstörung, der Erosion befaßt, weiß, von wie großer Wichtigkeit ein sachgerechter Umgang mit dem knappen Boden ist. Ich freue mich auf konstruktive Beratungen im Parlament und bedanke mich fürs Zuhören.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Angelica Schwall-Düren.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Angelica Schwall-Düren


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die unendliche Geschichte eines Bodenschutzprogramms befindet sich durch die Vorlage des Bodenschutzgesetzes in der Tat auf einer wichtigen Zwischenetappe.
    Bereits 1984 forderte die SPD-Fraktion ein Bodenschutzprogramm. Die Bundesregierung reagierte erst im Jahre 1985 mit einer durchaus bemerkenswerten Bodenschutzkonzeption, die aber nie in ein mit den Bundesländern abgestimmtes Bodenschutzprogramm umgesetzt wurde.
    In den Maßnahmen zum Bodenschutz von 1987 sollten vorhandene Rechtsvorschriften ergänzt und aufeinander abgestimmt werden. In der Koalitions-

    Dr. Angelica Schwall-Düren
    vereinbarung von 1991 wurde schließlich die Schaffung eines Bodenschutzgesetzes vereinbart.
    Der damalige Umweltminister Töpfer kündigte an, daß mit dem Gesetz eine entscheidende Lebensgrundlage gesichert und zugleich in Europa Maßstäbe gesetzt werden sollten; Frau Merkel hat ihr Bodenschutzgesetz heute in ähnlicher Weise qualifiziert. Aber bis in das Jahr 1997 ist es dazu nicht gekommen.
    Dagegen sind andere europäische Staaten, zum Beispiel die Niederlande, oder auch einzelne Bundesländer, zum Beispiel Baden-Württemberg, tätig geworden und haben Bodenschutzgesetze erlassen. Zwar gab es immer wieder ministeriumsinterne Gesetzentwürfe, die aber schon in der Ressortabstimmung stets zurückgewiesen wurden und nicht einmal Kabinettsreife erlangten.
    Mit jedem neuen Entwurf wichen die Fachleute des BMU ein Stück mehr vom fachlich Notwendigen zur Umsetzung eines echten Bodenschutzes ab. Sollte es der Mut der Verzweiflung sein, daß sich die Umweltministerin traut, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der am Ende einer Entwurfsgeschichte völlig verwässert ist und den Vorsorgegedanken aufgegeben hat?

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Diese Verwässerung wird von Frau Merkel noch zu einem neuen konzeptionellen Ansatz hochgejubelt. Damit wird das Bodenschutzgesetz aber zur Mogelpackung.
    Ich will zunächst die Frage aufwerfen: Wofür brauchen wir ein Bodenschutzgesetz? Der Boden ist neben sauberer Luft und sauberem Wasser eine der wichtigsten natürlichen Lebensgrundlagen von Menschen, Tieren und Pflanzen, zu deren Schutz uns alle der Grundgesetzartikel 20 a verpflichtet.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Endlich einmal eine richtige Aussage!)

    Die natürlichen Funktionen des Bodens als Regelungsfilter und Speichersystem werden bedroht, wenn es zu starken Belastungen durch Schadstoffeinträge, Überdüngung, Versauerung, Verdichtung und Versiegelung oder andere physikalische Belastungen kommt. Der Boden ist selbstverständlich für die Nahrungsmittelproduktion unverzichtbar, sowohl was seine Qualität anbetrifft wie auch das Vorhandensein ausreichender Flächen; denn der Boden ist als begrenzte Ressource nicht vermehrbar.
    Angesichts der weltweiten Bevölkerungsentwicklung ist dieser Zusammenhang unübersehbar. Dennoch war die Verfügbarkeit guter Böden als Fundament unserer Nahrungsmittelproduktion selbstverständlich. Wir brauchen ein Bodenschutzgesetz, weil die Menschheit gerade dabei ist, sich selbst den Boden unter den Füßen wegzuziehen.
    Erosion durch Wind und Wasser, Vergiftung, Versalzung und Versiegelung wurden in der Regel nur lokal beachtet, und wir nehmen diese Probleme immer nur bei den anderen wahr. Die Bodenzerstörung ist aber längst ein globaler Notstand geworden.
    Wir verlieren gegenüber den Ländern des Südens jegliche Berechtigung, einen nachhaltigen Umgang mit dem Boden einzufordern, wenn wir selbst verschwenderisch und destruktiv über den Boden verfügen. Der allzu leichtfertige Umgang mit dem Medium Boden muß international und national dringend gestoppt werden, will man nicht in Kauf nehmen, daß hier eine der wichtigsten Quellen für das Überleben der Menschheit irreparabel geschädigt wird.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der PDS)

    Unsere Industrie- und Wohnkultur benötigt immer mehr Flächen für Wohn- und Gewerbezwecke, Freizeitanlagen sowie für die verkehrliche Infrastruktur. Durch Versiegelung wird immer mehr Freiraum in Anspruch genommen; meine Kollegin Burchardt wird darauf näher eingehen.
    Die Belastung der Böden läßt sich schon seit Jahren nicht mehr leugnen: durch eine Industrie, die über Jahre sorglos mit Emissionen umgegangen ist und noch umgeht - ich erinnere daran, daß wir im Augenblick wieder eine heftige Diskussion um Dioxin im Raum Duisburg haben -, durch Rüstungs- und militärische Aktivitäten über die gesamten letzten 100 Jahre, sowohl von seiten deutscher Streitkräfte wie auch von Verbänden der Alliierten und des Warschauer Pakts, ebenso durch eine bodenbelastende Intensivlandwirtschaft.
    Selbstverständlich wurden auch in der Vergangenheit immer wieder Böden saniert oder zumindest so abgesichert, daß absehbar keine akute Gefährdung von ihnen ausgeht. Dies geschah nach Länderrecht, teils über Abfallgesetze oder Landesbodenschutz-
    bzw. Altlastengesetze. Die Konsequenz der föderalen Organisation - Frau Merkel hat das vorhin ausgeführt - war eine sehr unterschiedliche Praxis, insbesondere hinsichtlich der Schadstoffkriterien, die in den einzelnen Ländern angewandt wurden.
    Verständlicherweise führte dies zu Wettbewerbsverzerrungen für betroffene Eigentümer von belasteten Flächen und zu Standortvor- bzw. -nachteilen. Entsprechendes gilt natürlich auch für die Vorsorgeauflagen. All das macht deutlich, daß die Bundesregierung große Defizite im Bodenschutz zugelassen hat und daß sie aufgefordert ist, ein wirksames Bodenschutzgesetz vorzulegen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wird die Bundesregierung diesem Anspruch gerecht? Zunächst ist festzuhalten, daß das Gesetz nicht den Schutz des Bodens in den Vordergrund stellt, sondern seine Nutzungsfunktionen. Hiermit wird überdeutlich, daß sich der Mensch arrogant außerhalb der Natur stellt.

    (Dr. Renate Hellwig [CDU/CSU]: Leben Sie mal, ohne den Boden zu nutzen!)


    Dr. Angelica Schwall-Düren
    Mit dieser Einschätzung stehen wir nicht allein da, Frau Hellwig. Viele Verbände kritisieren, daß die noch in der jüngeren Vergangenheit verkündeten Prinzipien der Vorsorge und der Querschnittsorientierung in diesem Gesetzentwurf kaum zum Tragen kämen, sondern aus dem Bodenschutzgesetz kaum mehr als eine Altlastensanierungsregelung geworden sei, in der sich Generalamnestien und Ausnahmebestimmungen aneinanderreihen.
    Das wird deutlich, wenn man die Anwendungsbereiche betrachtet. In § 3 beispielsweise werden verschiedene Nutzungen durch Ausnahmen von der Anwendung ausgeklammert, und zwar gerade solche, von denen erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen ausgehen können.
    Ergebnis ist, daß der Bodenschutz auf dieser Grundlage nur noch auf verbleibenden Restflächen, das heißt auf Inseln, betrieben werden kann. Das formulierte Entsiegelungsgebot wird so eingeschränkt, daß der praktische Wirkungsgrad nur noch sehr gering sein kann.
    Auch der Bundesrat hält den Vorsorgegedanken im Bundes-Bodenschutzgesetz für nicht ausreichend verankert; denn er kritisiert die Beschränkung der Anwendung auf Fälle von schädlichen Bodenveränderungen, die auf einer Bodennutzung oder wirtschaftlichen Tätigkeit beruhen, und auf Altlasten.
    Der Vorsorgegedanke würde eher ausgedrückt, wenn die natürlichen Funktionen von den Bodennutzungen getrennt würden. Es erscheint nicht sinnvoll, es zum Zweck eines Bodenschutzgesetzes zu machen, den Boden zum Beispiel als Rohstofflagerstätte oder als Standort für Verkehr oder für Ver- und Entsorgung zu schützen.
    Die Altlastensanierung soll sich nach diesem Entwurf nur an den Nutzungsfunktionen orientieren. So wird von vornherein die Möglichkeit eröffnet, Sanierungen zweiter Klasse durchzuführen.

    (Dr. Renate Hellwig [CDU/CSU]: Und dritter!)

    Daß Sanierung nur im Rahmen technischer Möglichkeiten durchgeführt werden kann, ist selbstverständlich.

    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wenigstens etwas!)

    Aber auch die Notwendigkeit, zwischen fachlichen Notwendigkeiten und finanziellen Möglichkeiten abzuwägen, ist allgemeiner Rechtsgrundsatz, so daß sich eine Einschränkung des Sanierungsgebots im Gesetzestext erübrigt. Als Sanierung gelten sowohl Dekontamination wie Sicherung der Altlast. Auch dies ermöglicht, die billigere Variante der Sanierung durchzuführen.
    Ist das Gesetz überhaupt umsetzbar? Eine Reihe von Regelungen enthält unbestimmte Rechtsbegriffe und ist damit schwer verständlich und vollzugshemmend. Solange das untergesetzliche Regelwerk mit den Kriterien für die Altlastensanierung nicht vorliegt, kann es keine bundesweit einheitliche Praxis geben. Frau Merkel hat ja nun angekündigt, daß eine rasche Verabschiedung erfolgen wird. Wir hoffen es; denn wenn dies nicht geschieht, werden Rechtsunsicherheit mit Rechtstreitigkeiten, gerichtliche Auseinandersetzungen und damit verbundene zeitliche Verzögerungen die Folge sein.
    Als großes Handikap bleibt die ungelöste Finanzierungsfrage. In den Fällen, in denen der Verursacher eines Schadens nicht greifbar ist oder keine Finanzierungsmasse zur Verfügung hat, bleiben die Kosten an den Ländern hängen. Das gleiche gilt für die Ausgleichszahlungen an die Landwirtschaft.
    Die Bundesregierung eröffnet den Ländern jedoch keinerlei Refinanzierungsmöglichkeiten. Sie muß sich fragen lassen, ob sie das Gesetz scheitern lassen will; denn der Bundesrat hat zu erkennen gegeben, daß er dem Gesetz die notwendige Zustimmung verweigern wird, falls nicht wesentliche Änderungen im Gesetzentwurf vorgenommen und Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet werden. Die Gegenäußerung der Regierung läßt nicht hoffen.
    Welche Forderungen sind aus der Sicht der SPD- Fraktion zu stellen? Hauptziel eines Bundes-Bodenschutzgesetzes muß die Verpflichtung für jedermann sein, durch einen vorsorgenden Bodenschutz den Boden als Lebensraum und Ökosystem zu erhalten, damit für nachfolgende Generationen die Produktion unbelasteter Nahrungsmittel und nachwachsender Rohstoffe gesichert ist und die Regelungs-, Filter- und Speicherfunktion für einen funktionierenden Wasserhaushalt erhalten bleibt. Ziel muß es sein, das nicht vermehrbare und nur begrenzt erneuerbare Umweltmedium Boden um seiner selbst willen zu schützen. Die bedenkliche und widersprüchliche Art der Verknüpfung der Nutzungsfunktionen des Bodens mit den natürlichen Funktionen muß rückgängig gemacht werden; denn die Nutzungsfunktionen wirken überwiegend bodenzerstörend.
    Ein Vorrang von Dekontaminationsmaßnahmen vor Sicherungs- und Beschränkungsmaßnahmen im Bereich des Bodenschutzes würde die Zielsetzung, dem Schutz der natürlichen Bodenfunktionen Vorrang vor dem Schutz der Nutzungsfunktionen einzuräumen, klarer zum Ausdruck bringen.
    Der Begriff des Bodens soll auch die Gewässerböden umfassen, da hierfür ein umweltrelevanter Bedarf besteht. Auch die Gewässerböden müssen in ihren ökologischen Funktionen geschützt werden. Ihr Abtrag und ihre Akkumulation anderenorts müssen verhindert werden. Sie müssen vor Stoffeinträgen geschützt werden, und der Umgang bei ihrer Entnahme und Sanierung muß geregelt sein.
    Es darf keine Ausklammerung des Bodenschutzes in anderen Gesetzen geben. Die Vorschriften anderer Gesetze können nur dann sinnvoll den Anwendungsbereich des Bodenschutzgesetzes einschränken, wenn inhaltliche Festsetzungen zum Schutz des Bodens im Sinne des vorliegenden Gesetzes eingehalten werden. Der Professorenentwurf für ein Umwelt-

    Dr. Angelica Schwall-Düren
    gesetzbuch schlägt deshalb sinnvollerweise in § 285 folgende Formulierung vor - ich zitiere -:
    Die Vorschriften dieses Gesetzes finden Anwendung, sofern nicht andere Vorschriften inhaltsgleiche oder weitergehende Schutzvorschriften enthalten.
    Dem kann sich die SPD nur anschließen.
    Für die Fälle, in denen kein Verantwortlicher für Maßnahmen herangezogen werden kann, oder für Ausgleichszahlungen für die Land- und Forstwirtschaft sowie die Einschränkung der Zustandshaftung sollte eine Finanzierungsregelung getroffen werden.
    In die Zweckbestimmung des Gesetzes ist auch die programmatische Forderung nach einem sparsamen und schonenden Umgang mit dem Boden aufzunehmen. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft ist zwar die Aufbringung von Klärschlämmen und Komposten sinnvoll. Es muß aber unbedingt dafür gesorgt werden, daß es nicht zu einer weiteren Anreicherung von Schadstoffen in den Böden kommt. Schadstoffeinträge müssen nach dem Stand der Technik minimiert werden, damit Beeinträchtigungen von Boden und Grundwasser und neue Altlasten verhindert werden. Unvermeidliche Zusatzbelastungen durch Stoffeinträge müssen durch ein zeitlich und mengenmäßig abgestuftes Verschlechterungsverbot beschränkt werden. Dazu ist ein flächendeckendes bundesweites Monitoring gesetzlich zu regeln, mit dem eine systematische Überwachung der Entwicklung der Bodenbelastungen ermöglicht wird. Alle bodenschutzrelevanten Rechtsbereiche müssen dynamisiert fortgeschrieben werden, damit Bodenschädigungen durch Schadstoffeinträge, Erosion und Bodenverdichtung vermieden werden.
    Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf wird einer nachhaltigen Bodennutzung und einem vorsorgenden Bodenschutz nicht gerecht. Der Entwurf sollte besser „Altlastensanierungs-" oder „Bodennutzungsgesetz" heißen. Damit würde das Kind ehrlicherweise wenigstens beim richtigen Namen genannt und eingestanden, daß umfassender Bodenschutz zur Zeit nicht der politische Wille des Bundes ist.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Unabdingbar ist eine Integration des Bodenschutzes in die Politikbereiche Agrar, Verkehr, Raumordnung und Wirtschaft, um endlich das Notwendige in Richtung einer nachhaltigen Bodennutzung bei uns und weltweit zu erreichen. Vernetztes Denken ist erforderlich. Aber nicht nur die einzelnen Politikfelder müssen miteinander verzahnt werden; vielmehr ist eine Abkehr vom Denken in einzelnen Stoffen und auch einzelnen Medien unabdingbar.
    Die SPD-Fraktion wird einen Entschließungsantrag einbringen, in dem wir ein Bodenschutzprogramm fordern. Dieses soll Bodenqualitätsziele formulieren und ein Bodeninformationssystem über ein bundesweites Monitoring einrichten; Frau Merkel stimmt hier im Grundsatz zu. Dieses soll im Zusammenhang mit einer umweltökonomischen Gesamtrechnung wichtige Daten für Politik und Gesellschaft zur Verfügung stellen. Wir müssen die Schadstoffquellen bei Produktion und Produkten beseitigen. Eine konsequente integrierte Politik der Luftreinhaltung, des Gewässer- und Bodenschutzes ist das Gebot der Stunde.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)