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    Plenarprotokoll 13/143 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 143. Sitzung Bonn, Freitag, den 29. November 1996 Inhalt: Tagesordnungspunkt II: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksachen 13/5200, 13/5836, 13/ 6001 bis 13/6025, 13/6026, 13/6027) . 12949 A Hans Georg Wagner SPD 12949 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 12952 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12957 B Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 12960 B Dr. Christa Luft PDS 12963 B Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 12965 B Ingrid Matthäus-Maier SPD . . 12967 C, 12973 A Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU 12969 A Jürgen Koppelin F.D.P 12972 D Hans-Peter Repnik CDU/CSU 12973 C Wolf-Michael Catenhusen SPD (zur GO) 12976 D Rudolf Seiters CDU/CSU 12977 A Dr. Christoph Zöpel SPD 12977 D Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12978 D Ulrich Irmer F.D.P 12979 B Dr. Gregor Gysi PDS 12980 A Dr. Christoph Zöpel SPD (Erklärung nach § 30 GO) 12981 B Namentliche Abstimmung 12982 B Ergebnis 12983 D Zusatztagesordnungspunkt 2: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Altschulden für gesellschaftliche Einrichtungen, zur Änderung des ErblastentilgungsfondsGesetzes und zur Änderung des Investitionsförderungsgesetzes Aufbau Ost (Drucksachen 13/6088, 13/6336) . . . 12982 C Irmgard Karwatzki, Parl. Staatssekretärin BMF 12982 D Manfred Hampel SPD 12986 A Reiner Krziskewitz CDU/CSU . . . 12986 D Jürgen Türk F.D.P 12987 B Manfred Kolbe CDU/CSU 12987 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 12988 B Arnulf Kriedner CDU/CSU 12989 A Nächste Sitzung 12989 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 12991* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 2 (Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Altschulden für gesellschaftliche Einrichtungen, zur Änderung des Erblastentilgungsfonds-Gesetzes und zur Änderung des Investitionsförderungsgesetzes Aufbau Ost) Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12991* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 12992* A 143. Sitzung Bonn, Freitag, den 29. November 1996 Beginn: 8.30 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 29. 11. 96 90/DIE GRÜNEN Frick, Gisela F.D.P. 29. 11. 96 Gysi, Andrea PDS 29. 11. 96 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 29. 11. 96 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 29. 11. 96 Krüger, Thomas SPD 29. 11. 96 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 29. 11. 96 Lehn, Waltraud SPD 29. 11. 96 Lemke, Steffi BÜNDNIS 29. 11. 96 90/DIE GRÜNEN Rupprecht, Marlene SPD 29. 11. 96 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 29. 11. 96 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 29. 11. 96 Schumann, Ilse SPD 29. 11. 96 Tippach, Steffen PDS 29. 11. 96 Tröger, Gottfried CDU/CSU 29. 11. 96 Wallow, Hans SPD 29. 11. 96 Wieczorek (Duisburg), SPD 29. 11. 96 Helmut Wittich, Berthold SPD 29. 11. 96 Wohlleben, Verena SPD 29. 11. 96 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Zusatztagesordnungspunkt 2 (Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Altschulden für gesellschaftliche Einrichtungen, zur Änderung des Erblastentilgungsfonds-Gesetzes und zur Änderung des Investitionsförderungsgesetzes Aufbau Ost) Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Übernahme der Altschulden in die Rechtsverhältnisse der Bundesrepublik ist von der juristischen Grundlage her überaus fragwürdig. Namhafte Rechtswissenschaftler vertreten die Auffassung, daß die sogenannten DDR-Altschulden willkürlich zustande gekommen sind, daß ihre Übertragung in die Bundesrepublik rechtlich nicht begründbar war und ist und daß daher die Forderungen der Gläubigerbanken substanzlos sind. Zu diesem Ergebnis ist Professor Harms in einem Gutachten für den Deutschen Städtetag gekommen. Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern sagt in seinem Gutachten hierzu das gleiche. Ich zitiere die Schlußfolgerung: „Hieraus folgt, daß den Kommunen hinsichtlich der Finanzierung der staatlichen bzw. gesellschaftlichen Einrichtungen keine Verbindlichkeiten entstanden sind. " Klarer geht es nicht. Meine Damen und Herren, sie wissen oder Sie könnten zumindest wissen, daß im Gegensatz zu Westdeutschland die ostdeutschen Kommunen zu DDR-Zeiten über keine nennenswerten eigenen Einnahmen verfügten. Die meisten Ausgaben von Städten, Gemeinden und Kreisen wurden aus dem zentralen Staatshaushalt der DDR bestritten. Auch die Entscheidungen über den Bau „gesellschaftlicher Einrichtungen" - das ist ein Sammelbegriff, der Kulturhäuser bis hin zu Luftschutzbunkern erfaßt -, wurden zentral getroffen und durch entsprechende Zuweisungen finanziert. Nur im Zeitraum Anfang der 70er bis Mitte der 80er Jahre erfolgte die Finanzierung dieser Einrichtungen größtenteils über Kredite. Es entstanden damit auf dem Papier Verbindlichkeiten gegenüber der Staatsbank der DDR. Durch die Wirtschafts- und Währungsunion wurden diese Verbindlichkeiten der DDR als Kreditverpflichtungen der Kommunen im Verhältnis 2 : 1 in die bundesrepublikanische Ordnung übertragen. Die Kommunen hatten zu keinem Zeitpunkt die freie Entscheidung über die Investitionen in diese Einrichtungen. Die Verteilung der Altschulden auf die Kommunen in neuen Ländern ist von Zufälligkeiten und Willkürlichkeiten geprägt. Daher ist im Ergebnis die Belastung der Kommunen extrem unterschiedlich. Die Zuordnung von Vermögenswerten zu den Altschulden ist in vielen Fällen äußerst zweifelhaft und ungeklärt, häufig sind die Einrichtungen in einem desolaten Zustand oder gar nicht mehr vorhanden. Die Belastungen mit Altschulden hat zu einer teilweise erheblichen Einschränkung der Handlungsspielräume der betroffenen Körperschaften geführt. Die Altschulden haben damit den Aufbau in den neuen Ländern nachhaltig behindert. Sollten die Kommunen genötigt werden, die Altschulden in der einen oder anderen Weise zu bedienen, wird dadurch ihre Investitionsfähigkeit und also ihre Fähigkeit, Anstöße zur Schaffung neuer Arbeitsplätze zu geben, stark eingeschränkt. Der Gesetzentwurf, der heute hier zur Beratung vorliegt, soll einen Rechtsstreit vermeiden helfen. So weit, so gut. In der Sache ist er jedoch nicht gerechtfertigt. Zwar hat der Bund immerhin auf die Hälfte der Forderungen verzichtet, zwar sind die ostdeutschen Kommunen von der direkten Schuldenlast befreit, aber zumindest der Länderanteil wird zu einem wesentlichen Teil auf Kosten anderer Aufbau-OstMittel finanziert. Es geht zu Lasten von Mitteln, die die Länder nach dem Investitionsförderungsgesetz Aufbau Ost erhalten, und zu Lasten der Förderung kultureller und gemeinnütziger Aufgaben mit Mitteln des DDR-Parteivermögens. Und schließlich werden die Kommunen indirekt über die Länder letztendlich ebenfalls zur Kasse gebeten für Schulden, die sie nie gemacht haben. Nun könnte man sagen, mit dem nun vorliegenden Gesetz sei vielleicht nicht der große Wurf gelungen, aber immerhin, die Kommunen seien die Schuldenlast los, und der Rechtsfrieden sei wiederhergestellt. So ist es aber offenbar nicht. Noch vor zwei Tagen hat der Haushaltsausschuß mit heißer Nadel Änderungswünsche des thüringischen Ministerpräsidenten eingearbeitet. Doch die teilweise grundsätzlichen und teilweise interessenbedingten Einwände Berlins sind offenbar nicht ausgeräumt und lassen sich auch nicht ohne weiteres vom Tisch wischen. Machen wir uns also darauf gefaßt, daß der leidige Dauerstreit um die kommunalen Altschulden auch mit dem heutigen Tag nicht zu einem einvernehmlichen Abschluß kommt, sondern demnächst im Bundesrat oder vor Gericht seine Fortsetzung findet. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Abgeordneten Vera Lengsfeld, Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), Dr. Uschi Eid, Wolfgang Schmitt (Langenfeld), Waltraud Schoppe und Helmut Wilhlem (Amberg) haben ihre Unterschrift zu dem Antrag Kaschmir-Konflikt, Drucksache 13/5273 zurückgezogen. Damit ist das gemäß § 76 Abs. 1 der Geschäftsordnung erforderliche Quorum nicht mehr gegeben. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1995 - Drucksachen 13/3827, 13/4401 Nr. 1 - Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union - Unterichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Bemühungen zur Stärkung der gesetzgeberischen Befugnisse des Europäischen Parlaments - Drucksachen 13/4212, 13/4588 Nr. 1- - Unterrichtung durch die Bundesregierung 56. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union (Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 1995) - Drucksachen 13/4176, 13/4401 Nr. 6 -
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    Rede von Hans Georg Wagner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Freude und Genugtuung stelle ich fest, daß Sie, Herr Finanzminister, wieder gesundet und unter uns sind. Herzlich willkommen! Wir freuen uns, daß Sie wieder hier sind.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Um es gleich vorweg zu sagen: Ich bleibe nicht bis zum Schluß so freundlich.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: War trotzdem schön!)

    - Das war auch ehrlich gemeint, Herr Minister.
    Zunächst einmal habe ich als zeitweise amtierender Vorsitzender des Haushaltsausschusses den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Haushaltsausschusses, die uns ertragen müssen, herzlich zu danken.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Was wir uns selbst verordnen, nämlich nächtens, bis morgens um halb vier, zu tagen, ist ja nicht gerade einfach. Auch die Arbeitsintensität leidet darunter, wie wir gestern an einem bestimmten Punkt schmerzlich erfahren haben.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Wenn andere Leute schlafen, können wir nichts dafür!)

    - Wir haben im Gegensatz zu Ihnen nicht geschlafen. Sie schlafen ja, wenn Sie wach sind. Das ist das Schlimme an der ganzen Geschichte, Herr Kollege Dr. Weng.

    (Zustimmung bei der SPD und der PDS)

    Zumindest erwecken Sie den Eindruck, als ob sie permanent schlafen.
    Eines muß ich feststellen: Bedauerlicherweise ist zum erstenmal in der Geschichte des Bundestages der Haushalt des Bundestages selber nicht einvernehmlich verabschiedet worden. Die Kürzungsabsichten der Koalition wurden nicht im Berichterstattergespräch vorgetragen. Deshalb konnte der Haushalt nicht einvernehmlich getragen werden. Ich bedauere das außerordentlich und hoffe sehr, daß wir in der nächsten Beratung wieder zu der allgemeinen Regel zurückkehren, zumindest den Haushalt des Bundestages gemeinsam zu tragen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS)

    Die Verfahrensweise bei der Haushaltsberatung wird von Jahr zu Jahr hektischer. Die Vorlagen werden am letzten Tag oder sogar in den letzten Minuten oder Sekunden produziert. Die Vorlagen tragen nicht einmal mehr die Überschrift „Arbeitsgruppe Haushalt" der CDU/CSU oder der F.D.P., sondern meistens die Überschrift „Bundesminister der Finanzen". Da weiß man, wo der Antrag eigentlich herkommt. Ich halte das nicht für gut.

    (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Hans Georg Wagner
    Wenn Sie schon, wie wir ja wissen, die Vorbereitungen für die Koalition treffen, dann sollte man es bitte nicht so offensichtlich machen, daß auf dem Fax nur noch Ihr Absender steht und nicht einmal erkennbar ist, daß die Koalition Antragsteller ist, wie es im Verfahren zum Haushalt eigentlich sein sollte.

    (Zuruf von der SPD: Peinlich, peinlich!)

    Eine sorgfältigere Aufstellung des Bundeshaushalts erscheint mir jedenfalls dringend notwendig und für die Zukunft unabdingbar; denn angesichts dessen, daß hier über mehr als 400 Milliarden DM entschieden wird, geht es nicht an, daß die Sorgfaltspflicht von Anfang an nicht gewahrt wird.
    Ich halte es für verantwortungslos, Herr Minister Waigel, daß man, nachdem der Haushaltsentwurf im Juli beschlossen worden ist, in der Bereinigungssitzung plötzlich feststellt, daß es noch einen Spielraum von 3 Milliarden DM für Einsparungen gibt. Da kann doch irgend etwas nicht stimmen.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Entweder ist die Vorbereitung nicht so erfolgt, wie sie sein sollte, oder es stimmt irgend etwas in der Haushaltsberatung nicht, oder es ist ein Showgeschäft, bei dem man sagt: Die Koalition hat die Chance, ihren Willen zum Sparen unter Beweis zu stellen, indem versucht wird, in der letzten Sekunde noch etwas herauszuholen. Ich meine, eine sorgfältige Vorbereitung des Bundeshaushalts durch die Bundesregierung wäre das Vernünftigste. Deshalb sollten Sie zu dieser Vernunft zurückkehren.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Haushalt des Jahres 1997 hat drei Überschriften: Schulden, Pleiten, Arbeitslosigkeit. Mit über 2 Billionen DM hat der Haushalt die größten Schulden seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland, mit fast 30 000 Pleiten im Jahre 1996 liegen Sie absolut an der Spitze aller Bundesregierungen, was die Pleiten anbelangt, und mit einer Arbeitslosigkeit von weit über 4 Millionen Arbeitslosen liegen Sie auch an der Spitze aller Bundesregierungen.
    Die drei Überschriften - Schulden, Pleiten, Arbeitslosigkeit - haben fünf Namen. Für die Schulden stehen Kohl, Waigel, Schäuble, Sohns und Gerhardt.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Christa Luft [PDS])

    Für die Pleiten in Deutschland stehen Kohl, Waigel, Schäuble, Sohns und Gerhardt.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Für die Massenarbeitslosigkeit stehen fünf Namen: Kohl, Waigel, Schäuble, Solms und Gerhardt.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Das sind diejenigen, die im Zusammenhang mit diesen drei Überschriften genannt werden müssen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS Widerspruch bei der CDU/ CSU und der F.D.P.)

    In allen Neujahrsansprachen des Bundeskanzlers seit 1983 sagt er mit tiefbetrübter Miene: Meine Damen und Herren! Liebe Landsleute! Die größte Aufgabe des nächsten Jahres ist die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit. - Sehen wir einmal nach 13 Jahren hin, wie das aussieht. Jedes Jahr gibt es 200 000 Menschen mehr, die keine Arbeit haben. Das ist die Bilanz von 13 Jahren Regierung Kohl in der Bundesrepublik Deutschland.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.)

    - Da sagen Sie, Frau Kollegin Albowitz, auch noch „Gott sei Dank". Sie scheinen sich um die Arbeitslosen überhaupt nicht zu bekümmern. Bei der F.D.P. und ihrer Klientel kann ich das verstehen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD Zuruf der Abg. Ina Albowitz [F.D.P.])

    - Sie haben gesagt „Gott sei Dank", als ich davon sprach, daß hohe Arbeitslosigkeit verwerflich ist. Es ist schlimm, mit welchem Zynismus man offenbar mit den Arbeitslosen in der Bundesrepublik Deutschland umgeht.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS Ina Albowitz [F.D.P.]: Reden Sie nicht einen solchen Unsinn, Herr Kollege!)

    Es ist diese Woche gesagt worden, daß es dringend notwendig sei, eine europaweite Beschäftigungsoffensive einzuleiten. Denn vielleicht kann das Problem der Massenarbeitslosigkeit gemeinsam beseitigt werden und so die Linderung des Schicksals von 18 Millionen Menschen in der Europäischen Union gelingen. Ihre Rezepte haben sich als wirkungslos erwiesen. Sie sind mit Ihrer Politik gescheitert.

    (Beifall bei der SPD)

    Ihre hilflosen, jammernden Appelle an die Unternehmer bewirken offenbar gar nichts. Sie sind von denen veräppelt oder, wie wir Saarländer sagen, verarscht worden mit Zusagen, die nicht eingehalten werden. Das deutsche Ansehen in aller Welt war stets mit Wirtschaftsführernamen verbunden. Ich erinnere an Herrn Bosch, Herrn Benz, Herrn Siemens und Herrn Dornier, um nur vier beispielhaft zu nennen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hennemann!)

    Sie standen in der ganzen Welt für Innovation und Qualität.
    Betrachten wir die Unternehmerpersönlichkeiten, die es heute in Deutschland gibt. Heute steht derje-

    Hans Georg Wagner
    nige, der die meisten Arbeitnehmer aus seinem Betrieb hinausgeschmissen hat, an höchster Stelle und genießt höchstes Ansehen. Das ist eine Verkehrung dessen, wie früher Wirtschaftsführer in Deutschland gewirkt haben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Zurufe von der CDU/CSU: Hennemann!)

    Günter Ogger hat ein Buch geschrieben: „Nieten in Nadelstreifen". Darin kann man wirklich nachlesen, daß es in der Bundesrepublik Deutschland im Unternehmerlager Nieten gibt, die nur erfolgreich sind, wenn sie Leute aus den Betrieben hinausschmeißen, statt hier im Lande neue Arbeitsplätze zu schaffen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben im Laufe der Debatte permanent das Stichwort Verlagerung von Investitionen ins Ausland geliefert. Betrachten wir das genau. Es liegt ja der Überblick des Jahres 1995 vor. Wie war es wirklich mit den Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft?
    1995 gab einen Kapitalexport in Höhe von fast 48 Milliarden DM und einen Kapitalimport in Höhe von fast 14 Milliarden DM. Die Frage lautet: Wo hat die deutsche Wirtschaft eigentlich investiert? Fast 93 Prozent der deutschen Auslandsinvestitionen wurden in Ländern wie Amerika, Japan und der Europäischen Union getätigt. In den Ländern, die hier immer als Niedriglohnländer angeführt werden, in die man investieren müsse und werde - China, die mittel- und osteuropäischen Staaten und die Entwicklungsländer -, sind nur 5,2 Prozent der Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft getätigt worden. Das heißt, es ist eine große Lüge, wenn hier behauptet wird, man würde Arbeitsplätze in Länder exportieren, die Niedriglöhne zahlen. Man exportiert vielmehr dorthin, wo schon hohe Löhne gezahlt werden: in die USA, nach Japan und in Staaten der Europäischen Union.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Ich will einmal die vom Statistischen Bundesamt zusammengestellten Investitionen nennen: Die 25,56 Milliarden DM, die im Ausland investiert worden sind, sind meistens Übernahmen von Firmen. Die Firma Hoechst AG hat in den Vereinigten Staaten für 10 Milliarden DM Kaufpreis die Firma Marion Merell übernommen. Das ist also keine Investition, sondern die Übernahme eines Betriebes. ITT Finanzen wurde in Amerika für 3,6 Milliarden DM von der Deutschen Bank übernommen. Die Fresenius AG engagierte sich in den USA mit 3,3 Milliarden DM und die Robert Bosch GmbH ebenfalls in den USA mit 2,4 Milliarden DM, die Dresdner Bank und BASF engagierten sich mit jeweils ungefähr 2 Milliarden DM in England, die Deutsche Telekom Mobilfunk engagierte sich mit 0,82 Milliarden DM in Indonesien, die Bayer AG mit 0,8 Milliarden DM in den USA und die Gehe AG mit 0,58 Milliarden DM in England. Das ergibt die Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft.
    Arbeitsplätze wurden nirgendwo geschaffen. Im Gegenteil: In der metallverarbeitenden Industrie, in der Deutschland investiert hat, sind in den betroffenen Ländern USA, Japan und Europäische Union von 18,8 Millionen Arbeitsplätzen nur noch 14,8 Millionen Arbeitsplätze übrig. Die deutsche Wirtschaft hat also nicht nur bei uns, sondern auch im Ausland 4 Millionen Arbeitsplätze vernichtet. Das ist die Realität.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ein Stichwort in diesen Tagen war wohl auch die Frage des Beschlusses der SPD vom vergangenen Montag hinsichtlich der Ausbildungsplatzumlage, übrigens keine sozialistische Erfindung. Erinnern Sie sich einmal: Als ein Herr Friderichs noch Bundeswirtschaftsminister war, gab es eine solche Umlage bereits. Das Bundesverfassungsgericht hat damals festgestellt, daß eigentlich ein Überangebot von 12,5 Prozent an Ausbildungsplätzen normal und richtig wäre. Bei einem geringeren Überangebot müßte man eine Umlage kassieren.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Was haben Sie denn eigentlich gegen die Hunderttausenden von Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeistern, die jedes Jahr redlich ausbilden und denen wir durch diese Umlage finanziell helfen wollen? Was haben Sie gegen den Mittelstand, den Sie doch immer auf Ihre Fahnen geschrieben haben?

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich sage als Sozialdemokrat den Hunderttausenden von Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeistern der mittelständigen Wirtschaft danke, die treu und brav ihre Ausbildungsverpflichtungen erfüllen, anders als die Schmarotzer, die die Arbeitnehmer nachher, wenn sie fertig ausgebildet sind, übernehmen und nicht selber ausbilden.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Kristin Heyne [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Sie, meine Damen und Herren, machen sich zum Verteidiger dieser Schmarotzer, wie ich sie nenne, die anderen die Ausbildungsplatzkosten aufbürden und selbst nichts tun.
    Sie zocken zugunsten von Millionären Millionen von Menschen ab. Das ist eine Politik, die wir nicht mitmachen können.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS Widerspruch bei der CDU/ CSU)

    Ihre Politik - das umschreibt auch den Haushalt 1997 - ist nichts anderes als staatliche Reichtumspflege. So nenne ich Ihre Politik.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Nun noch zu einem Stichwort, das hier immer wieder genannt worden ist. Wenn es um den Abbau von

    Hans Georg Wagner
    Subventionen geht, fällt Ihnen nichts anderes als die deutsche Steinkohle ein. Dazu muß ich auch als einer, der aus einem betroffenen Land kommt, einmal ein Wort sagen: Wer der Importkohle das Wort redet, wie viele von Ihnen das tun, der soll auch öffentlich zugeben, daß er für Kinderarbeit ist.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    - Ja, Sie sind zu dumm, um das zu wissen. - In Kolumbien wird die Kohle durch Kinderarbeit gefördert.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist nun einmal nachgewiesen. Ich begrüße, daß sich der Bundespräsident in Nepal gegen Kinderarbeit ausgesprochen hat. Sie, die „christlichen" Politiker, sind für Kinderarbeit im Kohlebereich. Das sind Sie mit Ihrer Steinkohlepolitik; lassen Sie sich das gesagt sein.

    (Beifall bei der SPD Unruhe bei der CDU/ CSU Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Um Gottes willen!)

    Die weltweite Nachfrage nach Steinkohle ist im Steigen begriffen. Es wäre pure Dummheit, wenn man diese Energie bei uns aufgeben würde. Man hat überhaupt keinen Ersatz an sicherer Energie. Deshalb ist derjenige, der gegen die Steinkohle in Deutschland so polemisiert, wie Sie das schon seit Jahren tun, auch gegen die Technologie, die in diesem Bereich entwickelt worden ist und die weltweit Spitze ist. Wer gegen Kraftwerks-, Bergwerks- und Umwelttechnologien aus Deutschland ist, der ist christlicher Demokrat. Daß dies so ist und daß Sie so technikfeindlich sind, tut mir furchtbar leid.

    (Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU/ CSU - Hans Raidel [CDU/CSU]: Sozialmillionär Wagner! - Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Hat schlecht geschlafen!)

    Auch das Unwesen, das Sie im Forschungshaushalt treiben, führt dazu, daß viele wichtige Forschungsvorhaben nicht realisiert werden können, und ist eindeutig gegen die künftige Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland gerichtet. Wer so technologiefeindlich wie Sie ist, der muß sich fragen lassen, wie er denn die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland überhaupt gestalten will.

    (Beifall bei der SPD Unruhe bei der CDU/ CSU)

    Wir haben in diesen Tagen - so meine ich jedenfalls, und es ist auch in der Presse so dargestellt worden - klare Alternativen entwickelt. Wir haben sie in den Debatten aufgezeigt; hier wird sichtbar, daß dies eine andere Wirtschaftspolitik bedeutet. Wir wollen weg vom Abzocken der Millionen und der Hilfe für die Millionäre

    (Beifall der Abg. Ingrid Matthäus-Maier [SPD])

    hin zum Umgekehrten: Millionäre abzocken und Millionen helfen. Das ist eine vernünftige Wirtschaftspolitik.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS Hans Raidel [CDU/CSU]: Selbst ein Millionär und schimpft durch die Gegend!)

    Sie, Herr Pfarrer Hinze, können sich zu Wort melden, wenn Sie etwas sagen wollen. Ich bin gerne bereit, darauf zu antworten. Mich freut immer, daß ein evangelischer Pfarrer diese berühmte Rolle hier spielt. Dazu muß ich Ihnen allerdings einmal sagen, daß ich als evangelischer Christ manchmal kräftige Schamgefühle habe, daß Sie sich evangelischer Pfarrer nennen dürfen.

    (Beifall bei der SPD Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Jetzt reicht es aber! Hans Raidel [CDU/CSU]: Millionärsozialist Wagner!)

    Wir haben die wichtigsten politischen Aufgaben dieser Tage öffentlich mitgeteilt bekommen. In einer Umfrage von Emnid haben sich 86 Prozent der Befragten für den Faktor Arbeit als wichtigsten Gegenstand der Politik ausgesprochen. Deshalb unsere Forderung, eine Beschäftigungsoffensive einzuleiten. Mit diesem Haushalt ist das natürlich nicht gelungen. Wir bedauern es außerordentlich.
    An zweiter Stelle herrscht bei 66 Prozent der Bevölkerung die Sorge um die Renten vor: Auch da haben Sie erheblich zur Verunsicherung beigetragen, indem aus Ihren Reihen die Besteuerung von Renten angesprochen wird. Da passiert ein ungeheuerlicher Skandal.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Bei den Steuern sind 63 Prozent der Menschen in Deutschland der Auffassung, daß sie ungerecht sind. Deshalb erneut das Angebot an Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, die Steuerreform bereits im Jahre 1998 und nicht erst 1999 durchzuführen. 61 Prozent haben die soziale Frage an die Spitze gestellt; auch in diesem Bereich sind Sie führend im Abbau von sozialen Leistungen.
    Meine Damen und Herren, Sie werden verstehen, daß wir auch in dritter Lesung diesem Haushalt und diesem Haushaltsgesetz nicht zustimmen können.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Das ist eine Überraschung!)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Bundesminister Dr. Waigel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Theodor Waigel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstmals seit über sieben Jahren als Bundesfinanzminister

    (Zuruf von der SPD: Viel zu lange!)


    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    ) konnte ich nicht die ganze Zeit an einer Lesung des Bundeshaushaltes teilnehmen.

    (Zuruf von der SPD: Sehr bedauerlich!)

    - „Sehr bedauerlich", heißt es von links. Ich begrüße, daß Sie das auch bedauert haben.
    Johann Wolfgang von Goethe hat einmal den Zusammenhang zwischen Finanzen und Krankheit folgendermaßen beschrieben:
    Was nützet mir der Erde Geld,
    kein kranker Mensch genießt die Welt.
    Insofern freue ich mich natürlich, daß ich jetzt wieder eine solche Debatte genießen darf.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich danke Ihnen jedenfalls für Ihre Genesungswünsche von allen Seiten. Herr Kollege Wagner, Sie sehen, es hat genutzt.
    Im Gegensatz zu einzelnen Presseberichten hätte ich es vorgezogen, an der Debatte teilzunehmen. Auf die 100prozentige Lohnfortzahlung verzichte ich gerne - von der Presse wurde mir etwas anderes unterstellt.

    (Peter Dreßen [SPD]: Das können Sie auch bei Ihrem Gehalt! Da spielt das keine Rolle!)

    - Hören Sie mir mal eine Sekunde zu! (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie
    sind doch sonst nicht so empfindlich!)
    - Entschuldigung, ich habe den Abgeordneten hinter Ihnen gemeint. - Vielleicht sind wir dann der gleichen Meinung, Sie wissen es ja noch gar nicht.
    Ich habe - wie wohl die meisten Politiker - noch nie danach gefragt, wie viele Urlaubstage mir zustehen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich weiß ganz sicher: In jedem Jahr als Bundesfinanzminister habe ich weit weniger als 30 Tage Urlaub genommen. Ich war immer dafür, auch die Minister in die Kürzung der Lohnfortzahlung einzubeziehen.

    (Peter Dreßen [SPD]: Dann machen Sie das doch!)

    - Warten Sie doch! Die SPD sollte das Bezügefortzahlungsgesetz passieren lassen. Dann tritt ein, daß wir genauso behandelt werden wie jeder Arbeitnehmer. Das halte ich für richtig.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Politiker müssen genauso gestellt werden wie die Arbeitnehmer. Nichts anderes haben wir hier gefordert, und für nichts anderes werden wir eintreten.
    Ich möchte mich nun vor allen Dingen bei denen bedanken, die die Hauptlast der Beratungen in den letzten Tagen und Wochen getragen haben: beim amtierenden Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Kurt Rossmanith, und bei Ihnen, Herr Wagner,
    die Sie gemeinsam viel Arbeit haben leisten müssen. Wir hoffen alle, daß das nächste Mal unser Kollege Wieczorek diese Arbeit - wie immer vorzüglich - wieder leisten kann.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Wir alle haben uns gefreut, daß er einmal vorbeikommen konnte und daß wir sahen, daß er auf dem Weg der Besserung ist.
    Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuß und bei den Mitarbeitern des Ausschusses, die eine unglaubliche Arbeitsleistung erbringen.
    Ich bedanke mich auch bei den Mitarbeitern des Finanzministeriums. Sie stehen der Koalitionsarbeitsgruppe für Formulierungshilfen zur Verfügung, aber selbstverständlich auch Ihnen von der Opposition. Diese Dienstleistung muß nur abgerufen werden. Es ist die dienende Funktion eines Ministeriums, den Abgeordneten im Haushaltsausschuß zur Verfügung zu stehen, wenn es darum geht, Formulierungshilfe zu leisten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Am 30. Oktober habe ich in der damals von der Opposition am Weltspartag angezettelten Bundestagsdebatte allen Propheten, die eine Nichteinhaltung der Haushaltseckwerte vorhersagten, erwidert: Das Gegenteil werden wir beweisen. - Genauso ist es.
    Herr Wagner, jetzt muß ich schon - trotz des Lobes, das ich Ihnen vorhin für Ihre Arbeit gezollt habe - ein paar Bemerkungen zu Ihrer Rede machen: Sie haben Reminiszenzen an große Unternehmerpersönlichkeiten vor 100 Jahren dargebracht. Meinen Sie eigentlich, daß die Welt der Arbeitnehmer heute so sein sollte, wie die Welt der Arbeitnehmer damals war? Glauben Sie, daß man heute Unternehmenspolitik unter den Umständen betreiben kann, wie man es vor 50 oder vor 100 Jahren getan hat?

    (Zurufe von der SPD)

    Es genügt doch nicht, uns auf der einen Seite vorzuhalten, wir würden in den Kategorien des letzten Jahrhunderts verharren, wir seien unsozial, wenn Sie auf der anderen Seite eine Welt vor 100 Jahren glorifizieren, die mit unserer sozialen Welt von heute nichts zu tun hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es war doch geradezu abenteuerlich, was Sie über die Importkohle und die Kohleförderung gesagt haben.

    (Zuruf von der F.D.P.: Ja!)

    So etwas Dümmliches habe ich wirklich seit Jahren im Deutschen Bundestag nicht mehr gehört.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Unglaublich!)

    Von Ihnen als einem sachkundigen Mann aus dem
    Haushaltsausschuß hier zu hören, wer für Import-

    Bundesminister Dr. Theodor Waigel
    kohle sei, sei für Kinderarbeit in Kolumbien, ist eine Unverfrorenheit, für die Sie sich entschuldigen sollten. Eine bodenlose Unverfrorenheit!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir beziehen Importkohle zum Beispiel aus Australien. Herrscht dort Kinderarbeit? Wird dort die Kohle mit Hilfe von Kindern gefördert? Das zu behaupten ist geradezu dümmlich.
    Lieber Herr Wagner, man kann in diesem Hause jemanden gern mögen oder weniger gern mögen. Aber so mit dem Kollegen Hintze umzugehen,

    (Ernst Schwanhold [SPD]: War genau richtig!)

    indem Sie ihm unverschämterweise unterstellen, daß er seines Berufes nicht würdig sei, steht Ihnen nicht zu. Entschuldigen Sie sich in aller Form für die Gemeinheit, die Sie hier einem Kollegen gegenüber entgegengebracht haben!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Kommen Sie doch zur Sache!)

    Die Haushaltseckwerte

    (Zuruf von der PDS: Na endlich!)

    sind sogar noch verbessert worden. Der Bundeshaushalt 1997 setzt mit seinem deutlichen Ausgabenrückgang ein Zeichen für die Rückführung der Staatsquote auf das vor der Wiedervereinigung erreichte Niveau. Dazu kommt: Die in Art. 115 des Grundgesetzes gesetzte Obergrenze für die Neuverschuldung wird klar eingehalten. Die Zahlen belegen: Deutschland wird sich für die Währungsunion qualifizieren.
    Die Beratungen im Finanzplanungsrat haben gezeigt: Die Länder und die Kommunen werden ihre Defizite ebenfalls zurückführen. Wir werden 1997 ein Defizit von etwa 2,5 Prozent des BIP erreichen. Der Sachverständigenrat hat im übrigen darauf hingewiesen, daß das Ziel sehr wohl erreicht werden könne und daß in seiner Prognose - der des Sachverständigenrats - noch nicht alle Haushaltsentscheidungen berücksichtigt seien.
    Der Vorwurf der Opposition, wir hätten mehr für die Bundesanstalt für Arbeit ansetzen müssen, geht ins Leere. Sie wissen ganz genau: Die geplanten Sparmaßnahmen erbringen 5,5 Milliarden DM. Das ist genau die Differenz zwischen dem Ansatz im Haushalt der Bundesanstalt und dem Ansatz im Bundeshaushalt.
    Es gibt allerdings ein Haushaltsrisiko, und zwar die SPD-Blockadepolitik im Bundesrat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Widerspruch bei der SPD)

    Nachdem Sie schon in den letzten Jahren Einsparungen in Milliardenhöhe blockiert haben, geht es für den Bundeshaushalt 1997 um 6 Milliarden DM. Ich hoffe, daß sich die SPD-Mehrheit im Bundesrat auf die eigentliche Rolle dieses Verfassungsorgans besinnt und eigene Länderinteressen wirklich wahrnimmt.
    Der Haushalt 1997 ist konjunkturgerecht und fördert das Wachstum. Bundeskanzler Kohl hat zu Recht auf die herausragende Rolle der erreichten Preisstabilität für niedrige Zinsen, Wachstum, neue Arbeitsplätze und vor allem für die soziale Gerechtigkeit hingewiesen. Preisstabilität sei nicht alles, behauptet dagegen Ministerpräsident Lafontaine. Der Haushalt 1997 führe im übrigen zu einer konjunkturschädlichen Parallelpolitik.
    Aus der Mitte der 70er Jahre ist mir noch die ökonomische Ansicht eines führenden SPD-Politikers in Erinnerung: Lieber 5 Prozent Inflation als 5 Prozent Arbeitslosigkeit.

    (Lachen bei der CSU/CSU Zuruf von der CDU/CSU: Das ist der, der jetzt Briefe nach Frankfurt schreibt!)

    Anschließend wurden die Staatsausgaben erhöht und sogenannte Konjunktur- und Beschäftigungsprogramme aufgelegt. Was war der Erfolg? - Inflation und Arbeitslosigkeit. Die Wirkung dieser verfehlten Politik mußten wir mühsam beseitigen.

    (Eckart Kuhlwein [SPD]: Welche Arbeitslosigkeit haben wir heute?)