Rede von
Dr.
Max
Stadler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über die Portoerhöhung, die vielleicht ansteht, wird erst am Montag entschieden. Dann können wir uns mit diesem Thema befassen.
Obwohl wir heute zum letzten Mal einen Haushalt des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation diskutieren, gibt es doch noch sehr viel Bewegung in diesem Politikbereich.
Im Sektor Telekommunikation hat der Bundestag seine Hausaufgaben mit der Verabschiedung des TKG erledigt. Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes ist eine außerordentlich wichtige Maßnahme für den Wirtschaftsstandort Deutschland und damit für Wachstum und Arbeitsplätze.
Der erfolgreiche Börsengang der Telekom beruht nach meiner Überzeugung nicht nur auf einer geschickten Werbestrategie, sondern spiegelt auch die Erwartung sowohl der institutionellen wie auch der privaten Anleger wider, daß es sich bei der Telekommunikation um einen zukunftsträchtigen Wirtschaftszweig handelt.
Unsere Zielsetzung besteht. aber nicht etwa in einer besonderen Förderung eines Monopolisten, sondern darin, daß sich unter den neuen gesetzlichen Bedingungen Wettbewerb im gesamten Telekommunikationsmarkt entwickelt. Das nützt den Verbrauchern.
Daher erwartet die F.D.P.-Fraktion vom Wirtschaftsministerium den baldigen und zügigen Aufbau der Regulierungsbehörde. Erfahrungen aus dem Ausland, etwa aus Schweden, zeigen, welch entscheidende Funktion der Regulierungsbehörde bei der Entwicklung des Wettbewerbs zukommt. Gesetzliche Rahmenbedingungen alleine reichen nach diesen Erfahrungen nämlich nicht aus, wenn sich der Regulierer anschließend noch zu sehr dem Monopolisten verpflichtet weiß. Allerdings sind in Deutschland potente Wettbewerber in den Startlöchern, so daß wir der Entwicklung eines echten Marktes mit Zuversicht entgegensehen können.
Streit besteht dagegen noch darüber, wie rasch wir die Liberalisierung im Bereich der gelben Post vorantreiben sollen. Es ist kein Geheimnis, daß die F.D.P.-Fraktion den Referentenentwurf für ein neues Postgesetz noch für diskussionsbedürftig hält.
Uns erscheint insbesondere die Frist für die Beibehaltung des geschützten Bereichs im Briefdienst bis zum Jahr 2002 als zu lang. Wir meinen, daß die Deutsche Post AG in der Lage ist, sich dem Wettbewerb auch hier schon früher zu stellen, und lassen uns dabei von unserer Grundüberzeugung leiten, daß der Wettbewerbsdruck nicht nur den Verbrauchern, sondern letztlich auch den betroffenen Unternehmen nützt.
Zu Recht verweist die Deutsche Post AG immer wieder auf das Spannungsfeld, in dem sie agieren muß. Sie kann ihre Entscheidungen nicht rein betriebswirtschaftlich ausrichten, sondern ist zugleich dem Infrastrukturauftrag verpflichtet, woran auch nicht gerüttelt werden darf.
Ob alle politischen Vorgaben, die der Post AG gemacht werden, klug sind, darf füglich bezweifelt werden. So spielt beispielsweise in jeder Postdebatte in diesem Hause die Frage nach dem Umfang das Filialnetzes eine große Rolle. Die Bürger fordern eine umfassende Präsenz der Post AG auch in der Fläche. Das ist verständlich, verursacht aber enorme Kosten.
Trotz hoher Aufwendungen sind die Kunden offenbar mit dem herkömmlichen Filialnetz nicht zufrieden, insbesondere nicht mit den Öffnungszeiten. Auf der anderen Seite ist es mittlerweile eine allgemeine Erfahrung, daß die Postagenturen wesentlich besser angenommen werden. Daher ist es aus meiner Sicht nicht recht logisch, sich ständig den Kopf darüber zu zerbrechen, wie groß die Zahl der posteigenen Filialen sein muß. Entscheidend ist doch ein umfassendes Angebot an Postdienstleistungen auch in der Fläche, uninteressant ist für den Bürger dagegen die Betriebsform.
Wiederum erweitert ein Blick über die Landesgrenze den Horizont. In England gibt es gar keine politische Vorgabe über den Umfang der posteigenen Filialen, dennoch - man höre und staune - existiert dort das dichteste Postfilialnetz in ganz Europa. Dieses Beispiel sollte man vielleicht einmal näher untersuchen und überlegen, ob sich daraus nicht Konsequenzen für unsere Postpolitik ergeben müßten.
Nach allgemeiner Ansicht ist für die Präsenz der Post in der Fläche die Kooperation zwischen Postbank und Post AG von größter Bedeutung. Der vor kurzem abgeschlossene Grundlagenvertrag zwischen diesen beiden Unternehmen wird von der F.D.P. als solide Basis für eine dauerhafte Zusammenarbeit begrüßt.
Klar ist nach unserer Auffassung jedoch, daß die Absprachen zur Beteiligung der Post AG an der Postbank nicht Bestandteil des jetzt gefundenen Kompromisses sind. Vielmehr sind die im Sommer dieses Jahres hierzu getroffenen Vereinbarungen der Koalition weiterhin gültig.
Meine Damen und Herren, die Zusammenarbeit zwischen Post AG und Postbank sowie die Vorlage eines Filialkonzeptes sind zwei Voraussetzungen, die im Regulierungsrat bei der Frage der Genehmigung der Portoerhöhung eine Rolle gespielt haben.
Zweifel sind aus der Sicht der F.D.P. aber noch bei einem dritten Punkt anzumelden. Wir fordern ein
Dr. Max Stadler
überzeugendes Konzept der Post AG für den Frachtbereich. Dazu gehört zum Beispiel die Erörterung der Frage, wie die offensichtlich überdimensionierten Frachtzentren gemeinsam mit Privatunternehmen genutzt werden könnten. Die Planung der Post AG, bei der Frachtpost bundesweit 300 Zustellbezirke an private Transportunternehmen zu vergeben, ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung.
Dennoch kann wegen der Probleme im Frachtbereich und wegen der augenscheinlichen Gefahr einer Quersubventionierung von der F.D.P. - jedenfalls in der heutigen Debatte - eine Zustimmung zu den Portoerhöhungen nicht zugesagt werden.
Meine Damen und Herren, ich bin der Überzeugung, daß diese wie auch die anderen skizzierten Fragen gemeinsam einer Lösung zugeführt werden, so daß die Post- und Telekommunikationspolitik insgesamt den richtigen Weg einschlägt, nämlich Rahmenbedingungen für ein optimales Angebot an Post- und Telekommunikationsdienstleistungen für die Wirtschaft und Privatkunden zu schaffen. Daher stimmen wir dem Einzelplan 13 zu.