Rede von
Dr.
Manuel
Kiper
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Kollege Hammerstein, ich hatte eben den Eindruck, daß Ihre Konzeptionslosigkeit in der Haushaltspolitik und auch in der Postpolitik selbst dem Herrn Bundespostminister ein bißchen zu weit geht, der - das ist hier das eigentliche Thema - die Weichen in der letzten Zeit offensichtlich nicht in die richtige Richtung stellt, sondern sie eher ein bißchen verbiegt.
Herr Minister, Sie haben die Privatisierung von Post und Telekommunikation über die Bühne gebracht. Wir beraten hier ja wahrscheinlich das letzte Mal über einen Posthaushalt. Ihr eigenes Privatisieren haben Sie bereits eingefädelt. Bedauerlicherweise ist das, was Sie hinterlassen, aber nicht das, was wünschenswert gewesen wäre.
Ich möchte zunächst etwas zu dem Kooperationsvertrag sagen, der nun unter Dach und Fach ist. Der Abschluß dieses langfristigen Kooperationsvertrages war längst überfällig. Die Konditionen des Vertrags gehen eher zu Lasten der Post AG; das ist ziemlich klar. Die Postbank spricht von einem für sie akzeptablen Ergebnis.
Dr. Manuel Kiper
Es kommt sicher nicht von ungefähr, daß die Post AG nur unter Vorbehalt unterschrieben hat. Ich kann Ihnen, Herr Minister, nur wünschen, daß Sie sich im Kabinett gegen die F.D.P. durchsetzen, daß die Post AG tatsächlich 25 Prozent des Aktienkapitals bekommen wird. Das ist der Vorbehalt.
Sinnvollerweise hätten natürlich 25 Prozent des Aktienkapitals plus eine Aktie bei der Post AG landen müssen, um den Infrastrukturauftrag der Post AG besser abzusichern.
Der Bundespostminister sowie die CDU-SPD-
Mehrheit im Postregulierungsrat haben die Post AG gemeinsam zur Unterschrift unter diesen Kooperationsvertrag getrieben und gleichzeitig auch gelockt; denn die Post - das ist in Aussicht gestellt worden - darf sich durch Erhöhung der Porti in den nächsten Monaten an den Kunden schadlos halten.
Herr Minister, Ihre Postpolitik trägt damit ein Markenzeichen, nämlich: weniger Service, weitere Wege, höhere Gebühren. Ich meine: ein schlechter Abgang.
Meine Damen und Herren, der Kooperationsvertrag ist ein wichtiger, aber ungenügender Beitrag zur Absicherung des Postfilialnetzes. Die Post AG müßte auf ein modernes Dienstleistungsnetz für das 21. Jahrhundert setzen.
Wir kennen inzwischen das von der Deutschen Post AG vorgeschlagene Filialkonzept. Bis zum Jahr 2000 - das ist derzeit vorgesehen - sollen nur noch 6 000 eigenbetriebene Filialen - das ist die Mindestzahl - übrigbleiben. Längerfristig sollen möglicherweise sogar nur noch 5 000 Filialen aufrechterhalten werden. Wir kennen die Zahlen aus den 80er Jahren. Anfang der 80er Jahre waren es noch über 26 000 Filialen. Das heißt, die Ausdünnung beträgt 1: 5.
Für diese Ausdünnung spricht in der Tat, Kollege Hammerstein, eine isolierte Wirtschaftlichkeitsrechnung der Post AG. Vernichtet werden dabei allerdings 20 000 Arbeitsplätze. Der Verkehr nimmt zu und die Wege werden weiter, um eine funktionstüchtige Postfiliale mit ihren Dienstleistungen zu erreichen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, beschworen wird die Dienstleistungsgesellschaft. Die Zahl der Dienstleistungen nimmt aber ab. Die Post hätte ihr einzigartiges Filialnetz für den Aufbau von Bürgerservicebüros in der Fläche nutzen müssen. Wir haben einen Antrag hierzu in den Bundestag eingebracht. Bedauerlicherweise scheint es für ein solches Konzept schon fast zu spät zu sein.
Kollege Hammerstein und auch Kollege Rübenkönig sind auf den Verkauf der Lizenzen eingegangen. Zum Stopfen seiner Haushaltslöcher hat der Finanzminister die Lizenz- und Frequenzgebühren saftig in die Höhe getrieben. Waigel will im Posthaushalt auf diese Art und Weise insgesamt 1,8 Milliarden DM einnehmen.
Ich möchte erinnern, daß es in der Begründung zum Telekommunikationsgesetz noch hieß:
Die Sorge, daß über die Schätzung des wirtschaftlichen Wertes eine so hohe Lizenzgebühr erhoben werden könnte, daß darin faktisch eine Marktzutrittschance für potentielle Lizenznehmer geschaffen werden könnte, ist von daher unbegründet.
Wir müssen heute feststellen, daß der Finanzminister und die Haushälter der Koalition dieses Telekommunikationsgesetz in seiner Zielsetzung, Wettbewerb zu schaffen, ad absurdum führen. Die Großunternehmen, die Töchter der Energieversorger, können sich Lizenzgebühren in Höhe von 40 Millionen DM durchaus leisten; für sie sind das Peanuts. Für innovative Dienstleister sowie kleine und mittlere Unternehmen wird damit allerdings eine Marktzugangsbarriere geschaffen.
Herr Minister, aus unserer Sicht ist es zwar richtig, Lizenzgebühren zu nehmen. In der Tat muß man nicht davon ausgehen, daß Frequenzen ein freies Gut sind. Aber die Gebühren müssen gerecht sein. Sie haben die Kommunen um ihren gerechten Anteil am Gebührenkuchen betrogen.
Zum WIK nur eine Bemerkung: Der Haushaltsausschuß war der Auffassung, daß dieses Wissenschaftliche Institut für Kommunikationstechnik unbedingt gebraucht wird, um die zukünftige Regulierungsbehörde zu beraten. Ich freue mich, daß dessen Streichung weggefallen ist.
Noch eine Bemerkung zu dem Run auf die T-Aktie. Es wird sich erst noch zeigen müssen, ob mit dieser Emission dem Börsenplatz Deutschland langfristig wirklich großer Nutzen beschert wurde.
Ich möchte bezweifeln, daß die Aktienemission auf Dauer dazu beitragen wird, in Deutschland ein besseres Klima für Aktienemissionen von jungen Technologieunternehmen zu schaffen.
- Nein, ich habe das seinlassen.
Wir brauchen moderne Post- und Telekommunikationsdienstleistungen. Herr Minister, die Modernisierung mit der Brechstange der Privatisierung ist Ihnen zwar geglückt. Aus dem Blick geraten ist Ihnen aber der Auftrag flächendeckender und ausreichender Dienstleistungen. Sie hätten die anstehende Erhöhung der Briefporti überflüssig machen müssen. Sie, Herr Minister, haben nicht verhindert, daß der Finanzminister die Steuergeschenke an die F.D.P.
Dr. Manuel Kiper
durch die Hintertüre der Portoerhöhungen letztlich wieder hereinholen wird.
Ich danke Ihnen.