Liebe Kollegen, es wird etwas schwierig werden, weil ich als nüchterner Norddeutscher nicht so unbedingt den Hang zu Büttenreden habe.
Herr Kollege, ich hoffe auch, Sie haben nichts gegen Personen mit Sommersprossen.
Nicht alles, was hinkt, kann man vergleichen, sage ich einmal.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist sicher landauf und landab bekannt, daß wir uns in einer schwierigen haushaltspolitischen Lage befinden.
Das leugnet niemand.
Es ist sicher auch unbestritten, daß man in etwas schwierigen Zeiten einen festen Zeitplan haben muß und daß dieser dann auch einzuhalten ist. Aus diesem Grunde haben wir als Koalition natürlich Wert darauf gelegt, daß dieser Zeitplan eingehalten wird.
Susanne Jaffke
Aber gestatten Sie mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine ganz persönliche Bemerkung: In diesem Jahr waren die Beratungen für mich ganz besonders spannend, nicht wegen der besonderen Situation in unserem Land und in Europa, sondern weil gerade zu dieser Zeit ein junger Praktikant aus Rußland im Rahmen des internationalen Austauschprogramms des Deutschen Bundestages sein Praktikum in meinem Büro absolviert. Er hat sich logischerweise auch mit der deutschen Haushaltsproblematik und den derzeitigen Schwierigkeiten beschäftigen müssen.
In Rußland, sagt er, gab es ähnliche Probleme; es gibt sie auch heute noch. Die Ausgaben überschritten die Einnahmen bei weitem, und die ganze Wirtschaft ist schiefgegangen. - Für diesen jungen Mann ist klar, daß man nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch eine sehr interessante Feststellung.
Gibt es diese Einstellung in unserem Land eigentlich nur noch bezüglich des privaten Portemonnaies? Manchmal drängt sich mir der Verdacht auf, daß sich anderer Leute Geld viel leichter ausgeben läßt als das eigene. Aber Ausgaben im Haushalt, öffentliche Ausgaben, sind immer Ausgaben anderer Leute Geld.
Da nun das Geld anderer Leute nicht so reichlich in alle unsere Staatskassen sprudelt, müssen wir uns wohl oder übel Gedanken machen, wie man das Ausgabeverhalten sinnvoll gestaltet. Dabei spielt schon eine Rolle, ob eine öffentliche Diskussion über neue Steuern oder Steuererhöhungen geführt wird oder ob man eine Diskussion darüber führt, den allmächtigen Vater Staat ein wenig aus der Überregelungs- und Verantwortungswütigkeit zu entlassen.
Dabei müssen wir wohl erkennen, daß wir unsere eigenen Anforderungen an andere und an den Staat ein wenig zurücknehmen müssen.
In diesem Zusammenhang habe ich vor kurzem mit großem Interesse die Anmerkungen des Kollegen Schwanhold zur Höhe der ABM-Gehälter Ost und die Gedanken des NRW-Wirtschaftsministers Clement zu den sogenannten Einstiegstarifen gelesen. Sie sind schon wichtig in unserer Zeit. Aber sind sie auch mehrheitsfähig?
Schauen wir doch zum Vergleich in Länder wie Schweden, Österreich, Dänemark oder die Niederlande. Auch Frankreich und Italien sind sehr ehrgeizig darin, ihre Staaten zu reformieren. In diesen Ländern werden Reformen in den Sozialversicherungen, bei Industriesubventionen und im öffentlichen Dienst nicht nur eingeleitet, sondern auch durchgeführt. Warum gestalten sich solche Reformen bei uns eigentlich so schwierig?
Nach Aussage des Chefvolkswirts der Deutschen Bank, Professor Walter, entstanden allein im letzten Jahr in den USA netto rund 3 Millionen neue Arbeitsplätze, die meisten davon von überdurchschnittlich hoher Qualität und Entlohnung. In Relation zur Größe der deutschen Wirtschaft bedeutet dies nach seiner Prognose, daß wir die Zahl der Erwerbslosen in Deutschland pro Jahr um eine Million reduzieren könnten, wenn es uns gelänge, eine Dynamik vergleichbar der in den USA zu entfachen.
Deutschland braucht ein investitionsfreundliches Steuersystem, das heißt, weniger Steuern und eine niedrigere Gesamtbelastung sowohl für Unternehmen als auch für Arbeitnehmer. Dazu zählt für mich natürlich auch der Wegfall der Gewerbekapitalsteuer zum 1. Januar 1997.
Der Sachverständigenrat stellt dazu in seinem jüngsten Gutachten fest - ich zitiere -:
Wenn die Gewerbekapitalsteuer nicht für die gesamte Bundesrepublik abgeschafft wird, ist aus europarechtlichen Gründen kaum zu vermeiden, daß sie vom Jahre 1997 an auch in den neuen Bundesländern erhoben wird. Das wäre ein folgenschwerer Fehler.
Und weiter:
Die Gewerbekapitalsteuer ist generell wenig förderlich für Wachstum und Beschäftigung; in der besonderen Situation der neuen Bundesländer wäre ihre Einführung geradezu widersinnig.
Der Sachverständigenrat stellt weiter fest, daß der wirtschaftliche Aufbau in den neuen Bundesländern große Fortschritte gemacht hat. Er verweist aber auch auf die grundlegende Schwierigkeit, daß die Wirtschaftspolitik einerseits den Aufbauprozeß durch Transfers massiv unterstützen muß - was wir mit dem Bundeshaushalt 1997 auch weiterhin tun -, andererseits aber nicht zulassen darf, daß durch Gewöhnung an Subventionen das behindert wird, was anzustreben ist, nämlich die Entstehung starker und eigenständiger Wirtschaftsregionen. Deswegen müssen bei aller öffentlichen Förderung auch Prioritäten gesetzt werden.
Ich denke, daß der Einzelplan 08 diesem Anliegen gerecht wird. Neben den Bereichen Bundesliegenschaften, Finanzverwaltung, Monopolverwaltung, Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen sowie Kredit- und Versicherungsaufsichtswesen finden sich in ihm nun auch die Bundesbeteiligungen sowie die BvS mit ihren Wirtschaftsplänen wieder. Ich möchte hier nochmals besonders auf zwei Aspekte eingehen, zum einen auf die Liegenschaftsverwertung durch den Bund und zum anderen auf die Nachfolgeeinrichtung der Treuhandanstalt.
Seit dem 3. Oktober 1990 wurden dem allgemeinen Grundvermögen - im wesentlichen bedingt durch die Aufgabe militärischer Standorte - Liegenschaften mit einer Gesamtfläche von 385 625 Hektar zugeführt. Dies entspricht etwa der Fläche des Saarlandes und Berlins zusammen. Zu diesen Liegenschaften gehören Kasernenanlagen, Wohnliegenschaften mit rund 155 500 Wohnungen, Flugplätze,
Susanne Jaffke
Übungsplätze mit rund 217 840 Hektar sowie land-und forstwirtschaftliche Flächen. Auf Grund der Truppenreduzierungen der alliierten Streitkräfte und der Bundeswehr ist auch 1997 noch mit weiteren Grundstückszuführungen in das allgemeine Grundvermögen zu rechnen.
In den neuen Bundesländern sind knapp 141 000 Hektar unentgeltlich an Verfügungsberechtigte übertragen oder restituiert worden. Die Länder Brandenburg, Sachsen und Thüringen haben alle WGT-Liegenschaften im Komplex übernommen. Vermarktungs- und Nutzungskonzeptionen unterfallen nunmehr der Länderhoheit. Die Länder Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern haben dieses Angebot leider nicht angenommen.
Was die Verwertung bundeseigener Wohnungen in den neuen Bundesländern angeht, so läßt sich folgendes feststellen: Im Gegensatz zu den alten Bundesländern wird die Verwertung durch die TLG wahrgenommen. Auch hier hat es eine zügige Veräußerung vor allem an derzeitige Mieter gegeben. Verzögerungsgründe bei der beschleunigten Privatisierung beschreiben die Verantwortlichen hier mit schwierig zu klärenden Eigentumsverhältnissen oder mangelnder Finanzierungsbereitschaft von Banken.
Darüber hinaus leistet die Bundesvermögensverwaltung insbesondere an den Außengrenzen der EU für Angehörige des Zolls, des BGS und der Bundeswehr aktive Wohnungsfürsorge und somit einen Beitrag zur Strukturverbesserung in den Grenzregionen zu Polen und Tschechien.
Der Bund räumt auch für den Haushalt 1997 großzügig Verbilligungen ein. Dies ist eine kommunenfreundliche Veräußerungspraxis des Bundes. Die Verbilligungsrichtlinien gelten auch weiterhin - unter Voraussetzung einer Nutzungbindung von mindestens 20 Jahren - für Altenheime, Bildungseinrichtungen und Werkstätten für geistig und körperlich Behinderte, Beratungsstellen für Suchtgefährdete, Frauenhäuser, Einrichtungen für Obdachlose, Kinder- und Jugendhilfeobjekte, Hochschulen und Schulen. Außerdem können nunmehr auch bundeseigene Sportanlagen, die bisher von der Bundeswehr oder von alliierten Streitkräften genutzt wurden, an Länder, Kommunen oder gemeinnützige Sportvereine verbilligt abgegeben werden.
Gestatten Sie mir bitte noch ein Wort zum Bundeszuschuß für die Nachfolgeeinrichtungen der Treuhandanstalt. Die Aufgabenerledigung bei der BvS ist inzwischen sehr gut vorangekommen. Die Ausgaben der BvS können 1997 daher deutlich zurückgeführt werden. Ihre Ausgaben kann die BvS im wesentlichen durch eigene Einnahmen aus der Abwicklung und aus dem Vertragsmanagement finanzieren.
Der Wirtschaftsplan der BvS hat in enger Abstimmung mit dem Bundesrechnungshof eine hohe Flexibilität bei der Bewirtschaftung der einzelnen Titel. Da die Beschäftigten in diesen Unternehmen zu über 80 Prozent eine - so möchte ich fast sagen - Lebensbiographie Ost haben, möchte ich hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Wort des Dankes und der Anerkennung für diese erbrachten Leistungen zum
Ausdruck bringen. Bei all meinen Besuchen vor Ort konnte ich immer wieder feststellen: Dort wird wenig auf Arbeitszeit geschaut, Überstunden gehören zum Alltag, und die hohe Flexibilität aller Mitarbeiter dort verdient alle Achtung.
Zu bemerken bleibt weiterhin, daß die Unternehmen GVV - für den Unkundigen: Gesellschaft zur Verwahrung und Verwertung von stillgelegten Berg-werksbetrieben -, EWN - Energiewerke Nord - und LMBV - Lausitzer und Mitteldeutsche Braunkohleverwertungsgesellschaft - mit ihren Bundeszuschüssen nicht nur einen aktiven Beitrag zur Abarbeitung der aus dem Sozialismus ererbten Umweltsünden leisten, sondern auch in hohem Maße ihrer Verpflichtung nachkommen, in den Regionen für Ausbildungsplätze zu sorgen. Somit tragen sie nicht unwesentlich dazu bei, jungen Menschen in diesen strukturschwachen Regionen durch gute Ausbildung eine Chance für das spätere Erwerbsleben zu eröffnen.
Meine Damen und Herren, die Arbeit der Nachfolgeeinrichtungen der Treuhandanstalt mag häufig kritisiert werden. Wir sollten aber nicht vergessen, daß sie einen wichtigen Beitrag zum Aufbau einer eigenständigen Wirtschaftsregion und zur Sicherung bereits bestehender Unternehmen und damit von Arbeitsplätzen leisten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir zum Abschluß noch ein Wort des Dankes an den Bundesfinanzminister.
Niemand hat derzeit ein schwierigeres und unpopuläreres Amt zu leiten als er.
Für seinen Einsatz und seine Standfestigkeit möchte ich ihm von hier aus nochmals herzlich danken
und ihm die besten Genesungswünsche übermitteln.
Bedanken möchte ich mich auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuß für die gute Zusammenarbeit, auch wenn wir mitunter ziemlich ruppig miteinander umgehen. Der besondere Dank geht an die immer freundlichen Mitarbeiter unseres Sekretariats sowie des Ministeriums, die es manchmal wahrlich nicht leicht haben, Gemütszustände von Abgeordneten gelassen zu tragen.
Ich danke vielmals für die Aufmerksamkeit.