Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Problem einer notwendigen Stärkung des Risikokapitalmarktes in Deutschland ist der Bundesregierung wohlbekannt, und sie hat, Herr Kollege Schwanhold, hierzu schon längst Maßnahmen ergriffen. Wenn Sie hier den Eindruck erwecken wollen, die Bundesregierung sei erst im März dieses Jahres auf den Plan getreten, dann stellt das wirklich die Dinge auf den Kopf.
Parl. Staatssekretär Dr. Heinrich L. Kolb
Herr Kollege Schwanhold, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen,
- nein, das müssen Sie nicht -, daß eine Ressortarbeitsgruppe, übrigens unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft, bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 1995 einen Bericht über Risikokapital für Existenzgründer und mittelständische Unternehmen erstellt hat, und zwar mit einer Reihe von ganz konkreten Vorschlägen? Diese Vorschläge sind in der Kanzlerrunde im Januar 1996 öffentlich geworden. Sie sind Teil des Jahreswirtschaftsberichtes.
- Ich komme darauf zurück. Ihr Antrag datiert vom 9. Februar dieses Jahres, also fürwahr eine rasche Reaktion der SPD-Fraktion. So sehen die Dinge in Wirklichkeit aus.
Es ist aber zu begrüßen, Herr Kollege Schwanhold, Herr Kollege Bury, daß die SPD in ihrem später datierenden Antrag zu derselben Analyse kommt wie auch die Bundesregierung, nämlich daß es bei der privaten Risikokapitalversorgung vor allen Dingen bei den Gründern, aber auch bei wachstumsstarken kleinen und mittleren Unternehmen und Unternehmen in den neuen Bundesländern eine Lücke gibt. Diese Lücken können zwar teilweise durch staatliche Programme geschlossen werden. Ich nenne hier etwa das ERP-Existenzgründungsprogramm, das ERP-Beteiligungsprogramm oder das Eigenkapitalhilfeprogramm
und auch den Beteiligungsfonds Ost, Beteiligungen der Deutschen-Ausgleichsbank-Tochter tbg. Es gibt also eine ganze Menge von Maßnahmen, aber es muß darüber hinaus eine Verbesserung der staatlichen Rahmenbedingungen geben.
- Wir haben die Eigenkapitalhilfe nicht gekürzt. Es ist zu keinen Engpässen gekommen. Das Entscheidende ist, Herr Kollege Schwanhold, daß alle Anträge auf Eigenkapitalhilfe bedient werden können. Darum geht es letztendlich. Wir brauchen aber auch verstärkt private Initiativen.
Frau Wolf, ich bin gern bereit, heute auch hier noch einmal zu sagen: Was wir gesamtwirtschaftlich brauchen, sind in erster Linie Gründer, sind kleine und mittlere Unternehmen, die Beschäftigung schaffen. Das Wachstum und die Aktivitäten dieser Unternehmen dürfen nicht an fehlendem Eigenkapital scheitern.
Es ist übrigens schwer verständlich, wenn Sie sagen, die Sündenbock-Rhetorik stamme von der Koalition. Ich glaube, wenn man den Begriff Sündenbock in Richtung des Begriffes Ausbeutung weiterdenkt, was manche in der Opposition - nicht die Koalition - mit dem Begriff Unternehmer in Verbindung bringen, dann ist diese Ausbeutungs-Rhetorik doch sehr viel näher bei Ihnen, bei der SPD, oder auch bei der PDS.
Schieben Sie uns hier bitte nicht falsche Termini in die Schuhe!
Immerhin, die SPD erkennt an, daß nicht allein der Staat gefordert ist. So hat es auch die Arbeitsgruppe der Bundesressorts gesehen. Wir brauchen die Mitwirkung aller Beteiligten, das heißt der Unternehmen, wir brauchen eine Mentalitätsänderung, anlegerfreundliches Verhalten, mehr Transparenz. Die Banken müssen Unternehmen, aber auch Anleger mehr in Richtung Risikokapital beraten. Versicherungsunternehmen und Kapitalanlagegesellschaften müssen verstärkt die Möglichkeit der Anlage in Risikokapital im Rahmen der Altersvorsorge nutzen.
- Es wird nicht dadurch falsch, daß es darin steht.
- Nein, nein, über die Reihenfolge habe ich Sie eingangs schon nachhaltig aufgeklärt, glaube ich.
Privatanleger müssen ihre Mentalität verändern. Sie müssen auch über die langfristig höheren Chancen, also die langfristig höhere Rentabilität einer Anlage in Risikokapital aufgeklärt werden. Das muß man ganz deutlich sagen.
Es geht letztlich um die Börsen, das heißt um die Schaffung neuer Marktsegmente. So ist, übrigens auch unterstützt vom Bundesministerium für Wirtschaft, die Errichtung eines neuen Marktes für wachstumsstarke, publizitätsfreudige, insbesondere technologieorientierte Unternehmen durch die Deutsche Börse AG vorangetrieben worden. Sie wird ihre Tätigkeit im Frühjahr 1997 aufnehmen. Das ist übrigens entgegen Ihrem Antrag auch ohne eine Gesetzesänderung möglich gewesen. Ferner gibt es weitere Initiativen in Leipzig und in München; das ist hier gesagt worden.
Ich glaube, daß das, was im SPD-Antrag steht - abgesehen von einigen Ladenhütern wie Tariffonds und die kontraproduktiven Vorschläge zu dem Thema „Macht der Banken und Versicherungen" -, durchaus diskussionswürdig ist, aber das, was Sie bringen, ist sehr selektiv. Das muß man doch sehen. Es ersetzt einfach nicht die im Risikokapitalbericht der Bundesregierung enthaltenen Vorschläge. Ich möchte die hier im einzelnen nicht noch einmal aufführen.
Nur, wenn Sie sagen, Frau Kollegin Wolf, wir betrieben hier eine Ankündigungsrhetorik, dann will ich Ihnen sagen: Zu den einzelnen Maßnahmen, die im Jahreswirtschaftsbericht, im Aktionsprogramm
Parl. Staatssekretär Dr. Heinrich L. Kolb
und im Risikokapitalbericht enthalten sind - das taucht an mehreren Stellen auf -, haben wir einen sehr detaillierten Fortschrittsbericht. Wenn Sie es wünschen, bin ich gerne bereit, Ihnen diesen Fortschrittsbericht zuzuschicken. Sie werden sehen, daß wir in allen Punkten sehr hart an der Umsetzung sind.
- Wenn Sie es möchten, kann ich ihn auch Ihnen zuschicken, Herr Kollege Schwanhold.
Sie werden also sehen, wir sind hier hart an der Umsetzung dran. So wird das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz noch in diesem Jahr ins Kabinett gehen, und das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz wird Anfang 1997 ins Kabinett gehen. Jetzt kann man natürlich bedauern, daß es erst dann sein wird; aber es sind eben auch umfassende Maßnahmen, die intensiv beraten werden müssen.
Ich kann hier nur sagen, die Bundesregierung arbeitet an der Sache.
Zum Schluß möchte ich noch etwas persönlichkonstruktiv sagen. Angesichts der gemeinsamen Analyse, Herr Kollege Schwanhold, auch angesichts des gemeinsamen Interesses an der Schaffung verbesserter Rahmenbedingungen für Risikokapitalbildung sollten wir - der Antrag wird jetzt in die Ausschüsse verwiesen - bei der Umsetzung der notwendigen Gesetze zusammenarbeiten. Das dient dem Beschäftigungsziel und verdient von daher unsere gemeinsame Anstrengung.
Vielen Dank.