Rede von
Hubert
Deittert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wir alle sind uns zweifellos darüber einig, daß der Transport von gefährlichen Gütern jeder Art, ob zu Lande, zu Wasser oder in der Luft, mit äußerster Sorgfalt zu behandeln ist.
Die Anforderungen für die sichere Beförderung radioaktiver Stoffe richten sich nach den Empfehlungen der Internationalen Atomenergie-Organisation. Sie werden regelmäßig, im Abstand von zehn Jahren, überarbeitet und dann in internationales und nationales Verkehrsrecht umgesetzt.
Erst vor knapp drei Wochen, am 9. September 1996, wurden auf der Tagung des Board of Governors, des höchsten Gremiums der Internationalen Atomenergie-Organisation, die neuen Richtlinien verabschiedet. Die Revision dieser Empfehlungen war in den vergangenen Jahren intensiv auf Expertenebene vorbereitet worden. Die Bundesregierung hat die Fortentwicklung der Sicherheitsbestimmungen nachdrücklich unterstützt.
Bislang galten für die Behälter, in denen radioaktive Stoffe transportiert werden dürfen, für alle Verkehrsträger im wesentlichen die gleichen Sicherheitsanforderungen. Die jetzt verabschiedeten Empfehlungen enthalten speziell für den Lufttransport eine Neuerung: Für große Mengen radioaktiver Stoffe in leicht dispergierbarer Form wurde eine neue Typklasse von Transportbehältern eingeführt, die sogenannten Typ-C-Behälter. Sie müssen eine besonders hohe Bruchfestigkeit und Hitzebeständigkeit aufweisen.
Es wurden deshalb besonders harte Testbedingungen für diesen Behältertyp festgelegt. Dazu gehören unter anderem ein Aufprall mit 90 Metern pro Sekunde - dies entspricht einer Geschwindigkeit von 324 Stundenkilometern - auf ein unnachgiebiges
Hubert Deittert
Fundament und eine Feuereinwirkung bei 800 Grad Celsius über einen Zeitraum von einer Stunde.
Nur Transportbehälter, die diesen Tests standhalten und als Typ-C-Behälter eingestuft werden, dürfen künftig hochradioaktive Stoffe in beliebiger Form, auch als leicht dispergierbares Pulver, wie beispielsweise Plutoniumdioxid, enthalten.
Die von der Internationalen Atomenergie-Organisation aufgestellten Testbedingungen sind nahezu identisch mit den in den USA geltenden Bestimmungen. Eine Abweichung besteht lediglich bei der im Test angewandten Aufprallgeschwindigkeit. Nach umfangreichen und detaillierten Untersuchungen haben die Experten der Internationalen Atomenergie-Organisation eine Aufprallgeschwindigkeit von 90 Metern pro Sekunde als Standard für das Testverfahren festgelegt. Dazu ist festzuhalten, daß dieser Wert 95 Prozent aller ausgewerteten Flugzeugabstürze abdeckt. Die dabei festgestellten Schäden entsprechen denen bei einem Aufprall mit höchstens 90 Metern pro Sekunde auf ein unnachgiebiges Fundament.
Im übrigen gelten die US-Sicherheitsnormen ausschließlich für Plutonium, die Empfehlungen der Internationalen Atomenergie-Organisation jedoch für alle hochradioaktiven Stoffe einschließlich Plutonium. Der Vorwurf, es würden im Vergleich zu den USA Abstriche beim Sicherheitsstandard gemacht, trifft somit keinesfalls zu.
Logischerweise richten sich die Sicherheitsanforderungen an die Transportbehälter nach den spezifischen physikalischen Eigenschaften des zu transportierenden Materials. Im Klartext heißt das: Nach den neuen Vorschriften ist sowohl beim Lufttransport von MOX-Brennelementen und ähnlichem Material in Typ-B-Behältern als auch beim Transport von radioaktivem Material in beliebiger physikalischer Form in den neuen sogenannten Typ-C-Behältern ein gleichwertiger Sicherheitsstandard gewährleistet.
Es ist also keinesfalls so, daß beim Lufttransport für unbestrahlte MOX-Brennelemente geringerwertige Sicherheitsvorkehrungen festgesetzt werden. Die Sicherheitsstandards für die Lufttransporte von plutoniumhaltigém Material sind so ausgelegt, daß nach einhelliger Einschätzung der internationalen Fachwelt sicherheitstechnisch gegen solche Transporte keine Bedenken bestehen. Bei Einhaltung dieser Sicherheitsanforderungen ist die Beförderung radioaktiver Stoffe einschließlich Plutonium in Flugzeugen sicher.
Meine Kolleginnen und Kollegen, wir nehmen unsere Verantwortung für die Sicherheit der Menschen ernst, aber wir wollen auch keine Ängste schüren, wo kein Anlaß dazu besteht. Tatsache ist, daß sich bis heute im Luftverkehr in der Bundesrepublik Deutschland kein Transportunfall mit radioaktivem Material ereignet hat.
Wir alle wissen: Es gibt keine absolute Sicherheit. Unser Ziel ist höchstmögliche Sicherheit, und davon machen wir keine Abstriche. Das kann jedoch nicht heißen, übereilt und ohne realistische Einschätzung des tatsächlichen Risikopotentials Verbote zu fordern. So einfach können wir uns die Sache nicht machen. Es gilt, Risikofaktoren genau zu analysieren, Gefahrenpotentiale realistisch einzuschätzen und dafür Sorge zu tragen, daß ein optimaler Sicherheitsstandard gewährleistet ist.
Das Sicherheitskonzept für den Lufttransport radioaktiver Stoffe wird diesen Anforderungen voll gerecht. Auch wenn es zu einem Unfall kommen sollte - den niemand hundertprozentig ausschließen kann -, können wir nach menschlichem Ermessen sicher davon ausgehen, daß die Transportvorkehrungen standhalten und sich eine Schädigung von Mensch und Umwelt durch radioaktives Material nicht ereignen wird.