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ID1312605000

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    Plenarprotokoll 13/126 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 126. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. September 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 11327 A Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (Drucksachen 13/4587, 13/4718, 13/ 5606, 13/5607) 11327B, 11331 A Manfred Grund CDU/CSU 11327 D Ulrike Mascher SPD . . 11328D, 11331B, 11336 C Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11331 C, 11337 A Manfred Grund CDU/CSU 11332 B Hans-Dirk Bierling CDU/CSU . . . 11332 C Uwe Lühr F.D.P 11333 A Petra Bläss PDS 11334 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 11335 B Dr. Barbara Höll PDS (Erklärung nach § 31 GO) 11338 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS (Erklärung nach § 31 G0) 11338 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS (Erklärung nach § 31 G0) 11339 A Heidemarie Lüth PDS (Erklärung nach § 31 GO) 11339 D Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Europäische Betriebsräte (Europäische Betriebsräte) (Drucksachen 13/5021, 13/5608) . . 11341 C Peter Keller CDU/CSU 11341 D Leyla Onur SPD 11342 C Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11345 A Dr. Gisela Babel F.D.P 11346 A Hanns-Peter Hartmann PDS 11346 D Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 11347 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Sechsten Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze (Drucksachen 13/3993, 13/ 4069, 13/5098, 13/5325, 13/5642) . . . 11348 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren (Drucksachen 13/3996, 13/5100, 13/5326, 13/5643) . 11348 B Dr. Heribert Blens CDU/CSU 11348 B Otto Schily SPD 11348 D Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11349 B Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 11350 A Eva Bulling-Schröter PDS 11351 A Tagesordnungspunkt 17: Große Anfrage der Abgeordneten Konrad Gilges, Gerd Andres, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Armut in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 13/1527, 13/3339) . 11352 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Gruppe der PDS: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Armut und Obdachlosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland" (Druck sachen 13/583, 13/5617) 11352 B Wolfgang Spanier SPD 11352 B Peter Hintze CDU/CSU . . . . 11354 D, 11358 A Heidemarie Lüth PDS 11357 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11358 C Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . 11360 C, 11370 B Wolf-Michael Catenhusen SPD . . . 11360 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11362 A Petra Bläss PDS 11363 B Wolfgang Zöller CDU/CSU 11365 A Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 11365 D Iris Follak SPD 11367 B Ulf Fink CDU/CSU 11368 C Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 11368 D Konrad Gilges SPD 11369 B Ulrike Mascher SPD 11370 C Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 11372 A Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Abgeordneten Michaele Hustedt, Ursula Schönberger und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Plutoniumtransporte in Flugzeugen (Drucksache 13/3670) . . . 11374 C Ursula Schönberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11374 D Hubert Deittert CDU/CSU 11375 C Wolfgang Behrendt SPD 11376 C Dr. Rainer Ortleb F.D.P. 11377 C Rolf Köhne PDS 11378 B Nächste Sitzung 11378 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11379* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 11379* D 126. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. September 1996 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 27. 9. 96 Antretter, Robert SPD 27. 9. 96 * Augustin, Anneliese CDU/CSU 27. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 27. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Beer, Angelika BÜNDNIS 27. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 27. 9. 96 * Berninger, Matthias BÜNDNIS 27. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Bindig, Rudolf SPD 27. 9. 96 * Dr. Blank, Joseph-Theodor CDU/CSU 27. 9. 96 Blunck, Lilo SPD 27. 9. 96 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 27. 9. 96 Borchert, Jochen CDU/CSU 27. 9. 96 Bredehorn, Günther F.D.P. 27. 9. 96 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 27. 9. 96 * Carstens (Emstek), Manfred CDU/CSU 27. 9. 96 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 27. 9. 96 Herta 1 Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 27. 9. 96 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 27. 9. 96 * Geiger, Michaela CDU/CSU 27. 9. 96 Glos, Michael CDU/CSU 27. 9. 96 Haack (Extertal), SPD 27. 9. 96 * Karl Hermann Hirche, Walter F.D.P. 27. 9. 96 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 27. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Horn, Erwin SPD 27. 9. 96 * Hornung, Siegfried CDU/CSU 27. 9. 96 * Imhof, Barbara SPD 27. 9. 96 Dr. Jacob, Willibald PDS 27. 9. 96 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 27. 9. 96 * Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 27. 9. 96 Kossendey, Thomas CDU/CSU 27. 9. 96 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 27. 9. 96 Lemke, Steffi BÜNDNIS 27. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Lenzer, Christian CDU/CSU 27. 9. 96 * Löwisch, Sigrun CDU/CSU 27. 9. 96 Michels, Meinolf CDU/CSU 27. 9. 96 * Neumann (Berlin), Kurt SPD 27. 9. 96 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 27. 9. 96 Purps, Rudolf SPD 27. 9. 96 Dr. Rappe (Hildesheim) SPD 27. 9. 96 Hermann Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Regenspurger, Otto CDU/CSU 27. 9. 96 Reuter, Bernd SPD 27. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 27. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schlee, Dietmar CDU/CSU 27. 9. 96 Schloten, Dieter SPD 27. 9. 96 * Schmidt (Aachen), Ulla SPD 27. 9. 96 Dr. Schmidt-Jortzig, F.D.P. 27. 9. 96 Edzard von Schmude, Michael CDU/CSU 27. 9. 96 Schütz (Oldenburg), SPD 27. 9. 96 Dietmar Terborg, Margitta SPD 27. 9. 96 * Thieser, Dietmar SPD 27. 9. 96 Titze-Stecher, Uta SPD 27. 9. 96 Tröger, Gottfried CDU/CSU 27. 9. 96 Türk, Jürgen F.D.P. 27. 9. 96 Vosen, Josef SPD 27. 9. 96 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 27. 9. 96 Gert Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 27. 9. 96 Zierer, Benno CDU/CSU 27. 9. 96 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Finanzausschuß Drucksache 13/5295 Nr. 1.12 Drucksache 13/5295 Nr. 1.14 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/4137 Nr. 2.61 Drucksache 13/4137 Nr. 2.87 Drucksache 13/4137 Nr. 2.90 Drucksache 13/4137 Nr. 2.92 Drucksache 13/4466 Nr. 2.18 Drucksache 13/4466 Nr. 2.20 Drucksache 13/4466 Nr. 2.22 Drucksache 13/4466 Nr. 2.54 Drucksache 13/4466 Nr. 2.61 Drucksache 13/4514 Nr. 2.19 Drucksache 13/4514 Nr. 2.42 Drucksache 13/4514 Nr. 2.46 Drucksache 13/4678 Nr. 2.11 Drucksache 13/4678 Nr. 2.17 Drucksache 13/4678 Nr. 2.19 Drucksache 13/4678 Nr. 2.25 Drucksache 13/4678 Nr. 2.28 Drucksache 13/5056 Nr. 2.2 Drucksache 13/5056 Nr. 2.7 Drucksache 13/5295 Nr. 1.1 Drucksache 13/5295 Nr. 1.2 Drucksache 13/5295 Nr. 1.4 Drucksache 13/5295 Nr. 1.5 Drucksache 13/5295 Nr. 1.10
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    Rede von Peter Keller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen jetzt einen Sprung machen von einem wichtigen Gesetz zur deutschen Sozialpolitik hin zu einem wichtigen Thema der europäischen Sozialpolitik.
    Es scheint ja bisweilen so zu sein, daß in Europa die politischen Entscheidungswege besonders lang sind. Aber gerade deshalb freue ich mich heute, daß endlich auch die Arbeitnehmer in europaweit tätigen Unternehmen einen gesetzlichen Anspruch auf Unterrichtung und Anhörung haben.
    Ich möchte daran erinnern, daß bei uns in Deutschland die Mitbestimmung und Mitverantwortung der Arbeitnehmer ein zentraler Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft ist, ein zentraler Bestandteil dessen, was wir soziale Partnerschaft nennen. Das 1952 verabschiedete Betriebsverfassungsgesetz zeigt, wie wichtig für Adenauer und Erhard die Mitwirkungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer waren. Dieses Vertrauen in eine betriebliche Sozialpartnerschaft hat auch in Deutschland entscheidend zum sozialen Frieden beigetragen.
    Lassen Sie mich einen Vergleich europäischer Art anstellen: Der Vergleich zwischen Deutschland und Großbritannien beweist, daß Partnerschaftsmodelle nicht nur sozialer, sondern auch wirtschaftlich erfolgreicher sind.
    An dieser Stelle möchte ich der jetzigen Bundesregierung, insbesondere unserem Bundesarbeitsminister Norbert Blüm, aber auch früheren Bundesregie-

    Peter Keller
    rungen dafür danken, daß sie das deutsche Mitbestimmungsmodell nicht auf dem Einheitsaltar Europas geopfert haben. Vergessen wir nicht: Auch bei uns hat sich die Mitbestimmung seit dem Jahre 1951/ 52 kontinuierlich entwickelt.
    Ich mache keinen Hehl daraus, daß auch manches von meinen persönlichen Vorstellungen als früherer Betriebsrat dem Koalitionskompromiß, wie er jetzt vorliegt, zum Opfer gefallen ist. Aber ich sage auch: Lieber das Machbare umsetzen, als immer dem Wünschenswerten nachtrauern.
    Mit diesem Gesetz zeigen wir deutlich, daß der europäische Binnenmarkt nicht nur ein gemeinsamer Wirtschaftsraum sein darf. Die soziale Dimension muß im gleichen Maße mit entwickelt werden. Europaweit tätige Unternehmen brauchen eine europäische Arbeitnehmervertretung. Allerdings dürfen wir nicht dem Fehler erliegen, den Europäischen Betriebsrat, weil der Begriff gleich ist, auch in der Sache mit dem deutschen Betriebsrat gleichzusetzen. Die Richtlinie ist kein harmonisiertes europäisches Betriebsverfassungsgesetz.
    Der Begriff „Betriebsrat" mag bei manchen von uns zu hohe Erwartungen wecken. Vorerst haben die Arbeitnehmer ein Unterrichtungs- und Anhörungsrecht. Sie erfahren jetzt also rechtzeitig von geplanten Verlagerungen ihrer Betriebe, Unternehmensschließungen oder europaweiten Massenentlassungen.
    Der vorliegende Gesetzentwurf steckt eben Mindestbedingungen ab. Denjenigen, denen er nicht weit genug geht - wie Teilen der Opposition -, sei gesagt: Setzen wir auf die Eigenverantwortung und Vernunft der betrieblichen Partner! Es gibt viel mehr pragmatische Lösungen, viel mehr partnerschaftliche Zusammenarbeit, als man uns glauben machen will.
    Auch aus persönlicher Erfahrung meine ich: Die Sozialpartnerschaft muß, gerade im Betrieb, gelebt werden. Wir können sie nicht per Gesetz verordnen.
    Eines möchte ich noch deutlich herausheben: Das deutsche Mitbestimmungsrecht darf auch zukünftig nicht durch EU-Recht ausgehöhlt werden. Ich sehe hier eine gewisse Gefahr auf uns zukommen; denn die Kommission hat bereits Vorschläge für Verordnungen zu dem Statut einer Europäischen Genossenschaft, einer Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft und eines Europäischen Wirtschaftsvereins. Ziel ist es, die grenzüberschreitende Tätigkeit zu erleichtern, indem für sie eine europäische Rechtsform möglich wird.
    Das bedeutet natürlich im Klartext, daß damit beispielsweise eine deutsche Aktiengesellschaft leichter in einen europäischen Wirtschaftsverein umgewandelt werden kann und so der deutschen Mitbestimmung entfliehen könnte. Deshalb müssen wir unsere ganze Kraft darauf konzentrieren, daß diese neuen Gesellschaftsformen mit ausreichenden Informations-, Konsultations- und Mitwirkungsmöglichkeiten verknüpft werden.
    Noch eines: Für die nationalen Mitbestimmungsregelungen muß ein Bestandsschutz gelten, soweit sie über EU-Mindestnormen liegen. Eine Schlußbemerkung, meine lieben Kolleginnen und Kollegen: Ich meine, wir haben mit dem Europäischen Betriebsräte-Gesetz nicht ein halbleeres Glas, sondern ich sage, wir haben ein halbvolles Glas vor uns stehen. Wir haben etwas in der Hand, das wir gemeinsam weiterentwickeln können. Ich möchte die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ermuntern und auffordern, diese partnerschaftliche Möglichkeit optimal zu nutzen. Das Gesetz über Europäische Betriebsräte gibt Ihnen dazu die Chance.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat jetzt die Kollegin Leyla Onur.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Leyla Onur


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mehr als 20 Jahre haben Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen Seite an Seite mit den Gewerkschaften für einen Europäischen Betriebsrat gekämpft. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich das Zustandekommen der Euro-Betriebsratsrichtlinie vom 22. September 1994, obwohl viele berechtigte Forderungen in dem Kompromiß eines Kompromisses auf der Strecke geblieben sind, nach dem Grundsatz: Eine unbefriedigende Richtlinie ist besser als keine.
    Die Verabschiedung der Richtlinie unter deutscher Ratspräsidentschaft ist nicht das Verdienst unseres Bundesministers gegen Arbeit und Soziales,

    (Lachen bei Abgeordneten der CDU)

    sondern eher ein Glücksfall für den sonst glücklosen Herrn Blüm. Die Richtlinie ist ihm wie ein reifer Apfel in den Schoß gefallen.
    Ich möchte Sie nicht mit der Geschichte dieser Richtlinie langweilen, sondern nur nüchtern feststellen, daß vor Inkrafttreten des Maastrichter Vertrages alle Vorschläge der Kommission am Einstimmigkeitsprinzip, insbesondere an der Blockadehaltung Großbritanniens, gescheitert sind.
    Erst nach Maastricht konnten elf Mitgliedstaaten ohne Großbritannien auf der Basis des Sozialabkommens Mindeststandards zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer mit qualifizierter Mehrheit beschließen. Nur deshalb und weil die Zeit für diese Richtlinie überreif war, konnte sich die deutsche Ratspräsidentschaft mit dieser Richtlinie schmücken.
    Um diesen Glücksfall nicht zu verspielen, hat die Bundesregierung ausnahmsweise annähernd rechtzeitig einen Entwurf zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht eingebracht. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt ausdrücklich, daß die Richtlinie fast fristgerecht umgesetzt werden soll, bedauert aber genauso ausdrücklich, daß die Richtlinie - wie bei dieser Bundesregierung ja leider üblich - sehr restriktiv umgesetzt wird.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Leyla Onur
    Meine Damen und Herren, in der EU-Richtlinie sind vertragsgemäß Mindeststandards festgelegt. Der nationale Gesetzgeber kann und soll unter Anwendung seiner Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten die Richtlinie umsetzen. Das heißt, er kann und soll über die Mindeststandards hinausgehen, wenn die nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten weiter gehen.
    Dieser Gesetzentwurf verzichtet nicht nur auf diese Möglichkeit, sondern unterläuft teilweise die in der Richtlinie festgelegten Mindeststandards. Das ist wieder einmal ein Beispiel dafür, daß sich diese Bundesregierung - allen voran der Bundeskanzler - in Sonntagsreden selbstgefällig als Lokomotive im europäischen Einigungsprozeß feiert, aber bei konkreten Richtlinien-Umsetzungen in dem hinteren Wagen Platz nimmt.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Um die gravierenden Mängel dieses Gesetzesentwurfes zu beseitigen, hält die SPD-Bundestagsfraktion - unterstützt von der Mehrheit der Sachverständigen, die wir am 17. Juni angehört haben - folgende Änderungen für notwendig:
    Gewerkschaften sollen beratend an den Sitzungen teilnehmen können.
    Die Freistellung und Kostenübernahme der Schulungs- und Bildungsmaßnahmen für Euro-Betriebsräte muß im Gesetz geregelt werden.
    Den Tendenzschutz kann man dagegen streichen.
    Für leitende Angestellte darf es keine Vorzugsbehandlung geben.
    Zur außergerichtlichen Beilegung von Streitfällen muß eine Einigungsstelle vorgeschrieben werden.
    Arbeitnehmerschutzbestimmungen müssen auch für Euro-Betriebsräte gelten, die durch eine freiwillige Vereinbarung zustande gekommen sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Die zentrale Leitung und der Euro-Betriebsrat sollen die Kostenübernahme für weitere Sachverständige vereinbaren können.
    Der Euro-Betriebsrat soll weitere Ausschüsse bilden können, wenn es erforderlich ist, und die zentrale Leitung muß mindestens einmal im Jahr den Euro-Betriebsrat unterrichten und anhören.
    Die Unterrichtung und Anhörung muß natürlich rechtzeitig und unter Zurverfügungstellung der erforderlichen Unterlagen erfolgen.
    Die Unterlagen müssen selbstverständlich in der jeweiligen Muttersprache vorgelegt werden, und der Euro-Betriebsrat muß vor Durchführung von Maßnahmen eine Stellungnahme abgeben können.
    Diese aus unserer Sicht notwendigen Regelungen und Klarstellungen haben wir, in 23 Änderungsanträgen formuliert, in den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung eingebracht. Wir haben erwartet, daß sich die Damen und Herren der CDU/CSU und der
    F.D.P. differenziert mit unseren Vorschlägen auseinandersetzen

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Wie konnten Sie denn davon ausgehen?)

    und nach gründlicher Prüfung einigen Änderungsanträgen der SPD zustimmen würden. - Pustekuchen!

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Das hat Sie aber nicht überrascht!)

    - In der Tat.
    Die Koalitionsmehrheit hat alle 23 Änderungsanträge sozusagen pauschal abgelehnt - nicht, weil die Damen und Herren der Meinung waren, die von uns eingebrachten Änderungen seien überzogen, nicht europakonform oder gar klassenkämpferisch, sondern einzig und allein, weil die F.D.P. sich mal wieder mit ihrer unternehmerfreundlichen, aber dafür arbeitnehmer- und europafeindlichen Haltung durchgesetzt hat.

    (Uwe Lühr [F.D.P.]: Das ist doch dummes Zeug!)

    Ich zitiere aus dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales:
    Die Mitglieder der Fraktion der F.D.P. machten .. . deutlich, daß sie den Gesetzentwurf begrüßten,

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Das ist doch schon mal gut!)

    jedoch weitergehende Wünsche verhindert hätten,

    (Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD]: Aha!)

    zumal deren Verwirklichung hauptsächlich die Unternehmen mit zusätzlichen Kosten belastet hätte.

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Das stimmt!)

    Der Rest der Koalition hat sich der Blockade der F.D.P. wider besseres Wissen gefügt.

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Das steht nicht mehr im Bericht! Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist Ihre Interpretation!)

    - Das ist wahr, das ist meine Anfügung.

    (Zuruf von der F.D.P.: Dann machen Sie es deutlich!)

    Der Rest der Regierungskoalition hat sich der Blokkade der F.D.P. wider besseres Wissen gefügt.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Annelie Buntenbach [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Der Schwanz, meine Damen und Herren, hat mal wieder mit dem Hund gewackelt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Eine alte Kamelle!)

    Meine Damen und Herren, es wäre der Bedeutung dieses Gesetzes angemessen, alle notwendigen Än-

    Leyla Onur
    derungen in dieser Debatte zu erläutern, aber dafür reicht leider meine Redezeit nicht aus.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gott sei Dank!)

    Ich werde deshalb nur auf zwei Forderungen näher eingehen.
    Eine wichtige SPD-Forderung lautet:
    Beauftragte von im Betrieb vertretenen Gewerkschaften können auf Antrag eines Viertels der Mitglieder an den Sitzungen beratend teilnehmen.
    Das ist nach den deutschen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
    Das Argument der Bundesregierung, die Vertretung der Gewerkschaften sei in der Richtlinie nicht geregelt worden, ist nur vorgeschoben, denn die Bundesregierung weiß ganz genau, daß die Teilnahme von Gewerkschaften deshalb nicht geregelt worden ist, weil die nationalen Gesetzgeber dies entsprechend ihren Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten umsetzen wollten.
    Anders ausgedrückt: Es war keineswegs das erklärte Ziel des europäischen Gesetzgebers, ein gewerkschaftsfreies Gesetz zu schaffen. Die Änderung, die die Koalition vorgeschlagen und im Ausschuß natürlich mit ihrer Mehrheit verabschiedet hat -„Sachverständige können auch Beauftragte von Gewerkschaften sein" -, ist gelinde gesagt eine Veräppelung,

    (Beifall bei der SPD)

    denn weder die Richtlinie noch der Gesetzentwurf schreiben vor, wen die Euro-Betriebsräte einladen dürfen.
    Ich erinnere an dieser Stelle an die unternehmerfreundliche Aussage der F.D.P., den Unternehmen dürften keine zusätzlichen Kosten entstehen. Wenn es Ihnen nur darum geht, verehrte Frau Babel, dann ist diese Änderung geradezu kontraproduktiv.
    Wenn ein Gewerkschaftsvertreter als Sachverständiger eingeladen wird, muß das Unternehmen die Kosten tragen. Wird er jedoch als Berater hinzugezogen, kostet dies das Unternehmen keinen Pfennig. Die Euro-Betriebsräte könnten einen oder mehrere Sachverständige auf Kosten der zentralen Leitung einladen und zusätzlich und kostenlos, Frau Babel, die Beratung durch Gewerkschaftsvertreter in Anspruch nehmen,

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Die Gewerkschaften sollten auch nicht so mit Geld herumwerfen!)

    und zwar zum Wohle der Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Und der Gewerkschaften!)

    Die Zeit läuft mir leider davon, deshalb einige wenige Sätze zu unserem Antrag „Freistellung und Kostenübernahme der Schulungs- und Bildungsmaßnahmen für Euro-Betriebsräte " .
    Der Sachverständige Wolfgang Müller, Sekretär eines Euro-Betriebsrates einer Computerfirma, hat in der Anhörung aus der Praxis berichtet und zwei Bereiche genannt: erstens: Sprachschulung, zweitens: Kenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhänge, zum Beispiel amerikanisches Bilanzrecht.
    Der Praktiker Müller hat es auf den Punkt gebracht mit seiner Schlußfolgerung - ich zitiere -:
    Wenn es nicht die Möglichkeit gibt, daß man sich durch einen Bildungsanspruch von einer Woche pro Jahr kundig machen kann, sind die einmaligen Sitzungen pro Jahr eine relative Farce, weil man nicht versteht, worum es geht.
    Auf Frau Babels Kostenmanie will ich eigentlich nicht noch einmal zurückkommen; denn für große Unternehmen sind die zur Rede stehenden Kosten für Schulungsmaßnahmen auf neuhochdeutsch „Peanuts".

    (Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Peanuts, genau!)

    Der Sachverständige Professor Dr. Meinhard Heinze hat in der Anhörung geäußert, wir dürften den in unserem Betriebsverfassungsgesetz verankerten Schulungsanspruch nicht auf Euro-Betriebsräte anwenden, weil die anderen Mitgliedstaaten das Recht auf Schulungsmaßnahmen nicht vorgesehen hätten. Eine einseitige Besserstellung der deutschen Arbeitnehmervertreter würde auf den energischen Widerstand der Arbeitnehmervertreter aus anderen Mitgliedstaaten stoßen.
    Argument und Einschätzung sind schlicht falsch; denn in dem bereits verabschiedeten Gesetz der Niederlande ist den Euro-Betriebsräten ein eigenständiger Schulungs- und Bildungsanspruch ausdrücklich zugestanden worden - in Art. 4 Abs. 3 nachzulesen. Auch Frankreich hat 120 Stunden für Schulung und Bildung vorgesehen, wobei die Zeit, die auf Sitzungen verbracht wird, nicht angerechnet wird. In Österreich werden die Euro-Betriebsräte natürlich ebenfalls einen Schulungs- und Bildungsanspruch haben, weil das bestehende österreichische Gesetz, das einen solchen Anspruch enthält, nur ergänzt wird.
    Drei europäische Länder, drei vorbildliche Regelungen, die von uns zur Nachahmung empfohlen werden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)