Rede:
ID1312305200

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Metadaten
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    Plenarprotokoll 13/123 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 123. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. September 1996 Inhalt: Nachruf auf das frühere Mitglied des Deutschen Bundestages Willi Weiskirch 11061A Erweiterung der Tagesordnung 11061 C Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 11062 B b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 11062 B Karl Diller SPD 11062 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 11067D Ingrid Matthäus-Maier SPD 11069 D Joachim Poß SPD 11072 B Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11073A Dr. Wolfgang Weng (Gerungen) F.D.P. . . 11075C Dr. Christa Luft PDS 11077 D Dieter Pützhofen CDU/CSU . . 11079D, 11081B, 11082D, 11083C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 11082A Joachim Poß SPD 11083 A Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11083D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 11084 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 11088A Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktion der SPD: Vorlage eines Ergänzungshaushalts zum Entwurf zum Bundeshaushaltsplan 1997 (Drucksache 13/5509) 11089 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Vereinbarte Debatte zum Wachstums- und Beschäftigungsförderungs-Ergänzungsgesetz, zum Gesetz zur Begrenzung der Bezügefortzahlung bei Krankheit, zum Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz, zum Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetz, zum Beitragsentlastungsgesetz und zum Achten Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch . 11089C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 11089D Rudolf Scharping SPD 11093D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11094 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 11096B Dr. Gregor Gysi PDS 11098D Ulla Schmidt (Aachen) SPD 11100B Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Anrufung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Ergänzung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (Wachstums- und Beschäftigungsförderungs-Ergänzungsgesetz) (Drucksachen 13/4611, 13/5089, 13/5108, 13/5327, 13/5446, 13/5528, 13/5536) 11102C Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Anrufung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Begren- zung der Bezügefortzahlung bei Krankheit (Drucksachen 13/4613, 13/5074, 13/5327, 13/5448, 13/5529, 13/5537) . . 11102C Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz) (Drucksache 13/5538) 11102D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. (Erklärung nach 31 GO) 11103B Namentliche Abstimmung 11104 A Ergebnis 11109B Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Arbeitsrechtliche Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz) (Drucksache 13/5539) 11102D Namentliche Abstimmung 11106D Ergebnis 11107A Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (Beitragsentlastungsgesetz) (Drucksache 13/5540) , 11102D Namentliche Abstimmung 11109C Ergebnis 11109D Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Achte Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache 13/5541) 11103A Namentliche Abstimmung 11112B Ergebnis 11112C Nächste Sitzung 11115C Berichtigung 11115 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11117 *A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11117* B 123. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. September 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 120. Sitzung, Seite 10805: In die Liste der entschuldigten Abgeordneten ist einzufügen: „Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 10. 9. 1996". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 13.9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Dr. Däubler-Gmelin, SPD 13. 9. 96 Herta Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 13. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Graf von Einsiedel, PDS 13. 9. 96 Heinrich Graf (Friesoythe), SPD 13. 9. 96 Günter Dr. Jacob, Willibald PDS 13. 9. 96 Regenspurger, Otto CDU/CSU 13. 9. 96 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 701. Sitzung am 12. September 1996 beschlossen, gegen das nachfolgende Gesetz einen Einspruch gemäß Artikel 77 Abs. 3 des Grundgesetzes nicht einzulegen: Siebtes Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Siebtes SGB V-Änderungsgesetz - 7. SGB V-ÄndG) Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 11. September 1996 ihren Antrag „Verbesserung des Jugendaustausches zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik" - Drucksache 13/5469 - zurückgezogen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EUVorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/4137 Nr. 2.15 Drucksache 13/4466 Nr. 2.10 Drucksache 13/4514 Nr. 2.25 Drucksache 13/4514 Nr. 2.47 Anlagen zum Stenographischen Bericht Drucksache 13/4636 Nr. 1.1 Drucksache 13/4678 Nr. 2.12 Innenausschuß Drucksache 13/1614 Nr. 2.14 Drucksache 13/3790 Nr. 2.3 Drucksache 13/3938 Nr. 2.13 Drucksache 13/3938 Nr. 2.17 Finanzausschuß Drucksache 13/4466 Nr. 2.44 Drucksache 13/4678 Nr. 2.42 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/2306 Nr. 2.51 Drucksache 13/3668 Nr. 2.15 Drucksache 13/4137 Nr. 2.91 Drucksache 13/4137 Nr. 2.93 Drucksache 13/4137 Nr. 2.94 Drucksache 13/4137 Nr. 2.95 Drucksache 13/4137 Nr. 2.96 Drucksache 13/4678 Nr. 1.1 Drucksache 13/4678 Nr. 2.6 Drucksache 13/4678 Nr. 2.15 Drucksache 13/4678 Nr. 2.18 Drucksache 13/4678 Nr. 2.22 Drucksache 13/4678 Nr. 2.23 Drucksache 13/4678 Nr. 2.26 Drucksache 13/4678 Nr. 2.29 Drucksache 13/4678 Nr. 2.30 Drucksache 13/4678 Nr. 2.33 Drucksache 13/4678 Nr. 2.35 Drucksache 13/4678 Nr. 2.40 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/4137 Nr. 2.85 Drucksache 13/4466 Nr. 2.49 Drucksache 13/4466 Nr. 2.50 Drucksache 13/4514 Nr. 2.12 Drucksache 13/4514 Nr. 2.32 Drucksache 13/4514 Nr. 2.35 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/218 Nr. 85 Drucksache 13/218 Nr. 86 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/2674 Nr. 2.21 Drucksache 13/3938 Nr. 2.11 Drucksache 13/3938 Nr. 2.19 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/1614 Nr. 1.7 Drucksache 13/3938 Nr. 2.30 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/4678 Nr. 2.4 Drucksache 13/4678 Nr. 2.14 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/4466 Nr. 2.36 Drucksache 13/4466 Nr. 2.40 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/1799 Nr. 3.2
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    Rede von Andrea Lederer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem ist, Herr Solms, daß nicht die PDS in dieser Gesellschaft Spaltungen hervorruft, sondern Sie, und zwar vehement zwischen Arm und Reich und darüber hinaus auch noch zwischen Ost und West.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Es ist nämlich kein Zufall, daß die Zahl der Wahlstimmen für die F.D.P. im Osten, die 1990 - übrigens aus mir unerklärlichen Gründen - beachtlich war, inzwischen gegen Null tendiert. Die Leute wissen einfach, was ihnen die F.D.P. bringt. Es ist eine Klientel, die die Immobilien haben will, sich aber um die Sorgen der Menschen nicht kümmert. Das ist die Realität.

    (Beifall bei der PDS und der SPD sowie der Abg. Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Sie, Herr Solms, haben gesagt, daß das, was hier beschlossen werden soll, zumutbare Opfer seien. Sa-

    Dr. Gregor Gysi
    gen Sie doch einmal, welches Opfer Sie und ich in dieser Situation bringen!

    (Beifall bei der PDS, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    In dieser Gesellschaft müssen immer die Kleinen die Opfer bringen. Dabei kann es nicht bleiben.
    Sie haben übrigens etwas gesagt, was ich noch viel besser fand. Sie haben gesagt: Wem es schlechtgeht, der muß mehr arbeiten. Ich kann nur hoffen, daß es dieser Regierung, dieser Koalition nach der nächsten Wahl so schlecht geht, daß sie dann wirklich anfangen muß zu arbeiten. Anders scheint dies nicht einzutreten.

    (Beifall bei der PDS)

    Der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU hat gesagt: Wir müssen nach dieser Debatte lernen, Mehrheitsentscheidungen, das heißt: einen demokratischen Grundkonsens, zu akzeptieren. Darf ich Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, darauf hinweisen, daß Sie eine demokratische Prozedur zur Formalie reduziert haben, indem Sie schon vor der Sitzung des Bundesrates die Abstimmung über den Einspruch des Bundesrates angesetzt haben, obwohl Sie zu diesem Zeitpunkt weder die Debatte noch die Entscheidung des Bundesrates kennen konnten. Damit sagen Sie doch nicht mehr und auch nicht weniger, als daß Sie weder das Ergebnis dieses Verfassungsorgans noch das, was dort inhaltlich vorgetragen wird, interessiert. Ansonsten hätten Sie nach dem gestrigen Tag erst einmal eine Denkpause eingelegt.

    (Beifall bei der PDS)

    Sie machen aus demokratischen Strukturen reinen Formalismus und untergraben damit wichtige Grundlagen.
    Im übrigen halte ich Ihr sogenanntes Sparpaket für verfassungswidrig.
    Ich sage aber noch etwas: Was ich besonders übel finde, ist, daß Sie den Staat durch völlig ungerechtfertigte Steuergeschenke arm gemacht haben und dann, wenn er arm ist, daherkommen und sagen, sie müßten Sozialabbau betreiben, weil kein Geld mehr da ist.

    (Beifall bei der PDS)

    Wer die Schuld an der Armut des Staates trägt, ist zu einer solchen Argumentation nicht legitimiert.

    (Beifall bei der PDS)

    Noch etwas: Sie können nicht über Sozialabbau in dieser Gesellschaft reden, wenn Sie nicht gleichzeitig auch über Reichtum in dieser Gesellschaft reden. Was machen Sie denn angesichts der Tatsache, daß seit 1989 die Einkommensmillionäre um 40 Prozent zugenommen haben, daß wir inzwischen 100 Milliardäre haben? Diese Leute ruft niemand zur Solidarität auf, sondern immer nur die Arbeitslosen,
    Kranken und Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger. Das ist der eigentliche Skandal Ihres Pakets.

    (Beifall bei der PDS und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Nennen Sie mir eine Bestimmung, die Millionäre betrifft! Es ist keine dabei.
    Ich komme zur Steuerflucht. Sie sind doch an der Regierung. Weshalb ändern Sie eigentlich nicht die Steuergesetze dahin gehend, daß die Einnahmen dort zu versteuern sind, wo sie erzielt werden? Mir ist es ganz egal, wo eine private Person ihren Wohnsitz hat. Wenn sie im belgischen Fernsehen auftritt, soll sie das Honorar, das sie dort verdient, auch dort versteuern, aber wenn sie in Deutschland ihr Geld verdient, dann soll sie es auch hier versteuern.

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist längst geändert! Schlafmütze!)

    Das gleiche muß für Unternehmen gelten. Es kann nicht weiterhin so sein, daß Unternehmen wie Daimler Benz hier alle Vorzüge genießen, aber die Steuern woanders zahlen, weil die Gewinne ins Ausland transferiert werden, und sich somit aus der Bezahlung der Bundesrepublik Deutschland verabschieden.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Sie nehmen das alles widerspruchslos hin.
    Sie wollen den Kündigungsschutz in breitem Rahmen abschaffen und wissen, was das bedeutet. Wenn Sie für 80 Prozent der Unternehmen und für 30 Prozent der Beschäftigten den Kündigungsschutz abschaffen, dann können Sie ihn auch für die anderen 70 Prozent nicht halten. Der Zug, den Sie hier auf die Fahrt schicken, wird katastrophale Folgen haben, übrigens auch für die Bedeutung der Gewerkschaften.

    (Beifall bei der PDS)

    Sie reduzieren die Lohnfortzahlung und das Krankengeld und scheuen nicht einmal davor zurück, in diese Regelung die schwangeren Frauen mit einzubeziehen. Damit entlarven Sie all Ihre Sätze zur Kinderpolitik und zum Schutz des ungeborenen Lebens als glatte Heuchelei.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wer Schwangeren das Geld im Falle der Krankheit nimmt, kann hier mit diesem Thema nicht mehr auftreten.
    Ich füge hinzu: Es sind die Frauen, die bei der Krankheit ihrer Kinder, nachdem sie erst einmal geboren sind, zu Hause bleiben müssen. Auch denen entziehen Sie die finanziellen Mittel. Sie haben in der Frage der Gleichstellung den Rückwärtsgang eingelegt. Ich hoffe aber, daß Ihnen die Frauen - und mit ihnen solidarisch auch die Männer - diesen Rück-

    Dr. Gregor Gysi
    wärtsgang verübeln werden und ihn letztlich nicht zulassen.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    In Richtung der ostdeutschen Abgeordneten muß ich noch etwas zu den Kürzungen im ABM-Bereich sagen. Sie haben ja angekündigt, sich mutig dagegen zu wehren. Schon jetzt werden die Weichen gesetzt. Schon jetzt soll in Ostdeutschland die ABM-Vergütung um 20 Prozent und damit auf Sozialhilfeniveau reduziert werden. Auch dieser Zug ist nicht mehr zu stoppen, es sei denn, Sie hätten den Mut, heute mit Nein zu stimmen. Es hat aber sicherlich wenig Sinn, an das Gewissen einzelner Abgeordneter der Koalition zu appellieren.

    (Dr. Dagmar Enkelmann [PDS]: Die haben keines!)

    Aber ich will es dennoch tun: Wenn die ostdeutschen Abgeordneten in der Koalition heute nicht gegen dieses Sparpaket stimmen, dann verlieren sie jede Glaubwürdigkeit im Osten. Sie beweisen damit, daß Sie aus Ihrem Unterordnungsdenken früherer Zeit immer noch nicht heraus sind, sondern es beibehalten haben. Nur, jetzt haben Sie einen neuen König; das ist der einzige Unterschied.

    (Beifall bei der PDS und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Mein letzter Satz. Dieses Sparpaket wird dazu führen, daß sich die Bevölkerung diese Regierung bei der nächsten Wahl spart.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Das war eine große Heuchelei, Herr Gysi!)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Kollegin Ulla Schmidt, Sie haben das Wort.

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    Rede von Ulla Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Sohns, Sie haben - wie viele andere heute auch - in Ihrer Rede die Kompromißfähigkeit der SPD angemahnt. Ich frage Sie einmal ganz ehrlich: Wer soll denn mit Ihnen Kompromisse schließen, wenn Ihr Wort nichts wert ist?

    (Beifall bei der SPD und der PDS)

    Die Erhöhung des Kindergeldes auf 220 DM in 1997 war ein Kompromiß, den wir durchgesetzt haben und dem Sie zugestimmt haben. Es hindert Sie nicht daran, dies einige Monate später einseitig aufzukündigen und die Erhöhung des Kindergeldes für viele Familien zu verschieben.

    (Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Sie wissen doch, daß das nur mit der SPD geht!)

    Es ist noch nicht lange her - gerade sehe ich die Präsidentin, Frau Süssmuth, unter den Abgeordneten sitzen -, daß wir unter anderem durch die gemeinsame Initiative der Frauen im Deutschen Bundestag den Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes ergänzt und dort festgelegt haben, daß es Aufgabe des Staates ist, die Gleichberechtigung zu fördern und bestehende Nachteile abzubauen. Die Frauen in Deutschland haben dies als einen Fortschritt angesehen. Jetzt müssen sie erfahren, daß mit dem vorliegenden Gesetzespaket unter dem irreführenden Namen „Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung" bestehende Nachteile vergrößert werden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wenn Sie, meine lieben Kolleginnen, dem vorliegenden Gesetzespaket zustimmen, dann richtet sich Ihr Ja direkt gegen die Interessen von Frauen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Dann stellen Sie mit Ihrem Ja die Weichen für eine Politik, die die angestrebte Halbierung der Arbeitslosenzahlen durch die systematische Heraustrennung von Frauen aus dem regulären Arbeitsmarkt erreichen wird. Dann stimmen Sie für eine Politik, die die Altersarmut von Frauen zementiert, statt sie, wie von uns allen beschlossen, wirksam zu bekämpfen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wenn Sie den Schwellenwert im Kündigungsschutzgesetz von bisher fünf Beschäftigte auf zehn Vollzeitbeschäftigte - das können auch 20 oder 25 Teilzeitbeschäftigte sein - anheben, dann werden zirka 5 Millionen derzeit erwerbstätige Frauen künftig ohne jeglichen Schutz vor Kündigungen dastehen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Liebe Kolleginnen, es trifft die Frauen nicht nur deshalb überproportional, weil sie es sind, die überwiegend in Kleinbetrieben arbeiten. Es trifft sie vielmehr, weil es in der Regel Frauen sind, die sich urn die Kinder und um die Älteren in diesem Land kümmern und die deshalb nicht rund um die Uhr uneingeschränkt für den Arbeitgeber, nicht uneingeschränkt für Überstunden zur Verfügung stehen. Sie werden deshalb einerseits entlassen und an der gleichen Stelle als geringfügig Beschäftigte wieder eingestellt werden.

    (Beifall bei der SPD und der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Es ist für Frauen eh schon schwierig genug, einen Arbeitsplatz zu finden, von dem sie leben können. In Chemnitz mußten sich einige Dutzend Bewerberinnen von der Geschäftsleitung sagen lassen - ich zitiere: „Alle über 30 und alle Frauen mit Kindern können gleich wieder gehen. "

    (Zuruf von der SPD: Unerhört!)


    Ulla Schmidt (Aachen)

    Schon heute hat jeder fünfte Beschäftige Angst um seinen Arbeitsplatz. In Ostdeutschland ist es sogar jeder dritte. Welche Mutter, so frage ich Sie, wird sich in Kleinbetrieben noch trauen, ihr krankes Kind zu betreuen? Die Freistellung bei Erkrankung des Kindes bedeutet nicht nur die geplante Kürzung der Lohnersatzleistung auf 70 Prozent. Sie wird für Millionen von Frauen nur noch das Papier wert sein. Nach Ihrem Gesetzentwurf müssen sie nämlich damit rechnen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.