Ich habe deutlich gemacht, daß am Sparen kein Weg vorbei führt, wenn wir die Zukunft sichern wollen. Wir haben gerade im Bereich Seniorenpolitik und Forschung in der Vergangenheit wichtige Schwerpunkte gesetzt, die wir auch mit dem jetzigen Ansatz weiterführen können. Wir müssen andere Forschungsprojekte zeitlich sicherlich schieben. Aber das klassische Förderinstrument für den seniorenpolitischen Bereich - ich denke an den Bundesaltenplan - orientiert sich an der Ist-Zahl in diesem Jahr und garantiert damit eine Kontinuität im nächsten Jahr. Ich denke, daß wir von daher diesem Anliegen gerecht werden.
Im Gegenteil, wir haben sowohl im Kinder- und Jugendplan als auch im Bundesaltenplan dafür Sorge getragen, daß wir den Dialog der Generationen möglich machen, obwohl früher gar nicht daran gedacht war, Querverbindungen in diesem Sinne herzustellen.
Ich finde es beachtlich in puncto freiwilliger Dienst und ehrenamtliches Engagement, daß sich Tausende junge Menschen dem besonderen Dienst des Freiwilligen Sozialen und Freiwilligen Ökologischen Jahres zur Verfügung stellen. Hier sind die Bewerberzahlen höher, als wir Plätze zur Verfügung stellen können. Deshalb bleibt die Förderung dieser Dienste auch für mich im nächsten Jahr ein Schwerpunkt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, den Gemeinsinn zu fördern, die Solidarität zwischen den Generationen zu festigen - das ist mein politisches Programm. Ich habe deutlich gemacht, daß wir hier auch eine Umstrukturierung innerhalb der bestehenden Förderprogramme vorgenommen haben, denn ein Separieren, ein Ausgrenzen, ein Auseinanderdividieren können wir uns nicht leisten. Deswegen brauchen wir den Dialog der Generationen.
Natürlich ist die Politik auch bei der Sicherung der materiellen Seite des Generationenvertrages gefragt. Die ältere wie die jüngere Generation muß sich auf ihn weiterhin verlassen können. Wenn wir über Anpassungen im Rentenrecht diskutieren, dann ist es mir wichtig, daß die Familienkomponente im Rentenrecht stärker berücksichtigt wird. Das verlangt nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht; denn wer Kinder erzieht, garantiert genauso den Bestand des Generationenvertrages wie der, der durch seinen Beitrag direkt in die Sozialkassen zahlt.
Aber auch insgesamt müssen Erziehungsleistungen stärker anerkannt werden. Sie wissen, wie wichtig mir die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs war. Deshalb bin ich froh, daß wir mit dem neuen Familienleistungsausgleich bereits in diesem Jahr die Familien um zusätzliche 7 Milliarden DM entlasten konnten, und das in diesem engen Haushaltsjahr.
Ich verschweige nicht, daß die Verschiebung der Kindergelderhöhung für mich schmerzlich ist. Aber ich sage auch ganz klar: Eine Verschiebung von 20 DM für das erste und zweite Kind um ein Jahr ist mir immer noch lieber als Kürzungen in diesem Bereich oder gar Steuererhöhungen;
denn die sind in der Tat Gift, gerade auch für Familien.
Tatsache ist: Keine Familie wird 1997 weniger familienpolitische Leistungen erhalten als 1996.
Wir sind uns doch über Parteigrenzen hinweg einig - auch Sie von der Opposition -, daß Familien noch stärker entlastet werden müssen. Ich denke dabei besonders an kinderreiche Familien. Aber es muß doch auch seriös finanziert sein.
Ich halte überhaupt nichts davon, daß wir den Familien mit der einen Hand Geld aus der Tasche ziehen, um es mit der anderen Hand zu geben. Wichtig ist, daß die Familien unter dem Strich entlastet werden. Da sind auch gerade Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD, gefordert. Ich würde mich sehr freuen, wenn dort, wo Sie Verantwortung tragen, nämlich in den Ländern, familienpolitische Leistungen nicht gekürzt werden würden.
Wir dürfen doch die Familienpolitik nicht auf das Kindergeld reduzieren.
Noch nicht eine SPD-Landesregierung hat es je fertiggebracht, zum Beispiel ein Landeserziehungsgeld einzuführen. Dabei haben wir inzwischen sechs Länder, die eine solche Leistung den Familien zukommen lassen.
Gleiches gilt für die Umsetzung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz. Ich komme jetzt viel herum und sehe, wie der Zustand ist. Gerade wo es SPD-Landesregierungen gibt, mangelt es an dieser Umsetzung des Rechtsanspruchs. Und hier hören wir große Töne.
Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen: Das Auseinanderklaffen von Taten und Worten in den Berei-
Bundesministerin Claudia Nolte
chen, in denen Sie Verantwortung tragen, kann nirgendwo so groß sein wie
in der Familienpolitik. Liebe Kolleginnen und Kollegen - jetzt können Sie sich wieder beruhigen -, ich denke, Sie haben in den Ländern viel zu tun, um zu zeigen, daß Sie es dort besser könnten.
Solidarisches Verhalten zeigt sich, wenn wir es ernst mit den Familien meinen, und zwar auf allen Ebenen. Da muß man sich auch selber prüfen lassen. Solidarisches Verhalten zeigt sich, wenn wir es ernst meinen mit der Partnerschaft zwischen Jung und Alt. Und solidarisches Verhalten zeigt sich in der Partnerschaft der Geschlechter.
Die 4. Weltfrauenkonferenz in Peking hat nochmals ganz klar das Recht eingefordert, Frauen eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft zu sichern. Wir sind verpflichtet, dafür nationale Strategien zu entwickeln, um die Gleichberechtigung hier in Deutschland weiter voranzutreiben. So wie wir in der Bundesregierung derzeit daran arbeiten, habe ich die Länder, Tarifpartner und Verbände auf gerufen, ihre Vorstellungen zu entwickeln, was sie dafür in ihrem Bereich tun wollen.
- Ich habe gesagt: Wir arbeiten gleichermaßen daran.
Ich werde 1997 mit einer Kampagne für „Gleichberechtigung, Teilhabe, Partnerschaft" die Umsetzung der nationalen Strategien unterstützen.
Ich denke, sie macht Sinn, denn wir brauchen eine veränderte Einstellung, ein verändertes Verhalten.
Das kann man mit Diskussionen, mit Kampagnen, natürlich fördern.
Die Weltfrauenkonferenz hatte natürlich noch eine andere, eine zentrale Botschaft: Frauenrechte sind Menschenrechte. Die Achtung vor dem Leben und der Würde des Menschen gehört zu den unverzichtbaren Grundsätzen unserer Politik. Deswegen hat für mich der Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen an Frauen und Gewalt gegen Frauen national wie international Priorität. Mein Ziel ist eine bessere Prävention, die Erprobung neuer Wege der Kooperation von Polizei, Justiz, Beratungsstellen sowie besserer Opferschutz.
Die Ereignisse der letzten Wochen haben uns drastisch vor Augen geführt, daß auch mehr unsere Kinder gefährdet sind, daß wir sie rechtlich, aber noch viel mehr durch unser Handeln schützen müssen. Laut polizeilicher Kriminalstatistik für das Jahr 1995 gab es mehr als 16 000 Fälle von sexuellem Mißbrauch, von körperlicher und seelischer Zerstörung von Kindern in Deutschland. Das dokumentiert, wie notwendig umfassender Schutz ist.
Die Konferenz in Stockholm hat die Öffentlichkeit in der ganzen Welt wachgerüttelt und die Menschen gegenüber den Verbrechen - ich sage: gegenüber dem Mord an Kinderseelen - sensibilisiert. Lassen Sie uns gemeinsam solchen verabscheuungswürdigen Taten entschieden entgegentreten.
Lassen Sie uns im Kampf gegen Kindesmißbrauch, Kinderpornographie und Kinderprostitution nicht nachlassen.
Kinder sind kleine Menschen, die große Rechte, aber auch große Verbündete brauchen. Kein Erwachsener kann sich aus der Verantwortung stehlen.
„Kinder sind der kostbarste Reichtum eines Landes" - so die Charta der Vereinten Nationen. Schützen wir diesen Reichtum! Er ist unsere Zukunft.
Vielen Dank.