Rede von
Dr.
Gerhard
Friedrich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Wir müssen im Ausschuß einmal darüber reden, was konkret Sie unter konsumtiven Ausgaben verstehen. Wenn ich den Bundeshaushalt richtig in Erinnerung habe, gibt es den großen Block des Sozialetats. Es gibt den großen Verkehrshaushalt; das sind Investitionsausgaben. Auch im Verteidigungshaushalt gibt es überwiegend Investitionsausgaben. Dies gilt auch für den Bereich des Personals. Ich weiß wirklich nicht, was Sie momentan unter „konsumtiv" verstehen.
Was die steuerliche Problematik betrifft: Wir sind der Meinung, Frau Kollegin Bulmahn, daß es keinen Sinn hat, den Unternehmen Mittel als Forschungsförderung zur Verfügung zu stellen, wenn man ihnen den eigenen Handlungs- und Bewegungsspielraum vorher über zu hohe Steuern genommen hat.
Wir bleiben dabei: Eine Steigerung der Forschungsausgaben mit der Konsequenz einer weiteren Steuererhöhung ist für uns nicht akzeptabel.
Meine Damen und Herren, einige erwarten in dieser sicher nicht ganz erfreulichen Situation, daß Herr Bundesminister Rüttgers über den finanziellen Rahmen seines Haushalts überwiegend jammert, vielleicht auch möglichst oft den Bundesfinanzminister beschimpft. Ich habe nicht den Eindruck, daß man mit solchen Methoden vom Bundesfinanzminister Wohlwollen erwarten könnte.
Ich habe eine richtige Einschätzung des Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft gelesen. Er hat gesagt: Es ist zwar nicht erfreulich, was sich hier von den Beträgen her im Forschungsetat bewegt, aber ein anderer Bundesforschungsminister hätte sicher nicht besser, sondern höchstwahrscheinlich schlechter abgeschnitten.
Dr. Gerhard Friedrich
Wir sind froh, daß Minister Rüttgers nicht jammert, sondern seinen noch vorhandenen Gestaltungsspielraum voll ausschöpft, daß er also bei der Verwaltung auch des Mangels - das muß man ehrlich sagen - jede Chance zum Gestalten nutzt.
Über einige Dinge ist in diesem Zusammenhang hier schon gesprochen worden. Ich erwähne nochmals die Konzentration auf klare Leitziele, auf Spitzentechnologien. Sie haben, Frau Kollegin Bulmahn, einige Beispiele wie erneuerbare Energien genannt, wobei man glauben könnte, daß die Schwerpunkte, die wir immer wieder nennen - Informationsgesellschaft, Biotechnologie, Umwelttechnik, Energietechnik und Mobilität -, im Detail nicht richtig bedacht sind. Darüber muß man nochmals reden.
Bei einem Punkt habe ich einmal nachgefragt. Es stellt sich dann schnell heraus, was passiert ist. Bei den erneuerbaren Energien gibt es im Vergleich zum Soll tatsächlich eine ganz beachtliche Kürzung. Meine Rückfrage hat ergeben, daß - die 96er Zahlen sind noch nicht bekannt - im Jahr 1995 erhebliche Mittel - ich glaube, in der Größenordnung von über 40 Millionen DM - schlicht nicht ausgegeben wurden, daß man bei der Windenergie keinen so großen Forschungsbedarf mehr hat, daß man deshalb in diesem Bereich reduziert, und daß das 1 000-DächerProgramm ausgelaufen ist. Ich weiß, Sie fordern hier eine Fortsetzung, ein 100 000-Dächer-Programm für die Photovoltaik.
Ich sage Ihnen hier offen und ehrlich: Wir befassen uns immer wieder, Herr Kollege Lenzer, mit den erneuerbaren Energien. Wenn man mit einem maximalen finanziellen Aufwand den geringsten Nutzen in Sachen CO2-Minderung erreichen will, dann muß man zur Zeit in großem Stil für die Photovoltaik - nicht in die Forschung, sondern in die Anwendung - Geld geben.
Da besteht zur Zeit noch kein vernünftiges KostenNutzen-Verhältnis. Deshalb forschen wir weiter. Aber es ist Absicht, daß wir jetzt nicht ein 100 000-
Dächer-Programm auflegen; das ist keine Panne.
So werden sich die Dinge im Ausschuß aufklären. Der Minister ist glaubwürdig und konsequent, wenn er diese einzelnen Schwerpunkte im Bereich der Spitzentechnologien und der Umwelttechnologien immer mehr mit Mitteln ausstattet und anderes bewußt zurückdrängt.
Meine Damen und Herren, der Minister hat uns ein Konzept zugesandt, in dem er zum Ausdruck gebracht hat, daß er künftig schon bei der Entscheidung über Förderanträge stärker darauf achtet, ob denkbare Forschungsergebnisse in Produkte umsetzbar sind. So etwas erwarten die Menschen in diesem Land. Das halten wir für richtig. Er will - auch das ist schon von Kollegen angesprochen worden - im Bereich der Fördersysteme etwas ändern, für mehr Wettbewerb sorgen.
An sich sind wir uns einig, daß sich das Nebeneinander von institutioneller Förderung und Projektförderung bei uns bewährt hat. Ich habe viel Kontakt mit dem früheren Präsidenten meiner Hochschule, der in der bayerischen Forschungspolitik eine große Rolle gespielt hat. Er hat immer gefordert - das ist vielleicht übertrieben; aber ein bißchen davon ist wahr -: Eine Forschungsinstitution, die ihren Zweck erfüllt hat oder deren Aufgabe an Bedeutung verloren hat, muß reduziert werden; er sagt sogar: rückstandslos beseitigt werden. Das ist übertrieben.
Aber natürlich ist es im institutionellen Bereich so, daß man - wenn die Aufgaben zurückgegangen sind -, um die Planstellen sinnvoll zu begründen und auszulasten, sich neue Aufgaben an Land zieht. Das Argument „Es ist schon eine Planstelle vorhanden" ist kein wirklich akzeptables Kriterium für die Verteilung von Forschungsmitteln. Deshalb unterstütze ich Herrn Minister Rüttgers voll und ganz, wenn er sagt: Nehmen wir doch etwas von der Grundfinanzierung weg, und geben wir das in das wettbewerbliche Gutachterverfahren der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Das sind Beispiele, an denen man zeigen kann: Es wird gestaltet und nicht nur über die ungünstigen finanziellen Rahmenbedingungen gejammert.
Weil keiner der Kolleginnen und Kollegen aus den neuen Bundesländern in dieser Debatte redet, möchte ich die folgende Bemerkung machen: Wir treffen uns regelmäßig, da wir nach wie vor über den Zustand der Industrieforschung in den neuen Bundesländern besorgt sind.
- Ja. Das berührt nicht nur den Haushalt des Forschungsministers, sondern auch den des Wirtschaftsministers. - Weil keiner der Kollegen aus den neuen Bundesländern hier reden kann, möchte ich das Anliegen unserer Freunde aus den neuen Bundesländern aufgreifen. Wir müssen an weiteren Maßnahmen arbeiten, so wie wir letztes Jahr im letzten Augenblick verhindern konnten, daß die Forschungsmittel gestrichen wurden. Den Kollegen Schmidt und York haben wir versprochen, daß wir uns mit den WIPianern noch einmal befassen. Heute abend findet das erste Gespräch über den Forschungshaushalt unter der Leitung des Kollegen Lenzer statt.
Jetzt habe ich nur noch ganz wenige Minuten für die Bildungspolitik; ich muß deshalb meinen Beitrag stark verkürzen. - Wir müssen uns - auch wenn ich heute keine BAföG-Debatte auslösen möchte - bald wieder mit diesem Thema beschäftigen. Die Zwi-
Dr. Gerhard Friedrich
schenlösung ist erträglich, aber auf Dauer wirklich nicht befriedigend.
Es gibt Vorschläge des bayerischen Kultusministers, auch solche der SPD, die voraussetzen, daß man das Steuerrecht ganz erheblich ändert - in einigen Fällen auch das Unterhaltsrecht. Wenn wir da nicht rechtzeitig Vorschläge im Rahmen der Steuerreform machen, werden wir hinten runterfallen. Wir können uns also nicht ausruhen. Mehr kann ich momentan dazu nicht sagen.
Wir haben eine Einigung aus dem Jahre 1993 über die Ziele der Hochschulreform. Es gibt einen Bericht des Sekretariats der Kultusministerkonferenz, wie diese Eckpunkte in den Ländern umgesetzt sind. Das Ergebnis - jetzt drücke ich mich vorsichtig aus - ist ziemlich frustrierend und in manchen Ländern völlig unbefriedigend. Deshalb unterstütze ich es, wenn der Bundesbildungsminister das Thema Hochschulreform jetzt wieder auf die Tagesordnung setzt.
Meine Kontakte zu den eigenen CSU-Kollegen in Bayern haben ergeben, daß es bei uns inhaltlich keine Differenzen über diese Ziele der Hochschulreform gibt. Ich habe jetzt keine Zeit, dies im Detail vorzutragen.
Ein Problem - das ist auch für mich als CSU-Mitglied ein schwieriges Thema - wird es allerdings geben. Es gibt unterschiedliche Meinungen in Bund und Ländern darüber, wessen Aufgabe es ist, diese Ziele gesetzgeberisch umzusetzen. Wir von der Fraktion - also nicht nur der Minister - werden deshalb intensive Kontakte mit unseren Kolleginnen und Kollegen in den Ländern pflegen müssen, weil, was die Kompetenz betrifft, noch kein Einvernehmen besteht und wir als Bund auch gar nicht in der Lage sind, unsere Vorstellungen sozusagen mit der Brechstange durchzusetzen.
Auf meiner Anzeigentafel steht 0 Minuten. Herr Präsident, ich bedanke mich für diesen Hinweis. Ich habe ohnehin keine Schlußbemerkung in meinem Konzept und hätte auch keine Zeit mehr, eine vorzutragen.
Vielen Dank.