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ID1312216600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/122 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. September 1996 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Bundeswirtschaftsministers Dr. Günter Rexrodt 10931 B Begrüßung des Präsidenten der Handwerkskammer Budapest und des stellvertretenden Fraktionsführers der sozialistischen Partei im ungarischen Parlament 11008 B Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 10931 A b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 10931 A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 10931 B Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . . 10932 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . . 10933 A Ernst Schwanhold SPD . . . . 10934B, 10958 C Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 10937 D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10939 D Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 10942B, 109558 Rolf Kutzmutz PDS 10944 B Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . 10945D, 10949A, 10950B Eckart Kuhlwein SPD 10947 D Rolf Schwanitz SPD 10948 C Dr. Christa Luft PDS 10949D Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . 10951A, 10956B Ulrich Petzold CDU/CSU 10953 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 10953D, 10954 B Friedhelm Ost CDU/CSU . . . 10956D, 10959A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 10959 D Ingrid Matthäus-Maier SPD . 10960D, 10981A Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10961C Ulrike Mascher SPD 10963 A Ottmar Schreiner SPD 10964 C Dr. Gisela Babel F.D.P 10965 C Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 10967 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10970B Dr. Barbara Hendricks SPD . 10970D, 10983 B Dr. Barbara Höll PDS 10971 A Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10971 C Dr. Gisela Babel F.D.P 10973C, 10976A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10975 D Petra Bläss PDS 10976 B Dr. Konstanze Wegner SPD 10978 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU 10979 D Ottmar Schreiner SPD . . . . 10980C, 10982 B Volker Kauder CDU/CSU 10982 B Leyla Onur SPD 10984 B Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 10986A Edelgard Bulmahn SPD . . . 10987C, 11006C Edelgard Bulmahn SPD 10990 B Steffen Kampeter CDU/CSU 10993 D Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10996 B Franz Thönnes SPD 10996 D Simone Probst BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10997 C Jürgen Koppelin F.D.P 10998 D Dr. Ludwig Elm PDS 11001A Günter Rixe SPD 11002 C Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 11003D, 11004A Werner Lensing CDU/CSU 11004 B Dr. Gerhard Friedrich CDU/CSU . . . 11006A Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11008 C Jörg Tauss SPD 11009D Jürgen Koppelin F.D.P 11010B Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 11011D Heidemarie Lüth PDS 11013A Christel Hanewinckel SPD 11014 D Johannes Singhammer CDU/CSU . 11015C Peter Jacoby CDU/CSU 11017A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11018C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 11020A, 11021C Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11021B Rosel Neuhäuser PDS 11021 D Maria Eichhorn CDU/CSU 11022 D Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11023 C Siegrun Klemmer SPD 11024 C Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 11026C Klaus Kirschner SPD 11030 D Horst Seehofer CDU/CSU . . 11033A, 11033 C Hubert Hüppe CDU/CSU . . . 11036B, 11038D Waltraud Lehn SPD 11036 C Dr. Wolfgang Wodarg SPD 11037 A Editha Limbach CDU/CSU 11037 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11038B Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11039A Dr. Dieter Thomae F.D.P 11040C Klaus Kirschner SPD . . . . 11041D, 11044 D Dr. Ruth Fuchs PDS 11042 B Editha Limbach CDU/CSU 11043A Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11043C Waltraud Lehn SPD 11045 B Wolfgang Gröbl, Parl. Staatssekretär BML 11046A Horst Sielaff SPD 11048 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU 11050 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11051B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11053D Wolfgang Gröbl CDU/CSU 11054 D Ulrich Heinrich F D P. 11055 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . 11056B Dr. Günther Maleuda PDS 11056 D Ilse Janz SPD 11057 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11059B Nächste Sitzung 11059 D Berichtigung 11059 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 11060 * A 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. September 1996 Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung 121. Sitzung, Seite 10886D, vorletzter Absatz, Zeile 9: Das Wort „nicht" ist durch das Wort „doch" zu ersetzen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 12. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 12. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Borchert, Jochen CDU/CSU 12. 9. 96 Graf von Einsiedel, PDS 12. 9. 96 Heinrich Glos, Michael CDU/CSU 12. 9. 96 Dr. Jacob, Willibald PDS 12. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 12. 9. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 12. 9. 96 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nitsch (Rendsburg), BÜNDNIS 12. 9. 96 Egbert 90/DIE GRÜNEN Regenspurger, Otto CDU/CSU 12. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 12. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schütz (Oldenburg), SPD 12. 9. 96 Dietmar Thieser, Dietmar SPD 12. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 12. 9. 96 Karsten D. Dr. Zöpel, Christoph SPD 12. 9. 96
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer die Zukunftsfähigkeit der gesamten Gesellschaft sicherstellen will, muß verstärkt in Bildung und Forschung investieren. Angesichts der zunehmenden Globalisierung der Märkte und der sich verschärfenden Konkurrenzsituation werden neue Arbeitsplätze nur dann geschaffen und vorhandene nur dann gesichert werden können, wenn wir konsequent auf innovative Produkte und intelligente Dienstleistungen setzen. Die Qualität von Bildung, Ausbildung, Qualifikation und Wissenschaft wird somit zum entscheidenden Standortfaktor. Sie bestimmen im wachsenden Umfang über die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft und die ökologische und soziale Erneuerung der Industriegesellschaft. Nur im Dreiklang von wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer
    Modernisierung wird sich die Zukunft unseres Landes sichern lassen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wir müssen deshalb, meine Herren und Damen, die Struktur der staatlichen Ausgaben ändern, weg von konsumtiven Ausgaben und Erhaltungssubventionen hin zu Zukunftsinvestitionen. Der Haushaltsentwurf 1997 und der Entwurf der mittelfristigen Finanzplanung lassen jedoch keinerlei positive Ansätze in diese Richtung erkennen. Der Entwurf des Bildungs- und Forschungsministers ist vielmehr eine Bankrotterklärung.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Herr Rüttgers, ich hätte Ihre Eingangsbemerkungen viel ernster genommen und für glaubwürdiger gehalten, wenn Sie am Schluß Ihres Beitrags gesagt hätten: Weil das so ist, habe ich mich beim Bundesfinanzminister und im Kabinett durchgesetzt und 1 Milliarde DM mehr für meinen Haushalt erhalten. - Da das aber nicht so ist, muß ich leider feststellen, Ihre Rede, Ihre Worte entsprechen nicht Ihren Taten.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Mit 15 Milliarden DM sollen im kommenden Jahr 700 Millionen DM oder 4,5 Prozent weniger für die Sicherung der Zukunft unseres Landes zur Verfügung stehen als im laufenden Haushaltsjahr. Das auch noch als die in der Koalition vereinbarte überproportionale Steigerung des Bildungs- und Forschungshaushalts zu verkaufen ist nicht nur unseriös, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist schon dreist.
    Mit dem Entwurf des Bildungs- und Forschungshaushaltes 1997 setzt die Bundesregierung ihren beispiellosen Kurs, den Bundeshaushalt auf Kosten von Bildung und Forschung und damit zu Lasten der nachwachsenden Generation zu sanieren, fort. Seit 1982 ist der Anteil dieses Einzelplans am Bundeshaushalt von 4,7 Prozent auf nunmehr 3,4 Prozent gesunken. Das, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, kann man nicht mit der allgemeinen Haushaltslage erklären.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Das ist ein Bedeutungsverlust dieses Politikfeldes, der auf Ihre Entscheidung zurückgeht und im krassen Widerspruch zu dem steht, was Sie ansonsten verbal immer erklären. Es kommt noch schlimmer. Im symbolträchtigen Jahr 2000 sollen es nur noch 2,3 Prozent sein. Selbst nominal erreichen die ProKopf-Ausgaben im kommenden Jahr nicht einmal mehr den Wert von 1982. In konstanten Preisen von 1991 gerechnet werden die Pro-Kopf-Ausgaben im kommenden Jahr mit 150 DM sogar um 35,6 Prozent unter dem Niveau von 1982 liegen.

    Edelgard Bulmahn
    Wer so handelt, liebe Kolleginnen und Kollegen, der ruiniert den Standort Deutschland, der fördert ihn nicht.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wer seit Jahren - wirklich seit Jahren - die Förderung von Bildung und Forschung zur Nebensache erklärt, der gefährdet die Zukunftsfähigkeit unseres Landes und bereichert sich auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder.

    (Beifall des Abg. Horst Kubatschka [SPD])

    Aber statt am Kabinettstisch für die Belange von Bildung und Forschung zu streiten, profiliert sich Minister Rüttgers lieber als Laienspieler im Sommertheater. Was konnten wir nicht alles in den Zeitungen lesen? Da fordert der Minister die Verkürzung der Schulzeit, die Bezahlung der Professoren nach Leistung oder den Eingriff in ausgehandelte Tarifverträge.

    (Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers: Alles richtig!)

    Forderungen aufzustellen, die andere einlösen müssen, ist allerdings nicht die vorrangige Aufgabe eines Fachministers, Herr Rüttgers. Dem Bildungs- und Forschungsminister stünde es vielmehr gut an, endlich seinem Amt gerecht zu werden und sich auf die Probleme zu konzentrieren, für die er Verantwortung trägt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Aber klare Prioritäten zu setzen, Innovationen anzustoßen und Reformen voranzubringen ist eben nicht die Sache des Ministers. Da er kein Geld für Forschung und Bildung hat, redet er gern von Effizienz, Exzellenz, schlankeren Strukturen und Wettbewerb. Das ist an sich nichts Schlechtes.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist alles gut so!)

    Aber wenn man sich ansieht, wie das umgesetzt wird, wird eine erschreckende Hilflosigkeit und Konzeptionslosigkeit deutlich.

    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Reden Sie von der SPD?)

    Wenn nämlich alle Forschungseinrichtungen der sogenannten Blauen Liste oder alle Großforschungseinrichtungen in einen Topf geworfen werden, wie das in Rüttgers „Leitlinien zur strategischen Orientierung der deutschen Forschungslandschaft" vom Juli 1996 geschieht, dann kann ich nur sagen: Das macht keinen Sinn.
    Herr Lenzer, welchen Sinn sollte es denn machen, dem Deutschen Elektronen-Synchrotron, DESY, in Hamburg 5 Prozent aus der Grundfinanzierung zu streichen und dann im Wettbewerb neu zu vergeben? Mit wem soll DESY in der Bundesrepublik denn in Wettbewerb treten? Die hier betriebene Elementarteilchenphysik steht im Wettbewerb mit Grenoble, mit Stanford oder mit Tokio. In Deutschland gibt es keine vergleichbare Forschungseinrichtung. Das gleiche trifft für einige Institute der Blauen Liste zu.
    Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns auch in einer angespannten Haushaltslage davor hüten, kurzsichtig zu sein und Schnellschüsse abzugeben.

    (Beifall bei der SPD)

    Grundlagenforschung hat als kulturelle Leistung immer auch einen Wert an sich, und sie ist oft, sehr oft, die Voraussetzung für eine erfolgreiche angewandte Forschung. Das darf nicht vergessen werden.
    Die Vielzahl der Einzelprojekte müsse gebündelt werden, hat Herr Rüttgers gesagt. Herr Rüttgers, ich frage Sie: Unter wessen Verantwortung hat sich die Projektanzahl seit 1982 mehr als verdoppelt? 1982 gab es in der Zuständigkeit des Forschungsministers rund 5 000 Fördervorhaben. Heute sind es je nach statistischer Zuordnung 12 000 bis 16 000 Forschungsprojekte.
    Es ist gut, wenn der Forschungsminister heute das als notwendig feststellt, was die SPD-Fraktion schon seit Jahren fordert, nämlich den Innovationsprozeß von der Forschung bis zum Marketing zu betrachten und die Bündelung der Förderung zu Leitprojekten vorzusehen, die visionäre Lösungen für zentrale wirtschaftliche, ökologische und soziale Probleme aufzeigen. Nur, ich frage mich: Wo sind diese Visionen? Wo sind die identifizierten Zukunftsthemen, die der Bundesminister angehen will?

    (Tilo Braune [SPD]: Fehlanzeige!)

    Ein Zukunftsminister muß den Mut haben, forschungspolitische Visionen zu formulieren, die sich an den zukünftigen Bedürfnissen der Gesellschaft und an den sich abzeichnenden Zukunftsmärkten orientieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Entscheidend dabei ist, daß Gesamtlösungen gesucht werden, nicht nur Beiträge zur Verbesserung einzelner Komponenten. Leitprojekte wären die mobile Gesellschaft, verknüpft mit der effizienten Gesellschaft, der zum Baden geeignete Fluß, die abfallfreie Fabrik und die energieeffiziente Siedlung. Es gibt vieles mehr. Aber weder auf diesen noch auf anderen Gebieten gibt es eine mobilisierende Kampagne, statt dessen viele leere Worte und bloßen Etikettenschwindel.
    „Der Bund will seine Förderung durch neue Schwerpunkte wirkungsvoller machen", so der Minister. Richtig! Aber ich stelle fest: Im Rahmen der IuK-Technologien, sagt der Minister, werde der neue Förderbereich Multimedia auf 130 Millionen DM hochgefahren. Sieht man jedoch genauer hin, kommt man - kunstvoll im Regierungsentwurf verschleiert - gerade einmal auf einen Ansatz von 97 Millionen DM. Jede Mark auch dieser Millionen ist aus lauf enden Programmen zusammengestückelt - einmal Deutsches Forschungsnetz, einmal Fachinformation, alles laufende Programme, deren Mittel für 1997 längst festgelegt sind.

    Edelgard Bulmahn
    Auch die 50 Millionen DM für die überfällige Maßnahme „Schulen ans Netz" lassen sich im Haushaltsentwurf nirgends finden. Die Vermutung liegt nahe, daß es sich um dieselben 52 Millionen DM aus dem Titelansatz Deutsches Forschungsnetz handelt, die auch schon für den Multimedia-Bereich herhalten mußten.
    Statt klarer Prioritätensetzung im Haushalt, die notwendig wäre, werden die Mittel für wichtige Technologiefelder zusammengestrichen: Informationstechnik minus 9 Prozent, Produktions- und Qualitätssicherung minus 11 Prozent, Lasertechnik minus 11 Prozent, neue Materialien minus 11 Prozent, Mikrosystemtechnik minus 15 Prozent, erneuerbare Energien minus 18 Prozent.

    (Zuruf von der SPD: Ein Minus-Minister!)

    Auch im Bereich der Vorsorge- und Umweltforschung sieht es nicht besser aus: Ökologie- und Klimaforschung minus 11 Prozent, Meeres- und Polarforschung minus 11 Prozent, Gesundheitsforschung minus 8 Prozent.

    (Zuruf von der SPD: Alte Kamellen einmal umgerührt; das ist dann die Zukunft!)

    Sind das eigentlich Bereiche, die für unsere Gesellschaft nicht wichtig sind?
    Während die Globalisierung der Märkte und der sich beschleunigende und intensivierende internationale Wettbewerb einen riesigen Bedarf an innovativen Lösungen schaffen, hat ausgerechnet die Technologie- und Innovationsförderung der Bundesregierung erheblich an Stellenwert eingebüßt.
    Aber nur mit neuen Produkten und mit Prozeßinnovationen kann der Wettbewerb auf Dauer gesichert werden. Das gilt auch für die Bundesrepublik. Für neue Arbeitsplätze brauchen wir neue HighTech-Produkte - Produkte, die auf den Gebieten der Verbundwerkstoffe, der umweltfreundlichen Materialien, der Photovoltaik, der Avionik, der Hochleistungskeramik, der Lasertechnologien, der Optoelektronik und der Mikrochirurgie entwickelt werden, um nur einiges zu nennen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut! Alles richtig! Wir brauchen neue Produkte der Biound Gentechnik für Enzyme und Medikamente oder für die Abwasseraufbereitung. Um dieses zu erreichen, brauchen wir die Spitzenforschung in der Wirtschaft, in den Hochschulen und in den staatlichen Forschungseinrichtungen und zwar jetzt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Wir brauchen dafür eine adäquate finanzielle Ausstattung.
    Es ist eine verhängnisvolle Fehleinschätzung der Bundesregierung, sich im Glauben, die Wirtschaft werde schon einspringen, aus der Forschungsförderung zurückzuziehen. Wo die staatlichen Gelder versiegen, zieht sich auch die Wirtschaft zurück.
    Ein Bericht des Weißen Hauses vom November 1995, der sich kritisch mit den rückläufigen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in den USA auseinandersetzt, findet in einer Analyse über die letzten 30 Jahre keinen einzigen Anhaltspunkt dafür, daß die Industrie mehr für Forschung und Entwicklung ausgibt, wenn der Staat sich zurückhält. Das Gegenteil ist der Fall: Ein Rückgang der öffentlichen Fördermittel geht regelmäßig mit einem Rückgang der privaten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen einher. Statt die Forschungsförderung abzuwürgen - wie das jetzt mit diesem Haushalt wieder einmal geschieht -, muß der Staat vielmehr antizyklisch investieren.
    Die Förderung von FuE in der gewerblichen Wirtschaft ist in den vergangenen Jahren nicht nur gesunken, sondern sie ist auch in eine instrumentelle Schieflage geraten, von der vor allem die kleinen und mittleren Betriebe betroffen sind. Gerade die kleinen und mittleren Betriebe sind aber für die Innovationsfähigkeit unserer Gesellschaft von entscheidender Bedeutung.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Simone Probst [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Sie erhalten nur noch 7,12 Prozent der Forschungs- und Entwicklungsausgaben des Bundes. Ich halte das für unakzeptabel.

    (Elisabeth Altmann [Pommelsbrunn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Skandal!)

    Der Bundesminister sagt zwar, der Finanzierungsprozeß von kleinen und mittleren Technologieunternehmen und deren Vorhaben funktioniere in Deutschland noch nicht in ausreichendem Maße, aber er ändert nichts. Die Analyse stimmt, Herr Rüttgers. Sie müssen aber gleichzeitig zugeben, daß diese richtige Analyse der Offenbarungseid einer verfehlten 14jährigen Innovationspolitik dieser Bundesregierung ist.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wir hatten im Jahre 1982 noch eine ganze Reihe von innovativen Rahmensetzungen. Heute ist die indirekte Forschungsförderung, die gerade für die kleinen und mittleren Unternehmen sehr wichtig ist, fast vollständig abgebaut worden. In den alten Bundesländern wurde das FuE-Personalkostenzuschußprogramm eingestellt; die FuE-Personalzuwachsförderung wurde eingestellt; ganz ausgelaufen sind die FuE-Sonderabschreibung, die steuerliche Erfinderförderung und die FuE-Investitionszulage. Innovation findet aber in den Köpfen statt. Ich verstehe daher nicht, wie man solche Programme abschaffen kann.
    Deutschland ist mittlerweile das einzige G 7-Land ohne steuerliche FuE-Anreize.

    (Jörg Tauss [SPD]: Das ist die Wahrheit!)


    Edelgard Bulmahn
    Es ist fatal, wenn die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Beteiligung an Containerschiffen günstiger sind als für die Beteiligung an jungen Hochtechnologieunternehmen. Darum, Herr Rüttgers, sollten Sie sich kümmern.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Mit dieser Politik, meine Herren und Damen, ist kein Staat zu machen. Wir brauchen deshalb einen konsequenten Kurswechsel in der Bildungs- und Forschungspolitik, eine zielgerichtete und angemessen ausgestattete Innovations- und Qualifikationsoffensive. Eine Kürzung des Haushaltsansatzes für den Einzelplan 30, wie Sie sie jetzt vorsehen, kommt für die SPD-Bundestagsfraktion nicht in Frage.

    (Beifall bei der SPD)

    Vielmehr müssen die Forschungs- und Bildungsausgaben wieder deutlich angehoben werden. Wir müssen einerseits klare inhaltliche Schwerpunkte in den Bereichen Ausbildung, Qualifikation, Schlüsseltechnologien und Vorsorgeforschung setzen. Wir müssen aber andererseits auch die Effizienz unseres Bildungs- und Forschungssystems deutlich steigern.
    Um dies zu erreichen, müssen wir die Bildungs- und Forschungspolitik in ein umfassendes gesellschaftspolitisches Gesamtkonzept einbetten, das die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und die ökologische Erneuerung der Volkswirtschaft miteinander verbindet.
    Wir müssen den gesellschaftlichen Dialog zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik über Zielsetzungen, inhaltliche Schwerpunkte und Strategien der Bildungs- und Forschungspolitik ausbauen und verstärken.
    Wir müssen in der Forschungs- und Technologiepolitik die Dominanz angebotsorientierter Steuerungsmechanismen, die wir noch immer haben - ich nenne zum Beispiel die institutionelle Förderung und die Projektförderung -, durch eine intelligente Mischung von angebots- und nachfrageorientierten Maßnahmen ergänzen; denn Innovationen - das ist klar - sind vor allem dann erfolgreich, wenn sie eng an Nachfrage und Bedarf gekoppelt werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir müssen die interdisziplinäre Zusammenarbeit in den Hochschulen und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen stärken und mehr Gewicht auf die Vernetzung von Grundlagenforschung und industrieller Anwendung sowie von Grundlagenforschung und Beiträgen zur Lösung gesellschaftlicher Bedarfe wie des Umweltschutzes legen.
    Wir müssen Anreize schaffen, um die Mobilität des Personals zwischen Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen sowie zwischen Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu stimulieren; denn Technologietransfer läuft auch und gerade über Köpfe. Er läuft über die handelnden Personen. Deshalb ist der Brain-drain, den wir zur Zeit in der Bundesrepublik haben, so katastrophal für unsere Zukunft.
    Wir müssen den indirekten Fördermaßnahmen zur Stärkung des FuE-Potentials der Wirtschaft mehr Gewicht geben. Dazu zählt insbesondere die Wiederherstellung der steuerlichen FuE-Förderung und der potentialorientierten Maßnahmen im KMU-Bereich. Wir müssen endlich die Bedingungen für Existenzgründer und den Zugang zu Risikokapital erleichtern, anstatt nur immer darüber zu reden.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Simone Probst [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Wir müssen ernsthaft über eine wirksame Kostenverteilung zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben reden; mein Kollege Günter Rixe wird darauf noch näher eingehen.
    Wir müssen die Hochschulreform und die Reform der Ausbildungsförderung voranbringen; da stimme ich Ihnen zu. Wir müssen aber auch das zur Kenntnis nehmen, was die Bundesländer in diesem Bereich bereits auf den Weg gebracht haben.
    Mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf ist all dies nicht zu machen. Er ist ein Abschied von der Zukunft. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir nicht mit.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Kollege Steffen Kampeter, CDU/CSU.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Steffen Kampeter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushaltsentwurf des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie für das Jahr 1997 steht unter dem Motto „Klare Prioritäten und mehr Effizienz".
    Als Haushaltspolitiker halte ich es in Zeiten knapper finanzieller Ressourcen für wichtig, daß wir offen und ehrlich eine solche doppelte Zielsetzung haben. Wir können schließlich nicht die Behauptung auf stellen, daß ein Haushalt, dessen Plafond sinkt, wächst. Das wären Zahlenspielereien und Taschenspielertricks. Minister Rüttgers hat deutlich gesagt, worum es ihm bei seinem Haushaltsentwurf für das Jahr 1997 geht: um klare Prioritäten und mehr Effizienz.
    Wir alle wissen: Von den Universitäten bis hin zu den High-Tech-Schmieden wird Klage geführt und gejammert über die zur Zeit angeblich versiegenden Quellen, die Forschungsgelder über viele Jahre hinweg haben fließen lassen.
    Ich bin mir aber sicher, daß sich, als die Gelder noch reichlicher flossen und Haushaltsprobleme noch nicht in der öffentlichen Diskussion waren, die Forschungstätigkeit gelegentlich mehr an der Förderungsfähigkeit als an dem innovativen Gehalt orientierte und deswegen mancher Tropfen in wissenschaftlich wenig produktiven Feldern versunken ist.
    Konzentration im Sinne von Minister Rüttgers bedeutet auch die Beseitigung unproduktiver Felder. Dies wird Kernaufgabe einer Forschungspolitik sein,

    Steffen Kampeter
    die uns finanziell und technologisch ins nächste Jahrtausend führen muß.
    Ich habe sehr begrüßt, daß Jürgen Rüttgers hier in aller Klarheit gesagt hat: Wenn dies die Schließung von Instituten bedeutet, die wissenschaftlich keine Höchstleistungen mehr erbringen, so wird dies politisch voll unterstützt. Dies muß die Botschaft an die wissenschaftliche Community sein. Aufgabe der Haushaltspolitik wird es sein, diese politischen Zielsetzungen, diesen notwendigen Anpassungsprozeß finanziell abzusichern.
    15 Milliarden DM sind angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Haushalts und des insgesamt schrumpfenden Etats, den wir seit zwei Tagen diskutieren, kein Pappenstiel. Dieser Einzelplan ist vielmehr einer der größten Einzeletats im Haushalt des Jahres 1997.
    Daß wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu unserer finanziellen Verantwortung stehen, lassen Sie mich an einem Beispiel erläutern, nämlich am Beispiel des Hochschulsonderprogramms III, welches in der vergangenen Woche vom Bundeskanzler unterzeichnet worden ist. Dieses Hochschulsonderprogramm bedeutet allein 2 Milliarden DM Bundesanteil zusätzlich für die Hochschulen. Das gesamte Programmvolumen beträgt 3,6 Milliarden DM. Ich halte dies vor dem Hintergrund der gesamten Haushaltsdiskussion - denn wir haben die Vorgaben der mittelfristigen Finanzplanung deutlich überschritten - für einen finanziellen Kraftakt.
    Dieser finanzielle Kraftakt ist uns nicht leichtgefallen, aber er war für die Hochschullandschaft notwendig. So wurden beispielsweise die Bedingungen für die Graduiertenkollegs verbessert, 120 Millionen DM werden in den nächsten Jahren für die Verbesserung der Studienbedingungen ausgegeben, und mit einem Betrag von 240 Millionen DM werden aus dem Hochschulsonderprogramm III Multimediaprojekte unterstützt. Auch hier gilt im Bereich der Bildungspolitik: mehr Effizienz bei klaren Prioritäten.
    Ich halte es von daher für verantwortbar, wenn wir andere Bereiche wie beispielsweise die Wohnraumförderung im Studentenbereich zurückfahren, wenn die politischen Prioritäten und die Notwendigkeiten nicht mehr gegeben sind.

    (Edelgard Bulmahn [SPD]: Sie sind aber gegeben!)

    Warum dürfen wir nicht die Mittel für Eisenbahntechnik reduzieren, wenn kein politischer oder forschungstechnischer Bedarf mehr vorliegt? Ich vertrete nachdrücklich die Auffassung, daß wir die Mittel für die Geowissenschaft um 38 Prozent und für die Modellversuche für die berufliche Bildung um 20 Prozent reduzieren sollten. Ich werde sehr sorgfältig prüfen, ob die Absenkung im Bereich von Arbeit und Technik mit 28 Prozent nicht noch zu gering ausgefallen ist. Auch dieses politische Projekt muß deutlich hinterfragt werden.

    (Jörg Tauss [SPD]: Das ist eine Zukunftsperspektive!)

    Wir sollten auch sehr sorgsam hören, was uns die Kollegen der Opposition in diesen Zeiten hier vortragen.